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Wurzeln von Holzgewächsen schmarotzen. Die erstgenannte Art wächst am Meeresstrand Südeuropas und Nordafrikas auf Tamarisken, Salikornien und Melden, deren Wurzeln die Haftorgane aufsitzen. Oberhalb der Erde erscheint ein fleischiger, dunkelroter Sproß, der unterseits Blattschuppen, oberseits einen cylindrischen Blütenkolben trägt; unter der Erde verlängert er sich in ein kurzes Rhizom, [* 2] das dicht mit wurzelähnlichen, die Verbindung mit der Nährwurzel bewerkstelligenden Fortsätzen besetzt ist.
Bei der Keimung entwickelt, wie bei Orobanche, das untere Ende des ungegliederten Keimlings auf einer Nährwurzel eine spindelförmige Anschwellung, in welcher die Anlagen der Stamm- und Wurzelorgane entstehen; die Blütensprosse bilden sich als direkte Verlängerungen des cylindrischen Rhizoms. Bei andern Balanophoreen dagegen werden die blütentragenden Zweige im Innern eines mächtig entwickelten Knollenstockes angelegt und durchbrechen später die Rinde desselben, welche als ring- oder becherförmige, bisweilen auch gelappte Scheide am Grunde der Blütenstandachse stehen bleibt.
Das in Brasilien [* 3] einheimische Lophophyton mirabile, das auf unsrer Tafel, [* 1] Fig. 3, dargestellt ist, bildet ½-15 kg schwere Knollen, [* 4] die aus einem anfangs mit Schuppenblättern besetzten Rhizom hervorgehen, und denen die 1-1,5 cm langen, fingerdicken, weißlichen oder rötlichen Spindeln mit gelben oder orangefarbigen Blütenköpfchen entspringen. Verzweigte Blütenstände hat die im Kapland vorkommende Sarcophyte sanguinea; bei der amerikanischen Gattung Scybalium sind sie flach und hutpilzähnlich, bei andern kugelig oder keulenförmig.
Häufig nimmt z. B. bei der teils amerikanischen, teils südasiatischen Gattung Balanophora an der Knollenbildung auch das Gewebe der [* 5] Nährwurzel teil, indem es strangartige, fächer- oder geweihförmig angeordnete Holzmassen in den Schmarotzerkörper aussendet. Die Rinde einiger Gattungen (Balanophora, Langsdorffia und Thonningia) zeichnet sich durch reichlichen Gehalt eines wachsartigen, brennbaren Stoffes aus, der auf Java und in Neugranada die Verwendung der Rhizome zu Kerzen veranlaßt.
Den knollensproßtreibenden Balanophoreen schließt sich die kleine, nur aus 8 Arten (und zwar 7 südafrikanischen und einer amerikanischen Art, Prosopanche Burmeisteri) bestehende Familie der Hydnoraceen an, deren Formen als Ansatz der Nährwurzel ebenfalls einen knollenartigen Stock besitzen; letzterer trägt bei ihnen aber eigentümliche, walzenförmige oder kantige Zweige (Rhizoidzweige), an welchen ohne jede Blattbildung in Gestalt kugeliger Bauchpilze die Blütenknospen auftreten; letztere öffnen sich an der Spitze mit drei fleischigen Klappen (Blütenblättern) und strömen dann einen widerlichen Aasgeruch aus.
Für die letzte Reihe, die Thallussproßschmarotzer, welche von der Familie der Rafflesiaceen gebildet wird, erscheint die Bildung eines im Gewebe der Nährpflanze zwischen Holz [* 6] und Rinde auftretenden, thallus- oder myceliumartigen Vegetationskörpers bezeichnend, aus welchem die Blütensprosse hervorgehen; die gewöhnliche Gliederung der höhern Pflanzen erscheint damit völlig aufgegeben. Die Familie umfaßt nur 24 Arten, von denen eine einzige, nämlich der auf Cistrosen schmarotzende, durch verzweigte Blütenstengel und gelbe Blüten mit hochroten Deckblättern ausgezeichnete Cytinus Hypocistis, in Südeuropa einheimisch ist.
Sein Vegetationskörper wächst zwischen Kambium [* 7] und Holz der Wirtspflanze zu einem Hohlcylinder aus, der fortgesetzt von neuen Nährholzschichten überlagert wird, und aus welchem die Anlagen der nach außen durchbrechenden Blütensprosse entstehen. Bei den übrigen Rafflesiaceen ist der Vegetationskörper auf ein Geflecht von Thallusfäden beschränkt, welche das Gewebe der Nährpflanze durchwuchert und an einzelnen Stellen zu Gewebeballen (Floralpolster) zusammentreten, in welchen die später nach außen durchbrechenden Blüten angelegt werden. Bei dem amerikanischen Apodanthes Flacourtiana (s. Tafel, [* 1] Fig. 4) durchbrechen die sehr kleinen Blütensprosse herdenweise die befallene Nährrinde, während die 5-6 Arten der Gattung Rafflesia auf Java, Sumatra und den Philippinen sich durch ihre tellerförmigen, fünflappigen, dicht den Nährwurzeln aufliegenden Riesenblumen auszeichnen;
die kleinste Art (Rafflesia Rochussenii) in Westjava hat Blüten von 0,15 m, die größte, R. Arnoldi auf Sumatra, deren Blüte [* 8] einem riesigen Kohlkopf gleicht, zeigt 1 m Durchmesser und rote Blumenblätter mit hellern, flachen Warzen;
die auf der Tafel, [* 1] Fig. 5 abgebildete R. Padma auf Java liegt mit ihren fleischfarbenen Blüten den schlangenförmig über den Waldgrund sich hinziehenden Wurzeln von Cissus-Arten auf und entwickelt einen unangenehmen Leichengeruch;
ihre in einer breiigen Fruchtmasse eingebetteten kleinen Samen [* 9] sollen durch die Füße der Elefanten verbreitet werden, da die Pflanze vorzugsweise an den von diesen Tieren eingehaltenen und mit ihrem Kot gedüngten Pfaden gefunden wird.
Die ebenfalls auf den südasiatischen Inseln einheimischen Brugmansia-Arten haben flach kegelförmige, in zahlreiche, schmale Lappen geteilte, große Blüten von ca. 1 cm Durchmesser, während die Gattung Pilostyles, von denen eine Art (P. Haussknechtii) auf Tragantsträuchern in Syrien und Kurdistan, die übrigen Spezies in Südamerika [* 10] und Afrika [* 11] (Angola) vorkommen, aus kleinblütigen Formen besteht. Bei allen diesen S. beschränkt sich der zur Ernährung bestimmte Körper der Pflanze auf bloße Thallusfäden, die teils in der Rinde älterer Stämme und Wurzeln (Rafflesia Brugmansia), teils (bei Pilostyles Haussknechtii) in jungen Trieben der Nährpflanze wuchern; bei Pilostyles aethiopica treten dagegen in der Rinde des Wirtes sitzende, massige Gewebekörper auf, die zu dem Hohlcylinder von Cytinus überleiten.
Der Entwickelungsgeschichte [* 12] nach bilden die S. drei durch einzelne Übergänge verknüpfte, aber doch deutlich gesonderte Gruppen, von denen die erste und unterste Stufe aus den chlorophyllhaltigen, erdbewohnenden Formen der Halbschmarotzer (Rhinanthaceen, Santalaceen) besteht; bei ihnen entwickelt das obere Stammknospenende des normal gebildeten Keimlings gewöhnliche Laubblattstengel und das untere Wurzelende Wurzeln, die ausschließlich die parasitären Organe der Anheftung (Haftscheiben) und Ernährung (Saugfortsätze) erzeugen.
Beziehungen zu den Humuspflanzen sind hier deutlich vorhanden (s. oben). Den Übergang zu weiter fortgeschrittenem Parasitentum bildet Lathraea durch das Aufgeben der selbständigen Assimilationsthätigkeit und Reduktion der Laubblätter zu Schuppen. Bei einer zweiten Gruppe von S., den Stammparasiten (im entwickelungsgeschichtlichen Sinn), bildet sich vorwiegend nur das Stammknospenende des Keimlings aus, während das Wurzelende frühzeitig zu Grunde geht oder umgestaltet wird;
die Stammknospe entwickelt sich entweder zu einem fortgesetzt in die Dicke wachsenden Holzstamm mit selbständiger Assimilation (viele Loranthaceen) oder zu einem chlorophyllarmen, wenig oder gar nicht verdickungsfähigen Schlingstengel ¶
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(Cassytha, Cuscuta); [* 14] die parasitären Organe vertreten physiologisch die Wurzel [* 15] und passen sich bei den Loranthaceen durch besondere Neubildungsgewebe (Rindenwurzeln, Senker) der dikotylen Stammverdickungsform an; bei Cuscuta wie auch bei andern krautartigen S. tritt dagegen die Bildung von parasitären Thallusfäden als letzter Ausläufer der Haustorien auf. Die Gruppe scheint aus stammbewohnenden oder windenden Epiphyten hervorgegangen zu sein; wie eine Anzahl von Scheinschmarotzern, besitzen auch viele Stammparasiten zur Anheftung an hochgelegenen Baumästen geeignete Früchte (Klebschicht in den Beeren der Loranthaceen, Haftborsten der Myzodendreen).
Bei der dritten Gruppe, den Wurzelparasiten (im entwickelungsgeschichtlichen Sinne), wächst umgekehrt wie bei der vorhergehenden Reihe nur das untere Ende des stets ungegliederten Embryos weiter, während sein oberes Ende zu Grunde geht; als Hauptvegetationsorgan entsteht entweder ein außerhalb der Wirtspflanze verbleibendes, mehr oder weniger reduziertes, häufig knollenförmiges Rhizom (Orobancheen, Balanophoreen) oder ein völlig in der Nährpflanze eingeschlossener Thallus (Rafflesiaceen); diesem oder dem außerhalb der Wirtspflanze verharrenden Vegetationskörper entspringen in verschiedener Weise angelegte Blütensprosse.
Der Thallus wiederholt (bei Rafflesia u. a.) entweder die Mycelialfäden von Cuscuta oder bildet dem dikotylen Stammbau angepaßte, fortbildungsfähige Gewebekörper (bei Cytinus) und stellt den verkümmerten Rest einer Blütenpflanze dar, die ihre vegetativen Hauptorgane, nämlich Wurzeln und assimilierende Sproßteile, vollständig verloren hat. Parallel [* 16] mit dieser Rückbildung der vegetativen Teile geht eine ebensolche der Fortpflanzungsorgane, indem sowohl die Samenknospen als ihre Träger [* 17] (die Placenten) und ihre Einschlüsse (Embryonen) eine Reihe merkwürdiger Umbildungen und Gliederungshemmungen erfahren, durch welche das Erkennen der systematischen Zugehörigkeit stark rückgebildeter schmarotzender Pflanzenfamilien zu einer sehr schwierigen Aufgabe gemacht wird. Nach Solms-Laubach, Eichler und Engler werden die Balanophoreen zu der Verwandtschaft der Santalaceen, die Rafflesiaceen und Hydnoraceen dagegen in die Nähe der Aristolochiaceen gestellt. Bei letztern S. kann vielleicht ebenfalls ein epiphytischer Ursprung angenommen werden, wofür das Verhalten des parasitären Thallus bei Cytinus und die Verbreitung durch beerenartige Früchte zu sprechen scheinen.
In der geographischen Verbreitung der S. zeigen sich ähnliche Verhältnisse wie bei den Epiphyten (s. den Artikel in Bd. 17), indem die Mehrzahl der Arten die tropischen Gegenden beider Halbkugeln bewohnt. Die Hauptmasse (ca. 540 Arten) bilden die Loranthaceen, die sich ungefähr zur Hälfte auf die Alte und Neue Welt verteilen, und denen sich in biologischer Hinsicht einige Santalaceen (15) und Myzodendreen (9) anschließen. Die halbschmarotzenden Rhinanthaceen (etwa 340 Arten, unter denen die des Parasitismus nur verdächtigen mitgezählt sind) und Santalaceen (ca. 160 Arten) bilden die zweitgrößte Gruppe; von ersterer Familie kommen in Europa [* 18] 85, von der zweiten 20 Vertreter vor, während von Loranthaceen nur 5 Arten daselbst einheimisch sind.
Unter den Schlingschmarotzern (92 Arten) ist die Mehrzahl der Cuscuta-Arten in Amerika, [* 19] die der Kassytheen in Australien [* 20] ansässig. Die Orobancheen (ca. 150 Arten) bewohnen vorwiegend das Waldgebiet beider Hemisphären und treten sonst nur mit einzelnen Arten auf, scheinen jedoch in Australien zu fehlen. Die Balanophoreen, Rafflesiaceen und Hydnoraceen (zusammen ca. 70 Arten) sind mit wenigen Ausnahmen Tropenbewohner und bilden besondere Gattungen, resp. Arten auf der östlichen und westlichen Halbkugel aus; Afrika zeigt sich auch bei dieser Familie wie für die Epiphyten als der verhältnismäßig artenärmste Weltteil.
Vgl. Solms-Laubach, Über den Bau und die Entwickelung parasitischer Pflanzenorgane (in Pringsheims Jahrbüchern, Bd. 6);
Derselbe, Das Haustorium der Loranthaceen und der Thallus der Rafflesiaceen und Balanophoreen (in »Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle«, [* 21] Bd. 13);
Derselbe, Rafflesiaceae (in »Flora brasiliensis«, Heft 77);
Eichler, Balanophoraceae (ebenda, Heft 47);
Schimper, Die Vegetationsorgane von Prosopanche Burmeisteri (»Abhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle«, Bd. 10);
Koch, Die Klee- und Flachsseide (Heidelb. 1880);
Derselbe, Untersuchungen über die Entwickelung der Orobancheen (»Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft«, 1883);
Engler, Loranthaceae und Balanophoraceae (in Englers »Natürliche Pflanzenfamilien«, Leipz. 1889);
Kerner v. Marilaun, Pflanzenleben, Bd. 1 (Leipz. 1887), welchem Werke die Abbildungen der Tafel entnommen sind.