mehr
stehenden Typus darstellen. Dann bildet sich eine mundlose Larve mit drei Segmenten, deren mittelstes einen starken Wimperkranz trägt, wie es in ähnlicher Weise nur bei den Brachiopoden [* 2] vorkommt, die man gewöhnlich zwischen Muscheln [* 3] und Würmer [* 4] stellt. Der definitive Körper erscheint dann als Knospe in einer Höhlung des hintersten Segments, schließlich wirft das Tier seine Hülle wie ein unnützes Gewand ab und geht aus dieser Metamorphose mit einer Bekleidung von sieben Rückenkalkplatten und zahlreichen seitlichen Dornen hervor, wodurch es sich den Käferschnecken mehr als allen andern Tieren nähert und die Ansicht bestätigt, daß diese Tiere an den Anfang des Molluskenreichs zu stellen sind.
Die vor langen
Jahren von
Troschel gemachte
Beobachtung, daß die Tonnenschnecke
(Dolium galea), als er sie präparieren wollte,
einen
Strahl stark saurer
Flüssigkeit mehrere
Fuß weit ausspritzte, hat, nachdem man gefunden, daß dieses bis 4 Proz. wasserfreie
Schwefelsäure
[* 5] und außerdem 0,4 Proz.
Salzsäure enthaltende
Sekret auch andern Schnecken
[* 6] (Tritonium-,
Cassis- und andern
Arten) eigen ist, eine
Menge von
Hypothesen erzeugt, wozu diese starke Schwefelsäureabscheidung den
Tieren
nütze.
Wenn es sich um Arten handelte, die sich in Felsen einbohren, würde man denken, daß sie ihnen die Bohrarbeit erleichtere; gegen die Annahme, daß die von zwei großen Darmdrüsen, deren Ausführungsgänge in dem Mundrüssel endigen, abgesonderte Flüssigkeit als Verteidigungswaffe wirke, machte Panceri geltend, daß der Strahl im Wasser zu sehr verdünnt werden würde. Noch andre Forscher dachten daran, daß die Säure im Magen [* 7] verdauend wirken möge, wogegen aber andre Bedenken sprechen.
Nach neuen Beobachtungen von Semon dient das saure Sekret diesen Tieren, um das harte Kalkskelett der Seesterne, [* 8] von denen sie sich hauptsächlich nähren, mürbe zu machen, und Preyer bemerkt dazu, daß schon geringe Mengen verdünnter Schwefelsäure hinreichen, einen Seestern völlig wehrlos zu machen, ihm namentlich auch die Fähigkeit zu nehmen, sich mit den Saugfüßen irgendwie festzuhalten. Diese Erklärung hat mehr Wahrscheinlichkeit als alle früheren, und Semon überzeugte sich, indem er Tritonium nodiferum dazu nötigte, einen schon im Schlunde steckenden Seesternarm wieder herauszugeben, daß die Kalkplatten und Stacheln völlig erweicht und zum Teil bereits zerstört waren. Er meint, daß sie den so gebildeten Gips [* 9] durch einen eigentümlichen Prozeß sogleich wieder zersetzen mögen, um neue Schwefelsäuremengen zu gewinnen, und bringt die bedeutende Größe, welche die meisten der hierher gehörigen S. erreichen, mit der leichten und mühelosen Art ihres Nahrungserwerbs in Zusammenhang. Die manchmal (z.B. für die Austernbänke) [* 10] sehr schädlichen Seesterne und Seegurken, die in großen Scharen den Meeresboden bedecken, seien ihnen schutzlos preisgegeben.
Bei einigen Raubschneckcn, welche die Gehäuse der
Muscheln und andrer S. anbohren, um sie auszufressen, wie namentlich den
Purpurschnecken
(Murex- und
Purpura-Arten), der Nabelschnecke
(Natica) u. a., glaubt indessen Schiemenz eine andre
Verwendung der sauern
Ausscheidungen ermittelt zu haben. Die Nabelschnecken
bohren kreisrunde
Köcher durch die Austernschalen
und richten dadurch bedeutenden
Schaden auf Austerbänken an; bei der bandförmigen Gestalt der Reibplatte,
der geringern
Härte ihrer
Zähne
[* 11] und nicht sehr entwickelten Zungenmuskulatur scheint es aber kaum denkbar, daß sie damit
die
Köcher hervorbringen
könnten.
Nach seinen Untersuchungen wäre der Bohrapparat vielmehr unterhalb des rüsselartigen Mundes in einem napfähnlichen Organ zu suchen, welches von seinem Entdecker Troschel als »Saugplatte« bezeichnet wurde, weil derselbe glaubte, es diene während des Bohraktes zur Befestigung des Rüssels an der Austernschale. Nach Schiemenz' Untersuchung ist die anatomische Beschaffenheit der einen sauern, Lackmuspapier stark rötenden Saft ausscheidenden Drüse jedoch derart, daß an einen Saugakt nicht zu denken ist.
Dagegen stimmt ihre
Größe und Form genau mit derjenigen angefangener
Bohrlöcher überein, die in der Mitte eine kleine
Erhöhung
(wie ein Flaschenboden) zeigen, und mit der ausgeschiedenen
Säure, die den kohlensauren
Kalk der Muschelschale erweicht, leicht
tiefer und tiefer gefressen werden. Nachher mag die Reibplatte ihre
Wirkung zur Erweiterung des
Loches
beitragen.
Unmittelbar beobachten ließ sich der Vorgang indessen nicht, weil die Nabelschnecken
ihre
Opfer nur unter dem
Sande
verborgen anbohren.
Neben der im
Artikel
»Muschel«, S. 643, erwähnten Schmarotzermuschel fand Völtzkow im
Körper einer
Seewalze (Synapta) der
Küste von
Sansibar
[* 12] eine orangerote
Schnecke von 2-3
mm
Länge, deren einer Bernsteinschnecke
ähnliches Gehäuse
3-4 Windungen besitzt.
Ihre merkwürdige
Anpassung an das Schmarotzerleben besteht in einem langen
Rüssel von dreifacher Gehäuselänge,
mittels dessen sich die
Schnecke durch die Magenwand der Holothurie einbohrt und in die
Leibeshöhle derselben hineinragt.
In jeder fünfzehnten Holothurie fand sich diese fest an der Magenwand haftende Schneckenart
, die nicht
wie die berühmte Entoconcha mirabilis im Leibe der Holothurie zu einem unkenntlichen, pfropfenzieherartigen
Schlauch umgewandelt
ist, sondern ihre gewöhnliche Schneckengestalt bewahrt hat.
Über die Fähigkeit der kleinen, feuchte Äcker, Gärten und Parke bewohnenden Nacktschnecken (Limax agrestis, cinereus, variegatus, arborum und Amalia marginata), sich den Raupen und Spinnen [* 13] gleich an einem mehrere Fuß langen Schleimfaden von Kräutern und Sträuchern zur Erde niederzulassen, hatten Eimer und v. Martens 1878 berichtet und darauf aufmerksam gemacht, daß Lister vor genau 200 Jahren über die fadenspinnenden S. berichtet habe. Als auffallend wurde damals bezeichnet, daß diese Fähigkeit noch niemals bei den großen schwarzen Wegschnecken (Arion) beobachtet worden sei, obgleich gerade diese Gattung durch den Besitz einer eignen Schleimpore am Hinterende ihres Körpers ausgezeichnet sei.
Diese Lücke wurde unlängst durch Zykoff in Moskau [* 14] ausgefüllt, der im Vivarium aus Eiern der großen Wegschnecke Arion empiricorum) Junge erzogen hatte, die an der Innenwand der bedeckenden Glasglocke emporkletterten und sich dann an Schleimfäden wieder herabließen, wobei sie Kopf und Fühler ebenso bewegten, wie dies an der Ackerschnecke (Limax agrestis) beobachtet worden war. Dabei kletterten einige von ihnen, ohne den Boden berührt zu haben, an demselben Faden [* 15] zu ihrem frühern Platze zurück, so daß sie es darin ganz den Spinnen gleichthaten.