Als besonders wichtig mag hier noch hervorgehoben werden, daß man infolge von
Entdeckungen Winogradskys zur Zeit die in den
humösen Bodenschichten sich abspielende Nitrifikation der Thätigkeit von Bakterien zuschreibt. Durch
Kochs epochemachende
Entdeckung
eines
Heilmittels gegen
Tuberkulose, des
Tuberkulins (1890), dessenWirkung trotz des vielfachen
Widerspruchs
nicht in
Frage gezogen werden kann, ist eine neue
Richtung in Bezug auf die
Heilung ansteckender
Krankheiten angebahnt, deren
Erfolge sich zur Zeit noch nicht voraussagen lassen.
Überhaupt lassen sich die in den letzten
Jahren gewonnenen Ergebnisse auf dem Gebiete der
Biologie der Bakterien nicht gut
in den
Rahmen einer geschichtlichen
Darstellung zusammenfassen, da sie zumeist aus kaum verbundenen Einzelentdeckungen bestehen,
die auch noch vielfach der Bestätigung bedürfen.
Vgl.
Löffler, Vorlesungen über die geschichtliche
Entwickelung der
Lehre
[* 2] von den Bakterien (Leipz. 1887, Teil 1, bis zum Jahre 1878 reichend).
[* 4] Die wirtschaftlichen Verhältnisse dieses zwar noch wenig entwickelten, aber
sehr entwickelungsfähigen Gebiets haben sich in den letzten
Jahren überraschend gebessert. Sie versprechen bei fortgesetzter
friedlicher Entfaltung der innern Verhältnisse den Industriestaaten
Europas ein höchst wichtiges Absatzgebiet zu werden
und so ihnen wenigstens teilweise einen
Ersatz zu geben für die in Rußland wie in
Nordamerika
[* 5] durch gesteigerte
Erhöhung
der Zollschranken mehr und mehr verloren gehenden
Märkte.
Die Balkanländer, unter welcher Bezeichnung hier das eigentlich zur Balkanhalbinsel nicht gehörige
Rumänien,
[* 6] ferner
Serbien,
Bulgarien,
die
europäische Türkei,
Bosnien
[* 7] und
Herzegowina und
Griechenland
[* 8] verstanden sind, haben zusammen ein
Areal von 568,382 qkm und
eine
Bevölkerung
[* 9] von 19,623,000 Einw. Auf das Quadratkilometer kommen also
hier durchschnittlich 34,5Köpfe, während
Frankreich 72,
Deutschland
[* 10] 91, die britischen
Inseln 120 Einw. auf das Quadratkilometer
haben. Bei dem im allergrößten Teil sehr ergiebigen
Boden müßte das Gebiet demnach mindestens 36-40 Mill.
Menschen ernähren
können und die
Produktions- und Aufnahmefähigkeit des
Landes in gleichem, wenn nicht noch größermMaße
steigen. Nach neuesten
Zählungen und
Schätzungen haben
In
allen diesen Gebieten macht sich in den letzten 10
Jahren eine überraschende Zunahme des
Handels bemerkbar.
Daß ein solcher in der europäischen Türkei
[* 11] stattgefunden hat, läßt sich aus den vorliegenden Handelsausweisen zwar ziffernmäßig
nicht klarlegen, ist aber nichtsdestoweniger sicher. Die deutsche Einfuhr aus der Türkei stieg zwischen 1880 und 1889 von
1,576,000 auf 6,483,000 Mk., die deutsche Ausfuhr nach der Türkei von 5,368,000 auf
26,154,000 Mk., was einer Zunahme von 204,88, resp.
240,30 Proz. gleichkommt.
Unter den Ausfuhrartikeln sind in erster
LinieGewehre, baumwollene
Garne und
Waren,
Schießpulver,
[* 12]
Chemikalien und Farbewaren,
Eisenwaren, wollene
Artikel, Metallwaren,
Patronen,
Zünder,
Kleider etc. zu nennen. Diese Zunahme ist um so überraschender,
als das türkische Zollgebiet durch die Ereignisse von 1885-86 sich etwas verringert hat. Am wurde
ein neuer Handelsvertrag auf 21 Jahre zwischen
Deutschland und der Türkei geschlossen. Der deutsche Handelsverkehr mit
Rumänien
ist zwar noch klein, aber doch in rascher Zunahme begriffen; 1889 importierte
Rumänien für 294,355,279
Mk. und exportierte
für 219,333,717 Mk.Waren.
Davon gingen nach
Deutschland für 13,286,000
Mk. und kamen aus
Deutschland für 27,443,000 Mk. Die Zunahme in dem gedachten
zehnjährigen Zeitraum beträgt bei der Einfuhr aus der Türkei 34,52, bei der Ausfuhr
nach der Türkei sogar 107,96 Proz. Die letztbezeichnete starke Verkehrszunahme
ist zum Teil auf Rechnung der Handelsfeindseligkeiten zu setzen, welche zwischen
Österreich-Ungarn
[* 13] und
Rumänien beim Erlöschen der am abgeschlossenen Handelskonvention ausgebrochen sind.
Der mit
Deutschland abgeschlossene Handelsvertrag lief ab. Doch war festgesetzt, daß, wenn am
Tage des
Ablaufs des
VertragsRumänien noch mit irgend einem dritten
Lande im Vertragsverhältnis stehen sollte, auch die deutsche
Konvention so lange in
Kraft
[* 14] bleibt, als jenes der
Fall ist. In dieser Beziehung kommt nur noch der niederländisch-rumänische
Vertrag in Betracht. Die zwischen
Deutschland und
Österreich-Ungarn getroffenen neuesten handelspolitischen
Abmachungen werden
auch die
Basis für Vertragsverhandlungen mit
Rumänien und
Serbien geben.
Von
Serbien empfangen wir hauptsächlich
Obst und
Beeren sowie
Weizen, während wir freilich in weit geringerm
Betrag dorthin schmiedbares
Eisen,
Stahl, grobe Eisenwaren, leinene und baumwollene Webstoffe senden. Als ganz besonders leistungs-
und entwickelungsfähig erscheint
Bulgarien. Seit 1886 ist zwischen dem ehemaligen
Ostrumelien und der Türkei eine
Zollgrenze
errichtet, während im Innern des vereinigten
Bulgarien eine solche nicht mehr besteht. Dadurch kamen
zu dem frühern bulgarischen
¶
mehr
Zollgebiet etwa 33,000 qkm mit 980,000 Einw. Dies muß im Auge
[* 21] behalten werden, wenn man vernimmt, daß zwischen 1880 und 1889 die
Einfuhr Bulgariens in das deutsche Zollgebiet um 198,14 Proz., die Ausfuhr
nach Bulgarien aber sogar um 594,62 Proz. stieg. Der Wert des bulgarischen
Gesamthandels bezifferte sich 1889 in der Einfuhr auf 58,295,200, in der Ausfuhr auf 64,464,800 Mk.
Deutschland führte aus Bulgarien 1889 für 1,160,000 Mk. Waren ein, für 1,401,000 Mk. nach dorthin aus.
Unsre Ausfuhr nach Bulgarien besteht in Eisen und Eisenwaren, Farben und Farbewaren, wollenen, leinenen, halbseidenen Waren, Handschuhleder,
Instrumenten u. a., unsre Einfuhr in Weizen, Roggen, Gerste, Mais, während wir Rosenöl, die unübertrefflichen
Walnüsse und andre hochklassige Bodenprodukte auf Umwegen empfangen. Der bei weitem größte Teil der Einfuhr dieses »gelobten
Landes« kommt aber aus Österreich,
[* 22] dem es gelungen ist, die englischen und mehr noch die Produkte aller andern Länder durch
seine eignen zu ersetzen.
Seit März 1888 besteht in der Landeshauptstadt ein österreichisches Warenmusterlager, an dem die ersten
Industriellen der Monarchie beteiligt sind. An der Einfuhr Griechenlands (1889: 106,122,400 Mk.) war Deutschland mit 1,922,000,
an der Ausfuhr (86,221,600 Mk.) mit 2,803,000 Mk. beteiligt. Die Zunahme
des Handelsverkehrs seit 1880 betrug im ersten Fall 3,80, im zweiten 122,34 Proz.
Griechenland erweist sich einstweilen als nicht sehr aufnahmefähig, mit der Zunahme des Ausfuhrhandels wird aber auch der
Import sich heben.
wobei aber die deutsche Reichsregierung annimmt, daß nur der dritte Teil aller Transaktionen zur Anschreibung
kommt, da die deutschen Waren ihren Weg in die betreffenden Gebiete teils durch andre Länder (und demnach als deren Provenienz
erscheinend), teils in fremden Schiffen und dann mit demselben Resultat finden.
Der gewaltige Aufschwung des Verkehrs auf der Halbinsel ist nicht allein dem immer kräftiger sich entfaltenden
Seehandel in den großen Seehäfen Konstantinopel
[* 25] und Saloniki
[* 26] wie an der Donaumündung beizumessen, auch der zwar nach 1873 ins
Stocken geratene, aber dann wieder aufgenommene Eisenbahnbau
[* 27] in dem in Bezug auf Kommunikationen arg vernachlässigten Lande
hat das Seinige zu dieser Entwickelung gethan. Heute entspricht das vorhandene Eisenbahnnetz bereits den
internationalen wirtschaftlichen Ansprüchen und bedarf nur noch auf Grund lokaler ökonomischer Interessen da und dort der
Ausgestaltung.
Von dem rumänischen Eisenbahnnetz, das Ende 1891 eine Länge von 2505,8 km hatte, gehört nur die 64 km lange, das Plateau
der Dobrudscha an seiner schmalsten Stelle zwischen der Donau und dem SchwarzenMeer durchschneidende Bahnlinie
Tschernawoda-Küstendsche der
an. Diese Bahn ist wichtig für den rumänischen Getreideexport, weil sie die kürzeste Verbindung
zwischen der östlichen Walachei und dem Meere herstellt. Sie wird noch bedeutend gewinnen durch den bereits in Angriff genommenen
Bau vonBrücken
[* 28] über die Donau bei Tschernawoda, über das Überschwemmungsgebiet zwischen der Donau und
ihrem linken Seitenarm, der Bortschea, sowie über die letzte selber.
Bosnien hat gegenwärtig 547 km Eisenbahnen, nämlich die bosnisch-herzegowinischen Staatsbahnen Doboj-Siminhan (67 km), Mostar-Metkowitsch
(43 km) und Mostar-Ostrazac (66 km), die bereits früher angelegte, von der österreichisch-ungarischen Verwaltung übernommene
Linie (k. k. Militärbahn) Doberlin-Banjaluka (102 km) und die fast ganz Bosnien durchziehende Schmalspurbahn (k. k. Bosnabahn)
Bosnischbrod-Serajewo (269 km). In technischer Beziehung waren beim Bau der bosnischen Bahnen wenig Schwierigkeiten
zu überwinden, doch kommen dieselben in erhöhtem Maße bei dem noch fertig zu stellenden Zwischenglied Serajewo-Mostar zur
Geltung.