mehr
bestehenden gesetzlichen Beschränkungen der Geschäftsführung entbunden würden.
Gegen die Aufrechterhaltung der Privatnotenbanken
wurde im
Reichstag geltend gemacht, daß dieselben das Großkapital in exorbitanter
Weise
begünstigten. Es wurde im Anschluß an einen
Artikel des »Grenzboten« über die
Kündigung der Banknotenprivilegien ausgeführt,
daß
Direktoren und
Verwaltungsräte, Mitglieder des
Aufsichtsrats und einzelne Großbankiers, die diese
Banken gegründet oder durch größern Aktienbesitz einen maßgebenden Einfluß haben,
Kredit in weitestem
Umfang und zu den
billigsten Diskontosätzen genießen. Nur hieraus läßt es sich erklären, daß diese
Notenbanken sehr geringe
Dividenden
verteilen, obgleich von ihnen ihr Notenprivilegium in sehr viel erheblicherm
Umfang ausgenutzt wird, als dieses seitens
der
Reichsbank geschieht. Diese Privatnotenbanken
haben das
Prinzip, durch Gewährung billiger
Darlehen an die erwähnten
Personen ihre Ersparnisse
unter dieselben zur Verteilung zu bringen.
Nachdrücklich wurde ferner darauf hingewiesen, daß diese
Begünstigung des Großkapitals eine erhebliche
Gefahr für die
Aufrechterhaltung der
Währung
in sich schließe und der
Reichsbank ihre diesbezügliche Aufgabe außerordentlich
erschwere. Selbst von seiten des
Präsidenten der
Reichsbank wurde anerkannt, daß früher die Maßnahmen der
Reichsbank in
Bezug auf
Schutz der
Währung von den
Manipulationen der Privatnotenbanken
durchkreuzt worden seien, hingegen betont, daß freundschaftliche
Ratschläge in der
Regel oder immer genügt hätten, um die
Notenbanken zur Unterstützung der Diskontopolitik
der
Reichsbank zu veranlassen.
Die Gegner der Privatnotenbanken
äußerten sich dahin, daß unter der
Hand,
[* 2] allerdings nicht öffentlich, den Günstlingen der
Banken immer
noch ermäßigte Diskontosätze bewilligt würden. Der
Präsident der
Reichsbank bemerkte speziell im Hinblick auf die
Banken
Bayerns und
Sachsens, daß diese kleinen
Notenbanken dem Kreditbedürfnis in höherm
Maße nachgeben könnten,
als es die
Reichsbank zu thun vermöge, welche vor allem die
Währung aufrecht zu erhalten habe.
Organisation und Geschäftsergebnisse der deutschen Privatnotenbanken.
[Preußen.]
Im Königreich Preußen bestehen gegenwärtig noch fünf Zettelbanken; vier von denselben sind Aktiengesellschaften, eine, nämlich 1) die städtische Bank in Breslau, [* 3] ist Kommunalinstitut. Sie wurde 1848 von der Stadt Breslau errichtet und wird für Rechnung der letztern dergestalt verwaltet, daß die jährlichen Überschüsse zur Stadthauptkasse abgeliefert werden. Die obere Leitung gebührt einem Kuratorium, das aus dem Oberbürgermeister, vier Magistrats- und acht von der Stadtversammlung gewählten Mitgliedern zusammengesetzt ist, und welches, soweit ihm nicht in den Statuten ausgedehntere Befugnisse übertragen sind, zu den städtischen Behörden im Verhältnis einer städtischen Deputation nach den Vorschriften der Städteordnung steht.
Ausführendes Organ ist ein aus den zwei ersten Beamten der Bank und zwei Mitgliedern des Kuratoriums bestehender Vorstand. Das Grundkapital der Breslauer Bank beträgt 3 Mill. Mk., der Reservefonds hat den statutarisch festgesetzten Maximalbetrag von 600,000 Mk. erreicht. Die Bank kultiviert auch das Depositengeschäft; die Annahme verzinslicher Depositen ist statutarisch auf die doppelte Höhe des Grundkapitals und des Reservefonds Beschränkt. Die Notenausgabe ist nur bis zu einem Betrag von 3 Mill. Mk., also bis zur Höhe des Grundkapitals, zulässig. Laut Bekanntmachung vom (Reichsgesetzblatt, S. 390) werden die Noten der Breslauer Bank in Berlin [* 4] eingelöst. Form, Inhalt und Ausfertigung der Banknoten bedürfen der besondern Genehmigung, resp. Beaufsichtigung der Regierung. - Das Privilegium der Bank wurde durch allerhöchsten Erlaß vom bis verlängert, durch Bundesratsbeschluß vom auf unbestimmte Zeit ausgedehnt und Ende 1890 zum letztenmal bis verlängert. Hinsichtlich ihres Geschäftskreises hat sich die Bank dem der Reichsbank angeschlossen.
2) Die
Magdeburger Privatbank ist eine
Aktiengesellschaft mit einem
Kapital von 3 Mill. Mk., eingeteilt in
Stücke zu
je 1500 Mk. Die
Bank ist von der
Beobachtung des § 44 des Bankgesetzes insofern entbunden, als sie ihren
Reservefonds nicht
auf ein
Viertel des
Grundkapitals zu ergänzen braucht. Sie gehört zu denjenigen Aktiennotenbanken
, welche bis zum nachgewiesen
haben, daß der Betrag der nach ihrem
Statut oder
Privilegium ihnen gestatteten Notenausgabe sich auf den
Betrag des
Grundkapitals beschränkte, welcher eingezahlt war.
Sie teilt statutarisch dem Reservefonds 16⅔ Proz. vom Reingewinn insolange mit, bis derselbe ⅕ des Grundkapital erreicht hat. Ende Februar 1889 bezifferte er sich bereits auf 603,000 Mk. -
In ihrem Geschäftskreis hat sich die Bank dem der Reichsbank angeschlossen; jedoch nimmt sie Wertgegenstände weder in Verwahrung noch in Verwaltung. Die Annahme verzinslicher Depositen ist auf die doppelte Höhe des Grundkapitals zuzüglich des Reservefonds beschränkt. Unter Vorbehalt des Widerrufs des Bundesrats ist die Bank befugt, mit dem Magistrat der Stadt Magdeburg [* 5] in Kontokorrentverkehr zu treten. Die Banknotenausgabe darf den Betrag von 3 Mill. Mk. nicht übersteigen. Die Banknoten werden in Berlin eingelöst. Über Form, Inhalt und Ausfertigung der Banknoten bestehen die gleichen Bestimmungen wie für die Breslauer Bank. Die Berechtigung zur Notenausgabe erlosch wurde jedoch durch Beschluß des Bundesrats vom verlängert. Das Privilegium endigte infolge Kündigung der preußischen Regierung
3) Die Danziger Privataktienbank ist in gleicherweise organisiert wie die Magdeburger Bank. Eine unwesentliche Abweichung besteht darin, daß der Reservefonds nach dem Statut bis auf 25 Proz. des Grundkapitals zu erhöhen ist und diesen Betrag auch bereits erreicht hat. Für den Geschäftsbetrieb gelten lediglich die Normen des Bankgesetzes. Die Berechtigung zur Notenausgabe endigte wurde jedoch durch Beschluß des Bundesrats vom bez. verlängert.
4) Die Provinzialaktienbank des Großherzogtums Posen [* 6] unterscheidet sich in folgenden Punkten von der Danziger Bank. Die Notierung des Reservefonds bestimmt sich nach deutschem Aktienrecht und nach § 44, Ziffer 1 des Bankgesetzes. Die Reserve hat auch hier den vorgeschriebenen Höchstbetrag von 750,000 Mk. bereits erreicht. Für das Depositengeschäft bestehen die gleichen Beschränkungen wie bei der Breslauer Bank. Verzinsliche Depositen dürfen ferner nur mit einer zweimonatlichen Kündigungsfrist entgegengenommen werden. Die Berechtigung zur Notenausgabe erlosch wie in Danzig [* 7] und wurde ebenfalls durch Bundesratsbeschluß verlängert. Das Privilegium endigte wie bei der Danziger Privataktienbank. ¶
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5) Eine besonders geachtete Stellung nahm in der kaufmännischen Welt von jeher die Frankfurter Bank in Frankfurt [* 9] a. M. ein. Ihr Aktienkapital beträgt 17,143,000 Mk. und ist in Stücke zu je 500 Gulden eingeteilt. Für die Bildung des Reservefonds gilt das Gleiche wie bei der Posener Bank. Er beziffert sich auf 4,055,000 Mk. Der Frankfurter Bank ist verboten, außer im Depositengeschäft Darlehen aufzunehmen oder verzinsliche Scheine auszustellen. - Der Höchstbetrag der Notenausgabe ist auf 34,286,000 Mk. festgestellt, d. h. der doppelte Betrag des Grundkapitals.
Die Banknoten werden entsprechend den Vorschriften des Bankgesetzes in Frankfurt eingelöst. Die Frankfurter Bank ist auf Erfordern der Stadtgemeinde verpflichtet, für die letztere Einkassierungen und Auszahlungen von Geldern in Frankfurt selbst unentgeltlich zu übernehmen. Ferner besteht zu gunsten der Stadtgemeinde Frankfurt die bemerkenswerte Bestimmung (die Vorschrift datiert aus der Zeit der Freien Stadt Frankfurt), daß die Bank verpflichtet ist, der Kommune gegen Hinterlegung städtischer Schuldobligationen Darlehen bis zum Belauf von 1 Mill. Guld. zu gewähren.
Die Rückzahlung muß spätestens am Schlusse desjenigen Kalenderjahrs erfolgen, in welchem das Recht der Bank zur Ausfertigung und Ausgabe von Banknoten erlischt. Die Staatsbehörde hat jederzeit das Recht, durch abzuordnende Kommissare von dem Geschäftsstand Kenntnis zu nehmen. Seit an welchem das Privilegium der Bank ablief, ist das Recht zur Ausgabe von Banknoten auf unbestimmte Zeit verlängert worden. Es erlischt am Schlusse des auf eine Kündigung von seiten des Bundesrats, der königlich preußischen Staatsregierung oder der Bank selbst unmittelbar folgenden Kalenderjahrs. Gemäß Ausschreibung der preußischen Regierung ist eine solche Kündigung spätestens zu gewärtigen.
[Bayern.]
Die Bayrische Notenbank, die einzige des Königreichs, ist die an Geschäftsumfang bedeutendste unter allen deutschen
Privatnotenbanken.
Das eingezahlte Grundkapital beträgt 7½ Mill. Mk., der Reservefonds, welcher nach Maßgabe des Aktien- und des Bankgesetzes
bis auf 25 Proz. des Grundkapitals zu erhöhen ist, bezifferte sich im J. 1889 auf 1,258,000 Mk.
Das Aktienkapital ist eingeteilt in Stücke zu je 500 Mk. Die Bank zeichnet sich durch ihr großes Filialnetz aus. Sie hat
im Königreich Bayern
[* 10] 52 Zweigniederlassungen aufzuweisen. In ihrem Geschäftskreis hat sie sich der Reichsbank angeschlossen,
die Annahme von Depositen (verzinslichen und unverzinslichen) ist ihr jedoch ohne Einschränkung gestattet.
Zur Begutachtung und Kontrolle des Diskontogeschäfts bestehen statutenmäßig Zensoren. Das Maximum der Notenausgabe ist auf 70 Mill. Mk. festgesetzt. Die Banknoten werden in Frankfurt a. M. eingelöst. Form, Inhalt und Ausfertigung der Noten bedürfen der besondern Genehmigung, resp. Beaufsichtigung der Regierung. Der Regierungskommissar hat die Noten mit zu unterzeichnen. Die Bank unterhält in ihrem Wirkungskreis gleich der Reichsbank einen regen Giroverkehr; sie verzinst die Einlagen der Girokunden mit 1 Proz. Ihre Einrichtungen kommen jedoch auch jedem Privatmann vermöge des sinnreich entwickelten Akkreditivsystems zu statten. Sie nimmt von jedermann unentgeltlich Zahlungen auf fremde Konten entgegen, was bei der großen Zahl ihrer Filialen dem mit dem Geldverkehr in Berührung stehenden Publikum zum Vorteil und zur Bequemlichkeit gereicht. - Der bayrische Staat bezieht aus dem Gewinn der Bayrischen Notenbank Leistungen durch Beteiligung am Aktienbesitz; ein Drittel des Aktienkapitals (2½ Mill.) ist nämlich in Händen des Staates. Weiter ist die Bayrische Hypotheken- und Wechselbank zu München [* 11] verpflichtet, von den ihr gehörigen Aktien der Bayrischen Notenbank einen 4½proz. Aktienzins übersteigenden Überschuß des jährlichen Erträgnisses an die bayrische Staatskasse abzuführen. Infolge dieser Bestimmung erhielt der bayrische Staat von der Bank im Jahre:
1875/76 | 34687 Mark |
1877 | 43750 - |
1878 | 56250 - |
1879 | 56250 - |
1880 | 68750 - |
1881 | 68750 Mark |
1882 | 68750 - |
1883 | 68750 - |
1884 | 68750 - |
1885 | 62500 Mark |
1886 | 31250 - |
1887 | 31250 - |
1888 | 31250 - |
Das Notenprivilegium der Bank erlischt nach Maßgabe der Bestimmungen des Bankgesetzes; es kann seit von 10 zu 10 Jahren durch die Reichsregierung mittels vorgängiger einjähriger Kündigung aufgehoben werden.
[Königreich Sachsen.]
1) Im Königreich Sachsen bestanden bislang noch drei Zettelbanken, unter denen die Sächsische Bank zu Dresden [* 12] den hervorragendsten Platz einnimmt. Sie hat sich um den Handel und die Industrie Sachsens die größten Verdienste erworben. Das Grundkapital stellt sich auf 30 Mill. Mk., der Reservefonds auf 4,040,000 Mk. Er ist nach Maßgabe des Aktien- und des Bankgesetzes bis zu einer Höhe von 25 Proz. des Grundkapitals zu dotieren. Die Bankaktie beträgt 600 Mk. Die Bank unterhält in Sachsen [* 13] acht Zweiganstalten. Der Geschäftsbetrieb ist dem der Reichsbank konform. Das Depositengeschäft wird von der Bank sehr sorgsam gepflegt und ist schrankenlos gestattet. Sie ist neben der Reichsbank die einzige Zettelbank, für welche eine absolute Höhe der Notenausgabe nicht vorgeschrieben ist. Die Einlösung der Noten erfolgt in Berlin. Das Notenprivilegium läuft ab.
2) Der Leipziger Kassenverein verfügt über das gleiche Grundkapital wie die Magdeburger Bank. Auch die Behandlung des Reservefonds ist die gleiche, jedoch braucht derselbe nur bis zu 300,000 Mk. dotiert zu werden. Im Februar 1889 betrug er 253,000 Mk. Die Notenausgabe ist auf 3 Mill. festgesetzt. Der Geschäftskreis ist dem der Reichsbank konform, die Annahme von Depositen jedoch unbeschränkt gestattet. Das Privilegium läuft ab.
3) Die Chemnitzer Stadtbank ist ein städtisches Institut, welches durch einen Bankausschuß von sechs Mitgliedern (nämlich drei Mitgliedern des Stadtrates, drei Mitgliedern des Stadtverordnetenkollegiums) und ein vom Stadtrat gewähltes, von den Stadtverordneten ohne Widerspruch angenommenes Direktorium verwaltet wird. Die Stadtgemeinde Chemnitz [* 14] ist die Inhaberin und Eigentümerin der Bank; sie haftet mit ihrem gesamten beweglichen und unbeweglichen Vermögen für alle Verbindlichkeiten derselben.
Der Reingewinn der Bank fließt der Stadtgemeinde zu. Das Grundkapital beträgt 510,000 Mk.; für die Dosierung des Reservefonds gelten die Bestimmungen des Bankgesetzes (Ende Februar 1889: 127,000 Mk.). Der Geschäftsbetrieb ist gleich dem des Leipziger Kassenvereins, der Höchstbetrag der Notenausgabe 510,000 Mk. Die Stadtgemeinde Chemnitz hat das Recht, die Bank jederzeit auszulösen. Im übrigen sind die Bestimmungen des Bankgesetzes maßgebend. Die Befugnis zur Notenausgabe ist erloschen.
[Sonstige Privatnotenbanken.]
1) Im Königreich Württemberg [* 15] besteht eine einzige Zettelbank, die Württembergische Notenbank in Stuttgart, [* 16] ohne ¶