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er die betreffenden Pflanzen überhaupt nicht als wirkliche Ameisenpflanzen, sondern erblickte in den Galerien der Knollen Einrichtungen
für den Gasaustausch. Da diese innen aber von einem Korkmantel umgeben werden, so erscheint auch diese Deutung als nicht
stichhaltig. Göbel faßt die Knollen als Wasserspeicher auf, wie sie bei vielen epiphytischen Gewächsen
vorkommen, und läßt die Funktion der Hohlkanäle dahingestellt. Anderseits ist hervorzuheben, daß in dem spontanen Auftreten
der Knollen und Galerien kein Argument gegen die Deutung der betreffenden Gewächse als Ameisenpflanzen liegt, da ja die Achsenschläuche
und Blattblasen bei andern Ameisenpflanzen ebenso wie die Einsackungen bei den domatienbildenden Blättern unabhängig
von der Thätigkeit ihrer Bewohner angelegt werden.
Diese Einrichtungen scheinen vielmehr durch Vererbung vollkommen fixiert zu sein; ob sie ursprünglich durch Anpassung an die
Gewohnheiten pflanzenbewohnender Ameisen gezüchtet worden sind, ist freilich eine andre Frage. Auffallend erscheint es, daß
innerhalb einer und derselben Gattung, z.B. bei Duroia, Tococa u.a., Arten mit Ameisenschläuchen neben
solchen auftreten, die keine Spur derselben aufweisen, eine Thatsache, die dahin ausgelegt werden kann, daß diese Bildungen
erst erworben sind, nachdem die betreffenden Arten sich völlig von ihren Stammformen abgegliedert hatten.
Daß die Ameisenwohnräume an Pflanzen weitgetrennter Ländergebiete, wie im tropischen Asien, Afrika und Amerika, in analogen
Formen vorkommen, spricht dagegen für eine schon in den Stammeltern vorhandene, erbliche Bildungsursache.
Vgl. Schumann, Einige neue Ameisenpflanzen (Pringsheims »Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik«, Bd. 19);
Derselbe, Einige weitere Ameisenpflanzen (»Verhandlungen
des botanischen Vereins der Provinz Brandenburg«, Bd. 31);
Derselbe, Über afrikanische Ameisenpflanzen (»Berichte der Deutschen Botanischen
Gesellschaft«, Bd. 9, 1891);
Treub, Nouvelles recherches sur le Myrmecodia de Java (»Annales du Jardin botanique
de Buitenzorg«, Bd. 7).
Die bisher als festgestellt betrachtete Angabe, daß der Lebensprozeß bei Pflanzen und Tieren unter besondern
Umständen, namentlich durch Austrocknen und Frost, zeitweilig völlig unterbrochen werden und doch später von neuem in demselben
Individuum erwachen und fortdauern könne, ist in den letzten Jahren besonders durch englische Forscher
stark in Zweifel gezogen worden. Bei den Rädertieren, die am häufigsten zu einschlägigen Versuchen gedient haben, soll die
schnelle Entwickelung der Eier zu Täuschungen Veranlassung gegeben haben, so daß also nicht die alten, eingetrockneten Individuen,
sondern von ihrem Körper eingeschlossene Keime durch Befruchtung zu neuem Leben erweckt worden seien.
Hinsichtlich der Samen und Eikeime
muß man eine solche Unterbrechungsfähigkeit wohl zugeben, denn viele derselben vertragen
sowohl Kältegrade, wie sie an der Erdoberfläche gar nicht vorkommen, als auch ein ziemlich starkes Austrocknen, und Kochs,
der sich mit derartigen Untersuchungen in neuerer Zeit beschäftigt hat, konnte mittels der Spektralanalyse
in der Luft eines Glases mit wohl ausgetrockneten, aber keimfähigen Samen keine Spur von Kohlensäure entdecken, welche die Fortdauer
eines langsamen Lebensprozesses in den Samen hätte anzeigen können.
Derselbe Beobachter prüfte auch die oft wiederholte Angabe, daß starr gefrorne Fische, Frösche etc. wieder nach
dem Auftauen lebendig werden. Entgegen den Beobachtungen von Dumeril, Heinzmann und Preyer, welche starrgefrorne Frösche bei
vorsichtigem Auftauen fast regelmäßig zum Leben brachten (ohne daß man nach Preyer die wiederbelebten von nicht eingefrornen
Fröschen unterscheiden konnte), behauptet Kochs, daß unter seinen Augen durch Kältemischungen im Wasser eingefrorne Wasserkäfer,
Fische und Frösche niemals wieder zum Leben kamen, aber er meint, daß diese Tiere durch ihre Bewegungen
mitten im Eisblock lange eine kleine Wassermenge flüssig erhielten, in der sie weiter lebten, bis sie im Augenblick des Gefrierens
ihres Körpers abstürben. Bei den direkt widersprechenden Angaben gewiegter Beobachter bleiben hierüber weitere Beobachtungen
wünschenswert.
Zu der kleinen Zahl der bisher bekannten Gefäßkryptogamen: Selaginella lepidophylla, Ceterach officinarum, Asplenium Ruta muraria,
Polypodium vulgare, Cheilanthes odora, Asplenium lanceolatum, Adianthum Capillus Veneris und einiger Isoëtes-Arten, die ähnlich
wie die meisten Flechtenarten und manche Moose bis zur Brüchigkeit austrocknen und doch im Wasser wieder aufleben können,
hat Schimper (1888) eine neue Art (Polypodium incanum) gefügt, welche, an den Baumstämmen wachsend, in
den glühenden Strahlen der Äquatorialsonne vollständig zusammenschrumpfe, um bei Regenwetter alsbald ihre Segmente wieder
flach auszubreiten.
Mit mehreren Büscheln dieses ihm aus Nordamerika zugesandten Farnkrautes hat Bureau (1890) mehrere lehrreiche Versuche angestellt.
Er legte das eine in einen Trockenschrank, dessen Temperatur auf 55° gesteigert wurde, das andre in ein
Vakuum, wobei sie nach 6 Tagen graubraun und äußerst brüchig geworden waren. Beide Proben, von denen man nur noch die schuppige
Unterseite sah, wurden sodann in Wasser gelegt, und die im Vakuum getrocknete Pflanze entrollte sich alsbald vollständig und
nahm eine Frische und Lebhaftigkeit des Grüns an, als sei sie eben frisch gepflückt worden. Von der bei höherer Temperatur
getrockneten Pflanze erholten sich indessen nur die jüngsten Blätter und wurden wieder grün. Es ist lehrreich, daß alle
Versuche, die man hinsichtlich eines solchen Wiederauflebens an Phanerogamen gemacht hat, mißglückt sind;
die Entfaltung der sogen. Rose von Jericho im Wasser gehört natürlich nicht hierher.
Über die nach einer andern Richtung entwickelte Lebenszähigkeit der Kröten, die zu der Sage Anlaß gegeben hat, daß sie in
erhärtetem Gestein Jahrhunderte überdauern könnten, hat eine gelegentliche Beobachtung von Florschütz einigen Aufschluß
gegeben. In der Nähe von Schierstein (Hessen) wurden im Winter 1888/89 bei der Absteckung des Lößbodens
zur Ziegelfabrikation eine große Anzahl fränkischer Gräber bloßgelegt. Hierbei fanden sich
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öfters in der durchaus gleichmäßigen Masse, in Tiefen bis zu 3 m, einzelne Kreuzkröten (Bufo calamita) einfach in dem Löß
eingeschlossen und wie ein flacher Kiesel umlagert. Diese Kröten machten im ersten Augenblick den Eindruck eines flachen Rollsteins,
den die Arbeiter, um ihn aus dein Lehm zu entfernen, wegwerfen wollten, worauf sie sich in ihrer Hand belebten
und davonhüpften. Trotz der genauesten Untersuchung konnten keinerlei Spalten oder selbstgegrabene Zugänge im Löß entdeckt
werden; die Kröten lagen zum Winterschlaf fest eingebettet in demselben, und ein mit einer kleinen Lößmenge in ein Glas gethanes
Exemplar grub sich nach jeder Störung wieder in denselben ein. Florschütz glaubt, daß aus diesem Verhalten
die Sagen von den in Gestein eingeschlossenen Kröten zu erklären seien, denn da sie hier bei fast völligem Luftabschluß
ihren Winterschlaf abhielten, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß sie auch in erhärteten Lehmknollen eine Zeitlang ausdauern
und aus diesen gelegentlich befreit werden mögen.