Die
Anlage großer Büchersammlungen wurde durch die
Erfindung der
Buchdruckerkunst wesentlich erleichtert, und darum ist auch
das Bücherzeichen, das die einzelnen
Bücher als
Bestandteile eines Ganzen kennzeichnen soll, erst in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrh. mehr und mehr aufgenommen worden. Vereinzelte
Beispiele von Bücherzeichen kommen jedoch schon um die Mitte des 14. Jahrh.
vor. Seine höchste
Blüte
[* 8] erlebte das Bücherzeichen im 16., 17. und 18. Jahrh. durch
Maler und Kupferstecher, wie
Dürer,
HansHolbein,
[* 9] LucasCranach, Virgil
Solis,
JostAmman, J. E.
Riedinger ^[richtig:
Ridinger], D.
Chodowiecki, die dem ein künstlerisches
Gepräge gaben.
Die Mitwirkung dieser und andrer
Künstler hat in neuerer Zeit die
Aufmerksamkeit der
Kunst- und Kuriositätensammler auf die
Bücherzeichen gelenkt, und nach dem Vorgange von
Frankreich,
England und
Amerika
[* 10] haben sich auch in
Deutschland
[* 11] Bücherzeichensammler
und
-Freunde gefunden, die 1891 für ihre
Interessen in
Berlin
[* 12] einen
ExLibris-Verein begründet haben, der auch ein eignes
Organ
unter dem
Titel
»Ex libris« herausgibt. Nach der in dieser
Zeitschrift aufgestellten
Definition gibt es zwei
Arten von Bücherzeichen, Eignerzeichen
für diejenigen Bücherzeichen, die der
Besitzer einesBuches darin einkleben läßt, um sein Eigentumsrecht zu bezeugen,
und Geberzeichen für diejenigen Bücherzeichen, die entweder der
Schenker eines
Buches selbst einkleben läßt, oder die von dem Beschenkten
zur
Erinnerung an den
Geber eingeklebt werden.
Vgl. Warnecke, »Die deutschen Bücherzeichen von ihrem Ursprung bis zur
Gegenwart« (Berl. 1890).
[* 13] Die ethnographischen Veränderungen in Bulgarien bestehen hauptsächlich in der
langsamen, aber ununterbrochen fortdauernden
Auswanderung der osmanischen
Türken und in der stetigen Ausbreitung der
Bulgaren
über das ganze Land, namentlich der Niederlassung von Gebirgsbewohnern in den bisher zu schwach bewohnten
Ebenen. Hierüber
belehrt uns C.
Jireček in der »Österreichisch-ungarischen
Revue«. Während dieGebirge im großen und
ganzen ihre bulgarische
Bevölkerung
[* 14] seit dem
Mittelalter nicht gewechselt haben, ließen sich die erobernden
Türken in den
verödeten großen
Ebenen an der
Donau und der
Maritza nieder und drangen längs der
Küste des
SchwarzenMeeres bis zu den Donaumündungen
vor.
In den ersten 7
Kreisen (nördlich des
Balkan) zählten die
Türken 1881: 482,349 (47,39 Proz.), 1888 nur
443,436 (41,5 Proz.), also ein Rückgang um 38,913
Seelen. Im W.
Bulgariens, wo die
Türken meist auf die
Städte beschränkt
waren, sind sie am häufigsten in den
Bezirken Widin (7,9 Proz.) und
Lom (4,6 Proz.). Umgekehrt wanderten,
als die
Russen die im türkischen
Besitz verbleibenden Gebiete räumten, dort ansässige
Bulgaren nach
Ostrumelien und in die
verödeten
Türken- und Tscherkessendörfer bei
Warna.
Viele davon kehrten freilich wieder zurück, ebenso wie die aus
Makedonien eingewanderten. Etwa 1000 schon halb türkisierte
Bulgaren kamen aus der Gegend vonBrussa, andre aus dem
Banat, Südrußland, der
Dobrudscha und den
StädtenRumäniens. Daneben finden unausgesetzt
Wanderungen innerhalb der
Grenzen
[* 16]
Bulgariens statt. Die Gebirgsbewohner von Teteven ziehen
in die
Ebene von Rachowo, die von Sewlijewo und
Gabrowo in die Gegend zwischen Trnowo und
Swischtow, die von Trjawna und
Elena
in den von den
Türken verlassenen
Kreis
[* 17]
Rasgrad, die von Kotel nach der
Dobrudscha. In letzter Zeit wandern
die Balkanbewohner auch nach S. Wie stark diese ganze
Bewegung ist, zeigt die
Thatsache, daß von den 338 christlichen Dörfern
des
Bistums von
Warna und
Schumen
(Schumna) 135 seit dem letzten
Kriege durch
Bulgaren neu kolonisiert worden
sind. Auf diese
Weise wird die sehr wechselnde Bevölkerungsdichtigkeit (während die gebirgigen
Kreise
[* 18] Sewlijewo 49,5 und
Trnowo 42 Einw. auf das Quadratkilometer zählen, haben die fruchtbaren
Ebenen der
KreiseWarna nur 24,7,
Tatar-Bazardschik 23,9
und
Burgas nur 18,7 Einw. auf das Quadratkilometer) allmählich
sich ausgleichen und derBoden mehr und mehr urbar gemacht werden.
Der
Ackerbau bildet den Haupterwerbszweig der
Bevölkerung, von der 70 Proz. demselben obliegen.
Fast 66 Proz.
der bearbeiteten Bodenfläche werden für den Anbau von
Getreide
[* 19] verwendet. Die
Ernte
[* 20] des
Jahres 1890 lieferte an
Getreide 4¾
Mill. Doppelztr. weniger als im Vorjahr, und zwar:
Weizen 8,1 Mill. (-1,2 Mill.),
Mais 2,2 Mill. (-2,6
Mill.),
Roggen 1,6 Mill. (-0,5. Mill.),
Gerste
[* 21] 2,2 Mill. Doppelztr.
Wein wurde auf 84,131
Hektar angebaut und lieferte einen
Ertrag von 2,4 Mill. Doppelztr., fast 1 Mill. weniger als
im Vorjahr. Die Viehzählung ergab im J. 1888 einen Bestand von 147,147
Pferden, 1,249,996
Stück Hornvieh,
7,164,072
Schafen, 1,302,979
Ziegen, 393,714
Schweinen und 61,994
Eseln. S. auch Getreideproduktion.
Die administrative EinteilungBulgariens hat seit dem Bestehen des Fürstentums dreimal gewechselt, indem die Zahl der Kreise
(Okrug) von 31 auf 21 und dann auf 14 herabgesetzt (diesen Zustand gibt der Artikel in Bd. 3 wieder),
zuletzt aber wieder auf 17 erhöht wurde. Dazu kommen die 6 Kreise des ehemaligen Ostrumelien. Augenblicklich gilt folgende
Einteilung:
Die Ruhe, deren sich Bulgarien trotz des drohenden russischen Zornes erfreute, dank der Zurückhaltung des FürstenFerdinand
und der klugen Mäßigung der Minister, wurde plötzlich durch einen Mord gestört: der MinisterpräsidentStambulow und der Finanzminister Beltschew wurden, als sie am Abend in Sofia aus einem Café durch den Stadtgarten sich nach
Hause begeben wollten, von vier Männern überfallen und Beltschew durch zwei Revolverschüsse getötet.
Das Attentat, ohne Zweifel von den verbannten Verschwörern angestiftet, galt nicht dem politisch harmlosen
Finanzminister, sondern dem jenen Verschwörern und Rußland besonders verhaßten Stambulow und verfehlte also sein eigentliches
Ziel. Die Mörder entkamen durch Serbien. Russische
[* 28] und französische Blätter hatten für den diplomatische Schwierigkeiten
für Bulgarien angekündigt, da an diesem Tage die fünfjährige Frist ablief, für welche die Pforte den
FürstenAlexander, in dessen RechteFürstFerdinand durch stillschweigende Übereinkunft eingetreten war, zum Generalgouverneur
von Ostrumelien ernannt hatte.
Indes es erfolgte nichts. Der Tag des Regierungsantritts des FürstenFerdinand, 15. Aug., wurde auch 1891 im ganzen
Lande festlich begangen. Der Fürst stiftete bei diesem Anlaß einen bulgarischen Orden
[* 29] für Zivilverdienste, dessen Großkreuz
er Stambulow verlieh, und äußerte bei einem Prunkessen in Rustschuk, er habe während seiner zweimonatlichen Reise nach Österreich
[* 30] die Überzeugung bei amtlichen Persönlichkeiten und in maßgebenden Kreisen gewonnen, daß die Anschauungen über Bulgarien sich
wesentlich zu dessen gunsten geändert hätten, und daß man seine Entwickelung mit Vertrauen betrachte; diese Erfolge seien
nicht nur eine Frucht der Klugheit, mit welcher Bulgarien seine Angelegenheiten führe, sondern auch des Umstandes, daß sich seine
Politik von allen abenteuerlichen Versuchen fernhalte.
In der That leistete die bulgarische Regierung allem Drängen auf Proklamation der Souveränität Bulgariens
erfolgreichen Widerstand. Ebenso wußte sie in einem Streite mit Frankreich ihr Recht und ihre Würde geschickt zu wahren. Sie
hatte einen französischen Zeitungskorrespondenten, Chadourne, der durch Bericht erfundener Thatsachen in der englischen und
französischen Presse
[* 31] zu verdächtigen suchte, nach wiederholter Verwarnung endlich im November 1891 ausgewiesen
und über die Grenze bringen lassen, nachdem sie den französischen Konsul Lanel mündlich, allerdings nicht schriftlich, davon
verständigt hatte.
Die französische Regierung forderte anfangs Zurücknahme derAusweisung und Wiederzulassung Chadournes, brach, als diese abgelehnt
wurde, die Beziehungen zu ab und wandte sich an die Pforte. Bulgarien berief sich indes auf das von allen Mächten
anerkannte Recht derAusweisung von Ausländern, die von Rußland einmal sogar gefordert worden war, und gab nur zu, daß es
den Ausweisungsbefehl gegen Chadourne dem französischen Konsul schriftlich hätte mitteilen sollen, was künftig geschehen
werde. Die Pforte trat dieser Auffassung bei, und die französische Regierung gab um so lieber nach, als
Rußland, dem zuliebe sie so schroff gegen Bulgarien vorgegangen war, dieses Vorgehen gar nicht billigte. Die Sobranje
bewilligte im Dezember dem frühern FürstenAlexander, GrafenHartenau, einen Jahresgehalt von 50,000 Fr., worauf sie Ende Dezember 1891 geschlossen
wurde.
Vgl. Jirecek (ehemaliger Unterrichtsminister), Das Fürstentum Bulgarien (Wien und Leipz. 1891).