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riksdagsakter« (hrsg. von Hildebrand und Alin, das. 1887 ff.); »Sveriges krig åren 1808 og 1809« (in 3 Bdn., hrsg. von der kriegshistorischen Abteilung des Generalstabes, das. 1890, Bd. 1).
Seite 18.860 Jahres-Supplement 1890-1891
riksdagsakter« (hrsg. von Hildebrand und Alin, das. 1887 ff.); »Sveriges krig åren 1808 og 1809« (in 3 Bdn., hrsg. von der kriegshistorischen Abteilung des Generalstabes, das. 1890, Bd. 1).
Litteratur 1880-90. Man kann diesen Zeitraum in der schwedischen Litteratur als die Periode des Realismus und der Problemlitteratur bezeichnen. Sie trat als eine starke Reaktion gegen die bis dahin herrschende, aber ziemlich ausgelebte Romantik und den oberflächlichen Idealismus auf und brach sich mit großer Kraft Bahn, eine reiche Litteraturblüte hervorrufend, obgleich sie oft große Unreife verriet und große Rücksichtslosigkeit walten ließ.
Gegen den Schluß der 70er Jahre begann unter dem Einfluß von drei verschiedenen Seiten eine Reaktion gegen die alte romantische Litteraturrichtung sich geltend zu machen. Des großen norwegischen Dichters Henrik Ibsen Ideen- und Gesellschaftsdramen wurden in Schweden ebensoviel als in Norwegen und Dänemark gelesen und besprochen. In diesen legte er kühn den Maßstab des Absoluten an die relative Wirklichkeit, welche dabei kläglich zu kurz kam. Die Idee in ihrer überirdischen Reinheit und Hoheit neben ihre Offenbarungsform in der Wirklichkeit gestellt, zermalmte dieselbe und deckte ihre Leere auf; so wurde die Liebe in »Kärlighedens Komedie«, die Religion in »Brand«, die Religion und der Staat in »Kejser og Galiläer«, die Persönlichkeit in »Peer Gynt« die Ehe in »Et Dukkehjem«, der Liberalismus, Konservatismus und der herrschende dritte Stand in »De Unges Forbund«, »Samfundets Stötter« und »En Folkefiende«, endlich die Moral der Gesellschaft in diesen und namentlich in »Gjengangere« behandelt. Solange sich Ibsen mehr an allgemeine Ideen hielt, blieb er noch ziemlich unverstanden, als er jedoch in seinen spätern Stücken in die sozialen Verhältnisse eingriff und das Verhältnis des Individuums zur Gesellschaft und ihren Institutionen aufzeigte, übte er sowohl auf die Denkungsart als auf die Litteratur in Schweden den entschiedensten Einfluß. Er öffnete der Gegenwart den Blick dafür, wie wenig die Wirklichkeit dem Ideal entsprach, und gab damit der herrschenden, ziemlich abgeschmackten und äußerlichen Art von Idealismus den Todesstoß. Für das neue Geschlecht der Dichter war es fortan das Erste und Wichtigste, die Wirklichkeit auf ihre Übereinstimmung mit dem Idealen zu prüfen.
Gleichzeitig begann der französische Realismus, vertreten durch Flaubert, die Brüder Goncourt, Daudet und Zola, allgemeiner bekannt zu werden, ebenso wie die Litteraturrichtung, die unter deren Einfluß durch Georg Brandes' kräftige Initiative in Dänemark und Norwegen Boden gewann (J. P. ^[Jens Peter] Jacobsen, Drachman, Schandorph, Kielland u. a.). Man begann das Leben und die Natur an der Quelle selbst zu studieren und diese um ihrer selbst willen zu schildern, nicht um eine Reflexion oder eine ethische Sentenz zum Worte kommen zu lassen, lernte sich objektiv seinem Vorwurf gegenüberstellen und die Wirklichkeit nehmen, wie sie sich zeigte, von ihrer guten und schlimmen, ihrer schönen und häßlichen Seite, und suchte die verschiedenen Charaktere psychologisch zu erklären, nicht sie ethisch zu verurteilen. In den Schöpfungen der neuen Litteraturrichtung waren die traditionellen Formen und Persönlichkeiten verschwunden, eine größere Natürlichkeit trat an die Stelle des Arrangierten und Gemachten in der Komposition, und Menschen der Gegenwart mit Gefühlen und Gedanken im Gewande der Jetztzeit bewegten sich in denselben.
Da man so nach der Wirklichkeit die Menschen der Gegenwart und die Konflikte, in die sie geraten konnten, zu schildern wußte, so war es natürlich, daß die Darstellung verschiedene brennende Fragen der Gegenwart berühren mußte. Dabei konnten diese Schriftsteller so wenig als Henrik Ibsen sich objektiv verhalten. Er hatte allerdings in seinen Stücken sich damit begnügt, Fragen aufzuwerfen, ohne direkt eine Antwort dafür zu haben, und Probleme in die Debatte zu werfen, aber die Tendenz war doch jedenfalls deutlich sichtbar. Diese war bei der neuen Litteraturrichtung die gleiche wie bei Ibsen, nämlich das Recht der Persönlichkeit geltend zu machen, das Recht des Individuums gegenüber der Gesellschaft und ihren Institutionen, das Recht der armen Volksklassen auf vollen Anteil an den geistigen und materiellen Gütern der Gesellschaft, das Recht des jüngern Geschlechts gegenüber den alten und traditionellen Anschauungen, das Recht des Weibes auf volle Selbständigkeit innerhalb und außerhalb der Ehe. Der Ruf nach voller Wahrheit in der Dichtung wurde auf die Forderung voller Wahrheit im Leben ausgedehnt. Man glaubte zu finden, daß die Institutionen der Gesellschaft, die Klassen, Sitten und Konvenienzen der Gesellschaft in vieler Hinsicht sich der freien Entwickelung des Individuums hindernd in den Weg legen, sie zwingen, unwahr zu sein, sie einschnüren und niederdrücken, und daß diese Verhältnisse von Grund aus einer Umwandlung bedürften. Der Geist des Individualismus ging durch die ganze realistische Dichtung und Problemlitteratur. Sie wählte deshalb ihre Stoffe hauptsächlich in der Absicht, ein soziales Gebrechen aufzudecken.
Die Folge davon war, daß diese Litteratur anfangs meist des Lebens Nachtseiten aufsuchte und schilderte: unglückliche Ehe, religiöse und sittliche Heuchelei, Armut und Not, seelische Gebrechen und Unwissenheit, und daß die geschilderten Charaktere solche waren, die entweder in unwahren oder ungesunden Verhältnissen untergingen, oder sich zum Kampfe gegen dieselben, zum Kriege gegen die von der Gesellschaft, der Religion oder der Sitte geheiligten Verhältnisse erhoben. Dadurch zog sich diese Litteraturrichtung den Vorwurf zu, daß sie mit Vorliebe das Niedrige und Häßliche aufsuche, und daß ihre Lebensanschauung eine pessimistische sei und ihr der Sinn für das Ideale vollständig abgehe. Dieser Vorwurf war indes nur scheinbar berechtigt, denn es lag gerade ein ideales Interesse dem Streben zu Grunde, den mangelnden Sinn für das Ideale in der Wirklichkeit hervorzuheben, und der Glaube an die Entwickelungsfähigkeit der Persönlichkeit, welcher in den meisten Schilderungen sich aussprach, war nichts weniger als pessimistisch. Dagegen ließ das Interesse für das Individuum diese Dichter gar oft die Bedeutung und Aufgabe der Gesellschaft und ihrer Institutionen verkennen und um der Schwächen willen die Sache selbst verurteilen, verführte verschiedene von ihnen durch die Macht der Konsequenz dazu, sogar gewisse Grundsätze der Sittlichkeit zu verneinen und im Bestehen auf dem abstrakten Rechte die Pflicht und die erziehende Bedeutung, welche im Zwang liegt, sich andern zu fügen, sich nach ihnen zu richten, sich für sie aufzuopfern, zu übersehen. Das war für manchen von diesen Schriftstellern gleichbedeutend mit Heuchelei und Feigheit, und mit größter Bitterkeit wurden namentlich die Gesellschaftsklassen angegriffen, welche als Repräsentanten des Bestehenden galten. Man teilte die Mitglieder der Gesellschaft in eine »obere« und eine »untere« Klasse, und mit
Entschiedenheit führte die neue Litteraturrichtung das Wort für die letztere, indem sie die Gegensätze zwischen beiden schärfte.
Schon in den letzten 70er Jahren und zu Anfang der 80er Jahre traten die hervorragendsten Schriftsteller dieser Richtung auf. In der Poesie war es Albert Ulrik Bååth, der mit seinen »Dikter« (1879) und »Nya dikter« (1881) einen neuen Ton anschlug. Die Form war eine andre, als man sie bisher gewohnt gewesen. Die landläufigen poetischen Bilder und Ausdrücke waren verschwunden und neue, kräftigere, aus der umgebenden Wirklichkeit und dem Alltagsleben genommen, an die Stelle getreten. Worte aus der Alltagssprache, die früher in der Poesie nicht für präsentabel galten, wagte er unerschrocken zu gebrauchen und vermengte sie sogar ab und zu mit Worten aus den Dialekten, da die Staatssprache prägnanter Ausdrücke für das, was er bezeichnen wollte, entbehrte. Ebenso war die Versbildung in gewisser Weise neu: wie in der altnordischen Poesie bildete hier die Betonung die rhythmische Grundlage. Zwar klang die Form hart und derb, aber das Frische und Originelle in derselben wog diesen Mangel auf. Der Inhalt war gleichfalls neu. In den Nationalgesängen lieh der Dichter seiner Liebe zu dem heutigen Schweden Worte und forderte zur Hebung des Volksgeistes namentlich durch die Verbreitung der Aufklärung in allen Schichten auf. Er malte Bilder, schilderte Stimmungen aus der Natur um ihrer selbst willen und zeichnete mit Vorliebe seine Heimat, die Schonensche Ebene, die sonst für unschön und unpoetisch gegolten. In Bildern und Situationen stellte er in scharfem Kontrast nebeneinander thatenloses Träumen und thatkräftiges Arbeiten, Reichtum und Armut, Überfluß und Elend, unthätiges Genußleben und harten Kampf ums Dasein, Unsittlichkeit unter konventioneller Tugendmaske, Funken von höherm Leben bei den Tiefgesunkenen oder von der Gesellschaft Ausgestoßenen. Auch erotische Gedichte neuer Art finden sich, kleine Bilder und Situationen, in welchen verschiedene Stimmungen aus der Geschichte der Liebe vorkommen: ihre ersten Träume, ihr Glück, erwachender Zweifel, Schmerz, Kummer und Verzweiflung. Bååth gehörte jedoch nie zu den Extremen dieser Richtung. Bitterkeit und Ungerechtigkeit führen nie das Wort in seiner Dichtung; er greift nie mit kalter Hand in des Lebens zarte Verhältnisse. In seiner dritten Gedichtsammlung: »Vid allfarväg« (1884), herrscht eine mildere Stimmung, er hebt nicht mit so großer Schärfe wie früher die sozialen Kontraste hervor, sondern sucht die Lichtpunkte auch in des Ärmsten Leben auf. Er schildert hier mit Vorliebe die Ruhe von der Arbeit, die Luft an der Arbeit und die Genügsamkeit und sieht in der Liebe des Lebens Bedeutung und in der pflichttreuen Arbeit seine erhaltende Macht. Die Form ist hier durchgearbeitet und vollendet, ohne an Ursprünglichkeit, Frische und Kraft verloren zu haben.
Gegen den Schluß der 70er Jahre trat auf dem Boden des Dramas und der Erzählung August Strindberg auf. In dem Schauspiel »Mäster Olof«, mit dem schwedischen Reformator Olaus Petri als Träger des Stückes, zeichnet er keck und kräftig den Kampf der neuen Zeit gegen die alte. Bei dem Reformator läßt er jedoch bald das Glühen für Wahrheit erkalten und die Ideen ein Kompromiß mit der Staatsrücksicht und eigennütziger Berechnung eingehen, während die rücksichtslose Konsequenz von einem Wiedertäufer vertreten wird, der deutlich die Sympathien des Dichters hat. Es war augenscheinlich, daß er in der Gärungszeit der Reformation seine eigne Zeit und in dem Kampfe gegen die alte Kirche den Streit des jüngern Geschlechts gegen die gleichzeitigen abgestorbenen Formen für das Ideal zu zeichnen suchte. Der Roman »Röda rummet« (1879) schilderte in einer Reihe von Bildern aus dem Leben des jüngern Geschlechts in Stockholm das Bohemientreiben der jüngern Schriftsteller- und Künstlergeneration. Die Hauptperson ist ein Wahrheitsfanatiker, der findet, daß nichts das ist, wofür es sich ausgibt, der offen seine Meinung ausspricht, deshalb auf allen Seiten anstößt, als gesellschaftsgefährlich angesehen wird, und dem es trotz aller Kenntnisse und Talente nicht gelingt, sich eine Stellung in der Welt zu machen. Die meisterhafte Zeichnung der Naturbilder und Interieurs, die mit kräftigem Realismus und treuer Anschaulichkeit ausgeführt sind, die lebendigen, unmittelbar aus dem Leben geschöpften Züge, die treffenden psychologischen Beobachtungen sowie der Geist der Frische und des Lebens, der durch das Buch ging, waren etwas Neues und machten großes Aufsehen, obgleich die Komposition sehr schwach und der Gedanke unklar war, ein Geist der Bitterkeit durch das Buch wehte, außerdem auch unnötig rohe Schilderungen vorkamen. Eine außerordentliche Produktivität brachte eine Arbeit um die andre zu stande. Infolgedessen waren die meisten bei all ihren großen Verdiensten, die sie in verschiedener Richtung hatten, zu wenig durchgearbeitet. Das Schauspiel »Gillets hemlighet« (1880) und »Herr Bengts husfru« (1883) folgten sich rasch. In »Svenska öden och äfventyr« bot er eine Reihe von historischen Erzählungen mit Stoffen aus verschiedenen Perioden. In dem ganzen äußern Apparat zeigten sie eine gute Zeitfärbung, aber die handelnden Personen waren doch immer verkleidete Menschen von heute, und unter der historischen Tracht sah man die scharfe Kritik gegen die Anschauungen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart durchschimmern. In der Forderung der Freiheit und des Rechts des Individuums trieb er es so weit, daß er die ganze Gesellschaft verdammte und in der Kultur eine bösartige Entartung erblickte; Kultur war für ihn Unnatur. Der Individualismus trieb die Konsequenz noch weiter. In »Giftas« (1885) greift er einzelne von den Fesseln an, welche die Sittlichkeit der schrankenlosen Freiheit auflegt. In dieser übrigens sehr talentvollen Arbeit, welche dem Verfasser wegen Verhöhnung des Nachtmahls eine Strafklage zuzog, von welcher er jedoch freigesprochen wurde, greift er mit den Waffen des Humors die übertriebenen Ansprüche der Frauen auf Selbständigkeit in der Ehe an, welche von einer Gruppe namentlich der neuern Litteraturrichtung angehörenden Schriftstellerinnen unter dem Einfluß von Ibsens »Et Dukkehjem« geltend gemacht worden. In seinem »Nya riket« (1882), seinen »Dikter« (1883), »Utopier« (1885) u. a. legt Strindberg dieselbe strenge Kritik an das Bestehende und entwickelt ein ganz eminentes Talent. Aber der Ton wird in allen seinen Arbeiten aus dieser Zeit immer bitterer, und seine Polemik richtet sich häufig in mehr oder minder versteckten Anspielungen gegen die Person, statt gegen die Sache. Auch artet der rücksichtslose Realismus in seinen Schilderungen nicht selten in Roheit aus. Ein Versuch in schwedischer Kulturgeschichte: »Svenska folket i helg och söken«, der 1881 zu erscheinen begonnen, in welchem das Leben der untern Volksschichten geschildert werden sollte, und in welchem auch dieselben Tendenzen wie in seinen belletristischen Arbeiten hervortreten, wurde von ihm selbst als mißglückt erkannt. Besser fiel eine andre kulturhistorische Arbeit