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wie Scharlach, Diphtherie, Pneumonie, Typhus, Cholera etc., gezeigt. Die Bakterien der beiden letztern Krankheiten gelangen wahrscheinlich durch Verdünnen mit verunreinigtem Wasser in die Milch. Bisweilen enthält Milch durch Zersetzung ihrer Proteinkörper Toxine, welche Anlaß zu Vergiftungserscheinungen geben können. Relativ geringe Mengen dieser Substanzen können besonders in dem sehr leicht reizbaren Darme junger Kinder wirken und Veranlassung zu manchen Sommerdiarrhöen geben.
Vor allem scheinen einige bei höherer Temperatur verlaufende Milch- oder Buttersäuregärungen in dieser Hinsicht bedenklich zu sein. Die Verunreinigungen der Milch mit Bakterien mahnen dringend genug vor dem Genuß unaufgekochter Milch. Die pathogenen Bakterien werden durch anhaltendes Kochen getötet und auch der größte Teil der Gärungserreger wird vernichtet. Sicherer ist das Sterilisieren, welches die größte Garantie darbietet, wenn es ordnungsgemäß ausgeführt wird.
Der bekannteste Sterilisierungsapparat ist der von Soxhlet in München. [* 2] Die zu behandelnde Milch füllt man in Flaschen, welche etwa 150 g fassen, bis etwa 1,5 cm unterhalb des Halses und verschließt die Flaschen mit einem durchlochten Gummipfropfen. Dann stellt man sie in einen flaschenkorbartigen Einsatz und mit diesem in einen Kochtopf, der so viel Wasser enthält, daß die Flaschen bis an den Hals in demselben stehen. Nachdem das Wasser 5 Minuten gekocht hat, verschließt man die Öffnungen in den Gummipropfen durch Einstecken von Glasstäbchen, die vorher in heißem Wasser gereinigt sind, und kocht noch 30-35 Minuten.
Dann läßt man erkalten und bewahrt die Flaschen an einem kühlen Orte auf. Bei Verabreichung der an ein Kind erwärmt man sie bis zur Trinkwärme und vertauscht den Gummipfropfen mit dem sorgfältig gereinigten Saugpfropfen. Verschlossen gebliebene Flaschen können ohne Bedenken am zweiten Tage gegeben werden. Allergrößte Sauberkeit der Flaschen, Saughütchen und des Apparates ist zur Erzielung eines sichern Erfolges unbedingt geboten. Bei diesem Apparat werden die Flaschen bei geöffnetem Topfe verschlossen, bei dem Apparat von Gronwald u. Öhlmann aber unter Luftabschluß.
Das Sterilisieren geschieht hier mit Dampf, [* 3] welcher nicht allein die Luft im Apparat sterilisiert, sondern auch infolge seines Druckes das Aufsteigen und Überkochen der Milch verhindert. Zum Verschluß benutzt man Korke oder den Fritznerschen Patentbügelverschluß. Im letztern Falle sterilisiert man bei lose aufgesetztem Verschlußpfropfen, erfaßt die Druckbügel mit einem von außen bewegbaren Druckstück und drückt sie in den geschlossenen Zustand herab.
Korke müssen schlank zugespitzt und am untern Ende eingekerbt sein; man setzt sie ebenfalls lose in die Flaschenmündung und bringt ein Druckstück in solcher Höhe an, daß die im Dampfe quellenden Korke wohl gehoben werden, nicht aber aus den Flaschenhälsen herausfallen können. Die sterilisierte Milch hat vor der nach dem Scherffschen Verfahren auf 120° erhitzten Milch den großen Vorzug, daß sie in Geschmack und Farbe von frischer Milch sich durchaus nicht unterscheidet. Die sterilisierte Milch säuert viel weniger leicht als gewöhnliche und ist, solange der Flaschenverschluß luftdicht bleibt, für relativ lange Zeit unveränderlich.
Der Norweger Dahl hat ein Verfahren empfohlen, welches zum Konservieren der Milch in größerm Maßstab [* 4] für die Bedürfnisse des Handels und zur Verproviantierung von Seedampfern etc. dienen soll. Es besteht im abwechselnden Erhitzen und Abkühlen der Milch auf verschiedene, genau angegebene Temperaturen. Die Dauer der Operation beträgt 9 Stunden. Chemikalien sollten zur Konservierung der Milch niemals angewandt werden. Reicht das Sterilisieren nicht aus, so muß die Milch verdampft werden.
Die erste kondensierte Milch wurde in der Schweiz [* 5] dargestellt, bald aber errichtete man ähnliche Fabriken in Deutschland, [* 6] England, Norwegen, [* 7] Italien [* 8] und den Vereinigten Staaten [* 9] von Nordamerika. [* 10] Das Fabrikat ist für viele Zwecke durchaus empfehlenswert, zur Ernährung kleiner Kinder aber eignet es sich nicht, weil es zu viel Zucker [* 11] enthält. Dieser fördert bei den Kindern den Fettansatz auf Kosten der Muskeln [* 12] und Knochen, [* 13] und die Ärzte haben beobachtet, daß mit kondensierter Milch ernährte Kinder nicht die nötige Widerstandskraft an den Tag legten und namentlich an Darmkatarrh leicht zu Grunde gingen.
Soxhlet ist es nun gelungen, eine sterilisierte kondensierte Milch ohne
Zucker und ohne jeden Zusatz darzustellen. Dieselbe wird
in der
Fabrik Schüttendobel bei Harbatzhofen in den bayrischen
Algäuer
Alpen
[* 14] durch die
Gesellschaft für diätetische
Produkte
Ed. Loeflund u. Komp. bereitet. Die ganz frische Milch wird
sofort mit der Zentrifugalmaschine gereinigt und im
Vakuum auf einen Trockensubstanzgehalt von möglichst genau 37 Proz. gebracht.
Die eingedickte Milch wird mittels einer besondern
Maß- und Füllvorrichtung auf 1-2 g genau in Blechbüchsen
[* 15] gefüllt, die
man dann verlötet und unter Dampfdruck erhitzt, um sie völlig zu sterilisieren.
Eine Büchse enthält genau 330-332 g kondensierte Milch, welche, mit Wasser zu 1 Lit. verdünnt, eine Milch von normalem Gehalt an Trockensubstanz liefert. Die Konserve, welche durch das angewandte Reinigungsverfahren vor allen ähnlichen Präparaten sich auszeichnet, ist jahrelang haltbar, ohne sich in Geschmack, Farbe oder durch Rahmbildung zu verändern. Sie eignet sich ganz besonders für die Ernährung von Kindern und Kranken und zur Bereitung besonders nährkräftiger Speisen, welche eine möglichst große Menge von Milchsubstanz enthalten sollen, ebenso aber auch zur Verpflegung auf Schiffen, in den Tropen oder in Ländern, wo frische Milch fehlt.
Bei der Verarbeitung der Milch hat die zuerst von dem Bayer Prandtl 1864 versuchte Benutzung der Zentrifugalmaschine immer weitere Verbreitung gefunden. Nach Fleischmann geht die Entrahmung um so besser vor sich, je größer die Umfangsgeschwindigkeit der Trommel ist, je wärmer die einfließende und je geringer die in einer bestimmten Zeit zu entnehmende Milchmenge ist. In der Praxis hat sich gezeigt, daß eine Umfangsgeschwindigkeit der Trommel von 6-7000 m in der Minute und eine Milchtemperatur von 35° die besten Resultate gibt.
Die Konstruktion der Maschine ist [* 16] so vervollkommt, daß man den Grad der Entrahmung, also den Fettgehalt des Rahmes, beliebig regulieren kann. Die hohe Geschwindigkeit der Trommel ist nicht ohne Gefahr, und es ist ein Vorzug des Separators von Laval, daß er durch Zerlegung der Trommelwelle in zwei Teile diese Gefahr beseitigte. Zum Betrieb der Lavalschen Separatoren wird vorteilhaft Dampfkraft benutzt, und das Bergedorfer Eisenwerk baut einen Dampfseparator [* 1] (Fig. 1, S. 616), der lediglich durch ein Rohr mit dem Kessel verbunden wird. Öffnet man dann ein Ventil, [* 17] so setzt sich die Maschine in Bewegung und erreicht endlich ihre volle Geschwindigkeit mit 7000 Umdrehungen. Riemen, Schnur, Vorgelege fallen fort, der Betrieb wird durch nichts Derartiges gehindert oder gefährdet. Einen sehr großen Fortschritt im Entrahmungsverfahren durch Zentrifugen bezeichnet die Erfindung von v. Bechtholdsheim, ¶
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welcher durch Einsetzen von Tellern in die Entrahmungstrommel die Leistungsfähigkeit der Maschine ganz außerordentlich gehoben hat. Mit einer Pferdekraft können stündlich 1500 Lit. Milch entrahmt werden, und auf einer kleinen Maschine mit Handbetrieb kann ein Knabe stündlich 125 L. entrahmen. Die neue Einrichtung, der Alphaseparator [* 18] (Fig. 2), schließt sich dem Lavalschen Separator so eng an, daß die Trommel des letztern gegen die Tellertrommel ausgetauscht werden kann.
Die Leistungsfähigkeit der Maschine aber ist so sehr gesteigert, daß sie bei gleicher Größe und leichterm Gang [* 19] 125 L. Milch statt 50 L. stündlich verarbeitet. Bei dem Tellersystem verläuft die Entrahmung vollkommen ungestört, ungehindert durch Gegenströmungen, und vollzieht sich auch in den dünnen Schichten leichter und schneller. Bei der kleinen Maschine mit Handbetrieb (Baby-Alphaseparator) genügen 20,3 Sekunden bei einer Stundenleistung von 141,8 kg, um eine Entrahmung der Magermilch auf 0,13 Proz. Fett zu bewerkstelligen.
Der Bau von Separatoren, die mit der Hand [* 20] betrieben werden, ist für kleine Wirtschaften von außerordentlichem Belang, und es ist vorauszusehen, daß gerade diese das alte Entrahmungsverfahren sehr bald vollständig verdrängen werden. Da der Erfolg bei Anwendung von Zentrifugalapparaten wesentlich mit von der Temperatur der Milch abhängt, so liefert das Eisenwerk Bergedorf auch einen Vorwärmapparat [* 18] (Fig. 3). Dieser hat doppelte Wandung, ein leicht zu reinigendes Rührwerk, welches beständig neue Teile der Milch der erwärmten Wandung zuführt, und ist so eingerichtet, daß die kalte Milch unten ein- und die erwärmte oben abfließt.
[* 18] ^[Abb. 1, Dampfseparator.]
Die Magermilch wird zur Verhinderung der Säurebildung pasteurisiert. Hierzu dient ein Apparat, welcher dem Vorwärmapparat gleicht, nur größer ist, um die Milch stärker erhitzen zu können. Durch Kapselpumpen mit zwei rundlich geformten Schaufeln, die ohne Stoß und mit sehr geringer Geschwindigkeit der zu hebenden Milch arbeiten, gelangt die Magermilch auf die Kühlapparate [* 21] (Fig. 4), welche sie auf eine möglichst niedrige Temperatur bringen. Auf einer cylindrischen Fläche wird das Kühlwasser in einem Schraubengang von unten nach oben geführt, während die Milch über die geeignet geformten Flächen des Schraubenganges von oben nach unten fließt.
Magermilch wird meist zur Käsefabrikation benutzt; Rehmström hat aber auch unter dem Namen Laktoserin ein Präparat in den Handel gebracht, welches in den schwedischen Krankenhäusern Kindern und Rekonvaleszenten bei Verdauungsschwäche gereicht wird. Dasselbe wird aus Magermilch und Molken hergestellt, indem man deren Wassergehalt verdunsten läßt. Ein ähnliches Fabrikat liefert Drenckhan in Stendorf in Form eines Milchpulvers. Einen Milchchampagner, ein recht erfrischendes und zugleich nahrhaftes Getränk, hat man dargestellt, indem man die Magermilch sterilisiert, mit einigen, sie schmackhaft machenden Salzen versetzt und dann in Flaschen mit Kohlensäure imprägniert.
[* 18] ^[Abb. 2. Alphaseparator.]
In Dänemark, [* 22] welches in erster Reihe als Lieferant feinster Butter steht, stellt der Staat bedeutende Mittel zur Ausbildung von Molkereibeamten und zur Anstellung von milchwissenschaftlichen Versuchen zur Verfügung. Man schenkt dort namentlich auch der bakteriologischen Forschung große Aufmerksamkeit und glaubt den Bacillus entdeckt zu haben, unter dessen Einfluß das feine Aroma der Butter sich entwickelt. Zum ¶