Rudolf,
Agronom und
Historiker, geb. 1813 zu
Suhl,
[* 3] widmete sich zuerst der
Steinschneidekunst,
[* 4] ging dann aber,
nachdem er die Fellenbergschen Anstalten zu
Hofwyl besucht hatte, zur
Landwirtschaft über, studierte in
Jena
[* 5] und war 1850-71
Generalsekretär des landwirtschaftlichen Zentralvereins für die
ProvinzSachsen.
[* 6] Seitdem beteiligte er sich, zum königlichen
Landesökonomierat ernannt, an den
»Publikationen aus den preußischen Staatsarchiven« und veröffentlichte in denselben das
verdienstliche Werk: »Preußens
[* 7]
Könige in ihrer Thätigkeit für die Landeskultur
Preußens« (Leipz. 1878-88),
zwei vollständige Kathedralservices und 16
Anthems. Auch schrieb er unter andern Handbücher
der Orgelkunde und
Harmonielehre und gab mit Barret das »Dictionary of musical terms«
(3. Aufl. 1888) heraus.
2)
HenryMorton, Afrikareisender.
StanleysBericht über seine letzte
Reise durch
Afrika
[* 22] und seine Wegführung
EminPaschas erschien im Juli 1890 in verschiedenen
Sprachen, deutsch unter dem
Titel: »Im dunkelsten
Afrika«
(Leipz., 2 Bde.). Die große
Begeisterung, mit der S. nach seiner Rückkehr nach
Europa
[* 23] überall empfangen wurde, kühlte sich
bald ab, als durch die Aussagen
EminPaschas und durch die Werke von
Barttelot,
Casati,
Jameson u. a. ein
wenig günstiges
Licht
[* 24] auf
Stanleys Vorgehen während der Expedition und auf die von ihm bei der angeblichen
BefreiungEminPaschas
gespielte
Rolle fiel (vgl.
Schnitzer). S. hat zwar alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen als nichtig darzustellen versucht
in einer besondern, mit A. J. M.
^[Arthur Jeremy Mounteney] Jephson verfaßtenSchrift: »EminPascha und
die
Meuterei in Äquatoria« (deutsch, Leipz. 1890), in Zeitungsartikeln und Interviews
mit
Berichterstattern;
aber die Zeugnisse seiner Gegner, zu denen sich auch nochPeters und
HerbertWard, ein Mitglied der von
Barttelot geführten
NachhutStanleys, gesellten, sind so übereinstimmend, daß die Gegenerklärungen
Stanleys nicht zu ihrer
Widerlegung ausreichen.
Die Verunreinigung der
Luft durch kleine feste Körperchen unorganischen oder organischen Ursprungs hat
in den letzten
Jahren die
Aufmerksamkeit der
Physiker und Meteorologen lebhafter erregt, seit uns die prachtvollen Dämmerungserscheinungen
(s. Bd. 17, S. 203) des letzten Jahrzehnts gezeigt haben, bis zu welchen
Höhen ein feiner S. unsre
Atmosphäre erfüllen kann,
und wie sich seine feinsten Teile jahrelang schwebend erhalten. Zu den bekannten Hauptquellen des
Staubes
in den
Winden,
[* 25] welche Wüstenstaub zuweilen mehr als 1000
Seemeilen von seiner
Heimat fortführen und durch v.
Richthofen als
geologisch wichtiges
Element erkannt wurden (s.
Löß), und zu den
Bränden, welche der
Luft im
Rauche ungeheure Staubmassen zuführen,
namentlich wenn ausgedehnte Moorstrecken oder
Wälder in
Brand gesetzt werden, zu den
Vulkanen und der Meeresbrandung,
welche die
Luft mit Salzteilchen erfüllt, die sich durch die niemals fehlende Natronlinie des
Spektrums verraten, hat
Nordenskjöld,
auf seine
Beobachtungen in den
Polarländern gestützt,
¶
mehr
eine nicht zu unterschätzende Zufuhr aus kosmischen Quellen gefügt, den Meteorstaub, der weite Schnee- und Eisfelder im Norden
[* 27] bedeckt und seine Eigenart durch einen starken Eisengehalt verrät. Er soll manchmal die Gestalt kleiner eiserner Bläschen
haben und seine Menge kann nicht gering sein, da die Zahl der täglich in die Atmosphäre eindringenden
Meteore auf mehr als 7 Mill. geschätzt wird, weshalb Nordenskjöld ihm einen hervorragenden Anteil an der Erdbildung zuschreiben
will.
Dabei drängt sich die Frage auf, wie diese gewaltigen Staubmengen, die der Atmosphäre zugeführt werden, wieder niedergeschlagen
werden mögen, da das Niedersinken nur für die schwereren Anteile mit einiger Schnelligkeit erfolgt. Man
kann sich leicht denken, daß hieran die feuchten Niederschläge den Hauptanteil haben, aber erst seit wenigen Jahren weiß
man mit Sicherheit, daß auch umgekehrt die feinen Staubteile an der Verdichtung des in der Luft aufgelösten Wasserdampfes
zu Nebel, Wolken undRegen einen bedeutenden Anteil haben.
Die Thatsache wurde zuerst 1875 von Coulier dargelegt, aber wenig beachtet, bis sie in den letzten Jahren
von Aitken und R. v. Helmholtz in ihrer Bedeutsamkeit für die Witterungsvorgänge dargelegt wurde. Wenn man Luft, die reichliche
Mengen unsichtbaren Wasserdampfes aufgelöst enthält, plötzlich abkühlt, indem man sie z. B.
durch die Luftpumpe
[* 28] plötzlich ausdehnt, so entstehen in der Luftglocke Nebel, weil die kältere Luft den
Wasserdampf nicht mehr aufgelöst behalten kann.
Aitken und Helmholtz stellten nun fest, daß für die Entstehung dieser Nebel seine Staubteile in der Luft eine wichtige Bedingung
darstellen, daß man feuchte, aber völlig staubfreie Luft tief unter die Abscheidungstemperatur (den
sogen. Taupunkt) abkühlen kann, ohne daß sich ihr Wassergehalt sogleich zu Nebel verdichtet. Die Staubmassen dienen also
dem Wasserdampf als feste Punkte, auf welchen sich die Feuchtigkeit verdichtet (niederschlägt), so daß sie erst als Nebel
sichtbar werden, bis sie zu Tröpfchen anwachsen und niederfallen. Ein Staubteilchen ist demnach gewissermaßen der
Kernpunkt, um den sich der Regentropfen bildet, der ihn herniederreißt und so die Luft wieder reinigt, und daraus ergibt
sich die Wichtigkeit dieser Erkenntnis für das Verständnis der meteorologischen Vorgänge.
Aitken hat auf diese Eigentümlichkeiten einen Staubmesser begründet, mit welchem man annähernd die Zahl der Staubteile
bestimmen kann, die sich in einer bestimmten Luftmenge befinden. Dieses Instrument besteht im wesentlichen
aus einer kleinen Luftpumpe, in die man unter gewissen Vorsichtsmaßregeln eine kleine Menge der zu untersuchenden Luft eintreten
läßt, verdünnt und dann die niederfallenden Teilchen auf einer in Quadratmillimeter geteilten Silberplatte auffängt,
um sie mit der Lupe
[* 29] Stück für Stück zu zählen. Schon die ersten (Februar 1890) veröffentlichten Versuche
hatten überraschende Ergebnisse geliefert, nämlich:
Es ergab sich also, daß in einem mit Gas erleuchteten Zimmer annähernd im Kubikzoll Luft so viel Staubteilchen
enthalten sind wie Menschen in Großbritannien,
[* 30] daß drei Kubikzoll der Verbrennungsgase einer Bunsenflamme
so viel feste Teilchen
enthalten, als auf der ganzen ErdeMenschen leben. Im Frühjahr 1890 hat Aitken eine größere Anzahl von Orten
besucht und mittels eines vereinfachen Apparats den Staubgehalt der Luft untersucht; er fand, daß letztere besonders rein
auf den SchweizerBergen
[* 31] zu sein pflegt. An einem wolkigen Maitag fand er auf Rigikulm nur 210 Teilchen im Kubikzentimeter,
was beinahe der geringsten beobachteten Zahl gleichkam.
Allein einige Tage darauf erhielt er bei Regenwetter auf dem Eiffelturm
[* 32] eine ähnlich niedrige Zahl, obwohl
die PariserLuft zur ebenen Erde an demselben Tage in mehreren Versuchen 160,000-210,000 ergab. Da die Staubteilchen in den Städten
sehr zunehmen, so folgt daraus, daß dort auch die Nebel dichter sein müssen als auf dem freien Lande, und die
Dichtigkeit der LondonerNebel hängt ebensowohl von dem Reichtum der Luft an Staubteilchen als von den Feuchtigkeitsverhältnissen
ab.Russel hat sich durch Beobachtungen überzeugt, daß diese berüchtigten Nebel sich am frühen Morgen nicht von dem gewöhnlichen
weißen Nebel andrer Orte unterscheiden, und daß er seine gefürchtete Dichte erst erlangt, nachdem aus
einer Million Feueressen der Steinkohlendampf emporgestiegen ist.
Da diese Nebel unerträglich sind und einen bedeutenden Kostenaufwand verursachen (der Nebel vom erforderte nach
dem Ausweis des Beleuchtungsgouverneurs von London einen Gasverbrauch, der 130,000 Mk. kostete), so sind in England viele Versuche
angestellt worden, die Staubverunreinigung der Luft und ihre Neigung zur Bildung schwerer Nebel durch künstliche
Veranstaltungen zu beseitigen. Man hat dabei seine Hoffnung lange Zeit auf die Elektrizität
[* 33] gesetzt.
Nach einer Beobachtung von Nahrwold (1878) versetzt das Ausströmen von Elektrizität aus feinen Spitzen in einem Raume den daselbst
befindlichen S. in eine stark wirbelnde Bewegung; die gleichmäßig elektrisierten Staubteilchen stoßen
sich gegenseitig ab, bis sie die Wandung erreichen und dort, lange Zotten bildend, hängen bleiben. Binnen kurzem ist der
Raum völlig staubfrei. Lodge und Clark stellten darüber 1884 eine Reihe von Versuchen an, aus denen sich ergab, daß nicht
nur kleine Glaskästchen, die man mit dem Dampf
[* 34] von brennendem Magnesium gefüllt hatte, sondern Zimmer,
deren Luft man durch brennendes Terpentinharz völlig schwarz und undurchsichtig gemacht hatte, binnen wenigen Minuten geklärt
wurden, indem sich der Ruß auf die Wände niederschlug. Der Vorschlag aber, in den Steinkohlenessen Systeme elektrischer Spitzen
anzubringen, die den Rauch alsbald verdichten, scheint wegen der damit verknüpften schnellen Verstopfung
der Essen
[* 35] nicht ausführbar.
Es ist aber dadurch nicht erwiesen, daß das Verfahren nicht in andern Fällen gute Dienste
[* 36] leisten kann, wo es sich um die
Beseitigung eines besonders gefährlichen giftigen Dampfes in manchen Hüttenwerken handelt. Solche Versuche sind mit gutem
Erfolg von Walker
[* 37] angestellt worden, nachdem er gesehen, wie schnell durch das Lodgesche Verfahren der
Magnesiadampf beseitigt werden konnte. Auf seiner Bleihütte mußte er den Metalldampf bisher durch ein langes System von Kanälen
und Kammern leiten, um denselben niederzuschlagen, und erreichte nun dasselbe Ergebnis viel kürzer und billiger durch ein
System von Metallspitzen, die, in Zwischenräumen von mehreren Metern in den Kanälen angebracht und durch
eine kräftige Induktionsmaschine geladen, die ausströmende Luft schnell reinigen. Die nur wenige Kosten verursachende Anlage
wurde dann zuerst auf der Bleihütte zu Bagalt in Flintshire gemacht und dürfte sich
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