bewegt als der Schall. Die Wölkchen erwiesen sich als Wirbel erwärmter Luft. Versuche mit Kanonengegeschossen auf dem Kruppschen
Schießplatz in Meppen, ausgeführt mit einem für Versuche im Freien und in so großem Maßstab besonders ausgerüsteten Apparat,
führten zu ganz ähnlichen Ergebnissen.
José Manuel, Präsident von Chile seit 1886, geb. 1838 zu Santiago (vgl. Bd. 17), geriet 1891 über
seine Befugnisse in Streit mit dem Kongreß, infolgedessen ein Aufstand in Chile (s. d.) ausbrach.
Nach dem Siege der Kongreßtruppen
bei Valparaiso flüchtete sich Balmaceda, der wegen Zulassung grausamer Handlungen von den Siegern keine Schonung zu erwarten hatte,
nach Santiago in das Haus des argentinischen Gesandten und erschoß sich daselbst 19. Sept. 1891.
Gesellschaft. Die 13. öffentliche Versammlung der Balneologischen Gesellschaft tagte 5.-8. März 1891 in
Berlin. Der Vorsitzende Liebreich - Berlin hob in seiner Eröffnungsrede hervor, daß die Bestrebungen des Vereins zur Hebung
der hygienischen Verhältnisse in den Kurorten von erfreulichstem Erfolg gekrönt seien. Vielfach sind
vorhanden gewesene Mißstände abgestellt, und eine ganze Anzahl unsrer Kurorte besitzt jetzt anerkennenswerte hygienische
Einrichtungen.
Den ersten Tag der Verhandlungen füllten zum größten Teil die Vorträge über Tuberkulose. Schon am Abend vorher hatte Lenden
- Berlin in einer von der Hufelandschen Gesellschaft zur Begrüßung der Kongreßmitglieder abgehaltenen
Sitzung über die diagnostische Bedeutung des Tuberkulins gesprochen und sich dahin geäußert, daß das Mittel in Bezug auf
die Diagnose nur von untergeordneter Bedeutung sei, und unter Aufzählung der durch das Mittel drohenden Gefahren darauf aufmerksam
gemacht, daß der Arzt sich seiner Verantwortlichkeit in Bezug auf therapeutische Eingriffe gegenüber
den sich ihm anvertrauenden Patienten stets bewußt sein müsse, und daß von diesem Gesichtspunkt aus dem Tuberkulin, wenn es
auch in einzelnen Fällen gewiß Gutes zu leisten im stände sei, auch für die Therapie vorerst nur ein sehr zweifelhafter
Wert zukomme.
Viel ermutigender waren die Ausführungen von Guttmann - Berlin in seinem Vortrag über Anwendung des Kochschen
Heilverfahrens bei Lungentuberkulose. Erhält das Tuberkulin für ein ausgezeichnetes diagnostisches Mittel und glaubt, daß
in den Fällen, in welchen trotz unzweifelhaft bestehender Tuberkulose keine Reaktion eintrat, die angewandte Dosis zu klein
war, womit er aber nicht gesagt haben will, daß man bei der Behandlung sehr große Dosen anwenden solle.
Wenn gegen die diagnostische Bedeutung des Mittels eingewendet wird, daß in verhältnismäßig zahlreichen Fällen allgemeine
Reaktion auf dasselbe eintrat, ohne daß vor oder nach Anwendung desselben eine tuberkulöse Affektion nachzuweisen gewesen
wäre, so ist zu bemerken, daß man sehr oft in Lungen, Drüsen etc. kleine tuberkulöse Herde findet, die
bei Lebzeiten des Betreffenden gar keine Erscheinungen gemacht haben. In Bezug auf die behauptete Gefährlichkeit des Mittels
sucht Redner durch die Statistik aus dem Krankenhaus Moabit zu beweisen, daß dieselben Beobachtungen auch vor der Behandlung
mit Tuberkulin in gleich häufiger Weise gemacht wurden, sowohl was das Auftreten von Miliartuberkulose
als auch die Entstehung von Pneumothorax betrifft.
Die um tuberkulöse Stellen sich bildenden Entzündungen schwinden rasch von selbst. Kontinuierliches Fieber hört mit dem dadurch
bedingten Aussetzen des Mittels
gewöhnlich wieder auf, worauf mit ganz kleinen Dosen wieder begonnen werden muß, um auf etwa
entstandene frische Tuberkeln einzuwirken, was mit keinem andern Mittel geschehen kann. Als Beweis für
die Erfolge, welche mit dem Tuberkulin im Krankenhaus Moabit erzielt wurden, wird wieder die Statistik ins Feld geführt. Der
Prozentsatz der beobachteten unzweifelhaften und dauernden Besserungen, darunter mehrere völlig geheilte Fälle, betrug 54,
in frühern Jahren nur 29. Um alle Gefahren zu vermeiden, hat Guttmann eine neue Methode begonnen, wobei
die Anfangsdosis nur 0,0001 g beträgt.
Römpler-Görbersdorf sprach über den heutigen Stand der Phthisenprophylaxis. Redner steht dem kontagionistischen Standpunkt,
welcher bei der Schwindsucht alles Heil von der Vernichtung der Tuberkelbacillen erwartet, kühl gegenüber, weil es eben nicht
möglich sei, die Bacillen aus der Welt zu schaffen. Man müsse vielmehr dafür sorgen, daß sie keinen geeigneten Nährboden
im Körper finden. Eine Hebung der Widerstandsfähigkeit des erblich belasteten oder bereits erkrankten Organismus sei die wirksamste
Art der Schwindsuchtsbekämpfung.
Gute Ernährung und reichlicher Genuß frischer Luft seien die hauptsächlichsten Mittel, dies Ziel zu erreichen.
Wenn Cornet wolle, daß kein Schwindsüchtiger ins Taschentuch speie, während Schubert verlange, daß er nur ins Taschentuch
speie und dies verbrenne, so müsse man bedenken, daß diese Meinungsverschiedenheit für den größten Teil der Menschheit
schon darum nicht in Betracht komme, weil diese gar kein Taschentuch besitze. Aber selbst bei wohlhabenden
und intelligenten Leuten halte es schwer, die auf Vernichtung der Bacillen abzielenden Vorsichtsmaßregeln durchzuführen.
Vergleiche man hiermit den außerordentlichen Rückgang der Schwindsuchtssterblichkeit in den englischen Städten infolge der
dort getroffenen hygienischen Einrichtungen großen Stils, so könne es nicht zweifelhaft bleiben, daß die hygienische Prophylaxis
der einzige Weg sei, wirklich greifbare Erfolge zu erzielen. Die Wirksamkeit der Pilze sei eben eine andre
im gesunden als im kranken Organismus; manche Organe, z. B. Schleimhäute, verhalten sich, solange sie gesund sind, ganz unempfindlich
gegen Pilze, mit denen sie in regelmäßige oder gelegentliche Berührung kommen, während sie für deren Angriffe zugänglich
werden, sobald anämische Zustände eintreten.
Koch selbst hat ausgesprochen, daß es sich bei Vererbung der Schwindsucht nicht sowohl um Vererbung der Bacillen als um Vererbung
der Disposition handle. Redner gab lehrreiche statistische Belege für seine Ansicht, wies auch auf die schädlichen Folgen von
Überanstrengung hin, wie sie unter anderm beim Sport für junge Männer oft verhängnisvoll wird. Was
die Förderung der Schwindsucht durch Erkältung betrifft, so beginne sich auch hierüber neuerdings Licht zu verbreiten, da man
beobachtet habe, daß sich Spaltpilze im Blute lebender Kaninchen weit schneller vermehren, wenn man sie in den Kälteschrank
sperrt, als unter gewöhnlichen Temperaturverhältnissen. Erkältung bei gleichzeitiger Anstrengung und
kümmerlicher Lebensweise begünstigen ganz besonders die Entwickelung der Tuberkulose, während selbst die ärmlichste Ernährung
bei Ruhe (Beispiel sind die Lazzaroni) dies nicht thue. Die ländlichen Arbeiter verfallen dank der freien Luft und dem durch
ihre Thätigkeit lebhaft angeregten Blutkreislauf selten der Schwindsucht, um so häufiger die Landwirtschaftseleven,
mehr
die bei oft schmaler Kost und unzureichendem Schlaf, jeder Witterung trotzend, die Arbeiter beaufsichtigen müssen, ohne selbst
Hand anzulegen. Die früher verbreitete Meinung, es gebe eine durch die Höhenlage über dem Meeresspiegel bedingte schwindsuchtsfreie
Zone, sei längst der bessern Anschauung gewichen, daß die schwindsuchtsfreie Zone überall für jeden einzelnen mit
den Lebensverhältnissen beginne, welche ihm eine ausreichende Menge normalen Blutes und einen kräftigen Kreislauf desselben
sichern.
Weiter sprach Winternitz - Wien über die Bedeutung der Hydrotherapie für die Klinik. Vortragender beklagte lebhaft die Vernachlässigung,
welche die Wasserkur in den Kliniken erfahre. Während jedes neu auftauchende Arzneimittel methodisch auf seine Wirksamkeit
geprüft wird, werde die Wasserkur etwas von oben herab angesehen, während ihre geringe Wertschätzung nur darauf beruht,
daß man sie nicht mit derselben Gewissenhaftigkeit methodisch ausbilde. Man könne mit Wasser die verschiedensten Effekte hervorrufen.
So vermöge man z. B. auf den Blutkreislauf in nahezu beliebiger Weise einzuwirken (Gefäßerweiterung u. -Verengerung, Erhöhung
und Herabsetzung des Gefäßtonus, Verlangsamung und Beschleunigung der Herzaktion), auf die Nerven anregend, reizend, beruhigend
etc. Der junge Mediziner bekomme gar keinen Begriff davon, sowohl was die physiologische als auch was die praktisch therapeutische
Seite betrifft, und er sehe meist mit Geringschätzung auf die ganze Sache herab. So komme es, daß die
Kurpfuscher sich des Wasserheilverfahrens bemächtigen und damit oft wirklich gute Resultate erzielen, oft aber auch Schaden
anrichten, der durch einen Arzt stets vermieden werden kann.
Wie wenig die Hydrotherapie einer eigentlichen rationellen Behandlung gewürdigt werde, zeige die Antipyrese. Hier, bei der
entzündungswidrigen Wirkung des Wassers, wo dessen Erfolge ganz unbestritten seien, wisse man ebensowenig
von einer wahrhaft methodischen Verwertung der Wasserkur wie bei den sonstigen auf Steigerung oder Herabsetzung der Innervation,
auf Belebung der Zirkulation, auf Hebung der Ernährungsstörungen gerichteten Wirkungen derselben.
Vortragender hat sehr gute Resultate erzielt bei Neuralgien und Rheumatismen, weil durch den herbeigeführten stärkern Blutzufluß
eine bessere Ernährung und Ausscheidung angehäufter Krankheitserreger und Krankheitsprodukte, welche die sensibeln Nerven
reizen, erzielt wird. Er hat auch bei Lungenschwindsucht vortreffliche Erfolge erzielt. Die Hebung der Ernährung einerseits,
die Minderung der Erkältungsgefahr anderseits sind hier entscheidend. Selbst in vorgeschrittenen Fällen wurden nicht nur
Besserungen, sondern sogar Heilungen erreicht, und die Ungefährlichkeit der durch die hydriatische Methode
hervorgerufenen Allgemeinreaktion macht die Anwendung dieser Methode hier noch besonders empfehlenswert. — Groedel-Nauheim
beantragte, der Kongreß möge Schritte thun zur allgemeinen Einführung des hundertteiligen Thermometers bei Bezeichnung von
Badetemperaturen sowohl in der Praxis als auch in wissenschaftlichen Arbeiten. Der Vorsitzende wies darauf hin,
daß bereits von seiten andrer medizinischer Körperschaften Schritte in dieser Richtung vorbereitet seien, und die Versammlung
beschloß, den Vorstand zu beauftragen, sich diesen Bestrebungen anzuschließen. Bei der Diskussion empfahl man, für die
Übergangszeit eine Doppelskala zu
benutzen, wie sie bei den meisten Zimmerthermometern und auch in manchen Badeorten bereits
üblich sei.
In der zweiten Sitzung besprach Schott - Nauheim einen Fall von angeborner Rechtslage des Herzens und beleuchtete einige für
das Zustandekommen dieser Lageveränderung beachtenswerte Thatsachen. Er erläuterte seine Methode der Widerstandsgymnastik,
welche zur Klärung der Diagnose wesentlich beigetragen habe. — Goldschmidt-Reichenhall sprach über die Notwendigkeit einer
Gesetzgebung für Kurorte und Heilanstalten. Er zeigte, in wie verschiedener Beziehung die meisten Kurorte
weit davon entfernt wären, den Anforderungen der Gegenwart in Bezug auf Hygiene zu entsprechen, und stellte eine Reihe von
Punkten auf, welche zu erstreben seien.
Namentlich zur Verhütung von Infektionskrankheiten sind scharfe Gesetze nötig, betreffend Anzeige und Desinfektionspflicht.
Aber es sind auch für das ganze Reich Gesetze zu erlassen, um die Bezeichnung eines Ortes als Kurort von
vornherein von ganz bestimmten Bedingungen abhängig zu machen. Auch für den Quellenschutz sind die bestehenden Gesetze unzureichend.
Bei der Diskussion wird auf bereits bestehende gesetzliche Bestimmungen in andern Ländern hingewiesen und allseitig
die Dringlichkeit der Sache anerkannt, mit deren weiterer Durcharbeitung die Hygienekommission beauftragt wird. — Putzar-Königsbrunn
erörterte die Pathogenese und Therapie des petit mal. Er erklärte das Leiden für eine besondere Form der Epilepsie, für eine
Neurose, die in verschiedener Weise auftritt, auch manchmal in Form von psychopathischen Zuständen (Dämmerzustand und
halbbewußte Depression). Er erörterte dann die Ätiologie der Krankheit und führte unter anderm an, daß manchmal das Leiden
durch lokale Hyperästhesie eines peripheren Nerven bedingt sei, wie in einem von ihm beobachteten Fall, der trotz jahrelangen
Bestehens und vergeblicher medikamentöser Behandlung durch hydro- und elektrotherapeutische Maßnahmen, insbesondere Anwendung
der Franklinisation und der Schwenkbäder, seiner endlichen Heilung entgegengeführt wurde.
In der dritten Sitzung berichtete Heymann - Berlin über die von ihm mit kantharidinsaurem Kali behandelten Fälle von Kehlkopfkrankheiten.
Für ein Spezifikum hält er das Mittel nicht, da es sich auch bei Krankheiten nicht tuberkulöser Natur als wirksam erwiesen
hat. Übelstände wurden nicht beobachtet. In einzelnen Fällen ist die Schmerzhaftigkeit an der Stichstelle
ziemlich bedeutend. Besondere Aufmerksamkeit erfordert der Zustand der Niere, da zuweilen Beschwerden am Harnapparat beobachtet
worden sind. — Groedel - Nauheim hielt einen Vortrag über Chorea (Veitstanz), ihr Verhältnis zu Herzkrankheiten und ihre Behandlung.
Er hat bei der großen Mehrzahl seiner Fälle gleichzeitig Herzaffektionen beobachtet und konstatiert,
daß der Krankheit mehr oder weniger lange Rheumatismus vorausgegangen war.
Verhältnismäßig oft schloß sich die Chorea direkt an einen akuten Gelenkrheumatismus an. Rheumatismus und ebenso Herzaffektionen
in ihrer Eigenschaft als rheumatische Erkrankungen können in gleicher Weise wie psychische Einwirkungen und Anämie die
Veranlassung für das Zustandekommen der als eine Neurose aufzufassenden Chorea abgeben. Arsen, Antipyrin und Gymnastik, bei welcher
aber jede Ermüdung sorgfältig zu vermeiden ist, haben sich am wirksamsten erwiesen. Erst wenn die Muskelunruhe