forlaufend
408 Sterl. Die Ausfuhr von ausländischen und K lonialprodukten ist dagegen um fast 2 Mill. Pfd. Sterl. gesunken, besonders bei London [* 2] (von 39,6 auf 37,1 Mill.). Schiffsverkehr 1890. Im Verkehr mit dem Aus lande und den britischen Besitzungen liefen ein 62,835 Schiffe [* 3] (darunter 43,60 Dampfer) von 36,835,712 Ton., aus 63,176 Schiffe (darunter 44,289 Dampfer) von 37,448,157 T. DerTonnengehaltder beladenen Schiffe betrug beim Eingang 28,^8 Mill., beim Ausgang 33,8 Mill. T. In der Kustenschiffahrt liefen ein307,240 Schiffe (darunter 156,599 Dampfer) von 47,738,612 T., aus 276,270 Schiffe (darunter 146,844 Dampfer) von 42,317,876 T. Die Handels-flotte des Vereinigten [* 4] Königreichs umfaßte 1890: 21,233 Schiffe (darunter 7381 Dampfer) von 7,945,000 T., die der Kolonien 14,981 Schiffe (dar.. unter 2759 Dampfer) von 1,743,000 T. Gebaut wur- den 1890 im Vereinigten Königreich io20 Schiffe von 1,291,090 T. (darunter 775 Dampfer von 1,142,235 T.) ; die meisten am Clyde, dann in den Tynehäfen,ln Sunderland und am Tees.
Die Staatseinnahmen beliefen sich 1890/91 auf 89,489,112 Pfd. Sterl. (Zölle 19,480,000, Accise 24,788,000, Stempelfteuer 1^,460,ooo, Einkommen-steuer 13,25(), ooo, Post u. Telegraphen12,26o,o00Pfd. Sterl.). Die Ausgaben betrugen dagegen 87,732,895 Pfd. Sterl., davon Staatsschuld 25,207,ooo, Armee u. Flotte 31,685,381, Post u. Telegraphen [* 5] 8,660,791, Unterrichtswesen 6,055,885, Iustiz4,540,484, Staats-verwaltung 2,119,752, königliches Haus 598,061 Pfd. Sterl. Das Budget für 1891/92 beziffert die Ein. nahmen auf 90,430,000 Pfd. Sterl., die Ausgaben auf 90,264,000 Pfd. Sterl. Die Lokalbehörden hatten 1888/89 eine Einnahme von 67,526,977 Pfd. Sterl. Die Staatsschuld betrug Ende März 1891 684,070,959 Pfd. Sterl. und hat seit dem Vorjahre um 5,9 Mill. abgenommen..- Über das Universitäts-wesen s. Cambridge, Oxford [* 6] und Manchester. [* 7]
[Heerwefen.] Am l. Ian. 1891 betrug die Stärke [* 8] der Armee 2] 0,499 Köpfe und blieb damit um 4968 unter der bewilligten Etatsstärke zurück; im Mutter- lande befanden sich 104,951 Mann, darunter 1295 Garde- und 11,139 Mann Linienkavallerie, . 4900 Mann Fußgarden, 58,551 Linieninfanterie; inÄgyp-ten und den Kolonien befanden sich 32,322 Mann, in Malta 8348, in Gibraltar [* 9] 3806 Mann etc. Im I. 1890 wurden 31,407 Rekruten eingestellt. Die Armee-reserve erster Klasse zählt 59,280. zweiter Klasse 953, die Miliz 113,163, Yeomanry 10,695, die Volunteers 221,048 Mann, so daß die Gesamtstreitkräfte eine Ist-Stärke von 615,638 Mann haben; sie blieben weit hinter der S o l l - Stärke zurück, welche auf rund 696,000 Mann angegeben wird, Miliz und Volun-teers gel.jen von Jahr zu Jahr in ihrer Stärke zu-rück.
Auch der Etat an Offizieren wird nie erreicht, 1889 waren vorhanden 7441 und sollten sein 1o,o51 Offiziere; I. Ian. 1890 zählte die Armee 7538 Offi- ziere. Auffallend ist der außerordentliche Etat an Generalen; während die mehr als zweimal so starken deutschen und französischen Armeen mit rund 3oo Generalsstellungen auskommen, hat die englische deren 1829, und zwar 6 Feldmarschall^, 246 Gene- rale, 82 honorary generals; 164 Generalleutnants, 164 houorary generals; 235 Generalmajore und 893 honorary generals; 39 Brigadegenerale.
Auf die Disziplin im englischen Heere wirft die Straf-statistik ein grelles Licht; [* 10] im I. 1890 wurden 10,604 kriegsgerichtliche Urteile vollstreckt, und zwar in zwei Fallen [* 11] Todesstrafe, in sechs Fällen Zwangsarbeit, 1478 Degradationen etc., in 35,567 Fällen wurden Strafen für Trunkenheit verhängt. Die Gehorsam-. verweigerung ganzer Truppenteil^ der Garde hat fich wiederholt; ihre Verlegung nach den Kolonien war offenbar kein wirksames Vorbeuaungsmitt...l: Da im Frieden keine festen höhern Truppenuer.. bände bestehen, so daß bei der Infanterie das Ba.. taillon, bei der Artillerie die Batterie, bei der Ka-vallerie das Regiment selbständige Einheiten sind. so haben die Regimenter bei der Infanterie und die Brigaden, wo fie bestehen, nur adminiftrative V -deutung.
Weil nun aber die Bildung von Armeen für Kriege im Ausland auf Schwierigkeiten sti..^ und die Möglichkeit einer feindlichen Invasion durch den beabsichtigten Bau eines Kanaltunnels zu be:: sorglichen Erörterungen Anlaß gab, so wurde die Bildung von Armeen auch für die Zwecke der Lan-desverteidigunq gleichzeitig Urfache, Bestimmungen über die Aufstellung von Armeekorps für den Dienst außer Landes und für die Zwecke der Landes-verteidigung zu treffen. Für die Armee im Felde sind zunächst 2 Armeekorps in Aussicht ge-n.ommen, jedes Armeekorps besteht aus 3 Infanterie- divisionen zu 2 Brigaden à 2 Regimenter mit je 2 Bataillonen, außerdem Kavallerie, Artillerie etc., im ganzen zählt es: 25 Bataillone Insanterie mit 14 Revolverkanonen, 4 Eskadrons, 14 Batterien mit 91 Geschützen, 4 Feldpionierkompanien, 1 Feldpcir.., 1 Pontonabteilung, ½ Telegraphenbataillon, 2 Kompanien Signalisten, 10Trainkompanien, 1Fel..)-bäckereilolonne, 6 Sanitätsdetachements, 10 Feldla.. zarette mit zusammen 1158 Offizieren, 33,886 Mann, 10,068 Pferden, 14Revolver-, 91 Feldgeschützen, 1673 Fahrzeugen ; die G e f e ch t s.stärke beträgt 31,207 Mann, 14 Revolver-, 84Feldgeschütze. Zu den 2 ...lr- meekorps, welche die Feldarmee bilden, gehört noch 1 Kavalleriedivision, bestehend aus 8 Regimenter^ 6 Revolver-, 12 Feldgeschützen, 1 Pionierabteilung, l Bataillon berittener Infanterie, 4 Trainkompanien, 3 Feldlazaretten, zusammen 7265 Mann, 7133 Pferde, [* 12] 438 Fahrzeuge, 6 Revolver-, 12 Feldgeschütze.
Ge- fechtsstärke 4398 Säbel, 1085 Gewehre. 1 Armee- korps für die Landesverteidigung hat eine gleiche Ein- teilung, aber andre Stärken, es zählt: 1141 offiziere, 31,378 Mann, 2076 Reit-, 4616 Zugpferde, 71 P^-tiere, 14 Revolver-, 84 Feldgeschütze, 982 Fahrzen.^ Marine. Nach der Naval defeuce act von l'^ sollen 8 Panzerschlachtschiffe erster und zweiterKl'-isse,. 9 Stahldecikreuzer erster, 29 Kreuzer zweiter K.^sse und 22 kleinere Fahrzeuge gebaut werden, wel^ 1895 dienstfähig sein sollen.
Von den 70 Schiff.^ [* 13] werden 38 auf königlichen, 32 auf Privatwers^ gebaut, zunächst wurden 21 auf königlichen, 26a^l Privatwerften auf Stapel gelegt, zu erstern ge^.-die 4 Panzerschlachtschiffe Houd, Royal Sovere^.. Renown, Repulse, zu letztern die 4 gleichen ^-.^ Royal Oak, Ramillies, Resolution, Revenge, le.^ 4, die ohne Armierung je 14,811,200 Mk. kos^ sollen fertig sein. Von den 5 Krei..^ erster Klasse, die auf Privatwerften gebaut wer^ kosten die zu 7350 T. je 5,754,000, die zu 7700 ^ 6,414,700 Mk. Von den 29 Kreuzern zweiter ^^ werden 12 auf königlichen, 17 auf Privatwersten .-^ baut werden, von den erstern lief zuerst die ^^ vom Stapel, fie hat bereits ihre ^r^ fahrten gut bestanden. Wenn alle diese Schiffe ]^ sind, wird die Marine über 33 Panzerschla^a^ und 62 Stahldeckkreuzer neuer Konstruktion un^ großer Fahrgeschwindigkeit verfügen. ^-on ^^ ;.,.. -Kreu^ern hc^en 19 übera000T. Wasserverdr^^ ¶
forlaufend
409
Großbritannien [* 15] besitzt Arsenale zu Portsmouth, [* 16] Plymouth, [* 17] Cha-tam und Woolwich, Milford, Cork, Leeds, [* 18] Newcastle, [* 19] Liverpool, [* 20] Glasgow, [* 21] Bedford, Gibraltar, Malta, Halifax, [* 22] Iamai.u, Bermudas, Trinkonomali,Singa-pur (Privat), Hongkong, Tsusuna, Kap der Guten Hoffnung, Sydnei), Esquimault, und Kohlendepots zu Dover, [* 23] Alderney, Portland, Fulmouth, Holyhead, Londonderry , Bantry-Bay , Sierra Leone , St. He-lena und Ascension, Mauritius, Aden, [* 24] Rangun, [* 25] Labuan, Port Moresby, Thursday, Fidschiinseln, [* 26] Melbourne, [* 27] Albany, Wellington, Hobarttown, Fulk-landinseln, Santa Lul.ia (Antillen), Funninginseln, ^aboga.
Das Marinepersonal zählte 1890: 2203 aktive Osfiziere, 260 auf Halbsold, 2369 außer Dienst, 396 Ärzte, 458 Zahlmeister, 54,336 aller barge.n und Matrosen ;
14,000 Marinetruppen ein-schließlich Osfiziere.
Die Marinetruppen bestehen aus leichter Infanterie (Seesoldaten) und Marine-artillerie. Ende 1891 zählte die Infanterie 11,336 Mann, davon waren eingeschifft 6014, am Lande 53...2 Mann; die Artillerie zählte 2709 Mann, davon 1417 eingeschifft, 1...9... am Lande. DieEtatsstärkevon 14,000 Mann war um 45 Mann überschritten. Auf den Schiffsbauwerften befinden sich 22,337 Mann, einschließlich 1068 Beamte, auf den Verprovian- tierungswerften 941, in den Hospilälern 676 Mann.
Gefchichte. ^ Seit dem Jahre 1 886 , in welchem mit dem Sturz des Ministeriums Gladstone eine neue Ära der in-nern Geschichte Großbritanniens begann, hat das Land keiner für die gesetzgeberischen Arbeiten so frucht-baren par.amentarischen Tagung sich zu erfreuen gehabt, als diejenige des Jahres 1891 gewesen ist. Die Ursache davon war die Fortdauer der Spaltung innerhalb der. irischen parlamentarischen Partei, welche schon die Beratungen im Herbst und Winter des Vorjahres in glücklichster Weise beeinslußt hatte.
Der Kampf, den die Anhänger Parnells und seine Gegner unter der Führung Mac Carthys in Irland selbst gegeneinander führten, indem sie einander in der Presse [* 28] und in zahllosen Versammlungen mit Reden und oft genug mit körperlichen Mißhand-lungen rohester Art befehdeten , nahm die Zeit und die Aufmerksamkeit dieser Gruppe von Abgeordneten so sehr in Anspruch, daß ihre parlamentarische Aktions-kraft, sehr zum Vorteil der Regierung, darüber er-lahmte. Bei manchen wichtigen Verhandlungen des Unterhauses waren die Iren nur in äußerst geringer Zahl vertreten, bei andern gaben sie ihre Stimmen in entgegengesetzter Richtung ab : immer wurden sie in erster Linie durch die Rücksicht auf die öffentliche Meinung nicht nur. ihres eignen Heimatslandesion-dern auch der englischen Wahlkreise bestimmt.
Zwar hörte darum die von den Iren erfundene Obstruk-tionstaktik im Unterhaus nicht ganz auf; aber das kleine H äuflein der vorgeschrittensten englischen Radi-kalen, das unter der Führung des Abgeordneten Labouchère an derselben festhielt, vermochte nicht entfernt auszurichten, was früher der mit bewußter Absicht auf die Lahmlegung des englischen Parla-ments abzielenden großen Partei der vereinigten Homerulers möglich gewesen war. So geschah es, daß die beiden großen gesetzgebe- rischen ^Maßregeln, welche die Regierung 1890 nicht hatte durchsetzen können, im folgenden Jahre zu einer für diese durchaus befriedigenden Erledigung gelangten.
Das Gesetz über die Umgestaltung der Zehntenpflicht, durch welches diese Pfticht unter bil-ligen Bedingungen von denGrundstückspachtern auf die Eigentümer übertragen wurde, gelangte bereits 10. Febr. im Unterhaus mit 250 gegen 161 Stim- men zur dritten Lesung, wurde 17. März im Oberhaus angenommen uud gelangte eine Woche später, nachdem über die vou den Lords beschlossenen Amendements die Einigung beider Häuser erzielt war, zur definitivenVerabschiedung; 26. März erhielt es die königliche Genehmigung. Das Gesetz über den Landankauf in Irland, dessen wesentlichen Inhalt wir im vorigen Jahre (Bd. 18, S. 384) skizziert haben, kam 9. April, gleich nach den Osterferien, zur Einzelberatung im Unterhaus.
Die eigentlich ent- scheidende Abstimmung erfolgte 17. April, indem ein Antrag Morleys, das Landgesetz solle erst nach der Einführung von Grafschaftsräte.. in Irland in Kraft [* 29] treten, mit 247 gegen 170 Stimmen abgelehnt wurde. Am 22. Mai ging die Einzelberatung ;zu Ende; 25. Iuni wurde das Gesetz, für das auch Parnell eintrat, mit 225 gegen 96 Stimmen in dritter Lesung angenommen. Im Oberhaus fand die dritte Lesung 15. Juli statt; 4. Aug. waren die Disferenzen beider Häuser ausgeglichen, und die Regierung hatte einen bedeutenden Erfolg davongetragen. Zu diesen beiden großen, aus dem Vorjahre über-nommenen Maßregeln kam eine dritte, nicht minder wichtige hinzu. Am 23. April hatte der Schatzkanzler Goschen seine Budgetvorlage im Unterhause ein-gebracht, welche wiederum eine höchst günstige Fiuanz-lage des Reiches aufwies.
Man konnte über einen Überschuß von 1,986,000 Pfd. Sterl. Verfügung treffen. Den kleinern Teil dieser Summe beantragte die Regierung auf Kasernen bauten und auf die Ein-ziehung und Umprägung nicht mehr vollwichtiger Goldmünzen zu verwenden; dergrößeresolltedi.Ein... führung des unentgeltlichen Volksschulunterrichtser-möglichen. Das betreffende Gesetz wurde dem Unter-hause 8. Iuni durch den Unterrichtsminister SirWil-liam Hart Dyke vorgelegt; es bestimmte, daß vom I.Sept. ab an allen Volksschulen (öffentlichen wie pri-vaten und von Religionsgesellschaften oder Korpora-tionen unterhallenen) für jedes Kind einZuschuß von 10 Schilling aus der Staatskasse gezahlt werden solle, so daß das^Schulgeldwo es bisher weniger als diese Summe betragen hatte, in Zukunft ganz wegfallen, wo es mehr betragen hatte, eine Ermäßigung um diese Summe erfahren sollte.
Der Vorschlag, der offenbar nur der liberalen Partei zuvorzukommen bestimmt war, wurde zwar von der konservative Partei iui . Hause sehr kühl aufgenommen, in der Presse über wiegend abfällig beurteilt: aber zum Widerstand gegen denselben vermochte sich doch nur ein kleines Häuflein von etwa zehn Hochtories zu entsct) ließen, und da die Liberalen begreiflich die ihrem Pro-gramm entlehnte Maßregel nicht bekämpfen konnten, wurde das Gesetz 8. Iuli im Unterhause, 4. Aug. von den Lords in dritter Lesung angenommen. Am 1. Sept. trat es in Kraft, und sofort zeigte sich die erwartete Wirkung: eine gewaltige Steigerung des Schulbesuchs in allen Teilen des Landes.
Für etwa zwei Drittel aller Volksschulen des Reiches, darunter fast alle aus dem platten^Lande, kam das Schulgeld gänzlich in Fortfall; für das verbleiben.de Drittel ward es erheblich verringert: zahllose Familien, die bisher ihre Kinder dem Elementarunterricht zu entziehen gewußt hatten, übergaben dieselben nunmehr willig den unentgeltlichen oder fast unentgeltlichen Schulen. Ganz besonders erfreulich war es aber, daß neben diesen großen legislativen Maßregeln die Durch-bringung einer erheblichen Anzahl kleiner, aber not-wendiger und seit langer Zeit zurückgestellter Ge-setzesvorlagen möglich geworden war. Dahin ¶