In
Deutsch-Neuguinea erstieg 1889 von
Finschhafen aus der
Botaniker Hellwig den 970 m hohen Sattelberg. Der
Kaiserin Augusta-Fluß,
welcher für die Erforschung des deutschen Schutzgebiets so wichtig zu werden versprach, wurde erst 1890 wieder befahren
im
Interesse einer
Bremer-SchweizerischenGesellschaft in
Sumatra, welche hier Tabaksplantagen anzulegen beabsichtigt.
GrafPfeil unternahm eine
Reise von Fortification
Point (6° 17' südl.
Br. und 147° 49' östl. L.), an deren
Fuß
der Buporrum mündet, wurde aber von seinen
Trägern verlassen und zur Umkehr gezwungen;
Lauterbach erforschte das Land an der
Astrolabebai, indem
er den in die
Bai mündenden, 14 km aufwärts für Fahrzeuge von 1,6 in Tiefgang befahrbaren
Gogol 74 km aufwärts verfolgte.
Der Gesundheitszustand in
Deutsch-Neuguinea war ein sehr unbefriedigender; 1890 starben nicht weniger als 14 der Angestellten
der
Gesellschaft, 30
Chinesen und eine Anzahl
Malaien, so daß man sich veranlaßt sah,
Finschhafen als Hauptstation aufzugeben
u. dafür
Friedrich-Wilhelmshafen zu wählen. EineKaiser Wilhelmsland-Plantagengesellschaft mit einem
Kapital von 500,000 Mk. bildete sich in
Hamburg.
[* 2] Sie will
Tabak,
[* 3] Kakao und
Kaffee bauen. Die von der
Neuguinea-Gesellschaft
eingeladenen Ansiedler haben sich bisher nicht eingestellt; dagegen hat sich die 1890 nach
Deutschland
[* 4] gesandte erste Tabaksernte
als sehr gut erwiesen.
Für den niederländischenBesitz ist in jüngster Zeit, wie schon seit
Jahren, seitens der
Regierung nichts
geschehen. Eine Durchkreuzung der
Gazellehalbinsel im N. von
Neupommern von der Blanchebai nach dem Weberhafen unternahm im
Juni 1888
AssessorSchmiele, wobei die Expedition nach
Desertion der
Träger
[* 5] von den Eingebornen angegriffen wurde und in eine
sehr gefahrvolle
Lage geriet.
GrafPfeil unternahm von seiner
Station Kerawara eine Expedition nach
Neumecklenburg,
wobei
er den südlichen Teil der
Insel viermal durchquerte. Er fand gutes Land, die Ostküste aber durch ein breites
Korallenriff
von der
See aus unzugänglich.
HugoZöller ging mit dem
Landeshauptmann Krätke nach den
Inseln Buka und
Bougainville der deutschen Abteilung
der Salomongruppe. Buka besitzt östlich vom
Kap Lavardie einen schönen großen
Hafen, hat eine 10-20 km breite Küstenebene,
welche sich um die mächtige Bergkette des Innern lagert. Der 16 km von der
Küste entfernte
Berg Balby steigt zu 1950 m auf.
An der
Nordküste zieht sich ein ganzer Archipel teils hoher vulkanischer, teils niedriger korallinischer
Inseln hin.
Die
Insel Buka, im N. korollinisch und flach, im S. vulkanischen Ursprunges und 350-400 m hoch, ist 52 km lang und 8½ km
breit und zählt 15,000 Einw. Der deutsche
Reichskommissar in
Jaluit,
Sonnenschein, besuchte 1888 die kleineInsel
Nauru oder Pleasant und verfügte die völlige Entwaffnung der durch Kriegführung auf 1050
Köpfe zusammengeschmolzenen
Bevölkerung,
[* 6] wobei 765 Schußwaffen abgeliefert wurden. Die
Insel wurde 1890 von
Eggert aufgenommen; sie ist 25 qkm groß.
Auf den
Marshallinseln befinden sich gegenwärtig 109
Fremde (67 auf
Jaluit), darunter 34 Deutsche,
[* 7] 24 Amerikaner, 20
Engländer, 10
Chinesen, 6 Norweger
etc. Nördlich von der zur Kermadekgruppe gehörigen Sundayinsel wurden
durch den
Kapitän eines deutschen Segelschiffs,
Dreyer,
sieben kleine, bisher unbekannte
Inseln entdeckt, deren höchste zu 180 m aufsteigt. Auf den Tongainseln brachen durch die
Willkürwirtschaft des ehemaligen MissionarsBaker, nun
Minister des
KönigsGeorg, Unruhen aus, die im Juli 1890 durch
die seitens des
Gouverneurs der
Fidschiinseln
[* 8] verfügte
Ausweisung des gewaltthätigen
Ministers beseitigt wurden.
Auf den Samoainseln machte der Exkönig Tamasese einen neuen
Versuch, wieder zur Herrschaft zu gelangen, wurde aber nach der
Insel Manono verbannt, wo er im April 1891 starb. Auf denNeuen Hebriden setzen sich die
Franzosen immer
mehr fest, sie kaufen große Landstriche, auf denen sie
Pflanzungen von
Kaffee,
Bananen,
Kokospalmen etc. anlegen und
so den allmählichen
Übergang des Archipels in ihre
Hände vorbereiten. Die von
Deutschland 1886 in
Besitz genommene Providenceinsel liegt eigentlich
innerhalb der vertragmäßig
Spanien
[* 9] zugesprochenen Interessensphäre; die Besetzung der
Insel stieß daher
auf den
WiderspruchSpaniens, der aber nach längern
Verhandlungen beseitigt wurde. Die Willkürwirtschaft der
Spanier auf den
von ihnen militärisch besetzten
Karolinen führte zu einem
Aufstand auf der
Insel Orea, der unterdrückt wurde, worauf ein
spanisches
KriegsschiffPonape bombardierte. Die Eingebornen leisteten indes
Widerstand und töteten 78 spanische
Soldaten und bald darauf bei einem Landungsversuch der
Spanier 50 weitere
Soldaten. Die
Inseln wurden schrecklich verwüstet
und an 300 Eingeborne getötet.
Zur Litteratur: Giles, Australia twice traversed (Lond. 1889);
Die Zunahme der
Bevölkerung ist im Zeitraum 1885-90 mit jährlich 0,68 Proz.
stärker gewesen als in den
Jahren 1880-85 (jährlich 0,39 Proz.), blieb
aber hinter den beiden vorhergehenden
Perioden (1875-80: 0,82 Proz. u.
1871-75: 0,77 Proz.) etwas zurück. 1890 wurden 810,582 männliche
und 847,285 weibliche
Personen gezählt, so daß auf 100
Männer 104,8Frauen entfielen. Wie in der
Periode 1880-1885 hat die
männliche
Bevölkerung etwas stärker als die weibliche zugenommen. Nach der
Religion zählte man 1890:
1,028,472 Katholiken (62,08 Proz.), 597,157
Evangelische (36,04 Proz.), 2668 Israeliten
¶
mehr
(1,61 Proz.) und 4520 Andersgläubige (0,27
Proz.). Danach hat sich das Verhältnis der einzelnen Konfessionen
[* 13] gegen 1885 etwas verschoben, da die Evangelischen um 5,4
Proz., die Katholiken aber nur um 2,4 Proz.
zugenommen haben, während die Israeliten um 1,6 Proz. abnahmen. Die
städtische Bevölkerung betrug 35,1, die ländliche 64,9 Proz.
der Gesamtbevölkerung, jene hat seit 1885 um 10,64 Proz. zugenommen,
diese um 0,03 Proz. abgenommen. Wie schon 1885 hatten 5 Städte mehr als 20,000 Einw., nämlich Mannheim
[* 14] (79,044), Karlsruhe
[* 15] (73,496), Freiburg,
[* 16] (48,788), Heidelberg
[* 17] (31,737) und Pforzheim
[* 18] (29,987). Die Zahl der Haushaltungen betrug 345,178, so daß 4,8 Personen
im Durchschnitt auf eine entfielen. Bewohnte Gebäude zählte man 224,795 und 415 sonstige Aufenthaltsstätten.
Der Staatsvoranschlag für 1891 beträgt (ohne den Eisenbahnetat) 50,313,220 Mk. in Einnahme, 49,561,877 Mk. in Ausgabe. Die
bedeutendsten Posten sind:
Zuschuß zur Verzinsung und Tilgung der Eisenbahnschuld
2750000
"
Von den für die Jahre 1890 u. 1891 auf 9,117,837 Mk. veranschlagten
außerordentlichen Ausgaben waren 5,568,342 Mk. nicht gedeckt, dafür sollen 4,2 Mill.
aus Überschüssen früherer Jahre, für den Rest ein Zuschuß aus der Amortisationskasse verwandt werden.
Der ordentliche Etat für 1891 übersteigt den des Vorjahrs nur um wenige 100,000 Mk. Die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung
und der Bodensee-Dampfschiffahrt wurden für 1891 auf 52,605,130, die Ausgaben auf 37,808,830, die Reineinnahmen mithin auf
14,796,300 Mk. veranschlagt. Die Staatsschuld belief sich Ende 1890 nach Abzug der Aktiva auf 3,942,011
Mk., hatte sich gegen das Vorjahr um 3¾ Mill. vermindert. Die Eisenbahnschuld betrug 342 ⅖ Mill.,
aber nach Abzug der Aktiva (13⅔ Mill.) 328¾ Mill. Mk., hatte sich also gegen das Vorjahr um fast 2 Mill. vermindert.
Geschichte. Im J. 1891 schied der Verfassung gemäß die Hälfte der Mitglieder der Abgeordnetenkammer
aus und wurde durch Neuwahlen ersetzt. Nach dem mit Hilfe der Deutschfreisinnigen errungenen Sieg der Ultramontanen bei den Reichstagswählen
im Februar 1890 und der herausfordernden Haltung der Partei in der letzten Landtagssession 1890/91 durfte man auf außerordentliche
Anstrengungen der ultramontanen Parteiführer, bei den Landtagswahlen den
Sieg zu erringen, gefaßt sein.
Das Ministerium nahm daher Gelegenheit, mit seinen Glückwünschen zum 65. Geburtstag des Großherzogs und zum Antritt
des Lebensjahres, in welchem er das Jubiläum seiner 40jährigen Regierung feiern wird, einen Überblick über die Entwickelung
der badischen Verhältnisse während der letzten 40 Jahre und insbesondere auch über die gegenwärtige
politische Lage zu verbinden. In diesem hieß es, der Großherzog habe das badische Land »zu einem blühenden und geachteten
Staatswesen erhoben, das in wohlgefügter, auf bewährter Verfassungsgrundlage beruhender Ordnung und durch reich entwickelte
freisinnige Einrichtungen dem einzelnen wie dem gesamten Staatsbürgertum die ersprießliche Mitwirkung
an der Verwaltung und Förderung der öffentlichen Angelegenheiten, den korporativen Verbänden, Kirchen, Kreisen, Gemeinden, Vereinen
dasjenige Maß von Selbständigkeit und Freiheit gewährt, bei welchem das gleichberechtigte Nebeneinanderleben aller Teile,
damit aber auch der Friede und das Wohl der Gesamtheit allein bestehen kann Wir stehen jetzt in einer erregten Zeit,
in der ein heftiger Parteienstreit in die weitern Schichten des Volkes getragen wird und, bis zu konfessioneller Zwietracht
anschwellend, seine Geschicke ernst bedroht. Aber höher steht der Glaube an den gesunden Sinn des Volkes, der auch in den Stürmen
der Aufreizung und Irreführung die Probe bestehen und vertrauensvoll seinem Großherzog als seinem bewährten,
sichern Führer die alte Treue und Liebe bewahren wird.« Der Großherzog befahl die Veröffentlichung dieses Schreibens, da er
sich in erfreulicher Übereinstimmung mit dessen Grundsätzen befinde und eine fernere Fortdauer in der festen und sichern
Handhabung derselben wünsche; »möge«, bemerkte er, »damit
erreicht werden, daß manche Irrtümer beseitigt, eine friedfertigere Stimmung gefördert und dadurch die
Stetigkeit in der Entwickelung des politischen Lebens erhalten bleibe«.
Die Hoffnung des Landesherrn erfüllte sich indessen nicht. Der Kampf der Parteien entbrannte bei den Vorbereitungen zu den Wahlmännerwahlen
auf das heftigste. Die Ultramontanen, Freisinnigen, Demokraten, Sozialdemokraten und auch ein Teil der Konservativen
vereinigten sich zum Ansturm gegen die Nationalliberalen, welche die Mehrheit im Landtag besaßen, aber fast alle (28) Mandate
bei den Neuwahlen zu verteidigen hatten. In Mannheim stimmten die Ultramontanen Mann für Mann für die sozialdemokratischen
Wahlmänner und verhalfen ihnen dadurch zum Sieg; in Karlsruhe (Land) gewann der Konservative v. Stockhorner
mit ihrer Hilfe ein Mandat.
Die Nationalliberalen verloren daher 14 Mandate, und ihre Mehrheit (32 von 63) schmolz auf eine Stimme zusammen, während die
Ultramontanen in der Kammer nun 21, die Demokraten 6, die Konservativen und die Sozialdemokraten je 2 Mitglieder zählten. Der
Landtag wurde 17. Nov. eröffnet. Der Staatsminister Turban kündigte außer einigen Gesetzvorlagen von untergeordneter
Bedeutung beträchtliche Steuer-Ermäßigungen an, die durch Überschüsse der Einnahmen (25 Mill.) ermöglicht wurden. Auch
wurde eine Gehaltserhöhung für die untersten Beamtenklassen beantragt. Als sich bei der Bewilligung der Mittel für ein
besonderes Ministerpräsidium für das Innere die Parteien im Januar 1892 zum erstenmal maßen, siegten
die Nationalliberalen mit Hilfe der Konservativen mit 32 gegen 28 Stimmen.
Zur Litteratur: v. Chrismar, Genealogie des Gesamthauses Baden (Gotha
[* 19] 1891); Maas, Geschichte
¶