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von 133,828,82 Mk. in Betracht. Schon bis 1885 hatte die Zahl der unterstützten Fachschulen von 29 auf 34 und der Staatszuschuß auf 292,966,50 Mk. sich gehoben. Seitdem steigerte sich die Zahl der Fachschulen auf 44, der Betrag des staatlichen Zuschusses auf 886,993 Mk. Dabei ist immer festzuhalten, daß bei allen diesen Anstalten neben den staatlichen Zuschüssen noch die nächsten Gründer und Verwalter, als Städte, Vereine, Körperschaften 2c., das ihrige leisten.
Die baren Leistungen von diesen Seiten (neben den Gebäuden und dem eisernen Inventar 2c.) betragen 1891/92 im ganzen 487,924 Mk., so daß als die für die Anstalten dieser Art im preußischen Staat überhaupt aufgewandte Summe innerhalb der Zuständigkeit des Handelsministers 1,374,917 Mk. erscheint, wozu noch der für den gewerblichen Unterricht bestimmte Dispositionsfonds tritt, der 1885 mit 69,100 Mk. in das Handelsministerium überging und inzwischen um 20,000 (1886) und 30,000 (1889), zusammen 50,000, d. h. auf 139,100 Mk. erhöht worden ist, und ein besonderer Betrag von 35,000 Mk. zur Gewährung einzelner Beihilfen behufs besserer Ausbildung geschickter Kunst- und andrer Handwerker.
Alles in allem macht das an Aufwand des Staates im Gebiete des Handelsministeriums 1,061,093 Mk. Im Kultusministerium kamen außerdem nach dem Voranschlag für 1890/91 noch zur Ausgabe: für das Kunstgewerbemuseum zu Berlin [* 2] 391,283 Mk. und für das technische Unterrichtswesen 1,559,515 Mk., darunter für die drei technischen Hochschulen zu Berlin, Hannover [* 3] und Aachen [* 4] 1,506,551 Mk., für die Kunst- und Kunstgewerbeschule zu Breslau [* 5] 52,964 Mk. Kleinere, im Verhältnis zum Ganzen verschwindende Beträge stecken außerdem noch im Kultusetat wegen der technischen Fachklassen an einigen Oberrealschulen und höhern Bürgerschulen, über die noch näher zu reden sein wird.
Unter den vom Handelsministerium beaufsichtigten und unterstützten 44 Fachschulen lassen sich vier größere Gruppen unterscheiden, an die der obige Zuschuß in folgender Weise sich verteilt:
1) Kunstgewerbliche Schulen, Zeichenschulen, Handwerkerschulen zu Köln, [* 6] Elberfeld, [* 7] Kassel, [* 8] Halle, [* 9] Königsberg, [* 10] Danzig, [* 11] Hanau [* 12] (Zeichenakademie), Düsseldorf, [* 13] Frankfurt [* 14] a. M., Berlin (Handwerkerschule), Magdeburg, [* 15] Aachen (Kunstgewerbeschule und gewerbliche Zeichenschule), Hannover, 14 Anstalten mit 282,375 Mk. Staatszuschuß;
2) Baugewerkschulen zu Nienburg [* 16] a. d. W., Eckernförde, Höxter, Idstein, Deutsch-Krone, Breslau, Berlin, Buxtehude, Magdeburg, Posen, [* 17] 10 Anstalten mit 331,491 Mk. Staatszuschuß;
3) Webeschulen zu Krefeld, [* 18] Mülheim, [* 19] Spremberg, [* 20] Einbeck, [* 21] Sorau, [* 22] Falkenburg, Rummelsburg, Berlin, Nowawes, Forst, [* 23] Sommerfeld, Aachen, Finsterwalde, 13 Anstalten mit 138,282 Mk. Staatszuschuß;
4) Fachschulen für Metallgewerbe und Maschinenbau zu Iserlohn, [* 24] Remscheid, [* 25] Bochum, [* 26] Flensburg, [* 27] Dortmund, [* 28] Magdeburg, 6 Anstalten mit 126,895 Mk. Staatszuschuß. Als 5. Gruppe sollten nach Absicht der Staatsregierung diesen die Schulen für Töpferei hinzutreten; allein es ist bisher nur eine solche Anstalt, die keramische Fachschule zu Grenzhausen-Höher, zustande gekommen, die einen Staatszuschuß von 7950 Mk. erhält. Die vorgenannten Anstalten empfangen sämtlich eine durch Vertrag gesicherte oder doch auf Jahre hinaus fest bewilligte Beihilfe, die sie bei ihren Voranschlägen in Ansatz bringen dürfen. Außerdem ist aber noch eine größere Anzahl von Anstalten und Unternehmen mit Zuschüssen aus
dem Dispositionsfonds des Ministeriums bedacht worden. So erhielten neben der 1876 begründete Korbflechtschule Zu Heinsberg (Rheinprovinz), [* 29] noch sieben andre derartige Anstalten einen Beitrag von zusammen 17,109,25 Mk. jährlich, während der gleichen Anstalt zu Schurgast (Oberschlesien) mit etwa 4000 Mk. aus den besondern für den oberschlesischen Notstand bestimmten Mitteln aufgeholfen werden konnte. Sechs Lehrwerk statten für Weberei [* 30] in der Provinz Hannover mit 4626,57 Mk., vier Gemüsebauschulen am Niederrhein mit 2350 Mk., eine Anzahl von städtischen Innungsfachschulen mit 10,548,48 Mk. gehören zu den Empfängern von Zuschüssen aus diesem Titel, aus dem ferner 12,000 Mk. für kunstgewerbliche Sammlungen und 10,371,50 Mk. für Reise- und andre Stipendien verwandt wurden.
Hierher gehört auch der sogen. Handfertigkeitsunterricht, d. h. der mehr oder weniger schulmäßige Betrieb der Handarbeit für Knaben, für den dem Handelsminister der jährliche Betrag von 14,000 Mk. zur Verfügung steht, wobei nicht zu übersehen ist, daß außerdem vom Unterrichtsministerium ein festgelegter Beitrag von jährlich 2000 Mk. an den Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen im Kreise [* 31] Waldenburg [* 32] fließt, der der Hauptsache nach demselben Zwecke dient.
Von den 14,000 Mk. des Handelsministeriums erhält der Deutsche [* 33] Verein zur Beförderung der erziehlichen Knabenhandarbeit 5000 Mk. Dasselbe gilt von verschiedenen Unternehmen zur Erhöhung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts. Gewerbliche Fachschulen für Mädchen und Frauen, wie die des Berliner [* 34] Lettevereins und die ähnlichen zu Stettin, [* 35] Posen, Elbing, [* 36] Lennep [* 37] u. a., auch das Heimatshaus für Töchter höherer Stände zu Berin haben vom Handelsminister Unterstützungen erhalten, und ebenso die sogen. Haushaltungsschulen zu Bochum, Alt-Essen, Hochneukirch, Rheydt, [* 38] Düsseldorf, Balduinstein, Frankfurt a. M., Wiesbaden. [* 39]
Auch der Unterricht im Spitzennähen in einigen Ortschaften des Riesengebirges und die Teppichknüpfschule zu Neustadt [* 40] (Oberschlesien) sind fortgesetzt durch Beihilfen und anregende Zuführung von Mustern 2c. gefördert worden. Entsprechend der vermehrten staatlichen Fürsorge für die Sicherheit der Arbeiter ist in die Etats der Baugewerkschulen für 1890/91 zum erstenmal ein besonderer Betrag für Unterrichtskurse über die erste Hilfeleistung bei Unglücksfällen, sogen. Samariterkurse, eingestellt worden.
Der Unterricht wird von einem Arzte zunächst im Winter und in einer der vier Klassen, der vorletzten, bei der schon gereiftere Erfahrung und zugleich ein durch die bevorstehende Abgangsprüfung noch nicht getrübtes Interesse für den Gegenstand vorausgesetzt werden darf, erteilt. Ein solcher Kursus dauert 6 Wochen und besteht aus wöchentlich 2 Unterrichtsstunden, deren eine für den Vortrag, die andre für die praktischen Übungen bestimmt ist. Es war die Absicht, diesen heilsamen und zeitgemäßen Nebenunterricht auch auf die Fachschulen für Maschinenbauer und auf die größern Webeschulen auszudehnen.
Der Fernerstehende wird aus dieser skizzenhaften Aufzählung den Eindruck einer recht mannigfachen und rührigen Thätigkeit empfangen. Aber man darf nicht übersehen, wie die deutsche, die preußische Industrie rings von mächtigen Nebenbuhlerinnen umgeben ist, die das wichtige Hilfsmittel des gewerblichen Unterrichts teilweise schon länger handhaben und zu festerer, wirksamerer Gestalt entwickelt haben. ¶
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Mit rühmlicher Offenheit erkennt die Denkschrift des preußischen Handelsministeriums trotz aller unleugbaren Fortschritte an, daß die allmähliche Entwickelung des gewerblichen Fachschulwesens in Preußen [* 42] sehr langsam vor sich gegangen ist, und daß das Erreichte nicht im Verhältnis zur Ausdehnung [* 43] und Bedeutung des Gewerbfleißes selbst und ebensowenig zu den Schwierigkeiten steht, die manchen Gewerbe zweigen aus dem Wettbewerbe des Auslandes und den veränderten Arbeitsbedingungen der Gegenwart erwachsen.
»Die Steigerung der Arbeitslöhne, die allgemeine Erhöhung der Herstellungskosten durch die sozialpolitische Gesetzgebung der letzten Jahre, die mit der Änderung der Zollgesetzgebung des Inlandes und des Auslandes für einzelne Industriezweige verbundene Erschwerung der Fabrikation oder des Absatzes nötigen die Gewerbtreibenden, auf Verbesserungen in der Fabrikation bedacht zu sein. Jeder, der Großindustrielle wie der Arbeiter, muß suchen, durch Erhöhung des eignen Könnens leistungsfähiger zu werden, Verluste an Zeit und Geld zu vermeiden, um unter Umständen die kostspielige Hilfe andrer entbehren zu können. Auf der andern Seite bietet die allgemeine Zunahme des Wohlstandes manchem die früher fehlende Gelegenheit, größeres Arbeitsgeschick, größere Kunstfertigkeit und geläuterten Geschmack zu verwerten. Neue Gewerbszweige entstehen, wie die Elektrotechnik, denen es an geschultem Personal fehlt; in andern lichtet sich der in die Fabriken als Werkmeister übernommene Stamm ehemaliger Handwerksmeister oder reicht nicht aus für das wachsende Bedürfnis; dort fehlt es an Zeichnern und Hilfstonstrukteuren, überall an tüchtigen Baugewerksmeistern, um das Bedürfnis nach soliderer, geschmackvollerer und zweckmäßigerer Herstellung der öffentlichen Bauten, der Wohn- und Fabrikgebäude zu befriedigen.«
Aber so anerkannt das Bedürfnis besserer Vorbildung der gewerblichen Kräfte, so schwierig ist anderseits die rasche und stets richtige Befriedigung. Zwar zeigen einzelne Beispiele, wie die Korbflechtschulen, die Möglichkeit, daß durch Anlegung von Fachschulen bessere Verwertung inländischer Rohmaterialien oder Gewinnung besserer Materialien, mithin nützlichere Verwertung von Grund und Boden wie von ländlichen Arbeitskräften angeregt werden kann. Allein im allgemeinen müssen die Behörden sich darauf beschränken, die Bedürfnisse vorhandener Gewerbszweige sorgsam zu beobachten und ihnen durch Gründung von Fachschulen abzuhelfen.
Diese Bedürfnisse befinden sich aber in einem beständigen, manchmal raschen und überraschenden Wechsel. »An einigen Orten wird ein wichtiger und blühender Gewerbszweig durch die Fortschritte des Maschinenwesens bedroht. So treten in der Weberei die mechanischen Stühle an die Stelle der Handstühle, und in der Kleineisen- und Stahlindustrie wird Handarbeit durch das Gießen [* 44] und die Schläge der Maschine [* 45] ersetzt. Die Mode wendet sich von einem Fabrikat ab, sie zieht die Wolle der Seide [* 46] vor, sie will von Samt nichts wissen, sie verwirft die glatten Tuche und will nur gemusterte Zeuge. In solchen Fällen kann von der Verbesserung des bisherigen Betriebes oder vom Übergange zu einer andern Industrie die Erhaltung einer bedeutenden Produktion oder die wirtschaftliche Existenz vieler Tausende abhängen und hierauf die rasche Einrichtung eines guten Unterrichts von wesentlichem Einflüsse sein.« Aus dieser Betrachtung ergibt sich die Unmöglichkeit, mit Sicherheit auf Jahre hinaus Pläne für den Ausbau des gewerblichen
Fachschulwesens zu bilden. Nur einige Arten von Fachschulen dürfen in dieser Hinsicht ausgenommen werden, da die Gewerbe, für die sie arbeiten, größere Stetigkeit sowohl in ihrer Verbreitung als in ihrer innern Entwickelung zeigen. Dies gilt namentlich von den Baugewerkschulen, von den Kunstgewerbe- und gewerblichen Zeichenschulen, auch Handwerkerschulen genannt, und den Schulen für Maschinenbauer. Ein kurzer Überblick sei diesen Arten von Anstalten denn noch gewidmet.
Die Baugewerkschulen haben in ihrer gegenwärtigen Gestalt vier halbjährige Klassen, die ein Schüler hintereinander oder mit Übergehung der Sommer, wo dann praktisch gearbeitet wird, in vier Wintern durchlaufen kann. Wie sehr sie einem allgemeinen Bedürfnis entgegenkommen, ohne ihm im bisherigen Umfange auch nur entfernt zu genügen, lehrt die Thatsache, daß im Winter 1890/91 die damals vorhandenen neun Anstalten (ohne Posen) in überfüllten Klassen 1825 Schüler zählten und 870 Bewerber wegen Platzmangels hatten abweisen müssen, während z. B. die herzoglich braunschweigische Baugewerkschule zu Holzminden in jenem Winter allein über 1000 meist preußische Schüler zählte. Es ist daher neben Erweiterung mehrerer vorhandener die Begründung neuer Baugewerkschulen in Königsberg i. Pr., Köln a. Nh., Kottbus und in einer noch nicht genannten schlesischen Stadt geplant.
Reges Leben herrscht in einer Anzahl der größern Städte auf dem Gebiete des kunstgewerblichen Schulwesens. Namentlich ist die Handwerkerschule zu Berlin von bedeutendem Einfluß auf die Hebung [* 47] des gewerblichen Unterrichts nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in vielen andern Städten gewesen. Unter Leitung des von Hamburg [* 48] herüberberufenen Direktors Jessen hat die Anstalt es in 10 Jahren bis zu dem Umfange von (Winter 1890/91) 127 einzelnen Kursen mit 2204 Schülern gebracht, von denen 161 den Tages-, 2043 den Abend- und Sonntagsunterricht besuchten.
In den übrigen derartigen Schulen (abgesehen von den dem Kultusministerium verbliebenen Kunstgewerbeschulen des Berliner Gewerbemuseums und zu Breslau) besuchten gleichzeitig 664 Schüler den Tages-, 4888 den Adend- und Sonntagsunterricht. Berlin kamen am nächsten die Anstalten zu Hannover mit 1412 (140 und 1272) und Magdeburg mit 1093 (38 und 1055) Schülern. Die Gesamtzahl in der Monarchie beträgt demnach 7756 Zöglinge, davon 825 Tages- und 6931 Abend- und Sonntagsschüler.
Daß diese Zahl noch erheblicher Steigerung fähig ist, liegt auf der Hand. [* 49] Wünschenswert erscheint dem Handelsministerium, gewerbliche Zeichen-, Kunstgewerbe- oder Handwerkerschulen mindestens in allen Städten von 33,000 Einw. und darüber einzurichten. Doch rechnet man für die nächsten 6 Jahre auf nicht mehr als 18 neue derartige Anstalten neben gehörigem Ausbau der vorhandenen. Der Aufschwung des kunstgewerblichen Unterrichts ist besonders den gewerblichen Ausstellungen seit Mitte des Jahrhunderts zu danken.
Sie vor allem zeigten, »daß durch schöne und sorgfältige Ausstattung der Wohnungen und entsprechende Ausführung der zum allgemeinen Gebrauche bestimmten Gegenstände deren Wert bedeutend gesteigert, ihr Absatz gleichwohl erleichtert und auf diesem Wege die menschliche Arbeit besser verwertet werden könne«. Frankreich war in dieser Hinsicht allen Ländern voraus. Ihm nach begann man zuerst in England, dann in Österreich [* 50] und im südlichen Deutschland [* 51] (Württemberg, [* 52] Baden, [* 53] Bayern) [* 54] und in Hamburg, zuletzt ¶