Unter-Tages vorgenommene Untersuchung zeigte, daß der
Leitungsdraht in einer
Länge von
ca. 600 m nicht mehr vorhanden war
und nur an den
Isolatoren etwa zentimeterlange
Stücke sowie der Bindedraht unversehrt waren. Da von dem fehlenden
Drahte gar
nichts gefunden wurde, so muß angenommen werden, daß derselbe verbrannt sei.
Bei weitern fünf
Stangen
war der
Draht
[* 2] ganz verkohlt und morsch. Im
Telegraphenbüreau zeigte die Blitzplatte ein 5
mm tiefes Loch,und von den sechs
Bitzableiterstangen auf dem Anemometerhäuschen auf dem Gipfel des
Berges waren zwei durch Abschmelzen der Platinspitzen untauglich
geworden.
Das moderne
Wohnhaus
[* 5] mit seinen großen
Fenstern sowie die kostspieligen Spiegelglasscheiben,
welche immer mehr für die Schaufenster der
Geschäfte in den größern
Städten Anwendung finden, haben viel dazu beigetragen,
daß die Glasversicherung von Jahr zu Jahr bedeutende Fortschritte macht. Der ganze
Umfang dieses Versicherungszweigs ist nicht festzustellen,
da eine Anzahl
Elementar-Versicherungsgesellschaften auch die Glasversicherung betreiben, in ihren
Berichten aber die
Ergebnisse nicht trennen. Doch sind dies regelmäßig Anstalten, die in diesem
Zweige keine besondern Erfolge aufzuweisen
haben. Soweit bekannt, erzielten in
Deutschland
[* 6] 1890 mehr als 100,0000Mark Jahresprämie:
Nach den bisherigen
Beobachtungen über die
Natur der Gletscherbewegung ging die allgemeine
Ansicht dahin,
daß ein Gletscher sich wie eine zähflüssige, plastische
Masse bewege. Daraus ergab sich der ganz natürliche
Schluß, daß
Eis
[* 14] plastisch sei. Da jedoch
ein einzelnes Eisstück keine
Spur von
Plastizität erkennen ließ, im Gegenteil einen
hohen
Grad von Starrheit zu besitzen schien, so gab man die
Annahme von
Plastizität auf und suchte nach einer andern
Erklärung
für die bei der Gletscherbewegung beobachteten
Erscheinungen.
Daß dieselben nicht auf die
Wirkungen der
Regelation zurückzuführen sind, haben die
Versuche von
Forel dargethan, nach denen
die
Wasser enthaltenden kapillaren
Spalten nur auf die Oberflächenschicht beschränkt sind (s. Gletscher, Bd.
18). Neuere Untersuchungen, welche MacConnel und
Dudley A. Kidd anstellten, haben jedoch auf das entschiedendste
dargethan, daß Gletschereis plastisch ist. Durch einen
Zufall wurde gleich beim ersten
Experiment der
Beweis geführt, daß
nicht bloß das
Maß, sondern überhaupt das Vorhandensein der
Ausdehnung
[* 15] durch die
Struktur des
Eises bedingt ist.
Zugleich wurde durch die Untersuchungen die
Ansicht widerlegt, daß
Regelation bei dem Bewegungsvorgang eine
wesentliche
Rolle spiele. Infolge der verwickelten
Struktur des Gletschereises ließ sich eine Beziehung zwischen der
Anordnung
der Eiskristalle und der
Geschwindigkeit der
Ausdehnung nicht nachweisen. Ganz anders als Gletschereis verhielt sich das
Eis,
welches sich auf stehendem
Wasser gebildet hatte. Die einzelnen
Stücke bestehen aus vertikalen
Säulen
[* 16] in einerLänge
von 30
cm bei einem
Durchmesser von 1
cm. Wurde solches Seeeis einer
Spannung ausgesetzt, und zwar parallel den
Säulen, so zeigte
es eine äußerst langsame und geringe
Ausdehnung.
Ein einzelner
Kristall dehnt sich also nicht in der
Richtung rechtwinkelig zur optischen
Achse aus. Dieselbe
Erscheinung zeigte
sich, wenn statt des
Zuges ein
Druck parallel den Eissäulen angewandt wurde. Wurden hingegen fast kubische
Eisstücke einem
Druck ausgesetzt, so schwankte zwar die
Plastizität bedeutend in den verschiedenen
Stücken, doch war das
Maß der Verzerrung von derselben Größenordnung, gleichviel ob die angewandte
Kraft ein Zug
oder
Stoß war.
Demnach ist heterogenesEis, d. h. solches, welches aus einem
Aggregat von unregelmäßigen
Kristallen besteht,
plastisch unter
Druck wie Zug
bei
Temperaturen, die weit unter dem
Nullpunkt liegen, während homogenes
Eis oder ein einzelner gleichförmig
gestalteter
Kristall den genannten
Kräften nicht nachgibt, sofern diese rechtwinkelig zur optischen
Achse angewandt werden.
Sehr lehrreich ist einVergleich zwischen den bei den
Versuchen gewonnenen
Resultaten und den in der
Natur
bei der^ Gletscherbewegung beobachteten Plastizitätsgraden.
Das größte
Maß der
Ausdehnung zeigt der Rhonegletscher, und doch besitzt nur eins von den bei den
Experimenten verwandten
Gletschereisstücken ein geringeres
Maß. Je größer das
Stück, desto größer die mittlere
Plastizität. Daraus
folgt, daß der Gletscher selber viel plastischer sein muß als ein
Stück seiner
Masse. Wenn also ein aus unregelmäßig gestalteten
Eiskristallen bestehendes
StückEis sich ausdehnt, dabei aber doch kompakt bleibt, so müssen notwendigerweise die
Kristalle
[* 17] ihre Gestalt ändern. Es ist demnach wahrscheinlich, daß die
Moleküle, welche die
Kristalle voneinander
trennen, sich auf den Zwischenräumen von einem zum andern bewegen. Dabei ist die
Frage, wie sich die für die
Bewegung der
Eismasse erforderliche
Plastizität aus der Kornstruktur des
Eises erklärt.
Gletscher (Entstehung
* 18 Seite 19.412.
Über die Art der Entstehung und das Wachstum des Gletscherkornes standen sich bisher zwei
Anschauungen einander gegenüber.
Die vonForel vertretene thermische
Theorie, nach welcher das
Korn durch Gefrieren des eingesickerten
Wassers
wächst, ist
¶
forlaufend
398
als abgethan zu betrachten; nach der andern entnimmt der Eiskristall das Material zum Wachstum seinem Nachbar. Über die Art
und Weise, wie die Kristalle auf Kosten ihrer Nachbarn wachsen, hatte Heim die Theorie aufgestellt, daß bei gleicher Stellung
der optischen Achsen benachbarter Eiskristalle Totalregelation eintrete, d.h.ein Zusammenfrieren zu einem
einheitlichen Kristall; bei ungleicher Stellung der Achsen solle nur eine partielle Regelation statthaben.
Durch Versuche, welche Kagenbach teilweise mit Heim zusammen ausführte, ist auch diese Ansicht wider-! legt. Die Regelation
zweier Eisstücke ist nämlich eine vollkommene und von der gegenseitigen Richtung der Hauptachsen ganz unabhängige, d. h.
eine solche, daß die Festigkeit
[* 19] in der Verwachsungsfläche ebenso groß ist wie im Innern des Kristalls.
Diese Thatsache erklärt auch das Verhalten des in der Natur M
[* 18]
Fig. 1, Verwachsene (3iskr:stal!e :nit Thudallschen Sä) melzfigure
n. vorkommenden, aus größern zusammengewachsenen Kristallen bestehenden Eises, indem die natürliche Verwachsungsflüche
sich genau so verhält wie die Regelationsfläche zweier zusammengepreßter Kristalle.
Diese Bemerkung gilt ebensowohl für Seeeis wie für Gletschereis. Totalregelation zu einer Einheit bei Parallelstellung der
Kristallachsen ist aber schon aus theoretischen Gründen unmöglich, da zur Bildung eines einheitlichen Kristalls auch die Nebenachsen
parallel sein müßten. Daß zwei mit parallelen Hauptachsen verwachsene Kristalle nicht in einen einheitlichen
Kristall übergehen, sobald die Nebenachsen gegeneinander geneigt sind, läßt sich auch experimentell nachweisen.
Wenn man eine einige Millimeter dicke, planparallele Platte aus Seeeis, welche senkrecht zur Kristallachse herausgeschnitten
ist, im Nörrembergschen Polarisationsapparat
[* 20] für konvergentes Licht
[* 21] hindurchschiebt, so kann man die Verwachsungsflächen
nur dann erkennen, wenn die Hauptachsen der miteinander verwachsenen Kristalle gegeneinander geneigt sind,
weil dann, wenn die Verwachsungsfläche durch das Gesichtsfeld geht, die farbigen Ringe mit dem schwarzen Kreuze sich plötzlich
etwas verschieben.
Noch besser ergibt sich die Verschiedenheit der beiden Kristalle, wenn man die Tyndallschen Schmelzfiguren hervorruft, indem
man eine senkrecht zu den Hauptachsen geschliffene Eisplatte in die mit elektrischem Lichte versehene
Projektions lampe bringt und vermittelst einer vor das Eis gehaltenen Glaslinse ein vergrößertes Bild der Platte auf einen
Schirm wirft
[* 18]
(Fig. 1). Man sieht in dem Bilde einen Stern neben dem andern, deren jeder sechs Strahlen zeigt. Bei längerer Dauer
des Vorganges werden die Blätter tief eingekerbt und breiten sich farnkrautähnlich aus.
Geht man von der durch die Schmelzung hervorgerufenen Verwach: sungsfläche der beiden Kristalle aus, so erkennt man deutlich,
daß innerhalb ein und desselben Kristalls die den Nebenachsen parallelen Strahlen der Sternchen genau parallel sind, während
sie von
einem Kristall zum andern um einen Winkel
[* 22] von 25" abweichen. Die Wahrscheinlichkeit, daß beim Ubereinanderrollen
zwei nebeneinander liegende Kriüalle genau in solche Lage kommen, daß sie sowohl in Bezug auf die Haupt- als Nebenachsen
parallel sind, ist nun bei der verhältnismäßig langsamen Bewegung des Gletschers so gering, daß es unmöglich ist, auf
diese Weise die Entstehung der großen einheitlichen Kristalle zu erklären.
Die Kristallisation beruht vielmehr nach Pagenbach darauf, daß die Moleküle sich gegenseitig richten; das kann nur durch
die Kräftepaare bewirkt werden, mit denen die einzelnen Moleküle einander angreifen. Nun wird ein Molekül mitten in einer
Reihe beidseitig durch Kräftepaare gehalten, während ein solches am Ende einer Reihe nur einseitig angefaßt
wird. Das erstere befindet sich also in einer festern und stabilern Gleichgewichtslage als das letztere. An der Stelle, wo
auf der Oberfläche eines großen Kristalls zwei kleine aneinanderstoßen, wird ein Molekül des großen Kristalls durch die
umgebenden Moleküle fester gehalten sein als die Moleküle der kleinen Kristalle an den vorspringenden
Ecken.
Bei der Temperatur des Schmelzpunktes, wo die Beweglichkeit der Molekülegroß ist, wird der große Kristall das Bestreben haben,
die Moleküle aus den kleinen Kristallenin sich aufzunehmen und so auf deren Kosten zu wachsen. Diese Auffassung erhält noch
eine Stütze durch die Beobachtung, wie der große Kristall mit vorspringendem Winkel zwischen zwei kleine
anliegende sich eindrängt oder auch wie einzelne kleinere Kristalle die Ecken zwischen den großen ausfüllen, offenbar Reste,
die nach und nach ganz verschwinden.
Wenn diese Ansicht von der Bildung der großen Eiskristalle im Gletschereis richtig ist, so hängt die Entstehung
des Gletscherkorns gar nicht mit der Bewegung des Gletschers zusammen, und es muß ein solches Wachstum des Kornes durch Nberkristallisieren
übi.?all da sta.ttsi.nden, wo Eiskristalle bei der Temperatur von 0" fest aneinanderliegen. Die Bildung des Gletscherkorns
ist keine nur dem Gletscher eigentümliche, sondern eine Folge der ganz allgemeinen physikalischen Thatsache,
daß ein Aggregat von Giskristallen mit der Zeit stets grobkörniger wird, indem die Moleküle aus den kleinern Kristallen in
die größern überkristallisieren.
Dieser Prozeß geht auch in ganz unbeweglichem Eise vor sich. Der einzelne Eiskristall besitzt nun zwar, besonders nahe dem
Schmelzpunkt, eine gewisse Plastizität, dieselbe kann jedoch für die Deformation des Gletschers infolge
feiner Bewegung nicht in Betracht kommen, da eine optische Untersuchung der einzelnen Körner keine wesentliche Veränderung
in Bezug auf die optischen Achsen erkennen läßt. Die Hauptursache der für die Bewegung nötigen Plastizität muß also wohl
in Vorgängen liegen, die sich auf den Verwachsungsflächen der Kristalle abspielen. Versucht man nämlich
eine aus mehreren Kristallen bestehende Eisplatte unter Anwendung einer äußern Kraft zu
¶