meisten
Fällen zur Vereinfachung des Betriebs Akkumulatorenbatterien hinzugezogen werden, so kann man statt der Wechselstrommotoren,
welche die
Gleichstrommaschinen antreiben, gewöhnliche Wechselstrommaschinen nehmen. Diese müssen allerdings, um als
Motoren
zu laufen, zunächst auf die synchrone
Geschwindigkeit gebracht werden, was indes, wenn
Akkumulatoren in der Unterstation vorhanden
sind, ein
Leichtes ist: man läßt mittels der
Akkumulatoren zunächst die
Gleichstrommaschine als
Motor
laufen, diese bringt dann die Wechselstrommaschine auf synchrone
Geschwindigkeit, von wo ab die letztere, in das Wechselstromnetz
eingeschaltet, als
Motor weiterläuft und die
Gleichstrommaschine zum Stromgeben zwingt.
Eine Wechselstrom
Maschine
[* 2] als
Motor hat vor den bis jetzt bekannten stelbstanlaufenden Wechselstrommotoren den
erheblichen Vorteil voraus, daß sie hohen
Nutzeffekt besitzt und mit hoher
Spannung betrieben werden kann (s.
Elektromotoren).
Man vereinigt durch dieses
System die guten
Eigenschaften des Wechselstroms für hohe
Spannung und Fernleitung sowie die beträchtlichen
Vorzüge des Gleichstroms für
Licht,
[* 3] Kraftzwecke und besonders für die Möglichkeit einer Vereinfachung des Betriebs
durch Zuhilfenahme von
Akkumulatoren.
Das zweite neue
System könnte man dem allgemein üblichen
Gebrauch nach »Drehstromsystem« nennen, wenn nicht der
Name
»Drehstrom«
ein völlig nichtssagender
Begriff wäre und, wie auch in jüngster Zeit mehr und mehr geschieht, der
Name Mehrphasenstromsystem bei weitem vorzuziehen wäre. Das Mehrphasenstromsystem ist nichts andres als ein Wechselstromsystem,
nur mit dem Unterschied, daß mehrere
Wechselströme auf geeignete
Weise miteinander verkettet sind, wodurch man als Hauptvorteil
erzielt, daß der Mehrphasenstrom fast ebensogut wie der Gleichstrom zur Leistung von motorischer
Arbeit
zu verwenden ist, während dies von dem gewöhnlichen Wechselstrom nicht behauptet werden kann (s.
Elektromotoren). Er kann also sämtliche
Arbeiten des Gleichstroms vollführen, ja sogar durch eine einfache Umsetzung
Akkumulatoren
laden, und hat vor dem Gleichstrom noch den Vorteil voraus, daß ein Betrieb mit sehr hohen
Spannungen
ohne weiteres möglich ist, wozu er durch seine eigentliche Wechselstromnatur befähigt ist.
Obwohl noch namentlich die
Motoren einiger Weiterbildung bedürfen, ist ein solches
System in
Heilbronn
[* 8] zur Ausführung gelangt.
Betrieben wird die
HeilbronnerAnlage durch die 10 km entfernte Wasserkraft bei
Lauffen a. N. In
Lauffen stehen die Mehrphasenstrommaschinen;
sie erzeugen aus praktischen
Gründen nur 50
VoltSpannung; mittels
Transformatoren wird diese
Spannung an
Ort und
Stelle auf 5000
Volt
erhöht, dann durch oberirdische, an Ölisolatoren befestigte Leitungen bis nach
Heilbronn geleitet, dort auf 2000
Volt transformiert
und mittels
Kabel an die einzelnen Verwendungsstellen geführt, wo dann weitereTransformatoren die
Spannung
auf
das gebrauchsmäßige
Maß von 100
Volt umsetzen.
[* 12] Bei der Ausführung metallurgischer
Prozesse mit
Hilfe von elektrischer
Energie kommen hauptsächlich
die chemischen (elektrolytischen) und thermischen (Wärme-)Wirkungen in Betracht, weniger die mechanischen, magnetischen
und sonstigen
Wirkungen des
Stromes. Je nach der Art des elektrometallurgischen
Prozesses können aber die
genannten Äußerungen der elektrischen
Energie sowohl einzeln als auch nebeneinander als wirksame
Faktoren auftreten. Je nachdem
die elektrometallurgischen
Prozesse unter Anwendung von
Lösungen bei gewöhnlicher
Temperatur oder unter Anwendung von geschmolzenen,
halbgeschmolzenen, erweichten oder glühenden
Körpern durchgeführt werden, spricht man von Elektrometallurgie auf nassem
und trocknem Weg.
Die elektrometallurgischen
Prozesse auf nassem Weg sind als rein elektrolytische zu betrachten, bei welchen etwa auftretende
Wärmewirkungen des
Stromes für das Gelingen der
Operation nicht notwendig, bisweilen sogar schädlich sind. Bei den
Prozessen
auf trocknem Weg handelt es sich ebenfalls nur um
Elektrolyse,
[* 13] wenn vorher geschmolzene
Substanzen der
Wirkung des
Stromes unterworfen werden, in allen andern
Fällen kommen neben der elektrolytischen
Wirkung stets auch andre Äußerungen
der elektrischen
Energie und oft solche ausschließlich zur
Wirkung.
Die
Prozesse sind im allgemeinen komplizierterer
Natur und erheischen einen größern Aufwand an elektrischer
Energie als die
Prozesse auf nassem Weg, weshalb man, wo nur möglich, letztere bevorzugt hat. Nach den rein wissenschaftlichen
Arbeiten von
Berzelius u. Hisinger,
Cruikshank, Brugnatelli,
Davy u. a. beschrieb
Becquerel 1835 mehrere
Verfahren zur Gewinnung
von
Silber,
Kupfer,
[* 14]
Blei
[* 15] aus ihren
Erzen. Seine
Arbeiten, wie ähnliche von Holf und Pioche, gerieten aber in Vergessenheit, wie
auch
LeuchtenbergsMethode zur elektrolytischen Raffination von Rohkupfer, bis Elkington sich 1865 ein derartiges
Verfahren
patentieren ließ und mit Wildeschen magnetelektrischen
Maschinen mit leidlichem Erfolg eine Kupferraffinerie in Betrieb brachte.
Dies
Verfahren fand seit 1878 sehr rasche Verbreitung und bildet heute die wichtigste
Operation der Elektrometallurgie auf nassem Weg. 1877 brachte
Cobley die erste
Methode der direkten elektrolytischen Metallgewinnung aus
Erzen in
Vorschlag und empfahl die direkte Verwendung
gewisser (oxydischer)
Erze der betreffenden
Metalle als
Anoden, wodurch der
Prozeß sich offenbar zu dem denkbar einfachsten
gestalten würde. Seitdem mehrten sich die
Vorschläge für die einzelnen
Metalle in überraschender
Weise.
Elektrometallurgie - E
* 17 Seite 19.260.
Abgesehen von der Gewinnung und Raffination des
Kupfers, wurden
Methoden zur Gewinnung von
Zink empfohlen,
die bisher noch keinen genügenden praktischen Erfolg zu verzeichnen haben. Die Elektrometallurgie des
Zinnes beschränkt sich fast ausschließlich
auf die Wiedergewinnung des Metalls aus
Abfällen, doch wurden auch
Methoden zur Zinngewinnung aus
Erzen vorgeschlagen. Für
Blei wurden
Methoden zur Gewinnung des Metalls aus
Erzen und zur Raffination empfohlen. Unter den zahlreichen
Vorschlägen für der
Edelmetalle erscheinen besonders beachtenswert die
Methoden der Elektroamalgamation, bei welchen die Gewinnung
der
Edelmetalle durch
Amalgamation
[* 16] unter Zuhilfenahme der
Elektrolyse ausgeführt wird. Auch für
Kobalt,
Nickel,
Antimon und namentlich
fürAluminium und
Magnesium¶
Die Wärmewirkung des elektrischen Stromes, bez. die des Flammenbogens benutzte Staite 1849 zum Schmelzen schwerflüssiger Metalle,
die Methode geriet aber in Vergessenheit und wurde erst 1880 von WernerSiemens bei seinem elektrischen
Schmelzofen
[* 18] mit großem praktischen Erfolg benutzt. Die Gebrüder Cowles thaten dann 1885 den epochemachenden Schritt, gewisse
Verbindungen unter Zuhilfenahme des elektrischen Bogens (oder überhaupt der Wärmewirkungen des Stromes mit oder ohne Zusatz
von Kohle oder sonstigen chemisch reduzierenden Substanzen) zu schmelzen und alsdann durch die vereinigte
Wirkung von Wärme
[* 19] und elektrischer, bez. chemischer Energie in ihre Bestandteile zu zerlegen.
Dies Verfahren hat zur Zeit gute praktische Erfolge aufzuweisen, und ihm schließen sich viele andre ähnlicher oder doch
nur wenig verschiedener Natur an, die sich namentlich auf die Darstellung von Aluminium beziehen. Zu erwähnen
sind schließlich noch das elektrische Schweiß- und Lötverfahren und die magnetische Aufbereitung von Erzen, welche mit einer
von Siemens 1880 angegebenen, besonders rationell konstruierten Maschine auf mehreren Hüttenwerken Verwendung findet.
Eine weitere und schnellere Verbreitung der Elektrometallurgie in der Praxis wird durch den Umstand gehindert, daß die
Erzeugung von elektrischer Energie gegenwärtig noch sehr teuer ist, und daß ihre Verwendung mithin nur in solchen Fällen
gerechtfertigt erscheint, wo andre Hilfsmittel der Technik versagen. Die Dynamomaschinen sind freilich im stande, bis 95 Proz.
der ihnen zugeführten mechanischen Arbeit in Elektrizität zu verwandeln, aber zu ihrem Betrieb gehören
in der RegelDampfmaschinen
[* 20] (Wasser- und Windkraft kommt bis jetzt in verhältnismäßig untergeordnetem Maße zur Anwendung),
und in diesen können nur bis 10 Proz. der zum Betrieb derselben verbrauchten Wärme in mechanische Arbeit umgesetzt werden.
Werden nun von dieser mechanischen Arbeit durchschnittlich 90 Proz. in elektrische Energie übergeführt, so
kommen also nur 9 Proz. der unter dem Dampfkessel
[* 21] entwickelten Wärme als elektrische Energie zur Verwendung. In metallurgischen
Öfen
[* 22] werden dagegen 80 Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme ausgenutzt, und mithin ist bei allen metallurgischen
Operationen, welche direkt durch Wärmewirkungen bewerkstelligt werden können, auf Verwendung von Elektrizität zu verzichten.
Nur auf gewisse spezielle Fälle
findet die Elektrometallurgie vorteilhaft Anwendung, so namentlich auf solche, bei denen es sich um Metallgewinnung
durch Reduktionsprozesse bei hohen Temperaturen handelt. Die Reduktion wird bekanntlich durch die Wirkung von Kohlenoxyd unter
Zuhilfenahme der bei Verbrennung desselben zu Kohlensäure erzeugten Wärme durchgeführt. Die hierzu notwendige minimale
Wärmezufuhr ist in jedem Falle verschieden, und wenn man sie mit Hilfe der Thermochemie berechnet, so ergibt sich, daß sie
in einzelnen Fällen bedeutend größer ist als diejenige, welche unter den günstigsten Bedingungen in unsern metallurgischen
Öfen erzeugt werden kann.
Dies ist z. B. der Fall bei den Oxyden des Aluminiums, Magnesiums und der Erdalkalimetalle, und thatsächlich
ist die Gewinnung dieser Metalle durch Reduktionsprozesse in gewöhnlichen metallurgischen Öfen unmöglich. Auch unter den
metallurgischen Prozessen auf nassem Weg gibt es mehrere, deren Durchführung ohne Zuhilfenahme des Stromes auf fast unüberwindliche
Schwierigkeiten stoßen würde; so namentlich bei der Reinmetallgewinnung, wo es sich um die Entfernung
der letzten Spuren fremder Körper handelt; ferner bei einigen Methoden der Metallgewinnung aus Erzen, bei welchen man durch
Anwendung elektrometallurgischer Verfahren die kostspieligen und mühsamen Röst- und Schmelzprozesse ganz oder doch teilweise
entbehrlich machen kann. Im allgemeinen lassen sich die Prozesse der Elektrometallurgie auf nassem Weg wegen des zu ihrer
Durchführung erforderlichen geringern Aufwandes an elektrischer Energie verhältnismäßig ökonomischer durchführen als
die elektrometallurgischen Prozesse aus trocknem Weg.
Ein bedeutender Fortschritt in der Elektrometallurgie würde sofort zu stande kommen, wenn die direkte Überführung
von Wärme in Elektrizität in befriedigender Weise gelänge. Hierzu sind verschiedene Anläufe gemacht worden. Die Thermosäulen
gestatten in der primitiven Form, in welcher sie gegenwärtig gebaut werden, bereits die Überführung von 5,5
Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme in Elektrizität, auch werden vielleicht die Versuche über Elektrizitätserzeugung
in feuerflüssigen Elektrolyten ermöglichen, der Lösung des genannten Problems näher zu treten.
Vgl. Balling, Grundriß der
Elektrometallurgie (Stuttg. 1888);
Gore, The art of electric separation of metals etc. (Lond. 1890);
Borchers, Elektrometallurgie (Braunschw. 1891);
Vogel und Rösing, Handbuch der Elektrochemie und Elektrometallurgie (Stuttg. 1891).