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englischen mit dem »Life of Archibald Campbell Tait, archbishop of Canterbury« gedient sein, eines Mannes, der unter den schwierigen Verhältnissen, in welchen sich heutzutage die anglikanische Staatskirche befindet, viel Einsicht und Wohlwollen gezeigt hat, und von dem seine Biographen Davidson und W. Berham glauben sagen zu dürfen, daß »die Geschichte ihn den größten Erzbischof von Canterbury seit Laud nennen wird«, womit aber wohl keine Übereinstimmung mit Lauds theologischer und politischer Doktrin ausgesprochen werden soll.
Auch Alexander Robertsons »Count Campobello and Catholic reform in Italy« mag in Deutschland [* 2] nur laues Interesse erregen, wenn es auch immerhin eine nicht unwichtige Seite der neuen Entwickelung Italiens [* 3] berührt. Dagegen sollte sich wohl ein großes Publikum von dem »Life of Sir John Franklin« angesprochen finden, dessen Verfasser, Kapitän Albert Markham, selbst ein bekannter Nordpolfahrer ist. Das Leben des außerordentlich vielseitig gebildeten Forschungsreisenden Sir Richard Burton wird soeben von seiner Witwe Lady Burton geschrieben.
Von lebenden oder sonst neuern Staatsmännern hat George Russell, ein Verwandter des frühern Premierministers Lord Russell, ein »Life of Gladstone« geschrieben, nicht ganz so unbedingt bewunderungsvoll und mit mehr kritischer Freiheit, als man nach der Parteistellung des Verfassers erwarten durfte. Dies mag auch von dem konservativen H.D. Traill: »The Marquis of Dalisbury« gesagt werden. Dagegen hat der gladstonische Sir William Fraser in »Disraeli and his day« dem feindlichen Parteigeist vollen Lauf gelassen. In »Lord Melbourne«, [* 4] der schon länger den Lebenden und ihren Kämpfen entrückt ist, konnte Henry Dunkley leichter die Unparteilichkeit walten lassen, und dies gilt auch von dem »Pitt« des Lord Roseberry und dem »Earl Canning« des Sir H.S.
Cunningham. Hier muß auch des Buches gedacht werden, welches Harold Frederic veröffentlichte: »The young Emperor William II of Germany, a study on character development on a throne«. An Gelegenheit, die Thatsachen kennen zu lernen, hat es dem Verfasser nicht gefehlt. Und er spricht mit großem Freimut, in Lob und Tadel. Weit zurück gehen Kapitän Oliver mit den »Adventures of Count Beniowski in Hungary, Sibiria and Madagascar«, Professor Beesley mit »Queen Elizabeth«, W. Stebbing mit »Sir Walter Raleigh« und Charles W. Oman mit »Warwick the Kingmaker«, dieser auch dem belletristischen Leser aus Shakespeare und Bulwer Lytton bekannt, wie jener vielleicht aus Kotzebue und Walter Savage Landor.
Noch weiter greift der gelehrte Thomas Hodgkin zurück mit »Theodoric the Great, the barbarian champion of civilization«. Derselbe Verfasser hat bereits aus jener Periode »The letters of Cassiodorus« herausgegeben. Ein besonders reizendes Buch liegt in den »Recollections of a happy life« vor: es ist die Autobiographie der nun verstorbenen Marianne North, welche, mit viel Geld und schönen Kenntnissen ausgerüstet, den Erdkreis nach beinahe allen Richtungen, namentlich die tropischen und subtropischen Gegenden, bereist und ihre wertvollen Zeichnungen dem Museum in Kew in eigens errichtetem Gebäude hinterlassen hat. Von dem großen »Dictionary of national biography« ist der 29. Band [* 5] erschienen, welcher bis John reicht. Sydney [* 6] Lee, seit einiger Zeit Mitarbeiter, wird künftig die Stelle des aus Gesundheitsrücksichten zurückgetretenen Herausgebers Leslie Stephen einnehmen.
Staats- und Kulturgeschichte.
In einem einhändigen Werk stellt sich, mit großer Autorität sprechend, General Hamley mit seinem »War in the Crimea« an die Seite des Historikers Kinglake, dessen achtbändige »Invasion of the Crimea« (s. Bd. 17, S. 294) die Bewunderung und Ermüdung seiner Leser hervorgerufen hat. Von durchaus gründlichen Studien und reicher persönlicher Erfahrung geht ein andres Buch eines Offiziers aus, des Majors Wingate »Mahdiism, and the Egyptian Sudan«. Hier ist viel thatsächlich Erlebtes, klar Gesehenes und ein reicher Schatz von Urkunden.
Auf demselben Gebiet, aber mit weniger Bedeutung, bewegt sich innerhalb der Anschauungen der Missionare der Arzt Tristram Pruen in »The Arab and the African«. Ähnlich wie Hamley zu Kinglake stellt sich neben die beiden großen Werke des seither verstorbenen Thorold Rogers (»Six centuries of work and wages« und die »History of agriculture and prices in England«) ein weniger umfangreiches: »The industrial history of England«, von H. de B. Gibbins. Bedeutender ist »The growth of English industry and commerce during the early ad middle ages« von W. Cunningham, welcher auch die neuere Zeit in einem folgenden Buche zu behandeln verspricht.
Der Geist, in dem der Verfasser arbeitet, mag aus seinem Ausspruch erkannt werden: »Die volkswirtschaftliche Geschichte beschäftigt sich nicht sowohl mit dem Studium einer besondern Klasse von Thatsachen, als vielmehr mit dem Studium der gesamten Thatsachen der Geschichte einer Nation, von einem besondern Standpunkt aus gesehen.« In diesem Sinn ergeht sich auch die posthume Ausgabe der »Economic interpretation of history« von dem obengenannten Professor Thorold Rogers. Hier sei auch gleich eines Inders »History of civilisation in ancient India« erwähnt, dessen Verfasser Romesh Ehunder Dutt sich auf sanskritische Quellen stützt.
Eine interessante Episode aus der neuern anglo-indischen Geschichte gibt uns Lady Login in »Sir John Login and Duleep Singh«, aus der neuesten: Frau Grimwoods »Three years in Manipur«, wo ihr Gatte fiel und das tapfere Weib selbst nur mit Mühe dem Tode entging. Hierher gehört auch Sir Owen Burnes Buch über »Clyde and Straithnairu«, zwei englische Feldherren, an die mancher Leser vielleicht besser durch ihre frühern Namen Colin Campbell und Sir Hugh Nose erinnert wird.
Aus der engern englischen Geschichte haben wir zwei bedeutende Monographien zu verzeichnen. Der Advokat F. A. Inderwick hat in »The Interregnum, studies of the Commonwealth« ein bisher (selbst von Carlyle in seinem großen Werk über Cromwell) sehr vernachlässigtes Thema gründlich bearbeitet: die legislatorischen Arbeiten und Einflüsse der kurzlebigen englischen Republik, welche sich erst später wieder in neuen Bewegungen geltend gemacht haben. Und Froude hat seiner zwölfbändigen Geschichte von England vom Fall Wolseys bis zum Tode der Elisabeth eine Monographie über den »Divorce of Catherine of Aragon« folgen lassen, worin er seine persönliche Auffassung von Heinrichs VIII. Charakter weiter zu rechtfertigen sucht, zu welchem Zweck er neue urkundliche Beweisstücke beibringt. S. R. Gardiner beendigt mit dem dritten Bande seine »History of the Great Civil war, 1642-49«. W. C. Sydney schreibt über »England and the English in the XVIII. century«;
John Hyslop Bell über »British folks and British India fifty years ago: Joseph Pease and his contemporaries«, wohl meinende ¶
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Quäker, die sich um Beseitigung der Sklaverei und andrer Übel in Indien unzweifelhafte Verdienste erworben; Charles Wall über »The tombs of the Kings of England«, woraus man unter anderm die nur wenigen bekannte Thatsache erfährt, daß das letzte Grabdenkmal der Art dasjenige der Königin Elisabeth in der Westminsterabtei ist; für alle ihre Nachfolger sind in Windsor nur einfache Grabsteine mit den Namen der Monarchen errichtet. C. H. Firth, durch frühere historische Arbeiten wohlbekannt, gibt die »Clarke papers« heraus, Mitteilungen aus den bisher in Oxford [* 8] aufbewahrten, aber gänzlich unbenutzten Briefen und andern Urkunden, welche William Clarke gesammelt, derzwischen 1647 und 1660 Schriftführer des parlamentarischen Kriegsrates, dann der republikanischen Armee in Schottland war, für jeden Forscher jener Geschichtsperiode unschätzbares Material.
Die von der Regierung angeordnete Veröffentlichung der »Reports of State Trials« ist mit dem dritten Bande der neuen Serie an der Periode 1831 bis 1840 angelangt. Die Historical manuscripts comission hat ihren zwölften Bericht veröffentlicht und in demselben auch, als ob es etwas Neues wäre, einen langen Brief von Oliver Cromwell, der aber längst in Carlyles Buch zu lesen war. General Siborne gibt uns in »Waterloo [* 9] Letters« eine Sammlung bisher unbekannter Briefe von Offizieren, welche jenen Feldzug mitgemacht.
Sir William Muir hatte bereits ein Buch über Mohammed geschrieben, welchem er jetzt »The caliphate, its rise, decline and fall« folgen läßt. Hierher gehört Syed Ameer Alis, eines hochgebildeten Mannes, Richters in Allahabad: »The life and teaching of Mohammed, and the spirit of Islam«. Aufs eingehendste beschäftigt sich General Alexander mit »Confucius, the great teacher« Auf neuere Tage in China [* 10] geht Edward Hake ein mit »Events in the Taeping Rebellion« auf Grund der Aufzeichnungen des Generals Gordon, seines Freundes.
Mit mehreren Mitarbeitern gibt H. Weitemayer »Denmark« heraus, in welchem Buch Geschichte und Topographie, Sprache, [* 11] Litteratur, Kunst, Gesellschaft und Finanzen behandelt werden. Mit der Liebe, die ein enges Heimatsland und eine Insel ihren Kindern einflößt, beschäftigt sich Hall [* 12] Caine, bisher nur als Romanschreiber günstig bekannt, mit der »Little Manx Nation« und hat damit die wohlverdiente Aufmerksamkeit auf die Insel Man geleitet, die einst eine normannische Einwanderung erhielt, welche sich zum Herrscher über die eingebornen Kelten aufwarf, denen sie ihre zum großen Teil noch heutigestags vorhandenen Institutionen aufdrang.
Nicht ohne Wehmut sagt der Verfasser: »Unsre Sagen gehören alle unsern Eroberern an. Mit Ausnahme der ersten drei Jahrhunderte in unsrer Geschichte waren wir niemals Herr im eignen Haus.« Aus Irland gibt Joseph Jacobs »Celtic fairy tales«;
Thomas Janvier bringt »Stories of old New Spain«;
Susan Hale berichtet über »Mexico«;
George St. Clair über »Buried cities in Bible countries«.
Eine größere Aufgabe hat A. S. Murray, welcher der griechischen Altertumssammlung im Britischen Museum vorsteht, sich gestellt, indem er uns in einer »History of Greek sculpture« eine Überarbeitung und Vermehrung seiner frühern Arbeit über den Gegenstand gibt. Mit Hinweisung auf ein ähnliches Buch der Frau Mitchell sagt ein berufener Beurteiler: Das große Verdienst von Frau Mitchells Buch liegt darin, daß es in seltener Weise von Irrtümern frei ist, und daß die Verfasserin die neueste einschlägige deutsche Litteratur gewissenhaft
benutzt hat; der Wert des Murrayschen Buches folgt aus den unvergleichlichen Vorteilen, die er als Direktor der großartigsten Sammlung griechischer Skulptur besitzt, welche die Welt enthält. Hieran schließen wir James Headlams »Election by lot at Athens«, welche interessante Schrift mit dem neuentdeckten Werk des Aristoteles über die athenische Verfassung zusammenhängt. Noch mag erwähnt werden, daß man in Bombay [* 13] das Verlorne Manuskript der Vorlesungen gefunden hat, welche Carlyle über den Gang [* 14] und Fortschritt der Kultur in Europa [* 15] hielt. Drei Ausgaben dieses Buches, das nur teilweise wertvoll, sind seither erschienen.
Reisebilder und Verwandtes.
Wie seit mehreren Jahren, so nimmt in der Reiselitteratur auch diesmal Afrika [* 16] die erste Stelle in unserm Bericht ein. Des Majors Casati, Emin Paschas mehrjährigen Genossen, anziehendes Buch »Ten years in Equatoria, and the return with Emin Pasha« wurde in der deutschen Übersetzung gleichzeitig auch bei uns bekannt; es wurde allseitig im Publikum günstig aufgenommen, weil es nicht nur in Bezug auf Thatsachen lehrreich und klärend, sondern auch ein wohlthuendes Bild von liebevoller Treue gewährt.
Der Arzt der Stanley-Expedition, Parke, erzählt »My personal experiences«. Die vom Standpunkte der Sitte und des Rechtes widerwärtige Stanley-Litteratur scheint mit des verstorbenen Herbert Ward Buch »My life with Stanley's Rear-Guard« am unerquicklichen Ende angekommen zu sein. Indes scheint der Verfasser seine Geschichte mit Aufrichtigkeit zu erzählen; er erwähnt der andern Offiziere in der Expedition nicht weiter, als der Lauf seines Berichtet erfordert, und schreibt mit Mäßigung selbst über Stanley, der ihn doch nicht gut behandelt hat. Auch Peters' Buch ist durch den Halbdeutschen Dulken übersetzt als »New lights in Dark Africa, being the narrative of the German Emin Pasha Expedition«. Hierher gehören auch: »My mission to Abyssinia« von Gerald Portal, »Seven years in the Soudan« von Gessi Pascha, »Delagoa By« von Frau Monteiro, »Among the Zulus« von Oberst Drayson und die Übersetzungen der Bücher Junkers (»Travels in Africa«) und Wissmanns (»Through Equatorial Africa«). - Älteres wird mit Neuestem verknüpft durch H. Johnston, Englands ersten Vertreter in jenen Gegenden, in »Livingstone, and exploration of Central Africa«.
Pruens »The Arab and the African« haben wir unter Kulturgeschichte erwähnt. Der alte Forschungsreisende Sir Samuel Baker, der den Mwutan Nzige oder Albert Nyanza entdeckt und in London [* 17] von langen Wanderungen ausruht, läßt sich wieder hören, indem er uns von »Wild Beasts and their ways« erzählt. Dahin gehört auch »A romance of the N'Shabé: being a record of startling adventures in South Central Africa« von A. Anderson und A. Wall. Jagdabenteuer finden wir auch in des Generals Donald Macintyre »Hindu Koh, wanderings and wild sport on and beyond the Himalayas«; das Buch ist indes bei den Verwickelungen, die in den Pamirs drohen, auch für den Politiker von Interesse.
In der letztern Beziehung sei auch »Across Thibet« von Gabriel Bonvalot, ursprünglich französisch, erwähnt, sowie »The land of the Lamas: China, Mongolia and Thibet« von W. W. Rockhill. Der Jagdfreund und der Naturkundige werden auch in H. W.
Seton-Karrs »Bear hunting in the White Mountains, or Alasca and British Columbia [* 18] revisited« genug des Anziehenden finden. Hieran mag sich ¶