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Studenten heißen offiziell undergraduates, des
Court of Discipline (für persons in statu pupillari, d. h.
Studenten und Baccalaurei),
der (2)
Proctors und (4)
Pro-Proctors. Die
Finanzen der
Universität verwaltet der Financial
Board, dessen Bewilligung für alle
geplanten
Ausgaben zuerst eingeholt werden muß. Die Rechnungen der
Universität werden alljährlich von drei Mitgliedern
des
Senats
(Auditors of the Chest) geprüft.
Fakultäten im
Sinne der deutschen
Universitäten hat
man in Cambridge
nicht, vielmehr werden
die einzelnen Studienzweige durch Sonderausschüsse unter dem Vorsitz des oder eines Fachprofessors vertreten.
Man nennt diese Ausschüsse die Special Boards of Studies; z. B. würde »the Special Board for Law« zwar im allgemeinen der deutschen juristischen Fakultät entsprechen, aber nicht völlig, da fast nie alle Dozenten eines Faches im Special Board Sitz und Stimme haben. Augenblicklich besitzt die Universität die folgenden 12 Special Boards: Divinity, Law, Medicine und (an Stelle der deutschen philosophischen Fakultät) Classics, Oriental Studies, Medieval and Modern Languages, History and Archaeology, Moral Science (d. h. Philosophie und Volkswirtschaftslehre), Music, Mathematics, Physics and Chemistry, Biology and Geology.
Jeder Special Board entsendet einen Vertreter in die oberste Studienbehörde, den General Board of Studies. Reformvorschläge werden erst im Schoße der Special Boards erwogen und ausgearbeitet, dann dem General Board zur Begutachtung vorgelegt und von diesem dem Senat zur Annahme empfohlen, welcher meist eine längere öffentliche Diskussion vorhergeht. Die Anstellung der meisten Universitätsdozenten erfolgt mit Bewilligung des Senats durch den General Board of Studies.
Die Sitzungen der Ausschüsse finden je nach Bedürfnis häufiger oder seltener in den terms (s. unten) statt; es ist die Aufgabe der Special Boards, die Gegenstände für die verschiedenen Fachprüfungen alljährlich festzusetzen, das Vorlesungsverzeichnis ihres Faches aufzustellen und die Examinatoren zu wählen, über Gesuche behufs Zulassung zur Doktorwürde zu entscheiden u. dgl. Zum Referat über Einzelfragen erwählt der Special Board meist aus seiner Mitte besondere Kommissionen.
Zur Wahrnehmung sämtlicher andrer Interessen der Universität oder zur Entscheidung oder Vorberatung wichtiger augenblicklicher Fragen fungieren ferner noch eine ganze Reihe von Sonderausschüssen (Syndicates). So gibt es das Press Syndicate, Library Syndicate, Fire Prevention Syndicate, Museums and Lecture Rooms Syndicate u. a. Auch sind viele der angesehensten Graduates Governors of Schools und üben als solche auf die Leitung vieler großer Schulen einen bedeutenden Einfluß aus.
Das
Einkommen der
Universität, welche, wie gesagt, keinerlei Staatszuschüsse erhält, ist verhältnismäßig gering, da besonders
das ihr gehörige Land augenblicklich im
Werte sehr gesunken ist. Die
Universität Cambridge
als solche ist arm
(Oxford
[* 2] ist weit reicher),
und vieles Wünschenswerte wird verschoben aus Mangel an genügenden
Mitteln.
Manche
Colleges sind allerdings
sehr reich, aber man darf aus deren Privatvermögen keine
Schlüsse auf die Finanzlage der
Universität im großen und ganzen
ziehen.
Das
Vermögen der
Universität war z. B. im J. 1890: 45,899 Pfd. Sterl.,
während das größte
College
(Trinity) allein 103,863, das zweitgrößte (St.
John's) 50,161 Pfd. Sterl.
besaß. Das der
Universität Cambridge
etwa um 1575 verliehene
Wappen
[* 3] ist ein durch ein großes
Kreuz
[* 4] in vier
Felder geteilter
Schild,
[* 5] auf deren jedem ein
Löwe mit erhobener rechter
Pranke steht. Inmitten des
Kreuzes befindet sich ein rotes
Buch mit Goldverschluß
und
-Ecken. Die
Universität wird hierdurch als ein von der
Krone beschützter Sitz der
Wissenschaft bezeichnet.
Die Colleges, 17 an der Zahl, von denen die schönsten und größten (King's, Trinity, St. John's) nebeneinander in den Backs am Cam liegen, sind teilweise sehr alt. Das älteste, St. Peter's College (meist Peterhouse genannt), stammt aus dem 13. Jahrh. (1257, erste Charter 1284). Die Colleges sind unabhängige Korporationen, deren jede von ihren eignen Gesetzen regiert wird. Sie sind historisch im Laufe des Mittelalters aus den verschiedensten Anlässen hervorgegangen und wahren, obwohl sie sich allmählich einander mehr angenähert haben, doch zum Teil noch bis auf den heutigen Tag ihre bestimmte Individualität.
Sie sind jünger als die
Universität, deren
Organisation von ihnen völlig unabhängig ist. Das ganze Collegesystem wurde
im 13. Jahrh. in
Oxford von
Walter de Merton gegründet und war ursprünglich gegen Mönchtum und
Papst gerichtet. Es bezweckte
die Heranbildung einer von der Klosterbildung unabhängigen liberalen
Geistlichkeit, und
Bildung der
Geistlichkeit
bedeutete damals
Bildung der
Nation.
Hugh de Balsham,
Bischof von
Ely, stiftete nach W. de Mertons Vorbild das erste
College (Peterhouse)
in Cambridge.
Vorher, als die
Universität aus einer freien Vereinigung von
Lehrern und
Studenten bestand, lebten die letztern, wo es
eben ging, meist in
Häusern der Stadt, manchmal mehrere zusammen unter der
Aufsicht eines
Lehrers.
Solche Häuser hießen Inns, Hostels, gewöhnlich Halls (lat. aulae) und wurden später von der Universität anerkannte wichtige Sammelplätze für Studenten. Die Hostels waren also ursprünglich Privatanstalten und ohne Stiftungsvermögen. Später gingen mehrere in den Colleges auf, welche alle Stiftungen mit durch mannigfache Schenkungen oft zu bedeutender Höhe angewachsenem Vermögen zur Erhaltung von Scholars sind. Bis zur Mitte des 15. Jahrh. kamen zu Peterhouse noch fünf der noch jetzt bestehenden Colleges hinzu, einige andre sind jetzt eingegangen oder doch mit jetzt bestehenden verschmolzen.
Alle führen jetzt offiziell die Bezeichnung »College« außer Trinity Hall [* 6] (zum Unterschied von Trinity College). Die 17 Colleges sind dem Alter nach: St. Peter's College (Peterhouse), Clare, Pembroke, Gonville and Caius, Trinity Hall, Corpus Christi, King's, Queens', St. Catherine's, Jesus, Christ's, St. John's, Trinity, Emmanuel, Sidney Sussex, Downing. Zu diesen kommen zwei sehr junge Hostels: Selwyn College (weniger bemittelte Studenten, streng religiöse Richtung) sowie das Private Hostel: Ayerst Hall. Das jährliche Einkommen der Colleges wird regelmäßig im »University Reporter« veröffentlicht.
Bei der augenblicklichen großen Entwertung des Landes sind die Einnahmen vieler Colleges sehr erheblich heruntergegangen und damit der Wert der von ihnen verliehenen Fellowships ebenfalls. Die äußere Anlage der Colleges ist ziemlich die gleiche: das College besteht aus einem oder mehreren Höfen, in deren Mitte sich ein wohlgepflegter Rasenplatz befindet. Die Höfe sind von drei, meist von allen vier Seiten zugebaut und somit völlig vom Getriebe [* 7] des Tages abgeschlossen. Jedes College enthält einen geräumigen Speisesaal (hall) für sämtliche Mitglieder des College; einen ¶
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Raum, oft ein besonderes Gebäude, für den Gottesdienst (chapel) sowie eine Bibliothek. Einige Collsgebibliotheken, besonders die von Trinity College, sind sehr reichhaltig und äußerst sehenswert; höchst interessant ist auch die Pepysan Library im Magdalene College. Ein Beispiel einer sehr alten Bibliothek, in welcher besonders wertvolle Bücher und Handschriften an die Pulte angekettet waren, ist die von Trinity Hall. Für den Master gibt es meist ein besonderes Haus (the master's lodge), alleinstehend oder eingebaut.
Jedes College hat eine Anzahl von Hörsälen, ein Lesezimmer, ein Zimmer, in dem sich die Fellows vor und nach den Mahlzeiten versammeln (combination room), und endlich eine große Anzahl von Wohnungen für die Mitglieder des College (mindestens Stube und Schlafzimmer), doch finden längst nicht alle Studenten in den Colleges Raum, sondern etwa die Hälfte muß, obschon sie im College hall und chapel besuchen, doch in lodgings wohnen. Von den 3469 Studenten des Jahres 1890 wohnten 1827 im College, 1609 außerhalb des College und 133 gehörten keinem College überhaupt an (non collegiate students).
Von allen Colleges hat Trinity die bei weitem größte Studentenzahl: 671. Es folgen St. John's mit 328 und Caius mit 246. An der Spitze eines College steht der auf Lebenszeit gewählte Master. Ferner setzt sich die College-Gesellschaft zusammen aus den Fellows (senior und junior fellows), deren Anzahl durch die Collegestatuten festgesetzt ist, den Scholars (bessern Studenten, welche auf Grund von Prüfungen Stipendien von 40-80 Pfd. Sterl. genießen) und den Pensioners (die Mehrzahl der gewöhnlichen Studenten).
Einzelne Colleges haben daneben noch Fellow Commoners (meist ältere Studenten, welche das Vorrecht haben, mit an der erhöhten Tafel der Fellows zu speisen) und Sizars (tüchtige, arme, vom College besonders unterstützte Studenten). Der Master, die Fellows und die Scholars sind on the foundation of the College, d. h. sie beziehen regelmäßige Einkünfte vom College. Die Pensioners, Fellow Commoners und Sizars sind zahlende Mitglieder, deren Beiträge verschieden hoch bemessen sind. Zu diesen allen kommen noch in jedem College eine Reihe älterer Doktoren oder Graduates, welche, ohne Fellows zu sein, sich dem College angeschlossen haben oder früher dem College als Studenten angehörten.
Diese sind einfach members of the College, dem sie alljährlich einen kleinen Beitrag zahlen. Die Fellows sind der gesetzgebende, verwaltende und lehrende Körper des College. Sie erwählen aus ihrer Mitte den Master (eventuell auch den Vice-master), Bursar, Steward, Librarian, die Deans, Chaplains, Tutors und Lecturers. Die Fellows werden aus den besten Scholars, meist des eignen College, zunächst auf etwa 7 Jahre gewählt und beziehen jährlich meist zwischen 100 und 250 Pfd. Sterl. Gehalt.
Dieses ist gewöhnlich keine feste Summe, sondern ein Prozentsatz des College-Einkommens und daher starken Schwankungen unterworfen.
Falls die Fellows sich wissenschaftlich besonders auszeichnen oder dem College in diesen 7 Jahren in irgend einer Stellung sich
sehr nützlich machen, können sie nach Ablauf
[* 9] der 7 Jahre wieder gewählt und dauernd an das College gefesselt
werden. Sie dürfen lange Zeit auf Reisen von Cambridge
entfernt, neuerdings auch verheiratet sein. Ihre Anzahl beträgt gegenwärtig
zwischen 350 und 400. Das Leben im College ist ein fröhliches, anregendes und ungezwungenes, obschon natürlich die Studenten
sich einer bestimmten Disziplin unterwerfen
müssen, die besonders von den Tutors aufrecht erhalten wird;
außerhalb der Collegemauern stehen sie unter den Gesetzen der Universität und der Disziplinargewalt der Proctors.
Zur Universität stehen die Colleges etwa in demselben Verhältnis wie die Bundesstaaten zum Deutschen Reich. Sie werden pekuniär zur Unterstützung der Universität herangezogen (ihr Beitrag für 1891/92 ist auf 17,414 Pfd. Sterl. bemessen) und liefern fast ausschließlich die Lehrer und Verwaltungsbeamten für dieselbe. Für Lehrzwecke pflegen sich auch häufig mehrere Colleges zusammenzuthun und einen besonders tüchtigen Fellow als Lehrer seines Faches für die Studenten der Kartellcolleges aufzustellen. Solche Vorlesungen, durch welche viel Zeit und Energie gespart und dem Gegenstande die bestmögliche Vertretung gesichert wird, heißen Intercollegiate Lectures. Ihrer gibt es jetzt eine große Anzahl neben den eigentlichen Universitätsvorlesungen.
Früher mußte jeder Student irgend einem College angehören. Diese Bestimmung ist seit 1869 fortgefallen, doch waren von den 3469 Studenten des Jahres 1890 nur 133 non collegiate students (unter der Aufsicht eines Censor). Die Zahl der in den beiden großen Frauencolleges hier studierenden jungen Mädchen beläuft sich auf etwa 250. Die Anzahl der Studenten ist in den letzten 30 Jahren beständig gewachsen. Im J. 1862/63 betrug z. B. die Zahl der Undergraduates nur 1526. Die Zulassung der Frauen zu den höchsten Prüfungen datiert erst seit 1881.
Den Studenten wie den Graduates eigentümlich ist die mittelalterliche akademische Tracht, cap and gown, in denen sie bei allen Vorlesungen und ähnlichen offiziellen Anlässen zu erscheinen verpflichtet sind. Die Tracht ist eine Modernisierung des mittelalterlichen Baretts und Talars, die Form des cap ist einer Ulanen-Tschapka sehr ähnlich und wurde 1769 eingeführt anstatt des alten runden Baretts. Der über dem Rocke getragene schwarze, bez. blaue gown der Studenten ist kurz, der der Graduates lang herabwallend, nach Rang, Fakultät und College verschieden.
Die gowns der Doktoren sind scharlachrot. Über dem gown tragen die Graduates bei besondern Anlässen noch die schwarzseidene, mit weißer Seide [* 10] gefütterte hood (auch die Bachelors haben eine eigentümliche hood aus weißen Kaninchenfellen), und beim Gottesdienst trägt Graduate wie Undergraduate die langen, den Körper völlig bedeckenden weißleinenen surplices mit langen Ärmeln. Sonntags, und stets nach Einbruch der Dunkelheit, müssen Studenten den gown tragen.
Nachmittags zwischen 2 und 6 Uhr [* 11] erscheinen die Studenten alle in den verschiedensten bunten Spielanzügen in den Farben ihres College oder ihres Klubs. Die Anzüge bestehen meist aus buntem Flanell. Das Alter der Studenten ist durchschnittlich etwas niedriger als das ihrer deutschen Kommilitonen. Ihre Vorbildung ist sehr ungleichmäßig und fast durchweg weit geringer als die der deutschen Abiturienten, ihre Fähigkeit, wissenschaftlich zu denken und zu arbeiten, viel weniger entwickelt. Da es in England keine Maturitätsexamina gibt, müssen die Studenten sämtlich eine Universitäts-Aufnahmeprüfung bestehen (the previous examination genannt); daneben hat jedes College noch eine besondere Aufnahmeprüfung. Diese ausschließlich schriftlichen Examina sind jedoch alle sehr leicht.
Die Gesamtheit der Studenten zerfällt in zwei große, etwa gleich zahlreiche Klassen:
1) die sogen. Poll ¶