Gebrüder Serpollet haben ihren
Dampfkessel (vgl. Bd. 18, S. 168,u. S. 165 dieses
Bandes) zum Betrieb einer dreiräderigen
Kutsche für Vergnügungsfahrten verwendet. Der
Kessel besteht aus drei übereinander
liegenden Serpolletschen
Röhren
[* 43] und soll 80 kg
Wasser in der
Stunde verdampfen. Der
Dampf wird auf
ca. 300° erhitzt. Der
Kessel
ist auf 100
Atmosphären geprüft und auf 94
Atmosphären
konzessioniert. Die verwendete
Maschine
[* 44] hat 127
mm Kolbendurchmesser, 127
mmHub, arbeitet mit nahezu zweifacher
Expansion und macht 258
Umdrehungen in der
Minute.
Ihre Leistung beträgt 5,3 indizierte oder 4,3 effektive
Pferdekräfte, der
Dampfverbrauch pro
Stunde und
Pferdekraft 11,09 kg bei 5,8facher
Verdampfung, somit ergibt sich ein Kohlenverbrauch von 1,91
kg pro
Stunde und
Pferdekraft; die Dampfkutsche kann einen Kohlenvorrat aufnehmen, der für eine
Strecke von 60 km
ausreicht. Daß mit der Serpolletschen Dampfkutsche andre
Resultate als mit ihren Vorgängern erzielt werden, ist wohl billig zu bezweifeln.
[* 45] Bei großen
Dampfmaschinen, welche bald vorwärts bald rückwärts, bald schnell bald langsam laufen
u. den Bewegungswechsel sehr häufig ausführen müssen, wie
Fördermaschinen,
Lokomotiven und
Schiffsmaschinen,
hat sich das
Bedürfnis herausgestellt, die Umstellung der
Steuerung
(Umsteuerung)
[* 46] statt von
Hand
[* 47] durch Dampfkraft besorgen zu
lassen, wodurch die
Umsteuerung schneller und sicherer von statten gehen soll. Hierzu ist ein besonderer Dampfcylinder erforderlich,
dessen
Kolben auf dieUmsteuerung bewegend wirkt.
Die Schwierigkeit dabei ist nur, einen
Mechanismus zu finden, der gestattet, die
Größe der
Bewegung des
Kolbens, bez. den
Ausschlag
des Steuerhebels mit Sicherheit so zu begrenzen, daß die für die jedesmal erwünschte Bewegungsrichtung und
Geschwindigkeit
erforderliche
Stellung der
Steuerung durch die
Einstellung eines leicht zu bewegenden Handsteuerhebels erreicht
und nicht übertroffen wird. Stellt man also z. B. den Handsteuerhebel auf »vorwärts«
mit halber
Kraft,
[* 48] so soll der
Kolben und mit ihm die
Steuerung sich zuverlässig dementsprechend einstellen.
[* 1]
Fig. 1 zeigt
¶
mehr
eine Dampfumsteuerung der Compagnie de l'Ouest. Sie besteht aus einem wagerechten Steuercylinder A mit davorliegendem Bremscylinder
B, der mit Wasser oder Glycerin gefüllt ist und dazu dient, die in den Steuerungsteilen bei ihrer Bewegung aufgespeicherte
lebendige Kraft zu vernichten, damit sie durch letztere nicht über die erforderliche Stellung hinausgeschleudert werden.
Die gemeinschaftliche Kolbenstange beider Cylinder bewegt ein Führungsstück F, an welches eine mit der Steuerung der Dampfmaschine in
Verbindung stehende Steuerstange angeschlossen ist.
Dieses Führungsstück vertritt also die Stelle der bei den Handumsteuerungen auf die Steuerung einwirkenden Hand. Wenn nun
der Maschinenführer den zweiarmigen, bei Z drehbaren Hebel
[* 50] E (Steuerhebel) in der Pfeilrichtung, also
nach links, aus aus seiner Mittellage bringt, so wird zunächst der an dem untern Ende von E bei W drehbar angebrachte Hebel
V W in dem Punkte V, welcher durch die Stange S, den bei R drehbaren Hebel T und die Stange Q mit dem zur
Zeit noch ruhenden Stück F verbunden ist, festgehalten werden.
Der Hebel T dreht sich daher um diesen Punkt in umgekehrter Richtung wie Hebel E, und hierbei werden die StangenM und N, die am
Hebel V W bei U angreifen, so verschoben, daß sowohl die Dampfschieber mittels des Hebels X und der Schieberstangen
O und P als auch der Wasserhahn C aus ihrer Mittellage, bei welcher alle Kanäle von den Cylindern A und B verschlossen sind,
gebracht werden, und zwar in eine solche Stellung, daß am Dampfcylinder der Dampf auf der rechten Seite
eintreten und im Wassercylinder das Wasser von der linken nach der rechten Seite übertreten kann.
Infolge davon wird der Dampfkolben und mit ihm das StückF in der Richtung von rechts nach links bewegt. Hierbei wird jedoch
die Stange Q, der Hebel T und die Stange S mitgenommen und dadurch der Hebel V W um den Punkt W, welcher jetzt,
da der Hebel E inzwischen in der gewünschten Stellung festgestellt ist, als der feste Drehpunkt des Hebels V W anzusehen ist,
in derselben Richtung wie vorher der Hebel E, also seiner eignen frühern Bewegung entgegen, gedreht. Auch der Punkt U
erhält hierbei eine seiner ersten Bewegung entgegengesetzte Bewegung, und damit werden auch mittels der StangenM und N die
Dampfschieber und der Wasserhahn ihrer mittlern Stellung (Schlußstellung) wieder näher gebracht, bis der Punkt U an derjenigen
Stelle angelangt
ist,
von welcher er ausging; dann ist die mittlere Stellung der Schieber und des Hahnes wieder erreicht und jeder
Dampfzufluß zu Cylinder A sowie jeder Wasserübertritt im Cylinder B ausgeschlossen. Das StückF und mit ihm die Steuerung der
Maschine ist also durch den Dampf im CylinderA in eine dem Ausschlag des Hebels E wie oben nach Richtung und Größe entsprechende
Stellung gebracht und von dem Wasser im Cylinders genau in dieser Stellung festgehalten. Wird der Hebel E nach links gedreht,
so wird auch das Stück F nach links bewegt; wird der HebelE noch weiter nach links umgelegt, so geht auch das Stück F weiter
nach links; erhält E einen Ausschlag nach rechts, so stellt sich auch F rechts ein, und wird endlich
E in die Mittellage zurückgebracht, so folgt auch F in die Mittellage nach, bei welcher die Steuerung so steht, daß die Dampfmaschine angehalten
wird.
Eine neue rotierende Dampfmaschine ist von Gwinner, in FirmaGwinner u. Schraivogel in Rottenburg am Neckar, angegeben.
Bei dieser wirkt der Dampf in einem ringförmigen Raum auf einen mit dem Cylinder fest verbundenen Kolben und führt dadurch
die Drehung des auf der Antriebswelle aufgekeilten Cylinders, also auch der Antriebswelle selbst, herbei.
[* 49]
^[Abb. 2-6. Rotierende Dampfmaschine von Gwinner.]
Die Maschine (Fig. 2-6) besteht aus dem cylindrischen Gehäuse A mit dem Dampfeinströmungsstutzen B, dem Deckel C, welcher
mit einer dampfdichten Lagerung D für die rotierende Welle E versehen ist, und der in der Mitte befindlichen Scheibe E, welche
Schlitz und Führung für den Dampfschieber N und eine zentrale Lagerung für die Welle E besitzt. Die Scheibe
A ist mit dem cylindrischen Gehäuse G dampfdicht an das Gehäuse A angeschraubt (die an der Drehbewegung teilnehmenden Teile
sind im Querschnitt schwarz dargestellt), das Gehäuse G besitzt eine dritte Lagerung für die Welle E und eine Dampfausströmungsöffnung
H. Der auf der Welle E aufgekeilte Dampfcylinder K liegt mit seinem ringförmigen Raum L dampfdicht auf
der Scheibe F auf.