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Übernahme von Rentengütern geneigt sind, bleibt vorerst abzuwarten.
Seite 18.797 Jahres-Supplement 1890-1891
Übernahme von Rentengütern geneigt sind, bleibt vorerst abzuwarten.
Man hat bisher angenommen, daß die höher organisierten Gewebe [* 2] des tierischen und menschlichen Körpers nicht jene Fähigkeit zum Wiederersatz verloren gegangener Teile besitzen, welche man bei Pflanzen und niedern Tieren sowie bei den einfachen Geweben auch des menschlichen Organismus findet. Wenn Teile des Gehirns, des Herzens, der Leber, der Nieren etc. schwinden, pflegen sie endgültig verloren zu sein und sich nicht wieder neu zu bilden. Die neuere Chirurgie hat nun aber in dieser Beziehung sehr überraschende Thatsachen geliefert.
Ponfick hat eine weitgehende Reproduktion der Leber beobachtet (s. Chirurgenkongreß, S. 158), und Kümmell konnte ähnliches für die Nieren nachweisen. Er entfernte bei einem Patienten die Spitze der rechten Niere, und als der Mann nach einigen Monaten aus andrer Ursache zu Grunde ging, ergab die Sektion keine Lücke in der operierten Niere; diese hatte vielmehr normale Größe, indem von dem stehen gebliebenen Teil aus eine Neubildung des verloren gegangenen Teiles stattgefunden hatte.
Versuche an Tieren ergaben, daß nach Entfernung von Nierenteilen im Längs- und Querdurchmesser bis zur Hälfte des ganzen Organs bei ungestörter Wundheilung sehr schnell eine Neubildung der entfernten Teile erfolgt. Viel schneller erfolgt die Neubildung einer teilweise entfernten Niere, wenn gleichzeitig die andre vollständig entfernt worden war. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß der reproduzierte Teil nicht etwa nur aus Bindegewebe, sondern aus echtem Nierengewebe bestand.
s. Vorstellung. ^[= allgemeine Bezeichnung aller Gebilde des Seelenlebens, vorzüglich aber derjenigen, welche Bilder ...]
Lorenzo, Astronom, geb. 1824 zu Cortemaggiore in der Provinz Piacenza, studierte in Parma [* 3] und Bologna, wurde hier 1851 Professor der Optik und Astronomie [* 4] und 1855 Direktor der Sternwarte, [* 5] 1865 Professor an der Universität Rom und [* 6] nach Calandrellis Tod dessen Nachfolger als Direktor der Sternwarte auf dem Kapitol, welches Amt er bis zu seinem Tode, bekleidete. Seine Arbeiten beziehen sich hauptsächlich auf physische Astronomie, Scintillation, Spektren der Sterne und der Korona, Protuberanzen der Sonne, [* 7] deren systematische spektroskopische Beobachtung er 1868 begann, Sonnenflecke und Fackeln; auch hat er aus Beobachtungen in den Jahren 1875-81 einen Katalog von 2534 Sternen 1. bis 6. Größe auf der nördlichen Halbkugel zusammengestellt.
s. Kohlenwasserstoffe. ^[= chemische Verbindungen von Kohlenstoff mit Wasserstoff. Beide Elemente vereinigen sich nicht ...]
Konrad, Historiker und Schulmann, geb. zu Berlin, [* 8] studierte in Bonn, [* 9] Göttingen [* 10] und Berlin Philologie und Geschichte und schloß sich besonders an Waitz an, unter dem er 1868 den philosophischen Doktorgrad erwarb. Seit 1869 ist er Lehrer und seit 1883 Oberlehrer am Wilhelms-Gymnasium zu Berlin. Er schrieb: »Die Berufung des Deutschen Ordens gegen die Preußen« [* 11] (Götting. 1868);
»Der Minister v. Zedlitz und Preußens [* 12] höheres Schulwesen im Zeitalter Friedrichs d. Gr.« (Berl. 1881).
Mit einer Anzahl andrer Gelehrten gibt er seit 1887 die »Jahresberichte über das höhere Schulwesen« (Berlin) heraus, die sich rasch verdientes Ansehen erworben haben. In Gemeinschaft mit E. Schmiele verfaßte er »Geschichtstafeln für höhere Schulen« (2. Aufl., Berl. 1890).
(Tiefseereuse), s. Maritime wissenschaftliche Expeditionen, ^[= Obgleich das Meer in seinen mannigfachen Erscheinungen und Wirkungen schon in den ältesten ...] S. 599.
[* 13] Fürstentümer.
1) Ältere Linie. Die Bevölkerung [* 14] betrug (vorläufiges Ergebnis) 62,759 Seelen und hat seit 1885 um 6855 Seelen, d. h. jährlich um 2,31 Proz., zugenommen. Der Staatshaushaltsetat für 1891 beträgt an Einnahmen und Ausgaben 1,081,778 Mk. Die Hauptposten der Einnahmen sind:
Anteil an den Reichssteuern 311414 -
Gemeinschaftl. indirekte Steuern 168509
Sporteln und Strafgelder 154768 -
Unter den Ausgaben sind für Reichszwecke 470,591 Mk., für die Rechtspflege 172,552 Mk. und für Verzinsung der Staatsschuld 13,682 Mk. angesetzt. Die Staatsschuld betrug 1889: 309,334 Mk.
2) Jüngere Linie. Die Bevölkerung betrug (vorläufiges Ergebnis) 119,355 Seelen und hat seit 1885 um 8957 Seelen, d. h. jährlich um 1,56 Proz., zugenommen. Das Budget für die Finanzperiode 1890-92 beziffert die jährlichen Einnahmen auf 1,771,220 Mk., die Ausgaben auf 1,754,341 Mk. Unter den Einnahmen liefern: indirekte Steuern 688,800 Mk., direkte Steuern 586,300 Mk., Sporteln 200,000 Mk. In den indirekten Steuern ist der Anteil an dem Ertrag der Reichszölle und -Steuern mit 650,400 Mk. enthalten. Hauptposten der Ausgaben:
Für Reichszwecke 576900 Mark
Verwaltung 329637 -
Rechtspflege 282830 -
Finanzen 225501 -
Die Landesschuld erfordert einen Aufwand von 44,481 Mk. Sie betrug 1890: 1,040,550 Mk.
[* 13] 2) Eduard, protest. Theolog, starb in Straßburg. [* 15]
Michael Christoforowitsch von, russ. Finanzminister, geboren in Livland [* 16] aus einer angesehenen, aber vermögenslosen Adelsfamilie, wurde in Petersburg [* 17] für den russischen Staatsdienst vorbereitet und durch den Einfluß seines Gönners, des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch, der nach Alexanders II. Thronbesteigung Haupt der liberalen Reformbewegung war, 1861 zum Finanzminister ernannt. Er begann damit, den jährlichen Budgetvoranschlag zu veröffentlichen, und ermöglichte dadurch eine bis dahin gar nicht vorhandene Kontrolle der Befolgung desselben.
Ein Versuch, durch einen Umwechselungsfonds den Kurs der Papiervaluta zu heben, scheiterte 1863. Dagegen gelang es ihm durch eine Reform der Steuer- und Zollgesetze, namentlich durch die Abschaffung der Branntweinpacht und die Einführung einer Branntweinaccise die Staatseinkünfte bedeutend zu vermehren, so daß 1867 das chronische Defizit beseitigt war und seit 1873 Überschüsse erzielt wurden. Der Verkauf von Domänen und Staatsbergwerken, von Russisch-Nordamerika und der Petersburg-Moskauer Bahn hoben den Staatskredit so, daß die Eisenbahnanleihen zu günstigen Bedingungen aufgenommen wurden und der Papierrubel dem Parikurs nahe war. Der türkische Krieg vernichtete einen Teil von Reuterns Erfolgen, und er nahm 1878 seinen Abschied. Er wurde Mitglied des Reichsrats, 1882 nach Alexanders III. Thronbesteigung Präsident des Ministerkomitees, schied aber 1888 auch aus dieser Stellung, da er der neuen, strengrussischen Richtung unbequem war, und starb im August 1890.
(Hafen-, Schiffsinspektion), aus dem Quarantänewesen hervorgegangene Maßregeln gegen das Einschleppen von Krankheitserregern auf dem Wege des Verkehrs, besonders auf dem Seeweg. Die Revisionssysteme vereinigen besser als die Quarantäne die Interessen des Handels und Verkehrs mit denen der ¶
Sanitätspolizei und tragen auch den modernen wissenschaftlichen Anschauungen sowie den Ergebnissen, welche die Erforschung der Krankheitskeime gebracht hat, mehr Rechnung. In England haben die Port sanitary authorities im Bereich des Hafens und der angrenzenden Gewässer die Befugnis, Schiffe [* 19] auf der Fahrt und vor Anker [* 20] zu visitieren, vorgefundene Infektionskranke in bestimmte Hospitäler zu bringen, Kleider und Betten zu desinfizieren oder zu vernichten und gegen drohende Mängel der Salubrität einzuschreiten.
Zur Zeit drohender Seucheneinschleppung werden den Hafensanitätsbehörden vom zentralen Gesundheitsamt noch besondere Rechte beigelegt. In Schweden [* 21] werden alle aus Choleragegenden kommenden Schiffe, bevor sie landen dürfen, ärztlich untersucht; Cholerakranke werden sofort isoliert, das Schiff [* 22] wird mit seiner Bemannung abgesperrt, gereinigt, desinfiziert; gesunde Passagiere können frei ans Land gehen. In Norwegen besteht ein Inspektionssystem ähnlich dem deutschen, in Holland sind dagegen noch die Quarantänevorschriften in Kraft. [* 23]
Jeder Schiffsführer, in dessen Schiff ein Infektionskranker sich befindet oder innerhalb der letzten 24 Stunden sich aufgehalten hat, muß vor der Landung in der Nähe einer Gemeinde den Bürgermeister benachrichtigen und bis zur Desinfektion [* 24] des Fahrzeugs dem Ufer fern bleiben. In Dänemark [* 25] wird jedes aus einem choleraverdächtigen Hafen kommende Schiff untersucht; Kranke und Verdächtige werden nach Isolierlazaretten gebracht, Fahrzeuge und Waren desinfiziert. In Nordamerika [* 26] darf nach dem Gesetz von 1877 kein Schiff, welches aus einem infizierten Hafen kommt oder Personen und Waren daher bringt, landen, ehe der Gesundheitsrat von New York dies gestattet.
Entdeckt die ärztliche Inspektion des Schiffes Infektionskranke oder -Verdächtige, so sind diese zu isolieren, die gesunden Ankömmlinge von jeder Berührung mit am Lande befindlichen Personen fern zu halten, solange der Gesundheitsrat dies für notwendig hält; das Schiff ist zu reinigen und zu desinfizieren. Auswandererschiffe werden einmal ärztlich an der Quarantänestation, dann im Hafen selbst durch einen Superintendenten der Bundesregierung inspiziert.
Ein Gesetz von 1888, veranlaßt durch die neuesten Gelbfieberepidemien, schafft eine Reihe neuer Revisions- (Quarantäne-) Stationen. Die Ausführungsbestimmungen dieses Gesetzes zeigen deutlich die Tendenz, die zeitweilige Zurückhaltung von Kranken und Verdächtigen teils abzukürzen, teils zu Observations- und Desinfektionszwecken auszunutzen. In Deutschland [* 27] untersucht die Polizeibehörde der Hafenplätze jedes aus einer Choleragegend kommende Schiff auf seinen Gesundheitszustand und läßt es eventuell zu freiem Verkehr zu. Sind Cholerakranke an Bord, so werden diese einem geeigneten Lazarett überwiesen, Schiff, Mannschaft, Passagiere werden desinfiziert. Der revidierende Arzt hat einmal durch seine Untersuchung der Mannschaften und Passagiere wie durch Nachforschen nach früher vorgekommenen Erkrankungen und nach deren Ursachen den Gesundheitszustand an Bord des Schiffes festzustellen, und anderseits auf Grund seiner Beobachtungen und seines sachverständigen Urteils die notwendigen Schutzmaßregeln anzuordnen, bez. vorzuschlagen (Kuxhavener Revisionsinstruktion vom
Für alle Schutzmaßregeln, wie sie Quarantäne und Revisionssysteme darstellen, liegt der Wunsch nahe, die Bedrohungen nicht erst an den Grenzen, [* 28] sondern an entfernten außereuropäischen Einfallsthoren zu bekämpfen. Deshalb haben alle internationalen Konferenzen seit 1866 immer wieder auf die Beobachtung und Revision der Choleraverhältnisse am Kaspischen und Roten Meere gedrungen, ebenso wie die Pestkommissionen 1878-79 der Seuche nach den Wolga-Ufern und die Cholerakommissionen von 1883 nach Ägypten [* 29] und Indien entgegengingen.
Das erste wirklich internationale Epidemieregulativ, das Réglement special applicable au pélérinage du Hedjaz von 1884-85, ist nach eingetretener Bewährung als ein Vorbild für ähnliche Revisionsvorkehrungen größern Stils zu betrachten, die an die Stelle der Seuchenfurcht und des einzelstaatlichen fruchtlosen Verschließens den wohlorganisierten Unterdrückungskampf gegen den im Losbrechen begriffenen Feind gewissermaßen in dessen eignem Lager [* 30] aufnehmen. Die Errichtung eines ständigen internationalen Zentralsanitätsbüreaus für Europa [* 31] mit Dependenzen an den bekannten Einbruchspforten (Westindien, [* 32] Rotes Meer, Kaspisches Meer) würde als nächster bedeutsamer Schritt auf diesem Wege zu erwarten sein.