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Arbeitskräfte zur Verfügung hat. Außerdem sind die Transportkosten für ein ausgeschlachtetes Rind [* 2] viel geringere als für ein lebendes, 1) weil dasselbe als einfaches Stückgut versendet werden kann und 2) nur das Nettofleischgewicht besitzt, während bei dem lebenden Tiere die spätern Abgänge mit befördert werden. Zu beachten ist nur, daß der Transport ausgeschlachteten Fleisches auf weite Strecken nicht anders als in besonders konstruierten, mit Kühlvorrichtungen versehenen Schiffen oder Eisenbahnwagen geschehen kann.
Schreiber, der Erfinder eines Wagensystems für Fleischtransport, gibt in mehreren Beispielen einen Vergleich von Transportkosten für Vieh- und Fleischladungen. Für die Berechnungen wurden 30 Stück Hornvieh mit einem Lebendgewicht von 16,000 kg zu Grunde gelegt. Zum Transport von 30 Stück lebendem Vieh dieser Klasse sind drei Wagen von je ca. 16 qm Flächenraum erforderlich, während das ausgeschlachtete Fleisch dieser Tiere nur einen Fleischwagen nach des Verfassers System ausfüllen würde. Ein Beispiel nun lautet:
a) Viehtransport.
Von Königsberg [* 3] i. Pr. nach dem Berliner [* 4] Viehhof, 590 km, 3 Wagen:
Mark | ||||||||||||
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Für Treiben und Verladen pro Wagenladung
à 2.50 = | 7.50 | |||||||||
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Für Fracht, 48 qm | à 8.15 = | 391.20 | ||||||||
Für Expedition und Desinfektion von 3 Wagen | 21.00 | |||||||||
Für Begleitpersonal und andre Unkosten | 70.00 | |||||||||
Für Überführung der 3 Wagen in Berlin [* 5] nach
dem Viehhof | 21.00 | 510.70 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
In Berlin:
Für Entladen, Standgeld, Futter, Provision 2c.
pro Stück | 10.00 = | 300.00 | |||||||
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Von Berlin nach Hamburg, 286 km:
Für Verladen 2c | 7.50 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Für Überführung der 3 Wagen nach dem Güter-
bahnhof | 19.50 | |||||||||
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Für Fracht, 48 qm, à 10,438 Mk. (Ermäßigung
25 Proz.) | 375.80 | |||||||||||
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Für Expedition und Desinfektion der 3 Wagen | 21.00 | |||||||||||
Für Begleitpersonal und andre Unkosten | 30.00 | 453.80 | ||||||||||
Zusammen: | 1264.50 | |||||||||||
b) Fleischtransport.
Von Königsberg i. Pr. direkt nach Hamburg expediert:
Mark | ||||||||||||
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Für Eis und Verladen | 25.00 | |||||||||||
Für Expedition, Überführung und Desinfektion | 14.00 | |||||||||||
Für Fracht für 10000 kg (via Berlin) | 554.00 | 593.00 |
Ersparnis an Unkosten für 876 km an 30 Stück Vieh 671,50 Mk., pro Stück 22 Mk., pro Pfund etwa 4 Pf. Ferner teilt Schreiber mit: Ein Berliner Exporteur sandte 5671 Schafe [* 6] in 5 Transporten von Berlin nach Paris [* 7] mit 33,506 Fr. Unkosten, also 5,91 Fr. pro Stück, = 17 Proz. des Gesamterlöses von 195,203 Fr. oder 3 4/2 Fr. pro Stück für Fracht, Begleitung, Futter, Zoll, Marktgeld, Placiergeld und sonstige Spesen. Das Fleisch dieser 5671 Hämmel hätte, nach Schreiber in 19 Wagen verpackt, 12,746 Fr., also 20,810 Fr. weniger, = 2,25 Fr. pro Stück weniger Transportkosten und Spesen verursacht.
Rein finanzielle Erwägungen sind es, welche Frankreich bestimmen, die Einfuhr ausgeschlachteter Hämmel nicht bloß aus Australien [* 8] und Amerika, [* 9] sondern auch aus Deutschland [* 10] zu gestatten. (Bekanntlich sind die Pariser Schlächter schon zu wiederholten Malen gegen die Gestattung dieser Einfuhr vorstellig geworden, weil ihnen durch dieselbe eine ganz bedeutende Konkurrenz erwächst.) Ebenso war es lediglich die Rücksicht auf die hohen Fleischpreise, die nicht nur nicht zurückzugehen versprachen, sondern eher zu
steigen drohten, wodurch im September 1891 die deutsche Regierung veranlaßt wurde, das Verbot vom betreffend die Einfuhr von Schweinen, Schweinefleisch und Würsten amerikanischen Ursprunges, aufzuheben. Denn das amerikanische Schweinefleisch kann trotz der Unkosten durch den weiten Transport in Deutschland etwa zur Hälfte des Preises angeboten werden, welcher derzeit für inländisches Schweinefleisch bezahlt werden muß. Ebenso liegen die Verhältnisse für die Einfuhr des ausgeschlachteten amerikanischen Rindfleisches.
Eine Frage von größter Wichtigkeit ist es, auf welche Weise die Einfuhr ausgeschlachteten Fleisches so geregelt werden könnte, daß gleichzeitig den sanitätspolizeilichen Anforderungen voll entsprochen würde. Wenn eine solche Regelung möglich wäre, müßte die Einfuhr von Fleisch viel mehr gefördert werden, als dieses heute der Fall ist, denn sie bietet nicht die Gefahr der Seucheneinschleppung und Verschleppung wie die Einfuhr lebender Tiere; ferner ist sie als gewaltige Konkurrenz unstreitig das beste Mittel, übermäßig hohe Fleischpreise an Ort und Stelle zur Norm zurückzuführen und dauernd in gewissen Grenzen [* 11] zu halten. Hierbei muß wieder die Fleischversorgung großer Städte von derjenigen ganzer Staaten getrennt werden.
In denjenigen Ländern, in welchen eine allgemeine obligatorische Fleischbeschau existiert, ist die Frage der Einfuhr ausgeschlachteten Fleisches viel weniger schwierig zu lösen als dort, wo dieses nicht der Fall ist. Denn in den erstgenannten Staaten muß jedes Schlachttier, ganz gleichgültig, ob es an Ort und Stelle verzehrt oder ausgeführt werden soll, vor und nach dem Schlachten [* 12] durch einen Sachverständigen untersucht werden. Das gesunde, in den freien Verkehr gelangende Fleisch erhält als Zeichen der erfolgten Untersuchung einen Stempel oder ein andres Zeichen.
Gegen Verderbnis des Fleisches auf dem Transport aber können sich die Lokalbehörden durch eine nachträgliche Untersuchung schützen, welche vor dem Inverkehrbringen am Einfuhrort stattfinden muß. Auf diese Weise hat man, eine nach gleichmäßigen Gesichtspunkten arbeitende Fleischbeschau vorausgesetzt, die Gewähr, daß das vom platten Land in die großen Städte eingeführte Fleisch von derselben guten Beschaffenheit ist wie das in den Städten geschlachtete. Zu den Staaten mit gut geregelter Fleischbeschau gehört, wie bereits betönt, auch das Großherzogtum Baden. [* 13] Zur Veranschaulichung der dort bestehenden Regelung des Verkehrs mit ausgeschlachtetem Fleisch möge die für Karlsruhe [* 14] gültige Mustervorschrift hier wiedergegeben werden.
Fleischbeschauordnung, § 2. Frisches Fleisch von auswärts geschlachteten Tieren, welches als Nahrungsmittel [* 15] für Menschen bestimmt ist, darf beim Großvieh (Farren, Ochsen, Kühen, Rindern) nur in ganzen Stücken von mindestens einem Viertel, bei andern Tieren nur in ganzen Stücken von mindestens einer Hälfte des geschlachteten Tieres in die Stadt eingebracht werden. Lendenbraten und Schoß im ganzen dürfen, auch wenn sie nur kleinere Stücke ausmachen, eingebracht werden. § 3. Solches eingebrachte Fleisch von auswärts geschlachteten Tieren muß in einer die Möglichkeit der Veränderung der Quantität des Fleisches ausschließenden Weise verschnürt und mit dem Ortssiegel des Schlachtortes versehen sein; das Siegel muß die Enden der Schnur zusammenhalten. Außerdem muß der Einführer im Besitz eines über Quantität und Qualität des Fleisches (bankwürdig oder nicht bankwürdig) ¶
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Aufschluß gebenden, vom Fleischbeschauer des Schlachtortes ausgestellten und mit dem Ortssiegel des Schlachtortes versehenen Gesundheitsscheines sein, der jedoch nur für einen Tag Gültigkeit hat. § 4. Das nach § 2 eingebrachte Fleisch muß alsbald nach seinem Einbringen in die Stadt und ehe irgend weitere Verfügung darüber getroffen wird, in das Schlachthaus verbracht und dein Fleischbeschauer zur Besichtigung vorgelegt werden; bei der Besichtigung sind Schnüre und Siegel zu vernichten. Das besichtigte und bankwürdig befundene Fleisch erhält den Beschaustempel, das nicht bankwürdige, aber noch genießbare Fleisch ist unter Aufsicht in das Freibanklokal verbringen zu lassen; ungenießbares Fleisch wird sofort unbrauchbar gemacht oder in Beschlag genommen und der Polizeibehörde zur Verfügung gestellt. - Durch diese Maßregeln ist man in den Staaten mit geregelter Fleischbeschau in der Lage, das platte Land zur Fleischversorgung der großen Städte heranzuziehen, ohne daß das sanitätspolizeiliche Interesse hierbei in den Hintergrund träte. Namentlich sind es die bessern und wertvollern Fleischstücke, welche auf diese Weise in die Städte verbracht werden, weil sie dort bessere Abnahme finden als auf dem Lande.
Wesentlich anders verhält es sich mit den Großstädten in denjenigen Staaten, in welchen keine allgemein geregelte Fleischbeschau besteht. Daselbst besteht die Forderung zu Recht, welche Bollinger auf der 16. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Braunschweig [* 17] erhoben hat: Bis zur allgemeinen Durchführung der Fleischbeschau ist der Handel mit ausgeschlachtetem Fleisch möglichst zu erschweren oder ganz zu verbieten. Denn es muß als ein großer Mißstand bezeichnet werden, wenn in Städte, welche mit einer strengen Fleischbeschau ausgestattet sind, völlig unkontrollierbares Fleisch vom Land eingeführt werden darf.
Berlin z. B. besitzt seit 1883 obligatorische Fleischbeschau. Bis 1887 durfte aber von den Landschlächtern Fleisch ganz unkontrollierbarer Herkunft ohne jegliche Einschränkung auf den Märkten feilgehalten werden. Seit 1887 besteht nun der nachträgliche Untersuchungszwang für das von auswärts eingeführte Fleisch, und die Berichte der städtischen Fleischbeschau zeigen auf das unzweideutigste, daß diese nachträgliche Untersuchung sehr notwendig ist. Im Berichtsjahr 1889/90 mußten in den Untersuchungsstationen für das von auswärts eingeführte Fleisch unter anderm 179 Rinderviertel, 1 Schaf, [* 18] 15 Schweine [* 19] und 102 einzelne Organe wegen Tuberkulose, 11 ½ Schweine wegen Trichinen, 62 Rinderviertel, 22 Rinderköpfe, 6 Rinderzungen, 1 Kalb und 83 Schweine wegen Finnen, 3 Schweine wegen Rotlaufes, 63 Kälber wegen Fäulnis, 200 Lungen und Lebern wegen Echinokokken, 260 Lungen wegen Fadenwürmer beschlagnahmt werden.
Und dabei bringen die Landschlächter Tiere und Organe, welche ihnen selbst krank und verdächtig erscheinen, nicht auf den Markt. Trotzdem ist, wie bereits begründet wurde, diese nachträgliche Untersuchung des ausgeschlachteten Fleisches nur als eine unvollkommene Schutzmaßregel gegen gesundheitsschädliche Ware anzusehen, und es kann nur gebilligt werden, wenn eine Anzahl norddeutscher Städte vorschreibt, daß das von auswärts eingeführte Fleisch nur an besondern Verkaufsstellen und mit der Aufschrift an denselben »Von auswärts eingeführt« feilgehalten werden darf. Das kaufende Publikum ist dann wenigstens über die wahren Verhältnisse aufgeklärt und
kann dem Erwerb solchen verdächtigen Fleisches aus dem Wege gehen.
Bei der Einfuhr ausgeschlachteten Fleisches aus fremden Ländern ist die Wahrung der sanitätspolizeilichen Interessen eine verschiedene, je nach dem Grade, welchen die Ausübung der Fleischbeschau dort erlangt hat. Deutschland, Frankreich sowie Österreich-Ungarn [* 20] haben größtenteils eine gut geregelte Fleischbeschau. Dagegen bietet die russische, serbische und englische Provenienz nicht diejenige Garantie für die Beschaffenheit der Ware in gesundheitspolizeilicher Hinsicht, welche wir mit Recht verlangen müssen.
Denn diese Länder besitzen keine Fleischbeschau-Organisation. Ähnlich war es bis vorkurzem mit Amerika. Infolge des deutschen Einfuhrverbotes jedoch entschlossen sich die Vereinigten Staaten, [* 21] die sogen. Meat-Inspection-Bill vom zu erlassen, durch die eine obligatorische Beschau von allem zur Ausfuhr bestimmten Fleisch vorgeschrieben wird. Nach den Mitteilungen aber, welche die öffentlichen Blätter über die Handhabung besagter Bill gebracht haben, entspricht dieselbe durchaus nicht unsern Begriffen von Fleischbeschau.
Außerdem besitzt Amerika, weil die Fleischbeschaufrage daselbst noch völlig neu ist, keine in der Fleischbeschau spezialistisch ausgebildeten Sachverständigen. Das Einfuhrverbot gegen amerikanisches Schweinefleisch wurde 1883 mit der Begründung erlassen, daß die amerikanischen Schweine sehr häufig mit Trichinen behaftet seien und hierdurch eine gemeine Gefahr für die Gesundheit der Konsumenten bedingten. Thatsächlich sind 8-12 Proz. der amerikanischen Schweine nach zuverlässigen Angaben trichinös. In Deutschland kommt 1 trichinöses auf 7-8000 gesunde Schweine. In Amerika hatte früher ein förmliches Trichinenzüchtungssystem stattgehabt, weil in den großen Exportschlächtereien die Schweineschlachtabfälle zur Mast für andre Schweine verwendet worden sind.
Trotz des hohen Prozentsatzes an Trichinen ist aber noch niemals eine Trichinenepidemie nach Genuß amerikanischen Schweinefleisches mit Sicherheit beobachtet worden. Dies rührt davon her, daß ein großer Teil desselben gekocht genossen wird. Anderseits sind die Trichinen infolge der Konservierung in der Regel getötet, wie sich in einer größern Anzahl von Fütterungsversuchen mit trichinösem amerikanischen Schweinefleisch bei Meerschweinchen und Kaninchen [* 22] herausgestellt hat.
Schließlich wäre zudem die Trichinengefahr nicht das Schlimmste, was dem amerikanischen Schweinefleisch anhaften könnte. Denn gegen diese Gefahr können wir uns durch eine obligatorische Untersuchung des eingeführten Schweinefleisches hinreichend schützen. Dagegen sind es andre Erkrankungen, wie Tuberkulose, septische Erkrankungen, Milzbrand, welche wir an dem amerikanischen Schweinefleisch ebensowenig wie an dem massenhaft aus Amerika eingeführten gepökelten Rindfleisch nachträglich feststellen können, wenn die Fleischbeschau in Amerika sich als nicht vollkommen zuverlässig erweist.
Amerikanisches Rind- und Schweinefleisch stellt daher immerhin eine Ware vor, welche in hygienischer Hinsicht der in Deutschland geschlachteten und untersuchten nicht an die Seite gestellt werden kann. Es muß deshalb verlangt werden, daß das amerikanische Fleisch unter Angabe seiner Herkunft an bestimmten Orten verkauft werde. Außer dem durch Salz [* 23] konservierten Fleisch gelangen auch große Mengen durch Eis [* 24] konservierten Fleisches zum überseeischen Versand, und zwar sowohl Rindfleisch als Schweine- und Schaffleisch. Zu dem ¶