Umhüllungen der Eisenteile mit allerhand getriebenem, verziertem
Blech ihre Zuflucht zu nehmen. Ein sehr schönes
Beispiel
bildet unter anderm das
Palais du
Champ de
Mars
[* 2] von der 1878er
Ausstellung in
Paris,
[* 3] bei welchem die in Eisengitterwerk hergestellten
Wandpfeiler nach außen farbige Fayencefüllunqen erhalten hatten (Taf. II,
[* 1]
Fig.
4). Auch das Hauptgebäude der
PariserAusstellung von 1889 (Taf. II,
[* 1]
Fig. 2) darf hier als bedeutendes
Beispiel angeführt werden, obwohl es keinen wesentlichen Fortschritt darstellt. An
Stelle der raumabschließenden Steinwände
sind hierbei übrigens vielfach Glaswände getreten, was ja auch bei dem gesamten in dieses
Kapitel gehörigen, für die stilistische
Entwickelung aber kaum in Betracht kommenden Gewächshausbau der
Fall ist. Die zweite Art der Wandbildung
im E., diejenige mit eingestellter Eisenkonstruktion, hat namentlich in
Frankreich Anwendung gesunden, wie denn überhaupt
die
Entwickelung des
Eisenbaues vornehmlich in diesem
Lande stattgefunden hat. Hervorragende
Beispiele sind unter anderm die
Lesesäle der
BibliothekenSte.-Geneviève und
Nationale, der
Lichthof in der
École des beaux-arts (Taf.
II,
[* 1]
Fig. 5) und die
Kirche St.
Augustin (Taf. I,
[* 1]
Fig. 7) in
Paris.
Besonders konsequent ist das in
Rede stehende Konstruktionsprinzip bei dem letztgenannten Bauwerk zur
Durchführung gebracht.
Allerdings läßt es dort auch die
Grenzen,
[* 4] die ihm gesteckt sind, recht erkennen.Eisen
[* 5] und
Stein treten
als
Rivalen auf. Ihr Nebeneinander führt bald zu doppeltem
Ausdruck ähnlicher oder gleicher Konstruktionsgedanken und dabei
naturgemäß zur Verkümmerung der Steinformen, bald zu
Konflikten beider Bauweisen, deren Bewältigung die größten Schwierigkeiten
bereitet.
Doch sind auch glücklichere
Lösungen zu verzeichnen; so
Labroustes Lesesäle der genannten beiden
PariserBibliotheken,
bei denen die
Rolle, die der Eisenbau spielt, allerdings eine wesentlich untergeordnetere ist. Bei der
Bildung der
Decken des gemischten
Eisenbaues bildet die Eisenkonstruktion fast immer das allein tragende konstruktive
Gerüst und tritt dabei mit bald mehr,
bald weniger Selbständigkeit in die
Erscheinung. Die ästhetischen Schwierigkeiten sind nicht so groß
wie bei den
Wänden, weil größere Leichtigkeit, Kühnheit und Masselosigkeit mehr im
Wesen der
Decke
[* 6] liegen als in dem der
Wand.
Überdies wird ein gewisser Schönheitsüberfluß sich hier leichter geben lassen, welcher übrigens stilistisch richtiger
in schmückender Zuthat als in einhüllender Verkleidung zu bestehen haben wird. Die großen Bauten der
letzten
PariserWeltausstellung zeigten hierfür bemerkenswerte
Beispiele. Durch
Anordnung von Gefachausfüllung mit
Terrakotten
[* 7] und allerhand Steinplattenwerk, durch Aufheften von
Kartuschen,
[* 8]
Schilden sowie von naturalistisch-pflanzlichem
Schmuck auf das
frei gezeigte Gitterwerk der Binder,
Gurte 2c., durch geeignete Anbringung selbständiger
Malereien und in barocker
Weise aus
ihren
Rahmen ungezwungen heraustretender
Skulpturen sind Ergebnisse gewonnen, welche mehr als dekorative
Bedeutung beanspruchen können. Das eben von den
Decken Gesagte gilt übrigens auch für die Wandbildungen, wenn, wie z. B.
bei den großen Hallenbauten,
Decke und Wand nahezu vollständig zu einer
Einheit zusammenschmelzen, wie dies, um eins der
bedeutendsten neuern
Beispiele anzuführen, bei der Empfangshalle des Hauptbahnhofs in
Frankfurt
[* 9] a. M.
(Taf. II,
[* 1]
Fig. 1) der
Fall ist. Bei diesen Hallenbauten pflegen auch
Decke und
Dach
[* 10] eins zu sein; letzteres wird also von innen
sichtbar
und kommt stilistisch auch nur in solchem
Fall als Teil des
Eisenbaues in Betracht. Als besondere
Gattung von Eisenhochbauteu
der Neuzeit sind schließlich noch die eisernen Turmbauten zu erwähnen. Sie zeigen bald gemischten,
bald reinen Eisenbau. Oft dienen sie (als
Leuchttürme, Wassertürme u. dgl.) so ausschließlich
Nutzzwecken, daß das formale
Moment sehr stark zurücktritt; sie können aber auch eine ästhetisch und damit stilistisch
bedeutsame
Rolle spielen. Hervorragendster Vertreter der letztern
Art ist der bei Gelegenheit der mehrerwähnten
1889er
PariserWeltausstellung der Hauptsache nach als
Schau- und Repräsentationsstück errichtete
Eiffelturm
[* 11] (Taf. II,
[* 1]
Fig.
3), ein Meisterwerk der Ingenieurkunst auch in architektonischer Beziehung und ein schlagender
Beweis dafür, wie ein Eisenbauwerk
lediglich durch seine Gesamtanordnung und Linienschönheit zum Kunstwerk werden kann.
Was geschichtlich über die stilistische
Entwickelung des
Eisenbaues zu sagen ist, erhellt in der Hauptsache
aus dem vorstehenden von selbst. Vorangegangen ist im allgemeinen
Frankreich.
Dort sind zumeist die ersten sowohl als bedeutsamsten
charakteristischen
Lösungen der schwierigen
Probleme entstanden.
England und
Amerika,
[* 12] auch
Italien
[* 13] haben wenig zur
Sache gethan.
Deutschland
[* 14] hat sich besonders um die tektonische Durchbildung der Einzelheiten bemüht (vgl.
z. V. Taf. I,
[* 1]
Fig. 1, 2, 5, 6; Taf. II.
[* 1]
Fig.
8, 9,10), hat dabei jedoch oft die großen
Gesichtspunkte aus dem
Auge
[* 15] verloren. Immerhin sind aber auch auf deutschem
Boden
Werke entstanden, die von dem erfolgreichen Bestreben
Zeugnis ablegen, diese Bauweise auch im großen
künstlerisch fortzuentwickeln.
[* 22] Die
Frage nach der Entstehung der Eishöhlen kann nunmehr als endgültig gelöst angesehen werden, und zwar im
Sinne der alten
Deluc-ThuryschenErklärung der Eisbildungen durch die eindringende Winterluft, seitdem Eishöhlen
Fugger seine 1876 begonnenen
und seither ununterbrochen fortgesetzten
Beobachtungen an den drei Eishöhlen des
¶
mehr
Untersbergs bei Salzburg
[* 24] veröffentlicht hat. Die wichtigste und größte unter den Eishöhlen ist die sogen.
Kolowrats höhle, welche 1391 m ü. M. am Ostabhang des Untersbergs gelegen ist. Der Höhlenraum ist etwa 92,000 cbm groß.
Der Boden ist mit einer oben horizontalen Eismasse bedeckt, aus der sich gelegentlich Eisstalagmiten von verschiedener Größe
erheben. Am bedeutendsten ist die Eismasse stets im Frühling; mit zunehmender Temperatur beginnt die Zerstörung der Eisdecke
durch das einströmende Tropfwasser, bisweilen verschwindet im Sommer der Eisboden ganz.
Mit dem Eintritt der kalten Jahreszeit werden die Eisflächen wieder trocken, die Neubildung von Eis geht hauptsächlich im Anfang
des Frühlings vor sich, da im Winter die Zufuhr von Tropfwasser zu gering ist. Diese Veränderungen in
den Eisbildungen finden durch den Temperaturgang ihre Erklärung. In der Kolowratshöhle ist nie eine höhere Temperatur als 0 und
+0,5° beobachtet worden, die Höhlentemperatur ist überhaupt von derjenigen der Außenluft
durchaus abhängig: in den Wintermonaten sind auch in der Höhle die Temperaturen negativ, doch hebt sie
sich selbst im Sommer nie wesentlich über 0°. Alle bisher bekannten Eishöhlen besitzen nur einen Eingang, der höher liegt als der
eigentliche Höhlenraum, d. h. sie sind Sackhöhlen, in denen keine Ventilation stattfindet. Sobald die Außenluft kälter
wird als die in der Höhle, strömt die kalte Luft vermöge ihrer größern Schwere in die Höhle ein und
verdrängt die wärmere Luft. Herrscht hingegen in der Höhle eine niedrigere Temperatur als vor derselben, so kann keine Luftströmung
entstehen, und die Höhlenluft erwärmt sich ganz langsam durch die Bodenwärme.
Infolge der bedeutenden Höhenlage der meisten Höhlen wird mehrere Monate hindurch im Jahre in denselben eine Temperatur unter
0° herrschen und das in die Höhle dringende Wasser gefrieren; solange aber noch Eis in der Höhle ist,
kann sich deren Temperatur nicht wesentlich über 0° erheben, da alle zugeführte Wärme
[* 25] für Schmelzung verbraucht wird.
Diese Ansicht von der Bildung des Eises in den Eishöhlen durch die eindringende kalte Winterluft findet ihre gewünschte Bestätigung
durch die Aufzeichnungen, die vermittelst zweier Thermographen in der Höhle von Chaux les Passavant bei
Besancon während des Winters 1885/86 gewonnen wurden. Infolge der geringen Meereshöhe von 570 m und der hohen Bodentemperatur
von 12° verschwinden die Eisbildungen meist gänzlich bis zum Herbst. Das obenstehende Diagramm, welches den Temperaturgang
vom 4. bis darstellt, läßt die Abhängigkeit der
Höhlentemperatur von der Außenluft aufs deutlichste erkennen. Solange die Außentemperatur über 0° liegt, bleibt die
Höhlenluft unveränderlich auf +2° stehen; sobald jedoch erstere unter 0° fällt, folgt letztere, bleibt aber sowohl zeitlich
als graduell etwas hinter der Außenluft zurück. Auch dem Steigen der Außentemperatur folgt diejenige in der Höhle
so lange, bis eine neue Differenz zu ungunsten der
Innenluft entstanden ist und ein neues Einströmen kalter Luft erfolgt. Eine solche Füllung der Höhle mit kalter Luft trat
während des Winters zu wieder holten Malen ein, während der ganzen Beobachtungszeit mehr als 70mal. Hiermit ist auch ein
Einwand widerlegt, den Schwalbe gegen die Deluc-ThuryscheErklärung erhoben hatte (s. Bd. 17, S. 281),
daß nämlich die Abkühlung der Höhlenluft allein nicht genügt, um dem Wasser so viel Wärme zu entziehen, wie bei der Eisbildung
frei werde.
Die eben angeführten Beobachtungen beweisen, daß nicht nur eine einmalige Füllung der Höhle mit kalter
Luft stattfindet, sondern daß dieser Vorgang sich oft wiederholt und die während des Winters und Frühlings durch Eisbildung
und Bodenwärme auf höhere Temperatur gebrachte Höhlenluft durch Einströmen neuer Eisluft ersetzt wird. Auch die zweite
Behauptung, welche Schwalbe zur Stütze seiner Ansicht aufgestellt hatte, daß nämlich die Kältequelle in den Höhlenwänden
liege, ist hinfällig geworden, da die Versuche von Jungk, daß Wasser zwischen 0 und +4° beim Durchsickern durch poröse
Massen eine Abkühlung erfahre, sich als ververfehlt herausgestellt haben.
Überdies ist die Vorstellung, daß das Tropfwasser in Haarröhren das Gestein durchlaufe und so in die Höhle gelange, eine
irrige, da das Wasser nur auf den Klüften des Kalkes zirkuliert, während die große Masse des Gesteins
trocken bleibt. Endlich müßten alle Höhlen, in welche Wasser eindringt, Eishöhlen sein, während thatsächlich sich nur in Sackhöhlen
mit hohem Eingang Eis bildet. Nach allem wird man die Kaltlufttheorie als die einzig richtige ansehen müssen.