Würfeln von verschiedener Seitenlänge (vorläufig 1-15 mm) verwendet. So ergaben z. B. bei der 7,5 cm Schnellfeuerkanone des
Grusonwerkes 600 g 3 mm Würfel 503 m Anfangsgeschwindigkeit bei 1936 Atmosphären, 650 g 4 mm Würfel 498 m Anfangsgeschwindigkeit
bei 1604 Atmosphären Gasdruck; 725 g 4 mm Würfel ergaben 546 m Anfangsgeschwindigkeit bei 2089 Atmosphären,
dagegen 1,5 kg grobkörniges S. C/86: 538 m Anfangsgeschwindigkeit bei 2547 Atmosphären.
In Schweden befindet sich ein vom Ingenieur Skoglund erfundenes rauchloses S. im Versuch, welches Hafergrütze ähnlich sieht
und seiner Farbe nach Graupulver genannt wird. Nach der Patentbeschreibung besteht es aus einem Nitrat, dessen brisante Wirkung
durch Zusatz eines Salzes (vermutlich salpetersaures Ammoniak) herabgemindert wird. Es soll, wie durch nächtliche Schießversuche
festgestellt wurde, beim Schießen keine Flamme geben, wenig Wärme entwickeln und geringen Rückstoß haben. In England ist ein
seines bindfadenförmigen Aussehens wegen Kordite genanntes rauchfreies S. unter der Bezeichnung E. X. E. als Geschützpulver
eingeführt worden. Es hat außerordentlich glänzende Feuererscheinung und stärkern Knall als Schwarzpulver;
es wird in Waltham-Abbey gefertigt. In Österreich ist beim Gewehr 88 ein vom Major Schwab in der Dynamitfabrik zu Preßburg angefertigtes
rauchfreies S. im Gebrauch, welches sehr befriedigt. Libbrecht, Direktor der Gesellschaft von Copal u. Co. in Wetteren (Belgien,
Ostflandern), hat Mitte 1890 ein rauchloses Pulver erfunden, Körner von 2 cm Seitenlänge, welches bei Schießversuchen in Caulille
sich gut bewahrte.
Vgl. Abel, Smokeless explosives, in »Chemical News and Journal of Physical Science«, Nr. 1582 und 1583, März 1890.
Die Anwendung des rauchlosen (rauchschwachen) Schießpulvers übt einen bedeutenden Einfluß auf die Taktik
aus. Durch den Fortfall des Rauches beim Schießen geht das wesentlichste und oft einzige Merkmal verloren, den Feind im Gelände
zu entdecken, seine Stellung in ihrer ganzen Ausdehnung zu übersehen; aber es geht dadurch auch der feuernden Truppe die Deckung
der eignen Bewegungen verloren, die der Pulverrauch gegen feindliche Beobachtung gewährt. Anderseits ist
dadurch das wesentlichste Hindernis scharfen Zielens, wie zur Beobachtung des eignen Feuers und seiner Wirkung beseitigt. Es
handelt sich nun darum, theoretisch und, soweit es die Übungen gestatten, auf Grund praktischer Anschauungen und Erfahrungen
die Grenzen dieses Einflusses auf beiden Seiten sowie diejenigen Maßnahmen festzustellen, mit deren
Hilfe man in den verschiedenen Kampfverhältnissen den Nachteilen dieses Einflusses begegnen und seine Vorteile ausbeuten kann.
Die Ausübung des Sicherheits- und Aufklärungsdienstes wird bedeutend erschwert, da die weithin sichtbare Kavallerie von der
Infanterie mit ihrem weittragenden Gewehr beschossen werden kann, ohne daß sie zu entdecken vermochte, woher das
Feuer kam. Daraus folgt, daß das neue Pulver die Möglichkeit erfolgreicher Überfälle vermehrt. Alle zu Fuß kämpfenden Truppen,
also auch die abgesessen kämpfende Reiterei, werden vom Spaten den ausgiebigsten Gebrauch machen, um sich Deckung zu verschaffen,
denn der gute Schütze kommt bei der Übersehbarkeit des Schlachtfeldes mit seiner ausgezeichneten, weittragenden
Schußwaffe heute viel mehr zur Geltung als je. Die Infanterie wird deshalb schon auf größern Entfernungen sich zum Gefecht
formieren müssen; ihre eigentliche Kampfform ist die aufgelöste
Ordnung, die Schützenlinie.
Die Reiterei findet für ihre Attacken, deren Erfolg nicht selten von ihrer überraschenden Ausführung abhängt, nicht mehr
den deckenden Pulverdampf und wird daher mit Sorgfalt in größern Entfernungen durch das Gelände gedeckte
Aufstellungen suchen müssen und dadurch zu viel weiter ausgreifendem, oft verlustreichem Anlauf gezwungen sein. Den größten
Gewinn vom neuen S. hat die Feldartillerie, deren Wirksamkeit von ununterbrochener, klarer Beobachtung und scharfem Richten abhängt.
Sie ist nicht mehr gezwungen, bei der Wahl ihrer Aufstellung Rücksicht auf die Windrichtung zu nehmen,
sondern geht dahin, wo sie die beste Feuerwirkung erwarten kann und, wenn möglich, gedeckt ist. Das französische Reglement
sagt: vor allem sehen; sodann, wenn möglich, nicht gesehen werden! Das deutsche: jede Rücksicht auf Deckung muß derjenigen
auf Feuerwirkung nachstehen. Um das Krepieren ihrer Geschosse besser beobachten zu können, wird die Artillerie
sich stark rauchender Sprengladungen bedienen. Im Festungskrieg wird die Artillerie, noch viel mehr als bisher, ihre Erfolge
vom Wurffeuer zu erwarten haben, da das für das Demontieren notwendige Erkennen der feindlichen Geschützstellung wegen Mangels
an Raucherscheinung nur ausnahmsweise gelingen wird.
Vgl. v. Löbell, Jahresberichte über Veränderungen
und Fortschritte im Militärwesen (1890,2. Teil);
die anonymen Broschüren: »Das rauchlose Pulver und sein Einfluß auf die
Gestaltung des Gefechts im allgemeinen sowie auf das Gefecht der einzelnen Waffengattungen« (Berl. 1889),
»Das rauchfreie Pulver.
Ergebnisse seiner Anwendung im Manöver« (das. 1889),
»Wird das rauchschwache Pulver die Verwendbarkeit
der Kavallerie beeinträchtigen?« (das. 1890);
Wiebe, Das rauchschwache Pulver und seine Bedeutung für den Festungskrieg (das.
1890);
»La poudre sans fumée et ses conséquences tactiques, par le colonel B.«
(Par. 1890);
Moch, La poudre sans fumée et la tactique (das. 1890; deutsch im »Militär-Wochenblatt«
Berl. 1890, Nr. 21 ff.);
»Der Einfluß des rauchfreien und schwach knallenden Pulvers auf die Taktik« (in den »Jahrbüchern für die deutsche Armee und
Marine«, das. 1889).
vom preußischen Artillerieobersten Rohne erfundene Anleitung zum applikatorischen Studium der Schießregeln
u. Feuerleitung der Feldartillerie. Der Spieler erhält eine Aufgabe, welche er unter Vornahme der Korrektur
auf Grund der ihm gegebenen Beobachtungen unter Abgabe der reglementarischen Kommandos zu lösen hat. Aufschlag der Granaten, Lage
des Sprengpunktes der Schrapnells werden mit Hilfe einer Tabelle und von Losen durch den Leitenden ermittelt. Das S. kann sowohl
zur Vorbildung für die Feuerleitung in Batterien als zur Prüfung der Schießregeln dienen. Durch entsprechende
Umrechnung der Tabellen würde das S. auch für die Fußartillerie verwendbar.
Vgl. Rohne, Artillerte-Schießspiel (Berl.
1891).
Von Beauchamp-Tower ist eine Vorrichtung angegeben, durch welche auf Schiffen ein von den Schwankungen unabhängiger
Standpunkt geschaffen werden soll. Sie besteht in einer Plattform, welche schwingend aufgehängt und mit
hydraulischen Cylindern ausgestattet ist, deren Kolben sich gegen feste Punkte des Schiffes stützen. Diese Cylinder sollen nun
im Verein stets so wirken, daß sie die Plattform in wagerechter Lage erhalten. Es muß das Betriebswasser je nach der Neigung
des Schiffes in die Cylinder auf der einen Seite reichlicher
mehr
eindringen als auf der andern, um die Entfernung zwischen den die Schiffsbewegungen mitmachenden Kolben und den Cylindern stets
so zu regeln, daß die wagerechte Stellung der Plattform herbeigeführt wird. Um dies zu stande zu bringen, bedient sich Beauchamp-Tower
eines an der Plattform angebrachten Gyroskops (s. Bd. 7, S. 967), welches durch ein mittels eines Kugelzapfens
frei beweglich aufgehängtes Rad gebildet wird, das um seine senkrechte Achse mit ungefähr 15 Umdrehungen in der Sekunde rotiert.
Die dauernde Rotation wird durch Druckwasser von 7 Atmosphären herbeigeführt, welches durch den hohlen Kugelzapfen zugeführt
wird und, in tangentialer Richtung ausströmend, das Rad wie eine Reaktionsturbine umtreibt. Die schnelle
Umdrehung des Rades bewirkt, wie bei jedem Kreisel, daß seine Drehungsachse stets senkrecht bleibt, wenn auch die Plattform
beginnen sollte, sich zu neigen. Aus einer zentrischen, aufwärts gerichteten Ausflußöffnung des Rades wird daher stets
ein senkrecht emporsteigender Wasserstrahl austreten.
Dieser tritt nun auf vier eng zusammenstehende Fangdüsen, welche mit der Plattform fest verbunden sind
und die Enden von den zu den vier Cylindern führenden Leitungsrohren bilden. Die gegenseitige Lage der Ausflußöffnung des
Rades und der Fangdüsen ist derart, daß bei wagerecht stehender Plattform die Achse des Wasserstrahls gerade in die Mittellinie
der Düsen fällt, so daß der Stoß des Wasserstrahls sich gleichmäßig auf alle vier Düsen verteilt
und somit in den vier Cylindern gleiche Pressung herrscht. Sobald aber die Plattform sich nach irgend einer Seite neigt, stehen
die vier Düsen nicht mehr zentrisch zum Wasserstrahl, die Pressungen in den Druckcylindern sind ungleich, infolge wovon eine
Verstellung der Platte durch die Cylinder mit stärkerer Pressung eintritt, bis die Düsen ihre mittlere
Stellung wiedererlangt haben, die Plattform also wieder wagerecht steht.
Von Haenlein in Frauenfeld (Schweiz) wird zur Fortbewegung von Schiffen ein Strahl komprimierter Luft in Vorschlag gebracht, derart,
daß der stetige Druck der Luft auf das Wasser zur Geltung kommen soll. Der Luftstrahl wird nicht ins freie
Wasser entsendet, sondern gibt in einer oben und zu beiden Seiten geschlossenen, unten offenen Rinne (Druckrinne) seine Kraft
an das Wasser ab. Beim Eintreten eines Luftstrahls in das freie Wasser kommt nur ein geringer Teil der dem Strahl innewohnenden
Arbeit durch Reaktion zu nutzbarer Verwendung, während der Luftstrahl in der Haenleinschen Druckrinne
eine höhere Nutzleistung als Schraube und Schaufelrad ergeben soll.
Dabei soll das Wasser spiegelglatt bleiben. In den Figuren 1 und 2 bedeutet a das Schiff, b den Dampfkessel, c den zur Erzeugung
der Preßluft erforderlichen, durch Dampfkraft betriebenen Luftverdichter; d und d1 sind die beiden
seitlich am S. angebrachten Druckrinnen, in welchen der Luftstrahl zur Wirkung kommt, e sind Leitschaufelapparate, welche
ein ruhiges Austreten der Luft bewirken sollen, f und f1 sind Austrittsdüsen. Die verdichtete Luft gelangt durch die Rohre
g und g1 zu den Druckrinnen, tritt bei A in
das Wasser, drückt bei ihrem Wege aufwärts zu den Leitschaufelapparaten
auf das Wasser, wodurch das S. vorwärts getrieben wird, und geht durch den Leitschaufelapparat, bez.
die Düsen f und f1 ins Freie. Zum Rückwärtsfahren wird die Luft bei B statt bei A eingeführt, die Leitschaufeln werden
entsprechend umgestellt.
Natürlich kann man dadurch, daß man auf einer Seite des Schiffes die Vorwärtsstellung, auf der andern die Rückwärtsstellung
eintreten läßt, eine Drehung des Schiffes herbeiführen. Mit einem Schiffsmodell von 1200 mm Länge, 260 mm Breite, 100 mm Schiffstauchung, 15 mm
Breite der Druckrinne und einer effektiven Leistung der Dampfmaschine von 1/1154 Pferdekraft wurden Versuche
angestellt. Das Modell erreichte in stehendem Wasser eine Geschwindigkeit von 0,14 m in der Sekunde, wobei ein Schiffswiderstand
von 33 g ermittelt wurde. Diese Art der Schiffspropulsion soll nach der Ansicht des Erfinders besonders auf Kanälen Verwendung
finden, wo häufig der Pflanzenwuchs so dicht ist, daß Schrauben und Räder in kürzester Zeit unwirksam
werden, und wo der durch diese Treibmittel erzeugte Wellenschlag die Ufer geschädigt.
Um längs der Flußläufe und Kanäle an jeder Stelle eine mechanische Zugkraft zu haben, die von jedem S. benutzt werden kann,
hat man wiederholt Versuche gemacht, ein Seil ohne Ende, welches, längs der beiden Ufer laufend, von einem
Motor in Bewegung gesetzt wird, zum Schiffziehen zu verwenden. Doch zeigten sich dabei beträchtliche Schwierigkeiten, welche
hauptsächlich darin bestanden, die Führung und Unterstützung des Seiles derart zu gestalten, daß Brücken, Schleusen und
Biegungen der Strecke unbehindert passiert werden können, ferner in der Einrichtung der Greifer zum Verbinden
der Schiffsleine mit dem Zugseil.
Lévy und Oriolle haben unabhängig voneinander in verschiedener Weise die Beseitigung dieser Schwierigkeiten angestrebt, wobei
sie hauptsächlich folgende drei Aufgaben zu lösen hatten: Die Leine, welche das S. mit dem Triebseil verbindet, soll mittels
einer Vorrichtung angehängt werden, welche es dem Bootsmann ermöglicht, die Fahrt an jeder Stelle des
Wasserlaufs zu beginnen oder zu unterbrechen, ohne ans Land steigen zu brauchen;
die Bewegung soll beim Beginn der Fahrt mittels
eines besondern Mechanismus in der Weise übertragen werden, daß dem S. die Fahrgeschwindigkeit mit Vermeidung jedes Stoßes
nur allmählich erteilt wird;
das Zugseil soll mit seinen Leitrollen in solcher Verbindung stehen, daß
es sich von ihnen nicht trennen kann.
Die Systeme Lévy und Oriolle sind auf Versuchsstrecken praktisch verwendet worden, welche
die gleichen örtlichen Schwierigkeiten (Brücken, Schleusen, Krümmungen) darbieten, das System Lévy auf dem Kanal St.-Maurice
bei Paris (Streckenlänge 5 km), das von Oriolle auf dem Kanal von St.-Quentin bei Tergnier (Streckenlänge 3 km).
Die hierbei erzielten Erfolge waren zufriedenstellend, und man geht damit um, eine 140 km lange Strecke der Belgien mit Paris
verbindenden Kanallinie Etrun-Janville mit der Lévyschen Einrichtung zu versehen.