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allgemeinen angeben, welche Kohle bezüglich der Schlagwetterbildung die gefährlichste ist, da in den einzelnen Ländern hierin die größten Verschiedenheiten herrschen. Als Regel gilt, daß aus geologisch jüngern Kohlen neben Methan höhere Kohlenwasserstoffe entweichen, ältere Kohlen vorzugsweise nur Grubengas und die ältesten Kohlen neben Methan noch Wasserstoff liefern.
Die ersten Untersuchungen schlagender Wetter [* 2] wurden nach 1820 von Henry, Davy und Thomson ausgeführt. Neben Methan wurde in geringerer Menge Äthan und sonst hin und wieder vielleicht noch Propan, Butan und Butylen nachgewiesen. Kohlenoxyd kommt nur ausnahmsweise vor, während Kohlensäure ein ständiger und Stickstoff und Sauerstoff häufige Begleiter der Kohlenwasserstoffe sind. Beziehungen der Gase [* 3] zum geognostischen Alter der Kohle, wie sie oben angedeutet sind, werden von andrer Seite geleugnet und Schondorf hat in fast allen von ihm untersuchten Wettern Wasserstoff nachgewiesen.
Örtliche Verhältnisse, wie Druck, Temperatur, mineralische Beimengungen, Zersetzung tierischer Reste, sind jedenfalls von hervorragendem Einfluß auf die Beschaffenheit der Gase. Am wichtigsten ist das Methan CH4. Da es spezifisch leichter als Luft ist, sammelt es sich zunächst an den höchsten Stellen der Gruben, verbrennt mit bläulicher heißer Flamme, [* 4] ist farb- und geruchlos und kann eingeatmet werden, solange es nicht in so großer Menge vorhanden ist, daß der Sauerstoffgehalt des Gasgemisches ein zu niedriger wird. Ein Volumen Methan erfordert zur Verbrennung 2 Vol. Sauerstoff, und es entstehen 1 Vol. Kohlensäure und 2 Vol. Wasserdampf. Da letzterer zu Wasser sich verdichtet, so bleibt nur 1 Vol. Kohlensäure übrig.
Nach Mallard und Le [* 5] Chatelier beginnt die Explodierbarkeit der Gase bei einem Gehalt von 7,7 Proz. Methan, erreicht ihr Maximum bei 10,8 Proz. und hört auf bei 14,5 Proz. Nach den Beobachtungen der Schlagwetterkommission sind auch Gemenge mit 4-6 Proz. nicht als gefahrlos anzusehen. Die Entzündungstemperatur beträgt für obige Gemenge ziemlich unabhängig von den Mischungsverhältnissen 740°. Die Entzündung erfolgt aber nicht in dem Augenblick, wo die Gasmasse oder ein Teil derselben auf diese Temperatur gebracht wird, sondern das Gas muß erst mehrere Sekunden deren Einwirkung ausgesetzt sein, ehe die Explosion eintritt.
Daraus erklärt sich der Umstand, daß bei dem rotglühend gewordenen Drahtnetz der Sicherheitslampe die Schlagwetter infolge ihrer fortwährenden Erneuerung um die Drähte sich gewöhnlich nach außen nicht entzünden. Bei steigender Temperatur nimmt indes die erwähnte Verzögerung ab. Die explosivsten Gasgemische sind keineswegs die endzündlichsten, sondern diejenigen mit 6,0 Proz. Methan. Größere Geschwindigkeit des Gasstromes bedingt eine höhere Zündungstemperatur, eine geringere Geschwindigkeit erleichtert die Entzündung.
Kein bewegtes Grubengasgemisch konnte durch schmelzenden Silberdraht (954°) entzündet werden. Glühende Drähte zünden im allgemeinen um so leichter, je größer ihre Oberfläche ist. Bei der Explosion erfolgt durch die hohe Verbrennungstemperatur des Methans (2200°) plötzlich eine sehr starke Ausdehnung [* 6] der Gase, also ein gewaltiger Stoß, dem ein zweiter Stoß (Rückschlag) folgt, weil die äußere Luft in den leer gewordenen Raum (die Raumverminderung beträgt bei 9,5 Proz. Methan 20 Proz.) eindringt.
Die Fortpflanzung einer Schlagwetterentzündung und die Heftigkeit einer Explosion ist wesentlich davon abhängig, unter welchen Umständen und an welcher Stelle das Gasgemisch entzündet wird. Erfolgt in Grubenstrecken, welche nur nach einer Seite offen sind, die Entzündung an einem Ort, wo starre Wände die Wetteransammlung umschließen, so wird die ganze flammende Gasmasse unter verheerender mechanischer Wirkung schußartig durch die Strecke und aus derselben herausgeschleudert. Geht jedoch die Entzündung in umgekehrter Richtung, vom Eingang der Strecke her, vor sich, so wirkt, wenn überhaupt eine Explosion entsteht, die hintere Gasmasse als Luftkissen, welches den Hauptstoß auffängt und abschwächt.
Schlagwetter mit weniger als 5,5 Proz. Methan brennen nur in der Nähe einer Flamme. Der Bergmann beobachtet in solcher Luft, daß seine Grubenlampe schlecht brennt, die Flamme wird lang, matt, rußt, weil das sie umgebende Methan bei seiner Verbrennung der zuströmenden Luft Sauerstoff entzieht. Schraubt der Bergmann, der solche Erscheinungen beobachtet, die Flamme seiner Sicherheitslampe am Boden der Grube möglichst klein, so sieht er, daß das kaum noch leuchtende Flämmchen immer höher wird, je mehr er die Lampe [* 7] in die obern Luftschichten bringt und er kann aus dieser Verlängerung [* 8] den Gehalt der Luft an Methan annähernd richtig taxieren.
Enthält die Luft in der Grube mehr als 5,5 Proz. Methan, dann füllt sich die Grubenlampe vollständig mit einer bläulichen Flamme oder es treten kleine Verpuffungen in der Lampe ein, durch welche die Lampe häufig erlischt. Die Lampe warnt also den Bergmann, der, sobald er die genannten Erscheinungen beobachtet, den gefährlichen Ort vorsichtig, ohne hastige Bewegungen mit der Lampe zu machen, verlassen und für kräftige Ventilation desselben sorgen muß. Wird die Warnung unbeachtet gelassen, verliert der Bergmann den Kopf, macht er hastige Bewegungen oder öffnet er in sträflichem Leichtsinn die Lampe, dann tritt die Explosion ein und kann die ganze Belegschaft der Grube in den Tod führen.
Im allgemeinen wird die sich entwickelnde Menge des Grubengases um so größer sein, je größer die Oberfläche der bloßgelegten Kohle ist, je mehr Kohle gewonnen wird und je zahlreicher die Arbeitspunkte sind. Es kommen aber auch Ansammlungen von Grubengas in der Kohle vor, aus denen es plötzlich, oft mit großer Heftigkeit, herausströmt (Bläser) und weite Räume mit Schlagwettern anfüllt. Die Gasmenge, welche die Bläser liefern, ist sehr verschieden. Man hat solche beobachtet, die 196 cbm in einer Minute lieferten, und während ihre Ergiebigkeit in wenigen Jahren erschöpft zu sein pflegt, haben größere Bläser mehrere Jahre, selbst Jahrzehnte angedauert.
Ähnliche
Erscheinungen wie die
Bläser bieten
Kohlen, in denen sich
Gas unter hohem
Druck befindet. Wird derartige
Kohle abgebaut,
so entweicht das
Gas oft mit solcher
Gewalt, daß große Kohlenstücke fortgeschleudert werden. In
England und
Belgien
[* 9] hat man
Spannungen bis zu 32
Atmosphären in der
Kohle festgestellt. Stürzt die
Decke
[* 10] (das Hangende) eines verlassenen,
mit Schlagwettern gefüllten
Raumes
(Alter Mann) plötzlich ein, so werden die schlagenden
Wetter in die gangbare
Grube hineingedrängt.
Dies geschieht auch bei Barometerschwankungen, wenn infolge der Abnahme des
Luftdruckes das Gasgemisch im Alten Mann
sich
ausdehnt. Ansammlungen von schlagenden
Wettern im Alten Mann
hat man auf 200,000, selbst auf 1 Mill.
cbm
berechnet. Schlagwetterexplosionen entstehen endlich auch durch Kohlenstaub. Durch einen
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ausblasenden, den Staub aufwirbelnden Sprengschuß wird eine starke Erhitzung des Kohlenstaubes herbeigeführt, die Kohlepartikelchen entwickeln entzündliche Gase, welche sich der Luft beimischen und mit dieser explodieren. Über das Verhältnis, in welchem diese verschiedenen Ursachen der Bildung schlagender Wetter zur Geltung kommen, läßt sich wenig sagen, zumal man bis in die jüngste Zeit die durch Kohlenstaub verursachten Explosionen andern Ursachen zuschreiben mußte. In den Jahren 1861 - 84 sind in Preußen [* 12] 75 Proz. aller Schlagwetterexplosionen durch langsames stetiges Austreten der Gase aus der anstehenden Kohle veranlaßt worden.
Zur Verhütung der Unglücksfälle durch s. W. sind nur zwei Mittel anwendbar: gute Ventilation und Vorsicht. Alles andre ist hinfällig, unpraktisch, unausführbar oder sogar schädlich. Schafft ein Ventilator aus einer Grube in der Minute 2000 cbm Luft, welche 1 Proz. Methan enthält, so beträgt das Gewicht des Methans im Jahre 7,5 Mill. kg. Nach Ermittelungen der preußischen Schlagwetterkommission betrug die Menge des in 24 Stunden mit der Wetterströmung ausziehenden Grubengases 7000, 16,000, selbst 25,000 cbm. Solchen Mengen gegenüber versagen selbstverständlich die vorgeschlagenen Absorptionsmittel in einer weit ausgedehnten, oft mehrere Meilen langen Grube, in der an zahllosen Stellen die Gase austreten, hier langsam in geringen, dort plötzlich in kolossalen Mengen. Hier kann nur eine kräftige Ventilation wirksame Hilfe gewähren.
Wirkt die Explosion der schlagenden Wetter durch den Druck der Gase, durch die Flamme, durch herabstürzendes Gestein, so bietet der Nachschwaden noch eine große Gefahr. Nach der Explosion ist die Luft für die Atmung zu arm an Sauerstoff, enthält oft auch noch giftiges Kohlenoxyd, und die von der Explosion verschont Gebliebenen müssen ersticken, wenn nicht für schleunige Zufuhr frischer Luft gesorgt wird. Letzteres aber ist oft unmöglich, da durch Explosion häufig genug die Wetterwege zerstört sind und die Ventilation an vielen Punkten unterbrochen ist. Die Verbrennungsprodukte eines zwölfprozentigen Gasgemisches bestanden nach Verdichtung des Wasserdampfes aus 4,8 Proz. Kohlensäure, 3,9 Proz. Kohlenoxyd, 2,5 Proz. Methan und andern Kohlenwasserstoffen, 3,5 Proz. Wasserstoff und 82,2 Proz. Stickstoff. Kohlenoxyd scheint bei schlagenden Wettern von weniger als 9,5 Proz. Gasgehalt, wie sie auf Steinkohlengruben in der Regel vorkommen, nur dann zu entstehen, wenn Kohlenstaub vorhanden gewesen ist.
Seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts hat man in England die Beobachtung gemacht, daß Kohlenstaub an der Entstehung und an den Wirkungen der Schlagwetterexplosionen oft in hohem Grade beteiligt sei. Faraday und Lyell sprachen im J. 1844 zuerst aus, daß bei einer Explosion in einer englischen Steinkohlengrube der Kohlenstaub entgast worden sei und dadurch eine Vergrößerung und Weiterfortpflanzung der Explosion stattgefunden habe. Weitere Untersuchungen durch französische und andre Forscher ergaben schwankende Resultate, Galloway fand, daß zur Erzeugung einer Explosion durch manche Kohlenstaubsorten gleichzeitige Anwesenheit von wenig Methan erforderlich ist, während andre Sorten von Kohlenstaub auch ohne Mithilfe von Methan explosionsfähig sind.
Auch englische Versuche (1876-82) wollten dem Kohlenstaub bei Abwesenheit von Methan keine besonders große
Gefährlichkeit beimessen. Weitere Untersuchungen, namentlich auch die von Hilt im Auftrage der preußischen Schlagwetterkommission
auf
Grube König bei Neunkirchen
[* 13] (Saarbrücken)
[* 14] 1884/85 angestellten, haben dann gezeigt, daß sich allgemein Gültiges kaum
sagen läßt, daß die Ereignisse vielmehr von dem Zusammentreffen sehr mann
igfacher Verhältnisse abhängig
sind.
Als feststehend kann nur Folgendes gelten: Die Mitwirkung des Kohlenstaubes ist in der Hauptsache auf die bei plötzlicher Erhitzung desselben sich entwickelnden Kohlenwasserstoffe zurückzuführen. Je nach der Beschaffenheit und Menge des Staubes (am gefährlichsten sind nicht etwa die gasreichsten Kohlen, sondern solche, welche nur 16-24 Proz. flüchtige Bestandteile enthalten) können diese Gase für sich eine Explosion herbeiführen (Staubexplosionen), oder sie vermögen vorhandene, aber noch nicht explodierbare Grubengasgemenge zur Explosion zu bringen (gemischte Explosionen).
Daneben bildet der aufgewirbelte und erhitzte Staub noch den Vermittler, um die an einer Stelle der Grube erfolgte Entzündung einer Gas- und Staubansammlung fast auf unbegrenzte Entfernungen hin nach andern derartigen Ansammlungen fortzupflanzen (Doppelexplosionen). Soll indes der Kohlenstaub überhaupt eine gefährliche Rolle spielen, so müssen die Umstände zusammenwirken: das Vorhandensein einer gewissen Menge von Staub, lebhaftes Aufwirbeln desselben und eine Feuererscheinung, welche fähig ist, den aufgewirbelten Staub zur Abgabe von Gasen zu erhitzen und diese auch sofort zu entzünden. Die erste Bedingung ist auf allen einigermaßen trocknen Gruben erfüllt, die beiden andern hingegen eigentlich nur bei einem ausblasenden Sprengschuß von Schwarzpulver oder bei einer auf gewöhnliche Art entstandenen Grubengasexplosion. Dynamit und andre brisante Sprengstoffe sowie auch offenes Licht [* 15] zünden nur dann, wenn stärkere, mehr als 4 Proz. Methan enthaltende Grubengasgemenge als viertes Erfordernis vorhanden sind.
Bei der großen Rolle, welche die Sprengstoffe hinsichtlich der Erzeugung von Explosionen spielen, hat man sich vielfach bemüht, solche Sprengstoffe aufzufinden, die vollkommene Sicherheit darbieten. Die brisanten Sprengstoffe sind minder gefährlich als das alte schwarze Sprengpulver. Während aber letzteres die Kohle in großen Blöcken liefert, erzeugen die brisanten Sprengstoffe sehr viel Kohlenklein. Die theoretisch größte Sicherheit beim Schießen [* 16] an gefährlichen Punkten würde erzielt werden bei Anwendung eines sehr brisanten Sprengstoffes, möglichst starken Zündhütchens und elektrischer Zündung. Da aber an die Praxis Konzessionen zu machen sind, so steht die Sprengstofftechnik vor einer sehr schwierigen Frage, die bis heute noch nicht völlig befriedigend gelöst ist. Als relativ sicherster Sprengstoff kann wohl das Roburit angesprochen werden.
Den Schwankungen des Luftdruckes schrieben Scott und Galloway einen sehr großen Einfluß auf die Entstehung von Explosionen zu, die französische Schlagwetterkommission will denselben höchstens eine untergeordnete Bedeutung zugestehen. Die preußische Kommission hat unter Bestätigung gleichzeitiger Untersuchungen von Walchers festgestellt, daß auf ein Steigen des Barometers stets eine Abnahme, auf ein Fallen [* 17] desselben stets eine Zunahme des Gehaltes der ausziehenden Wetter an Grubengas und Kohlensäure und zwar in einem mäßigen, niemals mehr als einen Tag betragenden Abstände folgt; je rascher das Steigen und Fallen des Luftdruckes vor sich geht, um so größer sind auch die Schwankungen im Gasgehalt. Besonders hat sich dies hinsichtlich der alten Baue gezeigt, in denen bei ¶