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meisten Fällen zur Vereinfachung des Betriebs Akkumulatorenbatterien hinzugezogen werden, so kann man statt der Wechselstrommotoren,
welche die Gleichstrommaschinen antreiben, gewöhnliche Wechselstrommaschinen nehmen. Diese müssen allerdings, um als Motoren
zu laufen, zunächst auf die synchrone Geschwindigkeit gebracht werden, was indes, wenn Akkumulatoren in der Unterstation vorhanden
sind, ein Leichtes ist: man läßt mittels der Akkumulatoren zunächst die Gleichstrommaschine als Motor
laufen, diese bringt dann die Wechselstrommaschine auf synchrone Geschwindigkeit, von wo ab die letztere, in das Wechselstromnetz
eingeschaltet, als Motor weiterläuft und die Gleichstrommaschine zum Stromgeben zwingt.
Eine Wechselstrom Maschine als Motor hat vor den bis jetzt bekannten stelbstanlaufenden Wechselstrommotoren den
erheblichen Vorteil voraus, daß sie hohen Nutzeffekt besitzt und mit hoher Spannung betrieben werden kann (s. Elektromotoren).
Man vereinigt durch dieses System die guten Eigenschaften des Wechselstroms für hohe Spannung und Fernleitung sowie die beträchtlichen
Vorzüge des Gleichstroms für Licht, Kraftzwecke und besonders für die Möglichkeit einer Vereinfachung des Betriebs
durch Zuhilfenahme von Akkumulatoren.
Eine solche Anlage wurde zuerst von Krebs für Frankfurt a/M. vorgeschlagen, in Kassel von der Firma Örlikon ausgeführt und
auf der Frankfurter Ausstellung von Siemens u. Halske in großem Maßstab mit einer 500pferdigen Wechselstrommaschine und drei
Wechselstromgleichstrom-Transformatoren in Größen von 200, 100 und 50 Pferdekräften im Betrieb gezeigt.
Diese Anlage übernahm abwechselnd mit einer Gleichstrom-Akkumulatorenanlage, bestehend aus einer 600 pferdigen Gleichstrommaschine
und einer Akkumulatorenbatterie von 540 Pferdekraftstunden Leistung, den gesamten Betrieb.
Das zweite neue System könnte man dem allgemein üblichen Gebrauch nach »Drehstromsystem« nennen, wenn nicht der Name »Drehstrom«
ein völlig nichtssagender Begriff wäre und, wie auch in jüngster Zeit mehr und mehr geschieht, der
Name Mehrphasenstromsystem bei weitem vorzuziehen wäre. Das Mehrphasenstromsystem ist nichts andres als ein Wechselstromsystem,
nur mit dem Unterschied, daß mehrere Wechselströme auf geeignete Weise miteinander verkettet sind, wodurch man als Hauptvorteil
erzielt, daß der Mehrphasenstrom fast ebensogut wie der Gleichstrom zur Leistung von motorischer Arbeit
zu verwenden ist, während dies von dem gewöhnlichen Wechselstrom nicht behauptet werden kann (s.
Elektromotoren). Er kann also sämtliche Arbeiten des Gleichstroms vollführen, ja sogar durch eine einfache Umsetzung Akkumulatoren
laden, und hat vor dem Gleichstrom noch den Vorteil voraus, daß ein Betrieb mit sehr hohen Spannungen
ohne weiteres möglich ist, wozu er durch seine eigentliche Wechselstromnatur befähigt ist.
Obwohl noch namentlich die Motoren einiger Weiterbildung bedürfen, ist ein solches System in Heilbronn zur Ausführung gelangt.
Betrieben wird die Heilbronner Anlage durch die 10 km entfernte Wasserkraft bei Lauffen a. N. In Lauffen stehen die Mehrphasenstrommaschinen;
sie erzeugen aus praktischen Gründen nur 50 Volt Spannung; mittels Transformatoren wird diese Spannung an Ort und Stelle auf 5000 Volt
erhöht, dann durch oberirdische, an Ölisolatoren befestigte Leitungen bis nach Heilbronn geleitet, dort auf 2000 Volt transformiert
und mittels Kabel an die einzelnen Verwendungsstellen geführt, wo dann weitere Transformatoren die Spannung
auf
das gebrauchsmäßige Maß von 100 Volt umsetzen.
[* ] Bei der Ausführung metallurgischer Prozesse mit Hilfe von elektrischer Energie kommen hauptsächlich
die chemischen (elektrolytischen) und thermischen (Wärme-)Wirkungen in Betracht, weniger die mechanischen, magnetischen
und sonstigen Wirkungen des Stromes. Je nach der Art des elektrometallurgischen Prozesses können aber die
genannten Äußerungen der elektrischen Energie sowohl einzeln als auch nebeneinander als wirksame Faktoren auftreten. Je nachdem
die elektrometallurgischen Prozesse unter Anwendung von Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur oder unter Anwendung von geschmolzenen,
halbgeschmolzenen, erweichten oder glühenden Körpern durchgeführt werden, spricht man von Elektrometallurgie auf nassem
und trocknem Weg.
Die elektrometallurgischen Prozesse auf nassem Weg sind als rein elektrolytische zu betrachten, bei welchen etwa auftretende
Wärmewirkungen des Stromes für das Gelingen der Operation nicht notwendig, bisweilen sogar schädlich sind. Bei den Prozessen
auf trocknem Weg handelt es sich ebenfalls nur um Elektrolyse, wenn vorher geschmolzene Substanzen der
Wirkung des Stromes unterworfen werden, in allen andern Fällen kommen neben der elektrolytischen Wirkung stets auch andre Äußerungen
der elektrischen Energie und oft solche ausschließlich zur Wirkung.
Die Prozesse sind im allgemeinen komplizierterer Natur und erheischen einen größern Aufwand an elektrischer Energie als die
Prozesse auf nassem Weg, weshalb man, wo nur möglich, letztere bevorzugt hat. Nach den rein wissenschaftlichen
Arbeiten von Berzelius u. Hisinger, Cruikshank, Brugnatelli, Davy u. a. beschrieb Becquerel 1835 mehrere Verfahren zur Gewinnung
von Silber, Kupfer, Blei aus ihren Erzen. Seine Arbeiten, wie ähnliche von Holf und Pioche, gerieten aber in Vergessenheit, wie
auch Leuchtenbergs Methode zur elektrolytischen Raffination von Rohkupfer, bis Elkington sich 1865 ein derartiges Verfahren
patentieren ließ und mit Wildeschen magnetelektrischen Maschinen mit leidlichem Erfolg eine Kupferraffinerie in Betrieb brachte.
Dies Verfahren fand seit 1878 sehr rasche Verbreitung und bildet heute die wichtigste Operation der Elektrometallurgie auf nassem Weg. 1877 brachte
Cobley die erste Methode der direkten elektrolytischen Metallgewinnung aus Erzen in Vorschlag und empfahl die direkte Verwendung
gewisser (oxydischer) Erze der betreffenden Metalle als Anoden, wodurch der Prozeß sich offenbar zu dem denkbar einfachsten
gestalten würde. Seitdem mehrten sich die Vorschläge für die einzelnen Metalle in überraschender Weise.
Abgesehen von der Gewinnung und Raffination des Kupfers, wurden Methoden zur Gewinnung von Zink empfohlen,
die bisher noch keinen genügenden praktischen Erfolg zu verzeichnen haben. Die Elektrometallurgie des Zinnes beschränkt sich fast ausschließlich
auf die Wiedergewinnung des Metalls aus Abfällen, doch wurden auch Methoden zur Zinngewinnung aus Erzen vorgeschlagen. Für
Blei wurden Methoden zur Gewinnung des Metalls aus Erzen und zur Raffination empfohlen. Unter den zahlreichen
Vorschlägen für der Edelmetalle erscheinen besonders beachtenswert die Methoden der Elektroamalgamation, bei welchen die Gewinnung
der Edelmetalle durch Amalgamation unter Zuhilfenahme der Elektrolyse ausgeführt wird. Auch für Kobalt, Nickel, Antimon und namentlich
für Aluminium und Magnesium
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sind elektrometallurgische Methoden ausgearbeitet worden, doch haben diejenigen für die beiden zuletzt genannten Metalle nicht
den geringsten Erfolg gehabt. Die elektrolytische Metallgewinnung aus Schmelzen wurde 1852 durch Bunsen mit der Abscheidung
von Baryum, Strontium, Calcium, Magnesium aus geschmolzenen Chloriden begründet. 1854 erzielte Mathiessen auf gleiche Weise die
Abscheidung der Alkalimetalle, und Bunsen und Saint-Claire Deville schlugen vor, das Aluminium durch Elektrolyse
des geschmolzenen Aluminiumnatriumchlorids darzustellen. 1855 sollen in England Versuche mit geschmolzenem Kryolith ausgeführt
worden sein. Letztere Methode ist heute von größter Wichtigkeit, während die Gewinnung von Aluminium aus dem Doppelchlorid
bisher keinen nennenswerten Erfolg gehabt hat. Für Magnesium hat die Elektrolyse einer Schmelze von Kalium-Magnesiumchlorid
Bedeutung erlangt. Die Erdalkalimetalle werden durch Elektrolyse ihrer geschmolzenen Chloride gewonnen, und für die Gewinnung
von Natrium ist dis Benutzung eines Doppelchlorids erfolgreich gewesen.
Die Wärmewirkung des elektrischen Stromes, bez. die des Flammenbogens benutzte Staite 1849 zum Schmelzen schwerflüssiger Metalle,
die Methode geriet aber in Vergessenheit und wurde erst 1880 von Werner Siemens bei seinem elektrischen
Schmelzofen mit großem praktischen Erfolg benutzt. Die Gebrüder Cowles thaten dann 1885 den epochemachenden Schritt, gewisse
Verbindungen unter Zuhilfenahme des elektrischen Bogens (oder überhaupt der Wärmewirkungen des Stromes mit oder ohne Zusatz
von Kohle oder sonstigen chemisch reduzierenden Substanzen) zu schmelzen und alsdann durch die vereinigte
Wirkung von Wärme und elektrischer, bez. chemischer Energie in ihre Bestandteile zu zerlegen.
Dies Verfahren hat zur Zeit gute praktische Erfolge aufzuweisen, und ihm schließen sich viele andre ähnlicher oder doch
nur wenig verschiedener Natur an, die sich namentlich auf die Darstellung von Aluminium beziehen. Zu erwähnen
sind schließlich noch das elektrische Schweiß- und Lötverfahren und die magnetische Aufbereitung von Erzen, welche mit einer
von Siemens 1880 angegebenen, besonders rationell konstruierten Maschine auf mehreren Hüttenwerken Verwendung findet.
Eine weitere und schnellere Verbreitung der Elektrometallurgie in der Praxis wird durch den Umstand gehindert, daß die
Erzeugung von elektrischer Energie gegenwärtig noch sehr teuer ist, und daß ihre Verwendung mithin nur in solchen Fällen
gerechtfertigt erscheint, wo andre Hilfsmittel der Technik versagen. Die Dynamomaschinen sind freilich im stande, bis 95 Proz.
der ihnen zugeführten mechanischen Arbeit in Elektrizität zu verwandeln, aber zu ihrem Betrieb gehören
in der Regel Dampfmaschinen (Wasser- und Windkraft kommt bis jetzt in verhältnismäßig untergeordnetem Maße zur Anwendung),
und in diesen können nur bis 10 Proz. der zum Betrieb derselben verbrauchten Wärme in mechanische Arbeit umgesetzt werden.
Werden nun von dieser mechanischen Arbeit durchschnittlich 90 Proz. in elektrische Energie übergeführt, so
kommen also nur 9 Proz. der unter dem Dampfkessel entwickelten Wärme als elektrische Energie zur Verwendung. In metallurgischen
Öfen werden dagegen 80 Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme ausgenutzt, und mithin ist bei allen metallurgischen
Operationen, welche direkt durch Wärmewirkungen bewerkstelligt werden können, auf Verwendung von Elektrizität zu verzichten.
Nur auf gewisse spezielle Fälle
findet die Elektrometallurgie vorteilhaft Anwendung, so namentlich auf solche, bei denen es sich um Metallgewinnung
durch Reduktionsprozesse bei hohen Temperaturen handelt. Die Reduktion wird bekanntlich durch die Wirkung von Kohlenoxyd unter
Zuhilfenahme der bei Verbrennung desselben zu Kohlensäure erzeugten Wärme durchgeführt. Die hierzu notwendige minimale
Wärmezufuhr ist in jedem Falle verschieden, und wenn man sie mit Hilfe der Thermochemie berechnet, so ergibt sich, daß sie
in einzelnen Fällen bedeutend größer ist als diejenige, welche unter den günstigsten Bedingungen in unsern metallurgischen
Öfen erzeugt werden kann.
Dies ist z. B. der Fall bei den Oxyden des Aluminiums, Magnesiums und der Erdalkalimetalle, und thatsächlich
ist die Gewinnung dieser Metalle durch Reduktionsprozesse in gewöhnlichen metallurgischen Öfen unmöglich. Auch unter den
metallurgischen Prozessen auf nassem Weg gibt es mehrere, deren Durchführung ohne Zuhilfenahme des Stromes auf fast unüberwindliche
Schwierigkeiten stoßen würde; so namentlich bei der Reinmetallgewinnung, wo es sich um die Entfernung
der letzten Spuren fremder Körper handelt; ferner bei einigen Methoden der Metallgewinnung aus Erzen, bei welchen man durch
Anwendung elektrometallurgischer Verfahren die kostspieligen und mühsamen Röst- und Schmelzprozesse ganz oder doch teilweise
entbehrlich machen kann. Im allgemeinen lassen sich die Prozesse der Elektrometallurgie auf nassem Weg wegen des zu ihrer
Durchführung erforderlichen geringern Aufwandes an elektrischer Energie verhältnismäßig ökonomischer durchführen als
die elektrometallurgischen Prozesse aus trocknem Weg.
Ein bedeutender Fortschritt in der Elektrometallurgie würde sofort zu stande kommen, wenn die direkte Überführung
von Wärme in Elektrizität in befriedigender Weise gelänge. Hierzu sind verschiedene Anläufe gemacht worden. Die Thermosäulen
gestatten in der primitiven Form, in welcher sie gegenwärtig gebaut werden, bereits die Überführung von 5,5
Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme in Elektrizität, auch werden vielleicht die Versuche über Elektrizitätserzeugung
in feuerflüssigen Elektrolyten ermöglichen, der Lösung des genannten Problems näher zu treten.
Vgl. Balling, Grundriß der
Elektrometallurgie (Stuttg. 1888);
Gore, The art of electric separation of metals etc. (Lond. 1890);
Borchers, Elektrometallurgie (Braunschw. 1891);
Vogel und Rösing, Handbuch der Elektrochemie und Elektrometallurgie (Stuttg. 1891).