Zeitraum früher nur 93, später 119-131 und darüber Nebel kamen, zählt man jetzt in derselben
Zeiteinheit schon 156 Nebel, und
infolgedessen hatte die Umgebung
Londons 1890 nur noch 1723
StundenSonnenschein, die Mitte der
City aber nur 1157, im
Winter
sogar nur 95
Stunden. Diese fortschreitende
Vermehrung der Nebel scheint im engsten Zusammenhang zu stehen
mit der Vergrößerung der Stadt und dem dadurch bedingten erhöhten Kohlenverbrauch in Ermangelung jedes andern Feuerungsmaterials
für
Heizung
[* 2] und
Beleuchtung.
[* 3]
Von 4,8 Mill.
Ton. vor
Jahren ist der Kohlenverbrauch jetzt auf 6,3 Mill. T. gestiegen, während die alten unzweckmäßigen
Feuerungen, offene
Kamine etc., welche die Rauchbildung begünstigen, geblieben sind und
der billige
Preis der
Kohle das
Bedürfnis nach Verbesserung der
Feuerungen nicht aufkommen läßt. Die schlechte
Luft und der
Lichtmangel machen es erklärlich, daß die
Sterblichkeit während der Nebeltage steigt, wobei freilich der
Abfall der
Temperatur
und die
Erniedrigung des
Luftdruckes, die fast immer die Nebelbildung begleiten, wohl auch eine gewisse
Rolle spielen.
Den schädlichen Einfluß des
Nebels auf den Pflanzenwuchs hat
Dyer nachgewiesen, und er glaubt, daß bei dem hohen
Gehalt der
Nebel an schwefliger
Säure der
Gartenbau in der
NäheLondons bald völlig unmöglich werden wird, wenn die Nebel sich in gleicher
Weise steigern. In
Manchester
[* 4] ist die
Luft noch reicher an schwefliger
Säure als in
London,
[* 5] und damit steht
in Zusammenhang, daß dort gewisse
Pflanzen überhaupt nicht zum
Wachsen gebracht werden können, die in
London sehr gut gedeihen.
Oliver, welcher im Auftrag der
Royal Horticultural Society Untersuchungen über die Einwirkung desLondonerNebels auf Gewächshauspflanzen ausgeführt hat, stellte fest, daß der Nebel in kleinen
Städten unschädlich ist. Er zeigte,
daß das
Protoplasma der
Pflanzen unter dem Einfluß des
Nebels in derselben
Weise abstirbt wie bei der Einwirkung der schwefligen
Säure.
Pflanzen in Nebelwasser zu züchten, gelang überhaupt nicht. Temperaturzunahme verstärkt unter sonst
gleichen Verhältnissen die schädliche
Wirkung der schwefligen
Säure.
Die eigentümliche Verfärbung, welche die
Blätter durch den Nebel erhalten, leitet Oliver aus der Einwirkung des
Eisens her,
welches in verhältnismäßig großer
Menge im N. enthalten ist. Um die Schädigungen durch den Nebel herabzusetzen, empfiehlt
Oliver für Nebeltage eine möglichst niedrigeTemperatur in den
Gewächshäusern und ebenso sparsame Zuführung
von
Wasser, da
Wärme
[* 6] und
Feuchtigkeit die
Absorption befördern, während die
Blätter nicht wie bei hellem
Wetter
[* 7] einen Überschuß
von
Feuchtigkeit auszustoßen vermögen. Das einzige
Mittel, welches
London von seinen
Nebeln befreien und ihm und allen großen
englischen Industriestädten ein verändertes Ansehen geben würde, wäre eine Verhinderung der Rauchbildung
bei der
Verbrennung, sei es durch
Koks- oder
Gasfeuerung
[* 8] oder durch rationelle
Konstruktion der
Feuerungen.
[* 9]
Schon Bd. 18, S. 290, ist der großen Bedeutung gedacht worden,
welche die
Photographie in neuerer Zeit für die Erforschung der
Welt der Nebelflecke und
Sternhaufen gewonnen hat.
Wenn bei
Beobachtung durch das
Teleskop die Lichtschwäche des
Objektes dessen Erkennung verhindert, so wird dieser Mangel bei
dem photographischen
Prozeß durch die verlängerte Dauer der Belichtung ausgeglichen.
Daher ist es möglich gewesen, auf den
photographischen
Negativen Nebelflecke zu erkennen, die erst später durch große
Teleskope wahrgenommen worden sind. In
dieser Hinsicht sei erinnert an
die
Entdeckung des
Nebelfleckes um
Maja und noch andrer Nebelfleckanhäufungen in der Plejadengruppe
durch die Gebrüder
Henry in
Paris.
[* 10] In derselben
Gruppe hat übrigens auch
Bernard 1890 mit dem großen
Refraktor der
Lick-Sternwarte
ein paar Nebelflecke bei
Merope entdeckt.
Von den übrigen
Nebelflecken, welche
Wolf photographisch aufgenommen hat, ist besonders interessant die ausgedehnte Nebelmasse,
welche den östlichsten der drei Hauptsterne (ϛ) im
Gürtel
[* 13] des
Orion umgibt. Der merkwürdigste Teil derselben, welcher sich
von ϛ aus nach
S. und
SW. erstreckt, bietet im photographischen
Bilde den Anblick eines riesigen
Wirbels
dar. Auch der mittelste der drei Gürtelsterne (ε) ist von einer Nebelmasse umgeben, von der drei feine
Strahlen ausgehen.
Von hervorragender Bedeutung aber dürften für unsre Kenntnis der Nebelfleckenwelt des südlichen
Himmels die photographischen
Aufnahmen werden, welche vonRussel auf der
Sternwarte
[* 14] in
Sydney
[* 15] in
Neusüdwales erhalten worden sind. Beispielsweise
lassen die
Bilder des
Nebelfleckes um den
Stern η im
Schiff
[* 16]
Argo, obwohl wegen zu kurzer Belichtung (im
Mittel 3
Stunden) unvollkommen,
deutliche Zeichen von
Struktur erkennen: auf der südlich von η vorangehenden Seite findet man zwei deutlich
gekrümmte Windungen und bei η selbst eine andre.
Von besonderm
Interesse sind die
Bilder der beiden
Magelhaensschen Wolken
(Kapwolken), jener merkwürdigen Lichtwolken, welche
nach
HumboldtsAusdruck so wesentlich die landschaftliche
Anmut der südlichen Himmelsgefilde erhöhen.
Die große
Wolke, deren
Fläche das 224fache der Mondscheibe beträgt, erscheint als ein komplizierter Spiralnebel mit zwei
Zentren, während das
Bild der kleinen an den teleskopischen
Nebelfleck im
Fuchs
[* 18] erinnert, der seiner Gestalt wegen (zwei sich
berührende Nebelfleckmassen) von
LordRosse den
Namen Dumbbell-Nebelfleck erhalten hat.
Die ältern Hilfsmittel der beobachtenden
Astronomie
[* 19] haben bisher keine Eigenbewegung an
Nebelflecken nachgewiesen, und man
hat sich daher gewöhnt, sich diese Weltkörper als viel weiter entfernt vorzustellen als die
Fixsterne.
[* 20] Die allgemeine Richtigkeit
dieser
Vorstellung darf aber billig bezweifelt werden. Die
Beobachtung von
Huggins, daß die hellen Liniengruppen,
welche die Spektren zweier
Sterne im sogen.
Trapez
[* 21] im Orionnebel durchsetzen, sich auch noch auf einige
Entfernung hinaus in
das Nebelfleckspektrum verfolgen lassen, spricht jedenfalls für die Zusammengehörigkeit des
Nebelfleckes mit jenen
Sternen,
und
¶
Die außerordentliche Lichtstärke dieses Instrumentes und die vorzüglichen Eigenschaften des dazu gehörigen
Spektroskops machen es möglich, durch direkte Messung mit demselben die gleiche Genauigkeit zu erlangen, wie Vogel in Potsdam
[* 23] durch Ausmessung der Photographien der Spektra erhält. Mit Benutzung eines RowlandschenGitters mit starker Dispersion
[* 24] hat nun
Keeler an dem Refraktor der Lick-Sternwarte im Juli und August 1890 die Lage der hellsten, den Spektren von
zehn der hellern planetarischen Nebel gemeinschaftlichen Linie gemessen, welche nahe dem einen Ende des von einer Magnesiumflamme
erzeugten Bandes bei der Wellenlänge 500,6 μμ liegt. Da die Natur dieser Linie nicht bekannt war, so kannte man
auch ihre Lage für eine in Bezug auf die Erde ruhende Lichtquelle nicht, und Keeler nahm deshalb den Mittelwert aus den verschiedenen
Messungen als Normallage an. Die so erhaltenen Werte für die Geschwindigkeit der Nebel in der Gesichtslinie sind daher nur als
vorläufige anzusehen. Die größte und die kleinste Geschwindigkeit, welche sich auf diese Weise ergaben,
sind in der Richtung zur Erde her 47,2 km und 1,7 km, in der Richtung von uns weg aber 58,5 km und 2,3 km in der Sekunde. Der
Fehler der einzelnen Bestimmung dürfte 4 km nicht übersteigen. Bei einigen dieser Nebel hat übrigens Keeler
später die Lage einer Wasserstofflinie gemessen, wodurch eine genaue Berechnung der Bewegung möglich wird.
Veränderliche Nebelflecke sind nur wenige mit einiger Sicherheit bekannt: drei Nebel im Stier, welche von Hind 1852, Chacornac 1855 und
d’Arrest 1861 als wahrscheinlich veränderlich bezeichnet worden sind, zwei andre, auf welche Winnecke aufmerksam gemacht
hat, und endlich ein von W. Herschel 1785 entdeckter, von LordRosse 1854 und 1864 und d'Arrest 1863 unter
günstigsten atmosphärischen Bedingungen nicht gesehener, von Bigourdan aber 31. Jan. und wieder an der von Herschel
angegebenen Stelle beobachteter. Die Positionen dieser Objekte sind:
Die Photographie dürfte berufen sein, wie über die Veränderlichkeit der Fixsterne, auch über Nebel zuverlässige
Kunde zu geben. Auch hat bereits Roberts, dessen schöne Photographien des Andromedanebels Bd. 18, S. 290, Erwähnung
gefunden haben, diesen Nebel als veränderlich bezeichnet, weil drei im Dezember 1890 mit 5, 15 und 60 Min. Belichtungszeit
erhaltene Negative einen entschieden sternartigen Kern dieses Nebels zeigen, während andre, mit kürzerer
und längerer Belichtung erhaltene keine Spur davon erkennen lassen.