3) mit 4 Proz. des Betrags, wenn er gelangt
an: a) vorstehend nicht benannte Verwandte bis einschließlich
zum sechsten
Grade der
Verwandtschaft, b) Stiefkinder und deren
Deszendenten und Stiefeltern, c) Schwiegerkinder und
Schwiegereltern,
d) natürliche, aber von dem Erzeuger erweislich anerkannte
Kinder, e) außerdem alle Anfälle und Zuwendungen, welche ausschließlich
zu wohlthätigen, gemeinnützigen oder Unterrichtszwecken bestimmt sind, insofern solche nicht einzelne
Familien oder bestimmte
Personen betreffen und die wirkliche Verwendung zu dem bestimmten
Zweck gesichert ist;
4) mit 8 Proz. des Betrags in allen andern
Fällen.
Befreit von der Erbschaftssteuer ist:
1) jeder Anfall unter 150 Mk.;
2) jeder Anfall, welcher gelangt
an: a)
Aszendenten, b)
Deszendenten, sofern dieselben aus gültigen
Ehen
abstammen oder legitimiert sind (auch
uneheliche Kinder haben von dem
Nachlaß ihrer
Mutter oder deren
Aszendenten keine Erbschaftssteuer zu
entrichten), c) Ehegatten, d)
Personen, welche dem Hausstande des
Erblassers angehört und in demselben in einem Dienstverhältnis
gestanden haben, sofern der Anfall 900 Mk. nicht übersteigt (bei höherm Betrag
ist die
Steuer nur von dem Überschuß über 900 Mk. zu zahlen), c) den
Fiskus, öffentliche Anstalten, deutsche
Kirchen etc.
Eine weitere Neuerung besteht darin, daß bei vorläufiger Ausfolgung des
Vermögens Verschollener an die mutmaßlichen Erbberechtigten
die
Steuer zu bezahlen ist, wie dies auch in
Bayern,
[* 3]
Hessen
[* 4] und
Elsaß-Lothringen
[* 5] geschieht.
Im Fall der Rückkehr
des Verschollenen ist dann die gezahlte
Steuer bis auf
den der wirklichen
Bereicherung entsprechenden Betrag zurückzuzahlen.
Bei einer spätern
Todeserklärung würde eine nochmalige
Erhebung der Erbschaftssteuer nicht stattfinden.
Schenkungen unter
Lebenden (insbesondere auch die remuneratorischen und die mit einer
Auflage belasteten
Schenkungen) unterliegen, wenn eine schriftliche
Beurkundung derselben stattfindet, einer Wertstempelabgabe im Betrag der
Schenkung.
Um nun zu verhüten, daß der Staatskasse durch Einkleidung der
Schenkung in die Form eines lästigen
Vertrags der Schenkungsstempel
entzogen werde, wurde nunmehr bestimmt, daß als
Beurkundung von
Schenkungen alle Schriftstücke über
solche
Geschäfte anzusehen seien, bei welchen die Absicht auf
Bereicherung des einen Teiles gerichtet war, auch wenn das
Geschäft
in der Form eines lästigen
Vertrags abgeschlossen ist.
Davon, auch solche
Schenkungen abgabepflichtig zu machen, bei welchen keine schriftliche
Beurkundung stattfindet, wurde trotzdem
Abstand genommen, daß leicht die Erbschaftssteuer durch mündliche, sofort zur Ausführung
gebrachte
Schenkungen unter
Lebenden umgangen werden kann, denn man hätte sonst den Beteiligten die Verpflichtung auferlegen
müssen, die
Schenkungen zur Versteuerung anzumelden; dann hätten die innerhalb bestimmter Zeit erfolgten
Schenkungen zusammengerechnet
werden müssen, da sonst durch
Teilung einer größern
Schenkung in mehrere kleine die
Steuer sich hätte
vermeiden lassen.
Eine solche Anmeldepflicht wäre aber sehr lästig und ihre Erfüllung schwer zu überwachen. Insbesondere würde, wenn auch
Deszendenten steuerpflichtig wären,
es in vielen
Fällen zweifelhaft sein, ob die Hingabe von
Geld oder Geldeswert als
Schenkung
oder als Erfüllung der den Eltern obliegenden
Pflicht zur standesgemäßen Unterhaltung derKinder anzusehen
sei. Nachdem das
Reichsgericht früher dahin entschieden hatte, daß bedingte
Schenkungen ebenso wis unbedingte zu besteuern
seien, hat die Fassung des neuen
Gesetzes die in dieser Hinsicht entstandenen
Zweifel beseitigt. Der Schenkungsstempel soll
nur
im Fall des
Eintritts der
Bedingung entrichtet werden.
Vgl.
Bacher, Die deutschen
Erbschafts- und Schenkungssteuern
(Leipz. 1886);
Labus, Das Erbschaftssteuergesetz vom (2. Aufl. 1891).
[* 6] Die
Seismologie als
Wissenschaft ist erst wenige Jahrzehnte alt.
Alle frühern Untersuchungen über Erdbeben hatten
den
Zweck, auf statistischer Grundlage die zeitliche und örtliche Verbreitung der
Erderschütterungen nachzuweisen. Gegenwärtig
sind weniger die Erdbeben in ihrer Gesamtheit als jede einzelne
Erschütterung Gegenstand eines besondern
Studiums,
indem man die
Grundsätze der
Dynamik und physikalische Untersuchungsmethoden zu
Grunde legt; indem
man in den mechanischen
Charakter
einer Erdbebenwelle immer tiefer eindringt, steht zu hoffen, daß es gelingen wird, die
Natur der Erdbeben aufzudecken und in jedem
einzelnen
Fall die
Ursache derselben aus den besondern Verhältnissen der
Erde darzulegen.
Die Bedeutung der experimentellen Untersuchungen für das Erdbebenstudium dargethan zu haben, ist das
Verdienst von
Mallet,
wenn es ihm selber auch noch nicht gelang, ein geeignetes
Instrument zu konstruieren. Begründet wurde die experimentelle
Erdbebenkunde erst vor etwa 10
Jahren durch die seismologischeGesellschaft, welche sich auf Veranlassung
von
JohnMilne in
Tokio
[* 7]
(Japan)
[* 8] bildete. Es gibt wohl nur wenig
Länder, in denen die Gelegenheit zum
Studium aller Erdbebenphänomene
so günstig ist wie gerade in
Japan. Da die Untersuchungen von
Milne nicht bloß ein wissenschaftliches
Interesse boten, sondern
auch in ihrer Anwendung praktischeZwecke verfolgten, so wurde von
Staats wegen ein
seismologisches Institut
gegründet, in welchem die
Experimente in größerm
Umfang und mit geeigneten
Mitteln fortgesetzt werden konnten.
Dieses ist mit dem meteorologischen
Institut in
Tokio verbunden und steht unter der Leitung des
Direktors des letztern. Durch
die vereinigten Bemühungen von
Milne,
Gray und Ewing haben die
Seismometer jetzt eine solche Vervollkommnung
erfahren, daß es leicht ist, mit
Hilfe eines Horizontalpendelseismometers die
Bewegung eines Erdpartikelchens während eines
Erdbebens zu verfolgen. Auch in den
Vereinigten Staaten
[* 9] von
Nordamerika
[* 10] hat man das systematische
Studium der seismischen
Erscheinungen
nunmehr in
Angriff genommen.
Bei der ungeheuern
Ausdehnung
[* 11] des staatlichen Gebietes und der relativ geringen Anzahl von Erdbeben kann die
Beobachtung solcher nicht eine so intensive sein wie in
Japan. Die vom
Direktor der geologischen
Aufnahme der
Vereinigten Staaten
eingesetzte Erdbebenkommission hat in anbetracht der genannten Umstände vorgeschlagen, von der
Aufstellung von
Seismometern
und Seismographen abzusehen, dafür aber eine große Anzahl von kleinern
Stationen über das ganze Gebiet
hin zu errichten, die mit Seismoskopen ausgerüstet sind. Man ging dabei von der
Ansicht aus, daß es im
Interesse der geologischen
Untersuchung und beim gegenwärtigen Standpunkt der
Seismologie am wünschenswertesten ist, für ein gegebenes Erdbeben das
Epizentrum,
die Tiefe
¶
mehr
desselben und den Zeitpunkt des Beginns der Erschütterung möglichst genau zu bestimmen. Das weit ausgedehnte Netz von Telegraphenlinien
und die allgemeine Anwendung der Einheitszeit würden diese Art der Untersuchung sehr begünstigen. Nur fürKalifornien, das
in stärkerm Maße von Erdbeben heimgesucht wird, sind mehrere Stationen ersten Ranges vorgesehen; eine derselben
soll im Lick-Observatorium auf dem MountHamilton errichtet werden, um in erster Linie die Einwirkung der mikroseismischen Bewegungen
auf die astronomischen Beobachtungen feststellen zu können. In Italien,
[* 13] der Heimat der Erdbebenkunde, ist infolge der Katastrophe
von Casamicciola der seismologische Beobachtungsdienst durch königliche Verordnung neu organisiert worden.
[* 12]
^[Abb.: Fig 1. Karte der Verbreitung der Erdbeben in Italien (nach Taramelli).]