monokulare Tiefensehen. Denn wir wissen, daß ein leuchtender und ein schattenwerfender
Körper sich stets
vor der beleuchteten,
bez. schattenauffangenden
Fläche befinden müssen, und daß die beleuchtete hellere Seite eines Gegenstandes stets der Lichtquelle
näher liegen muß als die schattige dunklere Seite.
6) Die
Richtung, in welcher ein
Objekt imVerhältnis zu uns liegt, ändert sich, wenn wir uns bewegen,
um so weniger, je entfernter das
Objekt ist. B. Binokulare Sehtiefe. Durch das Zusammenwirken beider
Augen kommen folgende
zwei
Faktoren neu hinzu.
2) Die Unähnlichkeit der Netzhautbilder bei geringer Tiefe belehrt uns über diese letztere. Ganz nahe Gegenstände
werden oft doppelt gesehen.
Die ist nun nicht bloß auf die begrenzte Anzahl der jeweilig zu sehenden und zu tastenden Gegenstände beschränkt,
sondern erweitert sich mit
Hilfe der
Erinnerung und der
Association zur
Vorstellung eines uns von allen Seiten umgebenden
Raumes.
In diesem
Raume bezeichnen wir als vorn befindlich die bei natürlicher
Stellung deutlich gesehenen
Objekte, als hinten befindlich
die nach halber Achsenumdrehung des
Körpers ebenso zu sehenden. Mäßig schwere Augenbewegungen in wagerechter
Ebene nach der einen oder andern Körperhälfte hin verschaffen uns die
Vorstellungen rechts und links.
Die Unterscheidung endlich von
oben und unten, die gar nichts mit der umgekehrten
Stellung der Netzhautbilder zu thun hat,
geht einfach auf die Verschiedenheit der Muskelempfindungen zurück, welche bei der
Bewegung des
Auges zum
Himmel
[* 4] und zur
Erde eintreten. Das
Auge
[* 5] muß eine verhältnismäßig schwere
Bewegung ausführen, wenn die
Hand
[* 6] in die
Höhe tastet,
und es hat eine sehr geringe Anstrengung zu leisten, wenn es in diejenige
Richtung blickt, in welche die schweren
Körper fallen,
und in welcher auch unsre
Füße stehen.
Die Orientierung in dem so durch
Tast- und
Gesichtssinn bestimmten
Raum wird sekundär durch den Hörsinn
gefördert. Unter Raumanschauung des
Ohres verstehen wir dessen Fähigkeit, Schalleindrücke zu lokalisieren, eine Fähigkeit, die wahrscheinlich
auf Kopfbewegungen beruht, welche von den Bogengängen aus hervorgerufen werden. Der Beitrag des
Gehörs zur
Ausbildung einer
ist ein dreifacher. a) Bei bekannter Normalstärke eines
Tones gibt die
Abweichung eines solchen eben gehörten
Tones von seiner Normalstärke nach unten einen
Anhalt
[* 7] für die Beurteilung einer
Entfernung, da die
Stärke eines
Schalles um
so geringer ist, je weiter entfernt die Schallquelle ist. b) Bei unbewegtem
Kopfe und bei Mangel schallbrechender
Wände verschafft der Unterschied in der
Stärke, mit dem das rechte und das linke
Öhr von einem
Schall
[* 8] getroffen werden, eine
Schätzung der
Lage (rechts, links, Mitte) der Schallquelle.
Denn jedes der beiden
Ohren wird von einer auf seiner Seite gelegenen Schallquelle stärker affiziert als das andre
Ohr.
[* 9] c)
Da die
Stärke eines
Schalles dann am stärksten ist, wenn der tönende Gegenstand ungefähr in der nach
außen gezogenen
Achse des rechten, bez. linken Gehörganges liegt, und wir, um genau zu
hören, die entsprechende Kopfbewegung zu machen pflegen, so unterrichtet uns diese Veränderung der Kopfstellung über die
Lage der Schallquelle im
Raum.
Die Zeit, welche zwischen dem Auftreten des
Reizes und der Reaktion durch die
Bewegung der Versuchsperson verfließt, nennt man die
einfache Reaktionszeit
(Exner). Der Vorgang, welcher dieser Zeit entspricht, setzt sich aus folgenden einfachen Vorgängen
zusammen:
1) aus der Leitung vom
Sinnesorgan bis in das
Gehirn,
[* 10] 2) aus dem
Eintritt in das Blickfeld des
Bewußtseins
(s. d.) oder der
Perzeption (s.
Apperzeption), 3) aus dem
Eintritt in den Blickpunkt der
Aufmerksamkeit oder der
Apperzeption,
4) aus der Willenserregung, welche im
Zentralorgan die registrierende
Bewegung auslöst, und 5) aus der Leitung der so entstandenen
motorischen Erregung bis zu den reagierenden
Muskeln
[* 11] und dem Anwachsen der
Energie in demselben.
(Wundt.)
L.Lange hat nun gezeigt, daß diese einfache Reaktion länger dauert, wenn die
Aufmerksamkeit der Versuchsperson auf den zu erwartenden
Sinnesreiz gerichtet ist, als wenn dieselbe sich der
Bewegung oder den Bewegungsempfindungen zuwendet.
Die erste, die vollständige, unverkürzte Reaktion bezeichnete man seitdem auch als sensorielle,
die zweite, verkürzte dagegen als muskuläre. Über die Bedeutung des Unterschiedes zwischen der sensoriellen und muskulären
ist man sich noch nicht einig. Während
Wundt-Lange dahin neigen, eine wesentliche Verschiedenheit zwischen ihnen festzusetzen
und die muskuläre Reaktion als einen einfachen Hirnreflex aufzufassen, während
Münsterberg
[* 12] sogar die Anwendbarkeit
einer reflexartigen muskulären Reaktion auf komplizierte Wahlvorgänge behauptet, leugnen
Martius und
Dessoir diesen rein physiologischen
Charakter der muskulären Reaktion und suchen den
Anteil der
Aufmerksamkeit an ihr nachzuweisen. Im
Durchschnitt beträgt die einfache
Reaktionszeit bei mäßiger
Stärke der
Reize ⅛-⅕
Sekunde, doch wechselt der Zahlenwert gemäß demSinnesorgan,
welches affiziert wird, danach, ob der
Reiz isoliert oder mit andern auftritt, und gemäß dem
Alter, dem körperlichen Befinden,
der
Aufmerksamkeit und der Übung der Versuchsperson. Bei Vergiftungszuständen, bei gewissen
Störungen des
Nervensystems (besonders
bei
Tabes) sowie bei gewissen
Geisteskrankheiten scheint die Reaktionszeit erheblich verlängert zu sein.
[* 14] Dem energischen Vorgehen gegen die Reblausgefahr auf
Grund internationaler
¶
mehr
Vereinbarungen ist es zuzuschreiben, daß wenigstens in einigen Ländern die Reblaus nur sporadisch vorkommt und ihre Verbreitung
keine größern Dimensionen annimmt, so daß die Hoffnung auftauchen kann, des Feindes allmählich gänzlich Herr zu werden.
Im ganzen freilich ist unleugbar ein Fortschreiten in der Verseuchung der europäischen Weinberge zu konstatieren. In
Bezug auf die Verseuchung der Weinberge zeigt Deutschland
[* 16] die günstigsten Resultate, indem fast stets bei den jährlich durch
Sachverständige vorgenommenen Untersuchungen die ältern desinfizierten Herde reblausfrei gefunden und neue Herde meist nur
in geringerm Umfang nachgewiesen werden. Am Ende der Jahre 1888 und 1889 lagen in Deutschland die Verhältnisse folgendermaßen,
woraus zugleich der Erfolg der Vernichtungsarbeiten ersichtlich ist: In der preußischen Rheinprovinz
[* 17] 1888: 46 Herde mit 467 Stöcken,
1889: 18 neue Herde mit 249 Stöcken, die vorjährigen Herde wurden reblausfrei gefunden;
die Bekämpfung der Reblaus erfolgte
auf einer Fläche von nahezu 100,000 Hektar. In Algerien
[* 23] sind im ganzen seit 1885 der Reblaus rund 144 Hektar zum Opfer gefallen. In
Spanien
[* 24] waren 1888: 80,000 Hektar Rebland zerstört, namentlich die ProvinzenMalaga
[* 25] und Granada
[* 26] leiden unter
dem rapiden Rückgang ihrer Weinproduktion, was eine vermehrte Auswanderung der Bewohner zur Folge hat;
in Portugal sind 134,000
Hektar, ungefähr die Hälfte des gesamten Weinlandes, ergriffen, besonders die nördlichen Provinzen haben unter den Angriffen
der Reblaus zu leiden, der Süden ist schon vielfach zerstört.
In den 16 ergriffenen Kreisen wurden 1887: 194,564
hl geerntet, vor dem Eindringen der Reblaus dagegen 410,828 hl. In der Schweiz
[* 27] fanden sich im Kanton Zürich
[* 28] 1887: 492 Infektionsherde, die sich
aber bis 1888 um den dritten Teil verminderten;
das infizierte
Terrain umfaßte 76,102 Hektar, wovon zu dieser Zeit bereits 31,978 Hektar vollkommen zerstört waren;
bis Ende 1888 war die
Zahl der versuchten Gemeinden um 452, beinahe 55 Proz., gestiegen. Im Rußland wurden nur verstreute, sofort der
Vernichtung unterworfene kleine Herde aufgefunden, nur im kaukasischen GouvernementKutais zeigt das Übel
größere Ausdehnung.
[* 36] In Kleinasien wurde die in der Umgegend von Smyrna aufgefunden, und die Verheerung greift dort immer mehr
um sich. In Afrika
[* 37] wurde die Reblaus zuerst 1886 am Kap amtlich nachgewiesen, das Insekt tritt hier ebenso verheerend
auf wie in Europa;
[* 38]
Die Bekämpfung der Reblaus geschieht in allen zur Reblauskonvention gehörigen Ländern nach denselben Grundzügen,
und die Verschiedenheiten in der Ausführung sind untergeordneter und lokaler Natur. Werden Reblausherde aufgefunden, so erfolgt
die Vernichtung der befallenen und nächststehenden Stöcke mittels Verbrennung und eine Desinfektion
[* 45] des Bodens mit Insektengiften
zur Tötung der in dem Boden und an den nicht ausgegrabenen Wurzeln befindlichen Rebläuse und deren Eier;
[* 46] die Tiefe der hierzu gebohrten Löcher, ihr gegenseitiger Abstand, die Natur des angewandten Giftes und die zur Verwendung kommende
Menge ist nach den einzelnen Methoden verschieden. In erster Linie kommen als Insektengifte Schwefelkohlenstoff und Petroleum
zur Anwendung, letzteres dient auch zum Überbrausen der Bodenoberfläche und zur Desinfektion der bei
der Arbeit gebrauchten Geräte und des Schuhwerks wie der Kleidung der Arbeiter selbst.
Solaröl hat sich als dem Petroleum ungefähr gleichwertig und gleichwirkend gezeigt. Versuche mit Kaliumsulfocarbonat lassen
dieses Mittel weniger sicher erscheinen und seine Anwendung nur da empfehlen, wo bei sehr schwerem, undurchlassendem
Thonboden und bei sehr nasser Witterung eine Desinfektion mit Schwefelkohlenstoff nur einen mangelhaften Erfolg ver. spricht;
außerdem bedingt die Anwendung des Kaliumsulfocarbonats große QuantitätenWasser. Die Beimengung kleiner Quecksilbermengen
in die die Wurzel
[* 47] umgebende Erde hat sich als nutzlos erwiesen. Während in manchen Ländern die Wurzeln sorgfältig ausgegraben
und verbrannt werden, werden in andern statt dessen neue Schwefelkohlenstoffinjektionen
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