Die
oben aufgeworfene
Frage nach dem
Verhältnis der amerikanischen und europäisch-asiatischen Platane erscheint somit gelöst;
sie laufen in eine durch einen großen Teil der Tertiärzeit zu verfolgende und während derselben außerordentlich verbreitete
Stammform (Platane
[* 2] aceroides) zusammen, welche ihrerseits wieder zu einer eocänen (Platane Haydeni) und diese
zu einer kretaceischen Art (Platane primaeva) in deutlichem Abstammungsverhältnis steht. Die
Platanen liefern auf diese
Weise ein neues und höchst einfaches
Beispiel für eine Stammentwickelung, die sich in der
Mehrzahl
ihrer
Glieder
[* 3] durch mehrere geologische
Formationen bis zur Gegenwart verfolgen läßt und die lebenden
Arten in unleugbare
genetische Beziehungen zu den ausgestorbenen setzt. Zugleich bietet das Auftreten allmählich in der
Form weiter fortschreitender
Blätter an den
Frühlings-,
Sommer- und Herbsttrieben unsrer europäischen eine abkürzende Wiederholung
der gesamten Stammgeschichte der Art dar,
Samuel, engl.
Philanthrop, geb. zu
Bristol, trat daselbst bei einer
Brauerei
in
Dienste,
[* 4] verlor 1854 in
London
[* 5] sein erspartes
Vermögen durch Errichtung eines selbständigen Kohlengeschäfts, das nicht
rentierte, arbeitete sich aber unter vielen Entbehrungen wieder empor und begründete ein zweites Kohlengeschäft, das sich
behauptete.
Schon früh hatte er sich für die Mißstände in der englischen Seeschiffahrt interessiert
und schilderte nun in dem
Buche »Our seamen« (1873) die
Gefahren für
Leben und
Eigentum der Seeleute, die durch die Gewissenlosigkeit
der englischen
Reeder, welche wissentlich unbrauchbare, nicht seetüchtige
Schiffe,
[* 6] die sie hoch versichert hatten, auslaufen
ließen, verursacht wurden. 1871-80 Mitglied des
Parlaments für
Derby, trat er in diesem entschieden und
hartnäckig für den
Schutz der
Schiffsmannschaften gegen den schändlichen
Eigennutz der
Reeder auf und erwirkte mehrere
Gesetze
zu diesem Behuf. Unablässig war er bemüht, sich durch
Reisen nach allen Häfen der britischen
Inseln und der
Kolonien über
die Verhältnisse der
Matrosen zu unterrichten und weiter für ihr
Wohl zu wirken. 1890 trat er entschieden
gegen die
Mißhandlung des Viehes auf den Cattleships, welche lebendige
Ochsen von
Amerika
[* 7] nach
England bringen, auf.
er lebt in
München. Podbertsky schrieb Männerchöre mit und ohne
Orchester (»Rotbart«, »Die
Wasserfee« etc.), auch die
Musik zu mehreren
Volksstücken von H.
Schmid und
MaxSchmidt.
»Illustrierte
Naturgeschichte der drei
Reiche« (mit Machold, 7. Aufl.,
Wittenb. 1891,2 Bde.);
»Aus deutschen Lesebüchern« (mit Dietlein,
Frick, Machold,
Richter;
Gera, seit 1880,
bisher 5 Bde.).
Auch veröffentlichte er die Märchensammlung: »Aus der
Jugend für die
Jugend« (illustriert von Rancillio,
Wittenb. 1889),
die gemütvollen autobiographischen
Skizzen: »Aus meiner Jugendzeit«, »Aus
meiner Schülerzeit« (das. 1888) und die auch ins
Französische übersetzten »Brosamen« (4. Aufl.,
das. 1890,3 Bde.),
die besonders seinen
Namen in der deutschen Lehrerwelt bekannt gemacht haben.
Peter, kleinruss. (ruthenischer) Schriftsteller, geb. 1863 als Sohn eines unierten
Pfarrers zu Jablonkanizma,
einem
Dorfe der galizischen
Karpathen, besuchte das
Gymnasium zu
Sambor und studierte an der theologischen
Fakultät zu
Lemberg,
[* 15] die er 1884 absolvierte, lebt als
Redakteur einer kleinrussischen
Zeitschrift in
Lemberg. Seine
Romane und
Novellen, die mit Vorliebe das Volksleben der
Kleinrussen, der
Huzulen und Lemken darstellen, sind von einem gesunden
Realismus
und der leidenschaftlichsten Hingabe an die
Heimat durchdrungen.
Veränderungen in der Polhöhe können hervorgerufen werden, indem die
Lage der Rotationsachse in der
Erde selbst
eine andre wird, oder indem die
Richtung der Lotlinie sich ändert. Für erstere sind die Vorbedingungen gegeben, wenn die
Rotationsachse nicht genau mit der sogen. Hauptträgheitsachse zusammenfällt, indem sich dann
eine zehnmonatliche
Periode der Schwankung ergeben muß, für letztere, wenn
Hebungen und
Senkungen der
Erdoberfläche, Massenverschiebungen im Innern vor sich gehen.
Während sich Polhöhenveränderungen, welche die erstere
Ursache haben, auf der ganzen Erdoberfläche zeigen müssen, werden
die andern im allgemeinen nur in den Gegenden eintreten, wo solche lokale Vorgänge statthatten, vorausgesetzt,
daß letztere nicht so bedeutend waren, daß sie auf die
Lage der Umdrehungsachse Einfluß haben konnten. Es fragt sich nun,
ob diese
Ursachen angenommen werden können. Prinzipiell ohne
Zweifel, aber es bleibt zu untersuchen, ob wir solche Vorgänge
in so hohem Betrag annehmen dürfen, daß die
Wirkungen, Veränderungen in
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mehr
der Polhöhe, durch die Beobachtungen nachweisbar sind. Die Berechnung läßt sich nur unter gewissen Voraussetzungen führen. Nimmt
man an, daß die Erde ein starrer Körper sei, so wird nach den Untersuchungen G. Darwins eine kaum im Jahrhundert sicher bemerkbare
Veränderlichkeit so enorme geologische Massenverschiebungen fordern, wie sie die thatsächlich zu beobachtenden
weit überschreiten. Nimmt man aber an, daß die Erde flüssig oder im Innern flüssig sei oder einen gewissen Grad von Plastizität
besitze, so müssen die Verhältnisse sich ganz anders gestalten.
Alsdann werden die das gewöhnliche Maß nicht überschreitenden geologischen Änderungen genügend sein, um säkulare Änderungen
in der Lage der Pole von einigen Sekunden zu erklären. Dann gewinnen auch die meteorologischen Vorgänge
hierfür Bedeutung. Helmert hat zwar berechnet, daß irreguläre Schwankungen der Erdachse aus meteorologischen Prozessen
zu erklären kaum für mehr als wenige Hundertstel Bogensekunden zulässig sei; W. Thomson gibt hierfür 0,5 Sekunde. Tisserand
gibt in der eben erschienenen »Mécanique céleste«
(Bd. 2) darüber folgendes an: Wenn man von der mittlern Breite
[* 19] +45° bis zur mittlern Breite -45° eine Wassermasse von 0,10
m Dicke, die den zehnten Teil der Erdoberfläche bedeckt, transportierte, so würde die Hauptachse um 0,16'' abweichen;
es entspricht dem Gewicht einer Wassersäule von 0,10 m das einer Quecksilbersäule von
0,007 m, so daß also eine merkbare Änderung des Barometerstandes in weiter Ausdehnung
[* 20] ähnliche Wirkungen zur Folge haben
könnte. Es wurde bereits in den 20er Jahren nach dem Nachweis der zehnmonatlichen Periode gesucht, ebenso in den letzten Jahrzehnten
nach etwanigen säkularen Schwankungen, indessen stets ohne Erfolg.
Die vielfach angeführte Abnahme
der geographischen Breiten, die an verschiedenen Sternwarten,
[* 21] z. B. Mailand,
[* 22] Neapel,
[* 23] Greenwich, Königsberg,
[* 24] Washington,
[* 25] Paris,
[* 26] beobachtet
worden sein sollte, ist in keinem Falle als erwiesen anzusehen. Entweder lassen die ältern Beobachtungen zu große Unsicherheiten
erkennen, oder es sind auch die neuern durch Fehlerquellen, insbesondere Refraktion, mehr oder minder zweifelhaft
geworden. Fanden somit die als möglich angenommenen Veränderungen keine zahlenmäßige Bestätigung, so war damit die Frage
doch noch keineswegs in negativem Sinn entschieden, und sie verschwand nicht aus dem Arbeitsprogramm gewisser Sternwarten sowie
aus den Verhandlungen der internationalen Erdmessung.
In der allgemeinen Konferenz der Gradmessung
[* 27] in Rom
[* 28] von 1883 brachte der italienische Astronom Fergola einen
von allen Delegierten angenommenen Antrag ein, wonach mehrere Sternwartenpaare der nördlichen und südlichen Hemisphäre,
die unter möglichst gleicher geographischer Breite und verschiedenen Meridianen liegen, aufgefordert werden sollten, nach
gemeinsamem Programm während einer längern Reihe von Jahren Polhöhenbestimmungen auszuführen. Hierdurch mußte unzweifelhaft
die für jede auf die Erforschung der Erde Bezug habende Wissenschaft so ungeheuer wichtige Frage der Veränderlichkeit
der Polhöhe, möge sie nun sich in zehnmonatlicher Periode oder in langen Zeiträumen, ja selbst in unregelmäßigen Intervallen
vollziehen, zur Entscheidung gebracht werden. Einen Erfolg hat aber dieser Antrag anscheinend nicht gehabt.
Im J. 1884 unternahm Küstner an der Berliner
[* 29] Sternwarte
[* 30] eine Neubestimmung der Aberrationskonstante und
fand einen Wert, der allen seitherigen Annahmen widersprach, außerdem traten zwischen den Frühjahrsbeobachtungen
1884 und 1885 Unterschiede
hervor, die eigentlich nur dadurch erklärt werden konnten, daß innerhalb dieser Zeit die geographische Breite eine merkbare
Änderung erfahren habe. Unter diesen Annahmen ließ sich auch der rätselhafte Wert der Aberrationskonstante
erklären. In Pulkowa waren von 1882 bis 1885 zahlreiche genaue Polhöhenbestimmungen angestellt worden, und während bis
Mitte 1884 die gefundenen Resultate eine ausgezeichnete Übereinstimmung zeigten, trat von Ende d. J. bis Anfang 1885 eine
um so auffallendere Abnahme der Polhöhe zu Tage, als sie derGröße nach genau mit der Küstnerschen Annahme
für die Änderung der BerlinerBreite übereinstimmte.
Da man nun auf die Frage von neuem aufmerksam geworden und nach ähnlichen Vorgängen aus früherer Zeit forschte, stellten
sich aus den Jahren 1881-82 in der That damals unerklärt gebliebene Schwankungen in verschiedenen Beobachtungsreihen der
SternwartenBerlin,
[* 31] Gotha,
[* 32] Pulkowa heraus, die unter der Annahme einer Veränderung in der Lage der Erdachse erklärt werden konnten.
Danach wurde nun 1888 auf der Gradmessungskonferenz in Salzburg
[* 33] die Angelegenheit wieder aufgenommen, welche nach jenen Beobachtungsresultaten
noch von höherer Wichtigkeit geworden war, da es nun den Anschein hatte, daß sprungweise vorübergehende
Schwankungen von erheblichem Betrag vorkämen.
Dadurch erklärte sich möglicherweise auch, daß man beim Suchen nach der (theoretischen) zehnmonatlichen Periode so wenig
harmonierende Resultate gefunden hatte. Es war nämlich denkbar, daß durch irgend eine Massenverschiebung ein Winkelausschlag
zwischen Hauptträgheitsachse und momentaner Rotationsachse entstanden war, so daß nun letztere um erstere
in etwa zehn Monaten rotierte; solange keine neuen Störungen eintreten, oder wenn sich solche gegenseitig kompensieren, wird
diese Umlaufsbewegung regelmäßig weitergehen, tritt aber eine solche Störung ein, so wird hierdurch möglicherweise die
seitherige Umlaufsbewegung verdeckt werden.
Sie mußten das höchste Interesse erregen. Nach anscheinend längerer Konstanz
[* 37] trat an allen drei Orten gleichzeitig ein allmähliches
Ansteigen der Polhöhe ein, welches nach mehreren Monaten ein Maximum erreichte; dann folgte überall ein tieferes Minimum, und anscheinend
nahm darauf die Polhöhe wieder zu. So hat es den Anschein, als seien Veränderungen in der Polhöhe nachgewiesen,
und es handelt sich nun darum, diese vorläufigen Resultate durch weitere zu bestätigen, wie ausgedehntes Material zu gewinnen,
um die Ursachen, die etwanige Gesetzmäßigkeit in diesen Vorgängen studieren zu können. Dazu werden nun von allen Seiten
große Anstrengungen gemacht. In vollständig gleichmäßiger Art werden an zahlreichen Sternwarten (Berlin,
Potsdam, Straßburg,
[* 38] Karlsruhe,
[* 39] Prag, Paris, Washington, Kap der Guten Hoffnung u. a.) in den nächsten JahrenBeobachtungen angestellt
werden, und außerdem wird von deutscher und amerikanischer Seite eine Station auf den Sandwichinseln errichtet,
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