Schwefeläther,Vitriolnaphta, lat. Aether sulfuricus, Naphta vitrioli), ein Produkt der chemischen
Großindustrie. Der Ä. wird durch Erwärmen von
Spiritus (Äthylalkohol) mit konzentr.
Schwefelsäure dargestellt, wobei sich
die beim Zusammenbringen der beiden Flüssigkeiten zunächst entstehende Ätherschwefelsäure in Äther und verdünnte
Schwefelsäure
zersetzt. Der gebildete Rohäther wird dann durch wiederholte Destillation vom größten Theile des anhängenden
Wassers und
Alkohols befreit und heißt dann rektifizierter Ä. (Äther rectificatus); ganz wasserfreier und alkoholfreier
Ä. wird absoluter Ä. (Aether absolutus) genannt. Die Ätherfabrikation gehört zu den sehr feuergefährlichen Industriezweigen.
- Der Ä. unterscheidet sich vom
Alkohol in der Zusammensetzung nur durch einen Mindergehalt von Wasserstoff
und Sauerstoff;
Schwefel enthält der Ä. nicht, wie man aus dem im Handel sehr gebräuchlichen Namen Schwefeläther leicht
schließen könnte.
Der Ä. ist eine farblose, wasserhelle, sehr leicht bewegliche, schnell verdampfende Flüssigkeit von starkem, durchdringendem,
betäubendem Geruch und brennendem Geschmack; er ist äußerst leicht entzündlich und brennt mit blaßblauer Flamme.
Mit Wasser mischt er sich nicht, sondern schwimmt darauf; hierbei nimmt er jedoch etwas Wasser auf und wird auch umgekehrt
vom Wasser in geringer Menge gelöst; in
Alkohol löst er sich leicht. Die Prüfung des Ä. hat sich zunächst auf die Ermittelung
des spezifischen Gewichtes zu erstrecken, was am schnellsten mittelst eines genauen, für diesen Zweck
angefertigten Aërometers (Ätherwaage) geschieht.
Reiner absoluter Ä. muß bei 15° C. ein spez. Gewicht von 0,722 besitzen; außer diesem führt man im Handel noch einen
von 0,725 und einen von 0,728, die beide auf den Preiskuranten auch noch als Äther absolutus bezeichnet werden; der
von 0,728 spez. Gew. ist die gangbarste Sorte und führt die Bezeichnung Ph.
G. (Pharmacopoea Germaniae). Die geringste Sorte von 0,750 heißt Aetherrectificatus, eine von 0,733 Aetherbisrectificatus
oder doppeltrektifizierter Ä. Die Preise des Ä. sind schwankend und richten sich nach den Spirituspreisen. - Ein guter
Ä. darf beim Verdampfen keinen Rückstand hinterlassen und darf auch nicht sauer reagieren, was man
am besten durch Schütteln desselben in einem Reagensröhrchen mit einigen Tropfen Lackmustinktur erkennt, die dadurch nicht
rot gefärbt werden darf, sondern blau bleiben muß.
Verwendung findet der Ä. teils in Apotheken, teils bei der Bereitung verschiedener chemischer Präparate, so
z. B. bei der Fabrikation von Tannin,
Milchsäure, photographischem
Kollodium. Die Aufbewahrung muß in sehr kühlen, feuersicheren,
von den Sonnenstrahlen nicht getroffenen Lokalen geschehen. Die Versendung auf Eisenbahnen geschieht nur mit separaten Güterzügen,
sogenannten Feuerzügen und muß auf dem Frachtbriefe das Wort «feuergefährlich»
stehen. Die Verpackung darf nur entweder in Flaschen geschehen, welche, in starke Holzkisten gestellt,
mit Kleie oder Sägemehl ausgefüttert sind, oder in Glasballons, deren Inhalt 35 k nicht übersteigt, mit
hinreichendem
Verpackungsmateriale umgeben in Körben mit gutschliessendem Deckel. - Zoll: S. Tarif im Anh. Nr. 5 a.
Öle (flüchtige Oele, lat. Olea aetherea, fr. essences,
engl. volatile oils). Mit diesem Namen belegt man eine große Zahl stark
riechender, beim Erwärmen flüchtiger Stoffe von ölartigem Aussehen, die jedoch von den eigentlichen oder fetten
Ölen sowohl
hinsichtlich ihrer Eigenschaften, als auch ihrer chemischen Zusammensetzung nach vollständig verschieden sind und auch unter
sich keine bestimmt ausgeprägte Gruppe chemischer Verbindungen bilden, sondern meist aus natürlichen
Gemischen verschiedener Kohlenwasserstoffe mit zusammengesetzten
Äthern,
Aldehyden und organischen Säuren bestehen.
Die im Handel vorkommenden ä. Ö. sind, mit Ausnahme des
Bernsteinöls, sämtlich Produkte des Pflanzenreiches und werden
aus verschiedenen Pflanzenteilen durch Destillation mit gespannten Wasserdämpfen gewonnen. Nur einige
Öle, wie z. B. Citronenöl,
Pommeranzenöl, kann man auch durch Auspressen der betr. Fruchtschalen
erhalten. Werden die ä. Ö. einer nochmaligen Destillation unterworfen, so nennt man sie rektifizierteÖle. Die Fabrikation
der ä. Ö. hat sich auf gewisse Gegenden konzentriert, doch findet man auch vereinzelt an verschiedenen Orten Fabriken ä. Ö.
Einen Hauptfabrikations und Handelsplatz für diesen Artikel bildet Leipzig mit seinen Vororten; vereinzelte
Fabriken sind in Aken, Zerbst, Lützen, Cölleda, Rudolstadt, Dresden u. s. w.; die meisten
derselben fabrizieren sehr viele
Öle und handeln mit sämtlichen Sorten von ä. O., andere handeln nur mit gewissen
Ölen,
die sie selbst fabrizieren, wie z. B. die in Lützen, Cölleda.
Auch in Berlin, Hamburg, Altona, Prag, Brunn und Wien ist dieser Industriezweig vertreten. Italien, namentlich
Sicilien, liefert hauptsächlich Citronenöl, Pommeranzenöl und Bergamottenöl, das südliche Frankreich Neroliöl, Petitgränöl,
Lavendelöl und Thymianöl, Algier vorzugsweise
Geraniumöl, die Türkei
Rosenöl und
Geraniumöl, England liefert Pfefferminzöl
und
Lavendelöl, Nordamerika Pfefferminzöl und Wintergrünöl, Rußland
Anisöl.
Aus Ostindien undChina werden die Gewürzöle importiert, namentlich
Cassia- und Zimmtöl, Nelkenöl,
Macisöl, Cardamomöl u. s. w., doch fabriziert man dieselben auch schon seit langer Zeit
in dem außerhalb des Zollvereins liegenden Hamburg. Seitdem jedoch die zur Ölfabrikation bestimmten
Gewürzezollfrei eingehen,
werden diese
Öle auch im Zollverein, allerdings unter Kontrole von Steuerbeamten, fabriziert; hierbei
müssen die nach der Destillation zurückbleibenden, vom
Öle befreiten
Gewürze vernichtet werden. - Die gangbarsten ä. Ö.
sind außer den bereits genannten:
Kümmelöl,
Fenchelöl,
Angelikaöl, Wermutöl, Zedernholzöl, Kalmusöl,
Wachholderöl,
Bittermandelöl,
Senföl, Sternanisöl, Rosmarinöl, Zitronellöl und
Terpentinöl. Verwendung finden die ä. Ö. in der Medizin und Likörfabrikation,
ferner zur Herstellung feiner
Parfümerien, wie
Eau de Cologne und anderer Riechwässer, zum Parfümieren
von
Seifen, Pomaden,
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mehr
Haarölen, einige werden auch in der Conditorei verwendet, die billigen, wie Terpentinöl, in der Lackfabrikation. - Die allgemeinen
Eigenschaften der ä. Ö. lassen sich dahin zusammenfassen, daß sie sämtlich einen starken, mehr oder weniger angenehmen
Geruch besitzen, sich leicht entzünden lassen, mit stark rußender Flamme brennen, auf Papier einen in
der Hitze wieder verschwindenden Fettfleck machen, in Wasser sich nur in sehr geringer Menge lösen, aber leicht löslich
in starkem Alkohol und in Äther sind.
Die meisten sind leichter, einige auch schwerer als Wasser; sie besitzen ein starkes Lichtbrechungsvermögen und drehen die
Ebene des polarisierten Lichtes, einige nach rechts, andere nach links in verschiedener Stärke. Der Siedepunkt
der ä. Ö. ist sehr verschieden, liegt aber durchgängig ziemlich hoch (zwischen 160 und 260° C.); mit den Wasserdämpfen
verflüchtigen sie sich jedoch schon bei viel niedrigerer Temperatur. Wie ihr Geruch beweist, sind sie auch schon bei gewöhnlicher
Temperatur etwas flüchtig.
Einige erstarren leicht zu weißen kristallinischen Massen (z. B. Rosenöl, Anisöl), während andere gar
nicht erstarren. Viele ä. Ö. sondern sich mit der Zeit und beim Stehen an kalten Orten in einen starren, kristallinischen
Teil, Stearopten genannt, und in einen flüssig bleibenden Eläopten. Hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung teilt
man die ä. Ö. zuweilen in sauerstoffhaltige und sauerstofffreie ein, letztere werden auch Terebene
genannt, erstere sind meist Gemenge der letzteren mit anderen chemischen Verbindungen. Es gibt ferner auch schwefelhaltige
ä. Ö.; wie z. B. Senföl, Knoblauchöl. - Was die Aufbewahrung der ä. Ö. anlangt, so müssen dieselben in sehr gut verschlossenen,
möglichst vollgefüllten Flaschen an einem dunkelen und kühlen Orte aufbewahrt werden. Durch Einwirkung
von Luft und Licht verändern sie sich leicht, nehmen einen fremdartigen Geruch an und verharzen schließlich. Die Versendung
geschieht gewöhnlich in Glasgefäßen oder in Flaschen von Weißblech; die sicilianer Öle kommen in kupfernen Gefäßen
(Ramieren), die Öle aus China in Bleiflaschen. - Wegen ihres meist sehr hohen Preises sind die ä. Ö.
häufig Verfälschungen ausgesetzt, die nicht so leicht zu entdecken sind, weil man hierzu meistenteils andere billigere
ä. Ö. verwendet.
Die Verfälschung mit fetten Ölen oder mit Alkohol kommt jetzt nicht mehr so häufig vor, weil diese leichter zu entdecken
sind. Um eine Beimengung von Alkohol (Spiritus) zu entdecken, kann man verschieden verfahren. Grössere Mengen von diesem lassen
sich durch Schütteln gleicher Volumina von ä. Ö. und Wasser in einer graduierten Glasröhre nachweisen; nachdem sich beide
Flüssigkeiten wieder gesondert haben, wird das Volumen des Wassers durch die Aufnahme des Alkohols zugenommen
haben.
Man kann auch das betreffende Öl in einer kleinen Glasretorte in einem Sandbade kurze Zeit erhitzen, der Alkohol destilliert,
mit nur wenig Öl gemengt, zuerst über und läßt sich an seinen Eigenschaften und Reaktionen leicht erkennen. Die vielfach
empfohlene Methode mit Fuchsin paßt nicht für alle Öle, da manche Öle,
die ganz frei von Alkohol sind,
das Fuchsin ebenfalls lösen und sich dadurch rot färben. Fette Öle lassen sich in ä. Ö. leicht daran erkennen, daß sie
nicht flüchtig sind, daher auf Papier einen auch beim Erhitzen nicht verschwindenden Fettfleck verursachen.
Teilweise verharzte Öle hinterlassen allerdings auch einen bleibenden Fettfleck, der jedoch meist nur
an dem Rande durchscheinend ist und auch durch Aufgießen von Weingeist verschwindet, was bei Vorhandensein von fettem Öl
nicht der Fall ist. Daher kann man auch durch Auflösen des zu prüfenden Öles in 90procentigem Alkohol die Gegenwart von
fettem Öl finden, da sich dieses hierbei nicht löst. Eine Ausnahme hiervon macht nur das Ricinusöl,
welches in Alkohol leicht löslich ist und daher auf diese Weise nicht erkannt werden kann.
Zur Erkennung einer Verfälschung mit Terpentinöl bedient man sich häufig des Jods, besser jedoch des Nitroprussidkupfers,
welches beim Kochen mit den betreffenden Ölen in einem Reagensgläschen seine Farbe behält, sowie sie
mit Terpentinöl oder einem diesem ähnlichen Öle verfälscht sind, während wenn die Öle rein sind, das Nitroprussidkupfer
dunkel schiefergrau oder schwarz wird und das Öl sich mehr oder weniger dunkel färbt. Zur Ausführung dieser, sowie der
Jodprobe, gehört jedoch schon eine gewisse Übung, um sich vor Irrtümern zu bewahren; in den Händen
Geübter gibt jedoch die Nitroprussidkupferprobe sehr gute Resultate (vergleiche ferner die einzelnen Öle). - Zoll: S. Tarif
im Anh. Nr. 5 a; 5 b Rosmarin- u. Wachholderöl; Nr. 5 i Terpentinöl.