mehr
vollständig. Besonderes Interesse verdienen zwei große Paarhufer (Hyopotamus und Entelodon). Entelodon hat bloß zwei Zehen und schweineähnliche Zähne, [* 2] Hyopotamus ist vierzehig und erinnert im Schädelbau und in der vordern Partie des Gebisses ungefähr an die Kamele. [* 3] Im ganzen lassen sich beide am ehesten mit dem Flußpferd vergleichen, mit welchem sie auch so ziemlich in der Größe übereinstimmen. Dies gilt auch von dem geologisch etwas jüngern Anthracotherium. Dasselbe findet sich meist in Braunkohlenlagern und besitzt eine weite Verbreitung (Steiermark, [* 4] Dalmatien, Oberitalien, [* 5] Frankreich, Rheinland, Oberbayern und Westschweiz).
Mit Beginn des Miocäns entwickeln die Hirsche [* 6] einen bemerkenswerten Formenreichtum in der Gattung Palaeomeryx, doch bekommen dieselben erst im Obermiocän ein Geweih und zwar ein einfaches Gablergeweih (Dicrocerus). Dafür besitzen diese Formen ganz so wie die geweihlosen Hirsche der Jetztzeit im Oberkiefer lange, dolchartige Eckzähne. Es scheinen unter diesen Palaeomeryx Typen der beiden Hauptgruppen der gegenwärtigen Hirsche vertreten zu sein, wenigstens gibt es unter ihnen sowohl solche, bei welchen sich der obere Teil der Seitenzehen erhalten hat, als auch solche, bei welchen der untere Teil derselben geblieben ist, Organisationsverhältnisse, auf welchen die Hauptunterscheidung der lebenden Hirsche beruht.
Neben Palaeomeryx kommt auch schon im Obermiocän der jetzt in Westafrika lebende, vierzehige, aber geweihlose Hyaemoschus vor sowie zahlreiche Schweine [* 7] (Palaeochoerus, Hyotherium). Im Untermiocän enden die Cänotherien, der letzte Rest der altertümlichen europäischen S. Pferde [* 8] finden sich nur im Obermiocän als dreizehige Anchitherien, dagegen sind Rhinozeroten und Tapire sehr häufig u. lassen auch die allmählich fortschreitende Komplikation der vordern Backenzähne, die erstern auch das allmähliche Verschwinden des vierten Fingers erkennen. Im Obermiocän gibt es endlich auch die ersten Antilopen sowie Proboscidier, das Dinotherium mit ziemlich einfachen, aber relativ zahlreichen Backenzähnen u. kräftigen Stoßzähnen im Unterkiefer und die schon elefantenähnlichen Mastodon, bei welchen obere und untere Stoßzähne vorhanden, die letztern aber schon sehr klein geworden sind, während von den aus drei oder vier Jochen bestehenden Backenzähnen in jedem Kiefer nur noch zwei zu gleicher Zeit funktionieren.
Die Fleischfresser sind im Miocän sehr zahlreich. Wir bemerken hier Ahnen der Fischottern, Edelmarder, Iltisse, Zibetkatzen und die Vorläufer der Bären, die Amphicyon, bei welchen zwar das Gebiß noch an jenes der Hunde [* 9] erinnert, während das Skelett [* 10] schon fast ganz bärenartig geworden ist. Im Obermiocän treten zahlreiche Katzen [* 11] auf, ferner ein Dachs, dessen Zähne freilich noch an jene der Edelmarder erinnern, ein echter Hund und die Gattung Hyaenarctos, das Bindeglied zwischen den Amphicyon und den echten Bären, insofern auch bereits die hintern Backenzähne einen kompliziertern Bau aufweisen.
Von Insektenfressern kennt man Spitzmäuse, Maulwürfe, Igel und die ausgestorbenen Dimylus und Parasorex, die letztern den Makroscelididen Afrikas und den Cladobates des Indischen Archipels, die erstern den Igeln nahestehend. Die Nager sind vertreten durch Biber, Hasenmäuse (Myolagus und Lagomys), Eichhörnchen, Siebenschläfer, ein Stachelschwein und die Ahnen der Mäuse (Cricetodon). Die Fledermäuse schließen sich den lebenden schon sehr innig an. Das Untermiocän enthält die letzten europäischen Beuteltiere [* 12] (Peratherium).
Das Obermiocän liefert Affen [* 13] und zwar mehrere Anthropomorphen, nämlich Pliopithecus, den Stammvater der Gibbons und Dryopithecus, [* 14] welcher wohl den gemeinsamen Stammvater von Orang-Utan und Schimpanse darstellt. Untermiocäne Ablagerungen sind entwickelt in Böhmen, [* 15] bei Mainz, [* 16] Ulm [* 17] und St.-Gérand le Puy (Allier), obermiocäne bei Sansan (Gers), Orléans, [* 18] Lyon, [* 19] Steinheim (Württemberg), [* 20] Georgensgmünd (Franken), in der bayrisch-schwäbischen Hochebene und in Steiermark, hier als Braunkohlen. Eine allerdings jüngere Ablagerung in Toscana lieferte den Ahnen des Gelada-Affen, den Oreopithecus.
Im Unterpliocän, Pikermi bei Athen, [* 21] Vaucluse, Lyon und Worms [* 22] etc., tritt zum erstenmal in Europa [* 23] ein Pferd [* 24] mit hoher Zahnkrone auf (Hipparion), doch besitzt dasselbe noch zwei vollständige Seitenzehen. Daneben finden sich zahlreiche Antilopen, das gewaltige hirsch- oder giraffenähnliche, aber relativ kurzbeinige Helladotherium, Giraffen, Hirsche mit stark verästeltem Geweih, ein Schwein, [* 25] Rhinozeroten, Mastodon und Dinotherium und ein Chalicotherium von Nashorngröße.
Diese Gattung hat jedoch schon vom Untermiocän an in Europa gelebt. Der Zahnbau stimmt nahezu mit dem der ausgestorbenen Brontotherien Nordamerikas überein, die Extremitäten jedoch erinnern wenigstens in der Form der Zehen an die Edentaten; die Zehenzahl beträgt drei. Von Nagern ist nur ein Stachelschwein bemerkenswert. Von Raubtieren sind zu nennen: Hyaenarctos, Simocyon, der letzte Rest der Cephalogalen, Stinktier, [* 26] Dachs, eine Zibetkatze (Ictitherium), zahlreiche Katzen, darunter Machairodus, ausgezeichnet durch die Länge der obern Eckzähne. Ferner erscheinen hier die ersten Hyänen in Europa. Die Affen sind vertreten durch Mesopithecus, den Ahnen von Macacus und Inuus.
Die Tierwelt des Oberpliocäns ist im ganzen nur die Fortsetzung der unterpliocänen. Die Reste finden sich in der Auvergne und in Toscana. Von Huftieren kennt man Hirsche in verschiedener Größe und mit meist sehr kompliziertem Geweih, Schwein, Nashorn, Tapir und Mastodon. In Italien [* 27] treten aber auch bereits Flußpferd, ein echtes Pferd (Equus Stenonis), ein echtes Rind [* 28] und ein echter Elefant [* 29] auf. Von Raubtieren sind zu nennen Hunde, Hyänen, Katzen, darunter ebenfalls wieder Machairodus, Marder [* 30] und der erste echte Bär.
Die Affen haben einen Vertreter in Aulaxinuus, dem lebenden Inuus (pavianähnlich) sehr nahestehend. Die Tierwelt des europäischen Diluvium [* 31] ist im ganzen bereits die gleiche wie in der Gegenwart, nur lebten während des ältern Quartär noch ein Flußpferd in Europa, während des jüngern Diluvium auch noch die Höhlenhyäne, der Höhlenbär, das Mammut (Elephas primigenius) und ein Rhinozeros, die jedoch im Gegensatz zu dem etwas ältern Elephas antiquus und dem Rhinoceros Merckii eine Organisation besaßen, welche sie befähigte, dem rauhen Klima [* 32] der Eiszeit [* 33] zu trotzen.
Während der Vergletscherung erschienen auch Renntier und der Vielfraß sowie Lemminge in Mitteleuropa. In der darauf folgenden Steppenperiode treten zahlreiche Nager auf, die Springmäuse und Ziesel, die dann in der nächsten Periode, der Waldperiode, ihre Wohnsitze nach Rußland und Asien [* 34] verlegten. Gegen Ende der Vergletscherung erscheint der Mensch in Europa. Die Fauna der Waldperiode enthält außer den noch jetzt verbreiteten Formen auch Riesenhirsch und den Urochsen, dieselben sind jedoch nicht eigentlich ¶
mehr
ausgestorben, sondern jedenfalls durch den Menschen ausgerottet worden.
Auch Asien und Südamerika [* 36] haben zahlreiche Reste von ausgestorbenen Säugetieren geliefert, doch gehören dieselben der jüngern Tertiärzeit und dem Diluvium an. Sehr reich an solchen Resten sind die indischen Siwalikhügel. Auf eine ältere Fauna deutet daselbst das Vorkommen von Anthracotherium, Hyopotamus und Merycopotamus, der letztere jedenfalls ein Nachkomme von Hyopotamus. Alle übrigen indischen Formen schließen sich sehr eng an Arten von Pikermi an, so die dortigen Katzen, die Hyaenarctos, Hyänen, Stachelschweine, Antilopen, Rhinozeroten, Mastodon und Dinotherium sowie die Schweine, Giraffen und Hipparion.
Daneben finden sich jedoch auch schon Pferde, Rinder, [* 37] Elefanten, Kamele und Flußpferde sowie Schimpanse und Orang-Utan und andre Affen. Ganz besonders merkwürdig sind die Siwatherien, im allgemeinen giraffenähnlich, jedoch mit viel komplizierterm Geweih und relativ kurzen Beinen. Auch kommen Bären, Hunde und Zibetkatzen vor. Die Karnulhöhlen enthalten sehr viele noch jetzt in Indien lebende Arten; wieder andre der daselbst gefundenen Tiere bewohnen jetzt Afrika, [* 38] so Cynocephalus, die gefleckte Hyäne, Schuppentier und Esel. Maragha in Persien [* 39] hat eine der Pikermifauna sehr ähnliche Tierwelt geliefert, ebenso die Insel Samos, doch kommt hier auch der jetzt in Südafrika [* 40] lebende Orycteropus sowie ein Schuppentier vor. Auch aus China, [* 41] Japan und den Molukken kennt man fossile S., vorwiegend Elefanten.
Ungemein reich an fossilen Resten ist Südamerika. Die brasilischen Höhlen enthalten viele Säugetierformen, die jedoch mit Ausnahme der riesigen Edentaten fast durchgehends noch in der Gegenwart dort zu Hause sind. Die Tuffe von Ecuador [* 42] bergen Pferde, Hirsche, Mastodon, Machairodus und den Vorläufer der Lamas. Die Pampas von Argentinien sind vor allem ausgezeichnet durch die Menge der hier vorkommenden Edentaten. Dieselben sind teils gepanzert, wie die Glyptodonten und Dasypodiden (Gürteltiere), oder aber nackt, wie die Megatheriiden, Megalonyx etc. Die letztern schließen sich noch am ehesten an die lebenden Faultiere an, hatten jedoch riesige Dimensionen, zum Teil Rhinozeros- und Elefantengröße.
Dies gilt auch von den Glyptodonten. Unter den in den Pampas vorkommenden Huftieren verdienen besonderes Interesse die Toxodonten, Typotherien, Macrauchenia und die Epitherien. Die Toxodonten und Typotherien lassen sich allenfalls dem lebenden Hyrax an die Seite stellen, besitzen jedoch hohe Zahnkronen ohne Wurzeln und haben auch zum Teil Reduktion der Zehenzahl erfahren. Die Typotherien haben zwar vorn noch fünf, hinten aber nur mehr vier Zehen; bei Toxodon ist deren Zahl bloß noch vier, resp. drei.
Auch diese Tiere hatten stattliche Größe. Die Epitherien erinnern einigermaßen an die Miocän-Pferde (Anchitherium), sowohl im Zahnbau als auch in der Organisation der Extremitäten, die Macrauchenien an Tapire, doch sind die Zähne prismatisch geworden, d. h. die Kaufläche ist vollkommen eben, die Krone sehr hoch und setzt erst im Alter Wurzeln an. Als ein weiterer, höchst eigenartiger Huftiertypus erscheinen die Homalodontotherien. Der Zahnbau zeigt vielfache Anklänge an Nashorn.
Alle diese fremdartigen südamerikanischen Huftiere stammen jedenfalls von Kondylarthren des nordamerikanischen Tertiärs ab; ebenso waren auch die erwähnten Edentaten ursprünglich in Nordamerika [* 43] zu Hause. Außer diesen ganz aberranten Formen enthalten die Pampas auch Mastodon, Hirsche, Lamas, Pferde, Bären, Hunde und Katzen (Machairodus) sowie zahlreiche Nager zum Teil von gewaltiger Größe, doch stehen dieselben in nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den heutigen südamerikanischen Nagertypen. Jedenfalls hat die ausgestorbene Tierwelt der Pampas lediglich für die gegenwärtige Säugetierfauna Südamerikas eine größere Bedeutung, nicht aber auch für die altweltliche oder nordamerikanische Fauna. Die letztere hat sie nur während des Quartärs insofern modifiziert, als gegen Ende der Tertiärzeit viele der gewaltigen Edentaten bis Mexiko [* 44] und Florida vorgedrungen sind.
Von fossilen Seesäugetieren ist verhältnismäßig wenig bekannt. Robben [* 45] treten erst sehr spät auf und schließen sich sehr eng an die lebenden an. Sie dürfen wohl als Nachkommen von Kreodonten (Mesonyx) betrachtet werden, welche sich dem Wasserleben angepaßt haben. Dagegen ist die Herkunft der Wale [* 46] und Seekühe noch in vollständiges Dunkel gehüllt. Die ältesten fossilen Seekühe (Sirenen) finden sich im Oligocän am Rhein und in Frankreich. Sie stehen der lebenden Gattung Halicore, dem Dugong, am nächsten.
Dies gilt auch von den Sirenen des Miocäns, namentlich in Frankreich, Schwaben und Italien vorkommend. Wale treten zuerst im Eocän von Florida, Ägypten [* 47] und England auf. Diese Zeuglodon weichen hinsichtlich der Länge der Wirbel und der Beschaffenheit des Gebisses vollkommen von den lebenden Walen ab. Die Zähne haben einige Ähnlichkeit [* 48] mit denen der Robben. Auch die miocäne Gattung Squalodon besitzt eine derartige Bezahnung. Wir haben es wohl mit einem gänzlich ausgestorbenen Formenkreis zu thun. Die übrigen fossilen Wale stehen den noch jetzt lebenden Typen ungemein nahe.
Die Placentalier stammen wohl insgesamt von Formen ab, welche im Puercobed von Nordamerika vorkommen. Ein Teil dieser alten Typen wandert nach Europa aus, und hier erfolgt die Entwickelung der Hirsche, Schweine und andrer Paarhufer sowie der echten Karnivoren, Insektivoren und Nager;
Nordamerika dagegen ist die Heimat der Kreodonten und der meisten Einpaarhufer, namentlich der Pferde;
Tapire und Rhinozeroten verlegen erst gegen Mitte der Tertiärzeit ihren Wohnsitz nach der Alten Welt, während die Pferde nur von Zeit zu Zeit Vertreter nach der östlichen Hemisphäre entsenden;
Nordamerika ist auch die Heimat der Oreodontiden und der Kamele und Lamas.
Ebenso waren die Affen und Halbaffen [* 49] ursprünglich dort zu Hause. Echte Raubtiere [* 50] erscheinen daselbst erst im Miocän und kehren auch größtenteils bald wieder nach der Alten Welt zurück, freilich in sehr veränderter Form, z. B. als echte Hunde und Hyänen, während die Zibetkatzen, Marder und Bären ausschließlich altweltliche Formen darstellen. Die Stammesgeschichte der Elefanten und Affen ist noch ziemlich dunkel. Die erstern treten nahezu gleichzeitig in beiden Hemisphären auf.
Ihre Ahnen sind wohl in Kondylarthren zu suchen. Die Halbaffen verbreiten sich schon frühzeitig von Nordamerika aus nach allen Weltteilen. Die Paviane gehen jedenfalls auf die nordamerikanischen Hyopsodiden zurück. Von den südamerikanischen Platyrrhinen sowie von den Anthropomorphen kennt man im ältern Tertiär noch keine Vertreter. Beide wurzeln jedoch sicher in einer gemeinsamen Stammform, die ihrerseits wieder auf einen halbaffenähnlichen Typus zurückgeht. Die Ahnen dieser Affen sowie jene der Elefanten ¶