Schwindsüchtige stattgefunden haben dürfte. Während des Aufenthalts des
Zuges in
München
[* 2] kehrte
Prausnitz unter den nötigen
Vorsichtsmaßregeln den
Staub auf dem Bodenteppich des
Wagens zusammen und prüfte ihn durch Verimpfung auf
Meerschweinchen.
Es wurde der
Staub von vier
Wagen untersucht, aber nur der von einem
Wagen brachte bei einzelnen Versuchstieren
Tuberkulose hervor, während der
Staub der drei andern
Wagen die
Tiere gesund
oder an andern
Krankheiten eingehen ließ. Hieraus
schloß
Prausnitz, daß der gewöhnliche
Modus der
Reinigung der
Eisenbahnwagen genügt, dieselben so weit tuberkelbacillenfrei
zu erhalten, daß eine Gefährdung des reisenden
Publikums in dieser Hinsicht ausgeschlossen erscheint.
internationaler. Die belgische
Regierung hat vor einiger Zeit die europäischen
Staaten zur Beschickung einer internationalen
Konferenz in
Brüssel
[* 3] eingeladen, in welcher nach dem
VorschlagBelgiens ein Übereinkommen
vereinbart werden sollte, welches in gleicher
Weise, wie dies durch das
Berner Übereinkommen bezüglich des Frachtverkehrs
geschehen ist,
Grundsätze für eine internationale Regelung des Personenverkehrs aufstellt.
Die
Regierungen der meisten
Staaten haben sich zur
Teilnahme an dieser
Konferenz bereit erklärt. Das Zusammentreten derselben
hat aber in Rücksicht auf die umfassenden Vorbereitungen, welche die in Aussicht genommenen Beratungen erfordern, auf unbestimmte
Zeit vertagt werden müssen. Der durchgehende
Schnell- und Personenzugverkehr auf den internationalen
Linien wird von
Vertretern der beteiligten europäischen
Eisenbahnverwaltungen in regelmäßig wiederkehrenden
Konferenzen geregelt, deren
je eine im
Sommer (zur Feststellung des Winterdienstes) und im
Winter (zur Feststellung des Sommerdienstes) stattfindet.
Diese Versammlungen sind unter dem
Namen europäische Fahrplankonferenz bekannt. Desgleichen wird der damit zusammenhängende
Durchgang von Personenwagen auf jenen
Linien in jährlich zweimal, vor Beginn der
Sommer- und vor Beginn
der Winterfahrplanperiode, stattfindenden besondern
Konferenzen, welche auch wohl als internationale Eisenbahnkongresse bezeichnet
worden sind, von den beteiligten europäischen
Eisenbahnverwaltungen festgesetzt, wobei es sich nicht allein um Abmessung
der Leistungen jeder
Verwaltung, sondern auch um Bestimmung der Anforderungen an die
Beschaffenheit der beizustellendenWagen
handelt.
(Absperrung). Die großen
Gefahren, welche das Prüfen und Durchlochen der Fahrkarten von den Wagentrittbrettern
aus während der
Fahrt für die
Gesundheit und das
Leben des Zugpersonals mit sich bringt (wie die erhebliche Zahl der hierdurch
veranlaßten
Tötungen und
Verletzungen von Beamten zeigt), haben bereits mehrfach die Verlegung der Fahrkartenkontrolle
an die Ein- und
Ausgänge der Bahnsteige nahegelegt. Die
Erfahrung hat zur Genüge gelehrt, daß trotz aller wiederholten und
strengen Verbote bei stärkerm Personenverkehr die Beseitigung dieses gefährlichen
Verfahrens auch durch unverhältnismäßige,
unwirtschaftliche Verstärkung
[* 4] des mit der Fahrkartenkontrolle betrauten Peronals nicht zu erreichen ist.
Überdies kann fast bei jedem Zug
beobachtet werden, daß im letzten
Augenblick vor Abfahrt desselben immer
noch Reisende zugehen, welche füglich nicht zurückgewiesen werden können, und deren Fahrkarten eben der dem Einsteigen
unmittelbar folgenden Abfahrt halber nicht mehr von dem Bahnsteig, sondern nur noch von
den Wagentrittbrettern des bereits
in
Bewegung befindlichen
Zuges aus geprüft und durchlocht werden können. Die lebhafte Abneigung, welcher
die durchgängige
Absperrung der Bahnsteige für Nichtreisende und die allgemeine Verlegung der Fahrkartenkontrolle an die
Ein- und
Ausgänge derselben in den
Kreisen des deutschen
Publikums begegnet, wird jenen schwerwiegenden
Gründen gegenüber
der
Durchführung dieses
Verfahrens auf die Dauer nicht mit Erfolg widerstehen können.
Die Unsitte, bei jeder auch nur kurzen
Abwesenheit vom häuslichen
Herde die Verabschiedung von der mehr oder minder zahlreichen
Familie, ja selbst von dem nähern und weitern Freundeskreis auf den Bahnsteig zu verlegen, besteht einzig und allein
nur noch in
Deutschland
[* 5] und wird auch hier von jedem Einsichtigen als existenzberechtigt ebensowenig anerkannt
werden können wie in andern
Ländern mit hochentwickeltem
Verkehr. Für die
Eisenbahnverwaltung würde das Aufgeben der eigentlichen
Fahrkartenkontrolle am
Zuge (welche bei Verlegung an die Ein- und
Ausgänge der Bahnsteige darauf beschränkt werden kann,
ob die Reisenden nicht eine höhere als die ihren Fahrkarten entsprechende Wagenklasse benutzen) nicht
nur einen Fortschritt auf dem Gebiete der
Humanität, sondern nach Aufwendung der für die
Absperrung der Bahnsteige erforderlichen
einmaligen (allerdings sehr bedeutenden)
Kosten auch eine wesentliche Vereinfachung der Betriebseinrichtungen mit sich bringen,
welche namentlich bei grundsätzlicher allgemeiner
Durchführung in einer erheblichen Ersparnis an Fahrpersonal ihren finanziellen
Ausdruck finden würde.
Ebenso würde nach dem
Urteil maßgebender Sachverständiger eine solche Maßregel auch der ordnungsmäßigen
Durchführung
des
Dienstes, welche durch die gegenwärtige häufige Überfüllung der Bahnsteige mit Reisenden und weit mehr mit Nichtreisenden
schwer beeinträchtigt wird, und somit auch der Sicherheit des Betriebs nicht unwesentlich zu gute kommen.
Endlich würde
dadurch dem Fahrpersonal die jetzt trotz aller
Revisionen durch besondere Kontrollbeamte noch immer reichlich
gebotene Gelegenheit zu Unterschleifen aller Art nahezu vollständig entzogen.
Infolge neuerer
Anordnungen des preußischen
Ministers der öffentlichen
Arbeiten werden dem
Vernehmen nach die erforderlichen
Vorbereitungen für die
Durchführung der fraglichen Maßregel, die übrigens im
Berliner
[* 6] Stadt- und Ringbahnverkehr
seit
Eröffnung desselben bereits besteht und sich dort, wie überall, bestens bewährt hat und mit gelegentlich
der Neuregelung des
Berliner Vorortverkehrs (s. unten) auch für diesen mit bestem Erfolg eingeführt ist, eifrig
betrieben. Der große
Umfang dieser Vorbereitungen und wohl auch die
Höhe der für eine allgemeine
Durchführung
erforderlichen einmaligen Aufwendung für bauliche Einrichtungen lassen es begreiflich erscheinen, daß damit nur allmählich
vorgegangen werden kann.
In der
Frage der Personengeld-Tarifreform, welche die öffentliche Meinung in weitesten
Kreisen längere
Zeit lebhaft beschäftigt hat, ist neuerdings ein Stillstand eingetreten, welcher wesentlich auf Rücksichten finanzieller
Natur zurückzuführen sein dürfte. Angeregt durch das von
Perrot und
Engel befürwortete
Projekt eines
ganz
Deutschland umfassenden Zonentarifs und die Einführung von auf zonenmäßiger Abstufung beruhenden Personentarifen zunächst
in
Ungarn,
[* 7] sodann in
Österreich
[* 8] (s. Bd. 17, S. 280, und Bd. 18, S. 225), sind in der
¶
mehr
Tagespresse und sonstigen interessierten Kreisen vielfache und zum Teil sehr verschiedenartige Vorschläge zur Lösung der vorliegenden
Frage aufgetaucht, welche als aussichtslos hier übergangen werden können. Nur darin hat sich überall nahezu völlige
Übereinstimmung gezeigt, daß einmal der gegenwärtige Tarifwirrwarr mit seiner verschiedenartigen, dem Grundsatz sozialer
Gerechtigkeit vielfach direkt zuwiderlaufenden Behandlung der einzelnen Klassen der Bevölkerung
[* 10] einen auf
die Dauer unhaltbaren und mit den sonstigen Bestrebungen zur Ausgleichung vorhandener Gegensätze durchaus unverträglichen
Zustand bilde, daß ferner die jetzigen Fahrpreise und Gepäckfrachtsätze fast durchweg zu hoch bemessen und deshalb einer
gesunden Verkehrsentwickelung hinderlich seien, und daß endlich auf eine einheitliche, ganz Deutschland
möglichst gleichmäßig umfassende Reform besonderer Wert zu legen sei.
In der That wird in der Eigenartigkeit der wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse der einzelnen deutschen Staaten eine
zwingende Veranlassung, von der im allgemeinen Verkehrsinteresse zweifellos höchst wünschenswerten Einheitlichkeit abzusehen,
schwerlich erblickt werden können. Die Verschiedenheiten zwischen den norddeutschen und süddeutschen Bahnen beziehen
sich (von vielen Nebenpunkten abgesehen) in der Hauptsache auf die Zahl der Wagenklassen (im Norden
[* 11] vier, im Süden drei) und
die Berechnung der Schnellzugspreise (im Norden Zuschlag nur für einfache Fahrten, im Süden auch für Hin- u. Rückfahrt) und
auf die Gepäckfracht (im Norden Freigepäck, im Süden nicht).
Für die Beseitigung der 4. Wagenklasse haben sich mehrfach gewichtige Stimmen aus gesundheitlichen Gründen
und Rücksichten der Humanität erhoben. Die Berechtigung dieser Anschauungen ist thatsächlich auch bereits dadurch anerkannt
worden, daß die jetzigen Wagen und Wagenabteilungen dieser Klasse zum Teil mit Sitzbänken versehen worden sind und noch in
weiterm Umfang damit ausgestattet werden. Wirtschaftliche und betriebstechnische Gründe dürften die Beseitigung
der 4. Wagenklasse (im Interesse einer Verminderung des in den Zügen mitzuführenden Wagenmaterials und einer bessern Ausnutzung
desselben) ebenfalls wünschenswert und zweckmäßig erscheinen lassen.
Selbst die Gewöhnung des Publikums der 4. Klasse, einen möglichst großen Teil seines gesamten Frachtguts, namentlich bei
dem Besuch von Wochenmärkten, in den Personenwagen mit sich zu führen, wird dagegen nicht allzu schwer
ins Gewicht fallen können. Einerseits wird dem in dieser Beziehung vorhandenen Bedürfnis durch Einführung billiger Gepäckfrachten
und anderseits durch Bereitstellung besonderer Wagenräume im Nahverkehr (für den Fernverkehr wird ein solches Bedürfnis
überhaupt nicht anzuerkennen sein) vollauf Genüge geschehen können. Im übrigen würde selbst eine
mit Aufhebung der 4. Wagenklasse für einen verhältnismäßig kleinen Teil des Publikums verbundene Härte unbedenklich in
den Kauf genommen werden können, wenn es sich darum handelt, der überwiegenden Mehrzahl desselben eine große Wohlthat zuzuwenden.
Als solche aber wird die Beseitigung der 4. Wagenklasse vielfach auch aus dem Grunde angesehen, daß damit
die jetzige strenge Scheidung des sogen. vierten Standes im Eisenbahnverkehr beseitigt würde. Bezüglich des zweiten Punktes,
der Berechnung der Schnellzugspreise bei Rückfahrkarten, wird davon auszugehen sein, daß jede nicht allen gleichmäßig
zu gute kommende, bez. nicht öffentlichen Interessen oder der Bedürftigkeit dienende Vergünstigung,
also auch bei
den Rückfahrkarten, auszuschließen sein wird. Der keineswegs bedeutenden Entlastung der Eisenbahnverwaltung bei Entnahme
von Rückfahrkarten steht für das Publikum die Annehmlichkeit gegenüber, bei der Rückfahrt der nochmaligen Lösung einer
Fahrkarte überhoben zu sein, so daß auch hierdurch ein, wenn auch nur geringfügiger Preisnachlaß nicht
gerechtfertigt wird. Von diesem Gesichtspunkt aus erscheint es wohl angängig, von Herstellung besonderer Rückfahrkarten
in Zukunft ganz abzusehen und den Reisenden, welche bei der Hinfahrt zugleich Fahrkarten für den Rückweg zu lösen wünschen,
einfach zwei Fahrkarten der betreffenden Wagenklasse für die zu benutzenden (Personen- oder Schnell-) Züge zu verabfolgen,
von denen die eine für die Hin-, die andre für die Rückfahrt gilt.
Voraussetzung dafür würde sein, daß die Fahrkarten nicht, wie bisher, für eine gewisse Strecke in einer bestimmten Richtung,
sondern für diese Strecke in beiden Richtungen Gültigkeit haben, also auf die Fahrt z. B. von Berlin
[* 12] nach Potsdam
[* 13] oder von
Potsdam nach Berlin lauten. Damit würde zugleich die Zahl der jetzt herzustellenden Fahrkartensorten auf etwa die Hälfte
vermindert werden und den Eisenbahnverwaltungen eine nicht unerhebliche Erleichterung zu teil werden. (Bei Neuregelung des
Berliner Vorortverkehrs [s. weiter unten] ist diese Neuerung inzwischen eingeführt worden.)
Mit allgemeiner Annahme dieser Grundsätze würde sich die Benutzung der Rückfahrkarten ganz von selbst
in der Weise regeln, daß dieselben stets für diejenigen Züge (Personen- oder Schnellzüge) Gültigkeit haben, auf welche
sie lauten und deren Einheitssätze der Berechnung des Fahrpreises zu Grunde gelegt sind, während anderseits bei Festsetzung
besonderer Einheitssätze für Rückfahrkarten und Zulassung derselben zu Schnellzügen ohne Erhebung
eines Zuschlags diejenigen Reisenden, welche auf die Benutzung von Personenzügen angewiesen sind, sich stets im Nachteil
gegenüber denjenigen Reisenden befinden würden, welche in der Lage sind, mit ihren Rückfahrkarten Schnellzüge zu benutzen.
Was endlich den dritten Punkt anbelangt, in welchem eine Abweichung zwischen Nord- und Süddeutschland besteht, das
Freigepäck, so ist eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit hierüber erfreulicherweise nicht mehr vorhanden. Die Überzeugung
von der Verwerflichkeit dieser die wohlhabendere Minderzahl der Reisenden begünstigenden Einrichtung (s.
Bd. 17, S. 280) hat endlich auch in den Kreisen der norddeutschen Eisenbahnverwaltungen feste Wurzel
[* 14] geschlagen.
Nach Beseitigung dieser Differenzpunkte lag die Hauptschwierigkeit in einer Verständigung über einheitliche
Grundtaxen. Während Bayern
[* 15] für die 1. Klasse 6, für die 2. Klasse 3,5 und für die 3. Klasse 2 Pf. für das Kilometer mit einem
Zuschlag von je 1 Pf. für Schnellzüge in Aussicht nahm, wurde von der preußischen Staatseisenbahn-Verwaltung im März 1891 den
preußischen Bezirkseisenbahnräten ein Reformprojekt auf folgender Grundlage zur gutachtlichen Äußerung
unterbreitet (der Vergleichung halber sind die bisherigen Preise neben den neuen Sätzen in Parenthesen angegeben):
Personenzug: 1.Kl. 6 (8), 2.Kl. 4 (6), 3.Kl. 2 (4) Pf. für das Kilometer; Schnellzug: 1.Kl. 7 (9), 2.Kl. 5 (6,67), 3. Klasse 3 (4,67)
Pf. für das Kilometer unter Beseitigung des Freigepäcks und aller bisherigen Ermäßigungen bei Rückfahrten und Rundreisen,
dagegen Beibehaltung der Zeit-, Schüler- und Arbeiterkarten sowie unter erheblicher Ermäßigung der Gepäckfracht.
¶