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Im europäischen Rußland (ohne die Weichselgouvernements) betrug die Zahl
1886 | 1887 | 1888 | |
---|---|---|---|
der Eheschließungen | 681922 | 727161 | 804084 |
- Gebornen | 3970251 | 4035505 | 4251473 |
- Gestorbenen | 2669895 | 2750420 | 2749085 |
In den Weichselgouvernements fanden Eheschließungen statt 1886: 67,647, 1887: 66,762, 1888: 67,392; es wurden geboren 1886: 314,242, 1887: 325,562, 1888: 334,268, und es starben 1886: 193,877, 1887: 199,494, 1888: 204,031 Personen. Wie aus diesen Zahlen ersichtlich, hat sich sowohl in den russischen als auch in den Weichselgouvernements die Zahl der Gestorbenen in den letzten vier Jahren vermindert.
[Agrarverhältnisse.]
Die im
Sommer 1883 in Wirksamkeit getretene Bauernagrarbank hat in den letzten
Jahren keine
so reiche
Thätigkeit wie früher entwickeln können. Bis zum sind von ihr 58 Mill.
Rubel zum
Erwerb von 1,607,291
Deßjätinen (à 1,092
Hektar) seitens 236,057
Familien mit 752,721 männlichen
Seelen bewilligt. Der Kaufpreis betrug 73 Mill.
Rubel, mithin die Zuzahlung der
Käufer 15 Mill.
Rub. Auf
Darlehen seitens der
Bank haben Land erworben:
Jahr | Zahl | Areal in Deßjätinen | Kaufpreis in Rubeln | Folglich zahlten die Käufer zu | ||
---|---|---|---|---|---|---|
der Familien | der männl. Seelen | überhaupt | Darlehen der Bank | |||
1883 | 8886 | 26936 | 60529 | 3179349 | 2817579 | 361770 |
1884 | 43747 | 135967 | 270057 | 14569554 | 12206129 | 2363425 |
1885 | 60920 | 197315 | 442297 | 22288410 | 17666323 | 4622087 |
1886 | 42365 | 135851 | 275573 | 13334419 | 19790291 | 2544128 |
1887 | 34698 | 112747 | 259471 | 9847529 | 7523848 | 2323681 |
1888 | 28578 | 94832 | 206370 | 7332122 | 5278236 | 2053886 |
Nach einem bemerkenswerten Aufschwung der Landerwerbungen in den ersten Jahren haben dieselben seit 1886 abgenommen. Indes darf man hieraus nicht schließen, daß das Bedürfnis nach Land zum größten Teil gedeckt ist, sondern es ist wohl mehr der Mangel an Geldmitteln sowie eine durch die wenig erfreulichen Erfahrungen beim Landwirtschaftsbetrieb hervorgerufene Ängstlichkeit des Bauern, welche diese beklagenswerte Erscheinung bedingt. Abweichend von unter ähnlichem Namen vorhandenen Bodenkreditinstituten, gibt die russische Bank Darlehen nur an Bauern, die Grundbesitz erst zu erwerben wünschen.
Ferner hat sie die Aufgabe, die Übersiedelung von Bauern auf freies, der Kultur noch harrendes Land zu unterstützen. Ihre Mittel verschafft sich die Bank durch Ausgabe von 5½proz. Staatsscheinen, deren Realisierung der Reichsbank obliegt. Außerdem haben die Bauern 1 Proz. für Verwaltung und Reservefonds und je nach der Dauer des Darlehens 2 Proz. (bei Tilgung in 24½ Jahren) oder 1 Proz. (bei Tilgung in 34½ Jahren), also im ganzen 7½ oder 8½ Proz. zu zahlen. Weniger eingreifend hat die Bank bei der Übersiedelung mitgewirkt.
Das Land, auf welches die Käufer aussiedelten, betrug 1884: 15,511 Deßjätinen, 1885: 77,185, 1886: 63,380, 1887: 47,118, 1888: 38,201 Deßjätinen, und diese Zahlen bedeuten gegenüber der thatsächlich in großem Umfang sich abspielenden Auswanderung allerdings außerordentlich wenig. Trotz der staatlicherseits zur Regelung derselben ergriffenen Maßregeln (Errichtung eines Ansiedelungskontors in Sysran, Gouv. Simbirsk) geht sie noch ganz willkürlich vor sich, und es ist sehr zu fürchten, daß auch das Gesetz vom über die freiwillige Aussiedelung von Bauern und Kleinbürgern auf Domänenland keinen großen Wandel schaffen wird. Dasselbe versucht in die Übersiedelung System hineinzubringen, indem es sie ordnet, ihr die Richtung gibt und zweckmäßige Bedingungen zur Ansässigmachung gewährt.
Für den Großgrundbesitz hat sich die staatliche
Fürsorge in der
Gründung der Reich
sadelsbank durch
Gesetz vom gezeigt. Diese gewährt den adligen Gutsbesitzern einen billigern
Realkredit, als die vielen Privatbanken
ihn bieten.
Finnland, die
Weichselgouvernements und die baltischen
Provinzen bleiben ausgeschlossen. Sie hat bis 8048
Darlehen
bewilligt, welche 6,438,832 Deßjätinen betreffen, auf denen eine Darlehnsschuld von 222,4
Mill.
Rub. ruht. Zu bezahlen hat der adlige
Schuldner 5¾ Proz., nämlich 5 Proz. zur Verzinsung der Reich
sadelsbankscheine,
½ Proz.
Amortisation (in 48½
Jahren) und ¼ Proz. für die Verwaltungskosten. Ein kaiserlicher Befehl vom hat
den
Zinsfuß sowohl für die neu zu gewährenden als auch für die bereits verabfolgten
Darlehen von 5 Proz.
auf 4½ Proz. ermäßigt. Dabei bleiben die
Pfandbriefe dieses Kreditinstituts zu 5 Proz. verzinst.
[Ackerbau.]
Die Ernte [* 2] betrug im J. 1889 an Getreide [* 3] 260,9 Mill. Tschetwert (à 2,099 hl) gegen 334,1 Mill. im Vorjahr. Davon entfielen 246,8 Mill. auf das europäische Rußland (1888: 314,6 Mill.) und 14 Mill. auf die Weichselgouvernements (1888: 19,5 Mill.). Die durchschnittliche Ernte in den Jahren 1883-87, über welche nur aus dem europäischen Rußland Daten vorliegen, war 288,4 Mill., so daß das Jahr 1889 einen Fehlbetrag von 41,6 Mill. Tschetwert aufweist. Die Kartoffelernte betrug im europäischen Rußland 50,8 Mill. (1888: 49,1 Mill.) und in den Weichselgouvernements 27 Mill. (1888: 26,4 Mill.), so daß hier ein geringer Überschuß zu Tage tritt. Auf die einzelnen Getreidearten kommen:
Ernte in Millionen Tschetwert | |||||
---|---|---|---|---|---|
im europäischen Rußland | in den Weichselgouvernements | ||||
1889 | 1888 | 1883-87 | 1889 | 1888 | |
Roggen | 92.6 | 118.6 | 112.3 | 7.9 | |
Winterweizen | 7 | 18.5 | 11.7 | 1.6 | 2.3 |
Sommerweizen | 22.9 | 31 | 25.8 | 0.02 | 0.04 |
Hafer | 82.1 | 91.2 | 88.9 | 3.6 | 5.7 |
Gerste | 19.4 | 26.4 | 22.5 | 1.3 | 1.9 |
Spelz | 1.7 | 1.6 | 1.7 | - | - |
Buchweizen | 10.8 | 10.6 | 11.3 | 0.5 | 0.5 |
Hirse | 5.6 | 9.1 | 0.1 | 0.1 | |
Mais | 1.9 | 3.5 | - | - | |
Wintergetreide | 99.6 | 137.2 | 124 | 7.9 | 10.3 |
Sommergetreide | 147.1 | 177.3 | 164.2 | 6.1 | 9 |
Kartoffeln | 50.8 | 49.1 | 47 | 27 | 26.4 |
Erbsen | 2.5 | 3.5 | 2.8 | 0.3 | 0.6 |
Die Ausfuhr von Getreide ging 1889 gleichfalls zurück. Sie belief sich auf 46,6 Mill. Tschetwert im Werte von 375,6 Mill. Rub. gegen 54,6 Mill. Tschetwert im Werte von 441 Mill. Rub. im J. 1888. Zur Hebung [* 4] des Getreideverkehrs werden neuerdings mehrfach Elevatoren, d. h. Lagerhäuser für Getreide mit Ausstellung von Warrantscheinen, errichtet. Den ersten Elevator hat die Kreislandschaft von Jelez 1888 dem Verkehr übergeben. Ein zweiter Elevator ist in St. Petersburg [* 5] von einer Privatgesellschaft erbaut und fällt nach 50 Jahren mit allen Vorrichtungen dem Staat anheim. Ein Gesetz vom hat der Süd-West-Eisenbahngesellschaft die Erlaubnis zur Eröffnung von Lagerhäusern mit Elevatoren in Odessa [* 6] und an neun Stationen dieser Linie erteilt, ein andres vom der Rjäsan-Koslow-Bahngesellschaft eine ähnliche Erlaubnis gewährt. ¶
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Staatlicherseits sind Getreideinspektionskomitees ins Leben gerufen, und der Finanzminister hat die Reichsbank angewiesen, nach welchen Regeln sie den Eisenbahnen auf das in ihrem Gewahrsam befindliche Getreide Darlehen gewähren darf.
Bei einem namhaften Ausfuhrartikel, dem Flachs, ist ein kleiner Rückgang zu verzeichnen, sofern im J. 1889: 11,2 Mill., im J. 1888: 11,3 Mill. Pud exportiert wurden. An Flachsheede gingen 1,2 Mill. (1888: 1,8 Mill.) Pud ins Ausland. Die Ausfuhr von Hanf stieg auf 4 Mill. Pud (1888: 3,3 Mill.), die von Hanfheede auf 332,000 Pud (1888: 320,000 Pud), die von Leinsaat auf 23,9 Mill. Pud (1888: 22 Mill. Pud). Die Ausfuhr von Hanfsaat sank auf 1,7 Mill. Pud (1888: 1,9 Mill. Pud). Mit dem Anbau von Baumwolle [* 8] werden im Süden Rußlands andauernd günstige Versuche angestellt.
In den Gouvernements Kiew, [* 9] Cherson, Taurien sowie im Don-, Kuban- und Tergebiet sind, obwohl der Sommer 1888 für die Baumwollkultur sehr ungünstig war und der Same fast überall spät gesäet wurde, die Bemühungen von Erfolg gekrönt gewesen. In Mittelasien breitet sich der Anbau von Jahr zu Jahr aus und waren 1888 bereits 34,637 Deßjätinen mit amerikanischer, 44,671 Deßjät. mit örtlicher Baumwolle bestellt. Vorzugsweise im Ferghanathal geht die Produktion vor sich, die man regierungsseitig in jeder Beziehung zu fordern sucht. Die Ernte belief sich an örtlicher Baumwolle auf 446,784, an amerikanischer auf 561,614, zusammen auf 1,008,398 Pud. Die Zuckerkampagne von 1887-88 wies 216 thätige Fabriken auf, für welche 222,325 Deßjät. mit Zuckerrüben angebaut waren. Von diesen entfielen auf den Südwesten Rußlands 120,753 Deßjät. Von den geernteten Rüben wurden in 211 Fabriken 254 Mill. Pud verarbeitet, welche 23,887,551 Pud Rohzucker ergaben.
Für die Gewinnung von Tabak [* 10] waren 1888 im europäischen Rußland 44,669 Deßjätinen vorhanden (1887: 46,957), auf denen 4,064,508 Pud (1887: 4,458,361) geerntet wurden. In den Weichselgouvernements wird so gut wie gar kein Tabaksbau betrieben. Tabaksfabriken gab es 308 (1887: 323), darunter 138, welche nur die niedere Sorte, die sogen. Machorka, bereiten; außerdem in den Weichselgouvernements 13. Das Gewicht der hergestellten Rauch- und Schnupftabake war 3,2 Mill. Pud, in den Weichselgouvernements 171,000 Pud (1887: 3,3 Mill., bez. 157,000 Pud). Die Einfuhr von Tabak und Tabaksfabrikaten war 1889: 63,500 Pud (1888: 55,100), die Ausfuhr 294,000 Pud und 31,496 Stück Zigarren und Zigarretten (Papiros), (1888: 307,000 Pud und 28,520 Stück).
Der ganze von Weinbergen eingenommene Flächenraum umfaßt 6 Mill. Deßjätinen; indes sind von dieser großen Fläche nicht mehr als 134,000 Deßj. mit der zu wünschenden Sorgfalt bearbeitet. Das übrige ist nur als eine Reserve anzusehen, auf der der Weinbau sich in Zukunft wird entwickeln können. Die Jahresproduktion an Wein beziffert sich auf 15 Mill. Eimer (1 Eimer = 20 Flaschen). Besonders energisch wird der Weinbau in der Krim [* 11] betrieben. Auf die Südküste der Krim, d. h. den zwischen der Bucht von Balaklawa und dem Thal [* 12] Koktebel belegenen Landstrich, entfallen 30,000 Deßjätinen Weinland, von welchen freilich nur 2400 Deßjät. wirklich bearbeitete Weingärten sind. Die Krim liefert etwa 460,000 Eimer Wein, d. h. etwa 3 Proz. der Gesamtproduktion. Während im allgemeinen auf je 1 Deßjätine Weingarten ungefähr 2½ Eimer Wein gerechnet werden, beträgt der Ertrag in der Krim 15½ Eimer Wein. Der Weinimport hält sich seit Jahren auf gleicher Höhe; er betrug 1887: 7,4, 1888: 7,2, 1889: 7,5 Mill. Rubel.
[Viehzucht, Fischerei.]
Der Viehstand betrug 1888 im europäischen Rußland 19,6 Mill. Pferde, [* 13] 24,6 Mill. Stück Rindvieh, 44,6 Mill. Schafe, [* 14] 9,2 Mill. Schweine [* 15] und in den Weichselgouvernements 1,2 Mill. Pferde, 3 Mill. Stück Rindvieh, 3,7 Mill. Schafe, 1,4 Mill. Schweine. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl und bebauten Fläche erscheint der Viehstand wie folgt:
Auf 100 Einwohner kommen | Auf 100 Deßjät. bebauter Fläche kommen | |||
---|---|---|---|---|
im europ. Rußland | i. d. Weichsel-Gouvern. | im europ. Rußland | i. d. Weichsel-Gouvern. | |
Pferde | 23.7 | 14.8 | 11.5 | 15.9 |
Rindvieh | 29.7 | 37.4 | 14.4 | 9.7 |
Schafe | 53.6 | 46.2 | 25.1 | 49.5 |
Schweine | 11.1 | 18.5 | 5.4 | 19.8 |
Auf 100 Einw. werden insgesamt 22,9 Pferde, 30,6 Stück Rindvieh, 52,9 Schafe, 11,8 Schweine und auf 100 Deßjätinen bebauter Fläche 11,7 Pferde, 15,4 Stück Rindvieh, 26,9 Schafe und 6 Schweine gerechnet. Die Viehausfuhr erscheint nur bei Pferden ansehnlich, 1889: 37,300 Stück im Werte von 4,4 Mill. Rubel, 1888: 41,500 Stück im Werte von 4,6 Mill. Rub. Rindvieh gelangte in 15,000 Stück (1888: 21,000), Borstenvieh in 34,000 Stück (1888: 59,000), Schafe in 136,000 Stück (1888: 186,000) zur Ausfuhr. Die Geflügelzucht lieferte 3,7 Mill. Stück (1888: 2,7 Mill.) im Werte von 3,6 Mill. Rubel (1888: 2,7 Mill. Rub.) zur Ausfuhr. Großen Aufschwung hat die Eierausfuhr genommen. Sie betrug:
Stück | Wert in Rubeln | |
---|---|---|
1881 | 67656000 | 813272 |
1888 | 684000000 | 11714000 |
1889 | 609000000 | 9975000 |
Sie gehen vorzugsweise nach Österreich [* 16] und Deutschland. [* 17] Seit 1886 führte man auch Eiweiß und Eigelb in Büchsen und Fässern verpackt aus (1889: 88,000 Pud), größtenteils nach Deutschland und Frankreich.
Das russische Fischereiwesen hat durch die 1881 bestätigte Gesellschaft für Fischzucht und Fischfang, die im Februar 1889 veranstaltete
erste russische Fischereiausstellung und den Kongreß von Fischindustriellen große Förderung erfahren.
In russischen Gewässern leben 288 verschiedene Fischarten, unter denen die anerkannt edelsten der Welt sich befinden. Wie
groß der Fischreichtum
ist, läßt sich daraus ermessen, daß innerhalb 4 Fischereidistrikten der obern und 10 der untern
Wolga 1887: 38½ Mill., bez. 239 Mill. Stück Kaspiheringe, 1888: 57 Mill., bez. 153 Mill.
Stück gefangen wurden.
Ein besonders lebhafter Platz des Fischhandels ist Astrachan, welches 1888 z. B. 45 Mill. Stück Sandart und im ganzen jährlich ca. 17-18 Mill. Pud Fische [* 18] und Fischprodukte verschickte. Für den Kaspisee mit Kura, Ural und der untern Wolga ergibt sich eine Jahresproduktion von 28 Mill. Pud Fischen im Werte von etwa 35 Mill. Rub. Die Jahresproduktion in allen Gewässern wird auf nicht weniger als 40 Mill. Pud geschätzt. Der Export von frischen und zubereiteten Fischen belief sich 1888 auf 2,1, 1889 auf 2½ Mill. Rub., der von Kaviar 1888 auf 2,4 Mill., 1889 auf 2,8 Mill. Rub.
[Forstwirtschaft.]
Nach neuern offiziellen Angaben beträgt die Waldfläche
Deßjätinen | |
---|---|
in 49 Gouvernements und im Dongebiet | 156426000 |
in den Weichselgouvernements | 2484000 |
in Finnland | 18705000 |
im Kaukasus | 6914000 |
Zusammen: | 184529000 |
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