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im dritten »senior soph«) den Grad eines Bachelor (of Arts, of Law etc.) mit oder ohne honours, je nachdem er ein tripos examen oder nur die zwei Prüfungen für den ordinary degree (general examination, special examination) gemacht hat. Nach weitern drei Jahren, während deren er jedoch nicht in Cambridge zu wohnen braucht, wird er dann ohne weitere Prüfung, nur nach Entrichtung einer gewissen Summe an die Universität, zum Master (of Arts etc.) befördert und kann als solcher unter gewissen Bedingungen Mitglied des Senats und sogar der Electoral Roll werden.
Der Doktorgrad wird auf Antrag seitens des Doktoranden diesem von der Universität auf Grund hervorragender wissenschaftlicher Werke und nach Einholung eines Gutachtens des betreffenden Special Board ohne weitere Prüfung, nur gegen Entrichtung vorgeschriebener Gebühren, verliehen. Die deutschen Doktorprüfungen mit Dissertation, Rigorosum und Disputation sind in Cambridge unbekannt; die Doktoren haben in Cambridge eine bevorzugte Stellung und sind ohne Ausnahme erheblich älter als die meisten deutschen Gelehrten, wenn sie den Grad erringen. Ein in Cambridge erworbener Universitätsgrad wird nach Erfüllung einer kleinen Förmlichkeit auch von Oxford [* 2] anerkannt und umgekehrt. Außerdem verleiht die Universität alljährlich eine gewisse Anzahl von Graden »honoris causa«. Dissertationen werden nur an einigen wenigen Colleges von den Bewerbern um Fellowships gefordert, aber fast nie durch den Druck bekannt gemacht.
In der verschiedensten Weise hat sich die Universität nicht nur um die Erziehung der ihr aus dem ganzen britischen Weltreiche zuströmenden jungen Leute, sondern auch um die Nationalerziehung verdient gemacht. Es gibt in England keinen Unterrichtsminister und für die höhern Schulen keinen einheitlichen Lehrplan. Seit 33 Jahren (1858) hat nun die Universität eine Reihe verschieden schwerer, nach wohldurchdachtem Plan entworfener sogen. Local Examinations eingerichtet und in großartiger Ausdehnung [* 3] durchgeführt und damit einer bedeutenden Anzahl von Schulen durch die von der Universität gestellten wissenschaftlichen Anforderungen die Lehrziele für die verschiedenen Altersstufen bezeichnet. Viele vorzügliche Schulbücher sind von tüchtigen Cambridger Gelehrten zur Vorbereitung auf diese Prüfungen verfaßt. Viele Tausende von Schülern und Schülerinnen unterziehen sich alljährlich denselben, und z die Leistungen der Schulen haben sich infolge dieser Prüfungen wesentlich gebessert. Daß mit diesem System anderseits mancherlei Nachteile unvermeidlich verbunden sind, läßt sich natürlich nicht leugnen.
Man unterscheidet: Junior Local (für Kandidaten unter 16 Jahren), Senior Local (unter 18 Jahren), Higher Local Examinations (über 18 Jahre), auch ist neuerdings eine Prüfung zur Erlangung von Commercial Certificates eingerichtet worden, diese letztere freilich bisher ohne sonderlichen Erfolg. Im Dezember 1891 wurden allein in den Senior und Junior Examinations (den beiden größten) 9990 Kandidaten geprüft. Von diesen waren Seniors 2030, Juniors 7960; Knaben 5962, Mädchen 4028. Ferner werden auf Wunsch ganze Schulen von aus inspiziert und über die Anstalt dann ausführlich berichtet. Im J. 1890 wurden 105 Schulen auf diese Weise examiniert.
Eine Anzahl andrer, meist größerer Schulen, welche eine beträchtliche Anzahl von Knaben für die Universität vorbereiten, werden (seit 1873) von Cambridge in Gemeinschaft mit Oxford geprüft (Oxford and Cambridge School Examination Board). Diese wichtigen Prüfungen wurden später (1876) auch auf die höchsten Mädchenschulen ausgedehnt. Seit 1879 werden auch zur Vorbildung künftiger Lehrer regelmäßige (bisher schwach besuchte) pädagogische Kurse und im Anschluß an diese Prüfungen abgehalten und Zeugnisse verliehen, welche von Wert sind, da es für das höhere Lehrfach keine Staatsprüfungen (und -Stellen) gibt.
Die höhere und höchste Frauen- und Mädchenbildung wird seit vielen Jahren (1868) in Cambridge eifrig gefördert. Nicht nur werden Mädchen zu allen Local Examinations zugelassen, sondern die Studentinnen von Girton College und Newnham College dürfen auch die Universitätsvorlesungen besuchen und sich (ausschließlich) den höchsten Prüfungen unterziehen. Das Benehmen sowie die Erfolge der jungen Studentinnen sind äußerst lobenswert gewesen. Endlich war Cambridge die erste englische Universität, welche (seit 1867, und besonders seit 1873) höhere Bildung den Angehörigen der mittlern und untern Klassen, welche die Universität nicht besuchen können, gleichsam vors Haus trägt.
Seit 18 Jahren entsendet Cambridge eine Anzahl junger, redegewandter Graduates in größern und kleinern Städten über gewisse Gegenstände eine Reihe zusammenhängender wissenschaftlicher Abendvorträge zu halten, an die sich unmittelbar darauf eingehende Diskussionen und Beantwortung der seitens der Zuhörer gestellten Fragen knüpfen. Die bessern Schüler, oft gereifte Männer aus allen Klassen, Bürger und Arbeiter (es gibt auch besondere Arbeiterklassen), beantworten schriftlich eine Reihe von Fragen, welche vom Lehrer gestellt und deren Beantwortung mit Erläuterungen versehen zurückgegeben werden. In dieser Weise wird der Gegenstand gründlich durchgearbeitet und die gemachten Fortschritte und gewonnenen Kenntnisse schließlich durch ein Prüfung festgestellt, auf Grund deren von der Universität Zeugnisse verliehen werden.
Die Bewegung ist in kürzester Frist außerordentlich angewachsen und erfreut sich überall der größten Beliebtheit und Anerkennung. Im J. 1885/86 besuchten ca. 8000 Zuhörer die an 50 verschiedenen Centres gehaltenen Vorlesungen. Andre wichtige Hochschulen Englands sind dem Beispiel von Cambridge gefolgt (London [* 4] 1876, Oxford 1885) und das University Extension Movement ist ein gerechter Stolz der Cambridger Schule. Mitten im geistigen Leben der Nation stehend, es leitend und ihm neue Bahnen weisend, ist Cambridge mit einer Reihe wichtiger Reformen im Geiste der Neuzeit der Schwesteruniversität vorangegangen und eifrig damit beschäftigt, während es, die lebensfähigen sorglich schont, die veralteten Überbleibsel mittelalterlicher Einrichtungen zum Besten der frisch aufblühenden modernen Studien zu beseitigen.
Litteratur.
»Statutes of the University of and for the Colleges therein, made, published and approved (1878-82) under the Universitites of Oxford and Cambridge Act, 1877« (Cambr., Pitt Press, grundlegend für die Verfassung);
»Ordinances of the University of Cambridge«, (Pitt Press, Sonderbestimmungen durch Senatsbeschluß);
»Compendium of University Regulations for the use of persons in statu pupillari« (Cambr. 1889);
»Cambridge University Reporter« (das offizielle Universitätsblatt, erscheint im term mindestens einmal wöchentlich);
»Cambridge University Calendar« (erscheint seit fast 100 Jahren jährlich im Oktober in Cambridge; nicht offiziell, aber sehr zuverlässig und umfassend, ¶
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besonders brauchbar für jedes eingehende Studium der jetzigen Verhältnisse);
»The student's guide to the university of Cambridge« (das. 1891 u. 1892, zuverlässig, von den besten Fachleuten als Anleitung für die verschiedenen Studienzweige verfaßt);
Humphry's »Guide to Cambridge.« (5. Aufl. 1890, kurz und sehr lehrreich);
Jerrolds' »Guide to Cambridge« (Lond. 1891, brauchbar);
Dickens' »Dictionary of the University of Cambridge« (das. 1886; nützlich, doch schon etwas veraltet);
H. Bradshaw's »Memoranda«, Nr. 7 (Cambridge 1882. Über die Bibliotheken in Cambridge).
Willis und Clark, The architectural history of the University of and of the Colleges of and Eton (monumentales, treffliches Werk. Pitt Press, 1889, 4 Bde.);
J. W. Clark, Cambridge, grief historical and desciptive notes (illustriert, Lond. 1890, vorzüglich);
J. Baß Mullinger, History of the University of Cambridge (das. 1888, trefflich, konzis, bis auf die neueste Zeit);
Derselbe, The University of Cambridge from the earliest times to the Royal Injunctions of 1535 (Pitt Press 1873, sehr eingehend bis zum Beginn der Neuzeit für Cambridge), und The University of Cambridge from the earliest times to the Royal Injunctions of 1535 to the ccession of Charles I. (Fortsetzung des vorigen, Pitt Press, 1884);
R. D. Roberts, Eighteen years of University Extension (Pitt Press, 1891, erschöpfend, zuverlässig);
R. Breul, Das wissenschaftliche Studium der neuern Sprachen in Cambridge. (»Englische [* 6] Studien XII.«, 244 ff. [1888]; XIII, 163 ff.);
Derselbe, Die Frauencolleges an der Universität Cambridge (»Preußische Jahrbücher«, 1891, 30 ff.),
beide mit reicher Litteratur und eingehender Schilderung des Studienbetriebes.
Bilder aus dem Studentenleben geben: Whibley, In cap and gown (Lond. 1889); »Harry Fludyr at Cambridge« (anonym erschienen, das. 1891, von R. Cambridge Lehmann); R. Cambridge Lehmann, In C. courts. Studies of university life in prose and verse (das. 1891; beide äußerst lebenswahr hinsichtlich der poll men); Martin Legrand (W. Besant), The Cambridge freshman (das.
1878), Cambridge trifles (das. 1881), A C. staircase (das. 1883). Über das Leben, die Einrichtungen und Studien des ältern Cambridge geben unter andern folgende Bücher Aufschluß: Cambridge H. Cooper, Annals of Cambridge (Cambr. 1842-52, 4 Bde.; reicht bis 1849; sehr genau und eingehend, aktenmäßig von Jahr zu Jahr);
Th. Fuller, History of the University of Cambridge from the conquest to the year 1634 (Cambr. u. Lond. 1840);
H. Gunning, Reminiscences of the university, town and country of Cambridge from the year 1789 (Lond. 1854, 2 Bde., viele interessante Aktenstücke, Briefe und Anekdoten);
G. Dyer, History of the university of Cambridge (das. 1814, 2 Bde., mit Illustrationen, oft wenig klar und übersichtlich, doch interessante Einzelheiten);
Le [* 7] Keux, Memorials of Cambridge (das. 1847, 2 Bde., eine neue verbesserte Auflage von Cooper; die zahlreichen Kupferstiche der alten, jetzt zum Teil verschwundenen Universitäts- und Collegebauten sind trefflich und sehr wertvoll);
»The English Universities (from the German of V. H. Huber; an abriged translation by F. W. Newman« (das. 1843, 3 Bde., mit charakteristischen, im Original fehlenden Illustrationen);
Ch. Wordsworth, Scholae Academicae.
Some account of the studies at the English Universities in the eighteenth century (Pitt Press, 1877, sehr wertvoll);
Derselbe, Social life at the English Universities in the eighteenth century (Lond. 1874);
Sir Symonds D'Ewes, College life in the time of James I. (aus einem alten Tagebuch, das. 1851);
J. Baß
Mullingers Artikel »Universites« in der neuesten Auflage der »Encyclopaedia Britannica« (vergleichender, sehr wertvoller Überblick). College-Annalen können hier nicht aufgezählt werden.