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Tuckerman einen ausgezeichneten Biographen (1889), der bei allem Lobe doch auch die Schattenseiten seines Charakters hervorhebt. R. S. Guernsey hat sich in seinem groß angelegten Werke »New York and vicinity during the war 1812-13« (1. Bd. 1890) die Aufgabe gestellt, den Anteil, welchen New York an dem zweiten Kriege gegen England nahm, vom militärischen Standpunkt aus zu beschreiben.
Der New Yorker Politiker und Schriftsteller Theodore Roosevelt hat in seinem Werk »The winning of the West« (1889,2 Bde.) die Entwickelung der Weststaaten ausführlich und anschaulich geschildert und uns darin ein interessantes und farbenreiches Bild von dem Vordringen der weißen Bevölkerung [* 2] bis zum Stillen Ozean geliefert. Dasselbe Thema behandelt S. A. Drake in dem Werke »The making of the great West« (1887). Theodore H. Hittells gediegene »History of California« (1886) schildert in klarer, fesselnder Sprache [* 3] das Leben und Wirken der Spanier, Jesuiten und Indianer in dem Goldstaat. Hubert Bancrofts monumentales Sammelwerk »History of the Pacific States of North America« ist bis auf wenige Bände vollendet.
Bemerkenswerte Darstellungen des Bürgerkriegs hat die amerikanische Litteratur der letzten Jahre, abgesehen von dem Werke des Generals Samuel W. Crawford (»The genesis of the civil war«, 1888), nicht zu verzeichnen. Dagegen aber sind einige interessante Monographien erschienen, welche uns mit einigen bedeutenden Einzelheiten jenes Krieges vertrauter machen, als es bisher geschehen ist. So hat J. G. ^[Joseph George] Rosengarten in dem Werke »The German soldier in the wars of the United States« (1886) auf Grund sorgfältiger statistischer Angaben den Anteil der Deutschen Amerikas an dem Befreiungs- und dem Bürgerkrieg dargestellt.
Dem Wirken der Negertruppen während des Bürgerkriegs ist das Werk »Negro troops in the Rebellion« (New York 1887) von George W. Williams gewidmet. In »War reminiscences« (New York 1888) beschreibt John L. Mosby, ein Oberst der Rebellenarmee, seine ans Wunderbare grenzenden Fahrten, seine Einfälle in feindliches Gebiet und sein glückliches Entrinnen aus der Gefangenschaft. Die in mehreren Auflagen erschienenen Memoiren der Generale Grant (deutsch, Leipz. 1886) und Sheridan (New York 1888) geben uns ein anschauliches Bild jenes blutigen Krieges und beweisen, daß jene Helden die Feder und den Säbel mit gleicher Meisterschaft zu handhaben verstanden.
Der Geschichte der Mormonen sind die Werke »Early days of Mormonism« von J. H. ^[James Harrison] Kennedy (1888) und »The Mormon delusion« (1890) von M. W. Montgomery gewidmet. Beide sind unparteiische Kritiken der Entstehungsgeschichte der Heiligen am Salzsee. Das Werk »History of woman suffrage« (1887,3 Bde.) von Elizabeth Cady Stanton und Susan B. Anthony gibt eine quellenmäßige Darstellung der Agitation zur Verleihung des Stimmrechts an die Frauen in Amerika. [* 4]
Mit den innern Verhältnissen der nordamerikanischen
Freistaaten beschäftigt sich A. Carnegies optimistisches Werk »Triumphant
democracy« (1886). Ganz im
Gegensatz hierzu weist Strong (»Our country«, 1886) auf die mannigfachen
Gefahren hin, welchen die freien
Institutionen der
Union durch die ziemlich unbeschränkte
Einwanderung von
unlautern
Elementen, durch den bereits tief in amerikanische
Kreise
[* 5] gedrungenen
Sozialismus, durch die wachsende Unmäßigkeit,
durch das herausfordernde Auftreten der Monopolisten und durch den wachsenden
Romanismus und
dessen feindliche
Haltung gegenüber
dem
Schulwesen ausgesetzt sind,
Thatsachen, die allerdings dem amerikanischen
Patrioten zu denken geben.
Mit dem
Problem der
Einwanderung beschäftigt sich in ziemlich vager
Weise
Professor
R. M.
Smith
(»Immigration problems«
, 1890),
der nur solchen Einwanderern den
Eintritt in die
Vereinigten Staaten
[* 6] gestatten will, deren Vergangenheit die
Gewißheit bietet,
daß sie sich amerikanischen
Anschauungen anbequemen werden.
Biographien amerikanischer Staatsmänner etc.
Zahlreich sind die Biographien, welche in den letzten Jahren amerikanischen Staatsmännern und andern hervorragenden Persönlichkeiten gewidmet wurden. In F. B. Sanborns »Life and letters of John Brown« (Boston [* 7] 1885) ist jenem unglücklichen Abolitionisten, der den Versuch, die Sklaven zu befreien, mit seinem Leben bezahlte, ein dauerndes Denkmal gesetzt worden. Auch William Lloyd Garrison, ebenfalls einer der einflußreichsten Abolitionisten, der sein ganzes Leben der Agitation zur Befreiung der Sklaven widmete, hat in einem von seinen Söhnen kompilierten vierbändigen Werke (1889) eine liebevolle und eingehende Würdigung erfahren. Es ist dies auch deshalb noch ein wertvoller Beitrag zur amerikanischen Kulturgeschichte, weil Garrison zugleich ein Vorkämpfer der religiösen Freiheit war.
Einen hervorragenden Gründer der republikanischen Partei lernen wir in »James G. Birney and his times« (1890) kennen, der leider die Erfüllung seines Hauptwunsches: das Ende des Bürgerkriegs und die Aufhebung der Sklaverei, nicht mehr erlebte. Gegenüber einer herkömmlichen Ansicht, daß den Märtyrer-Präsidenten Lincoln lediglich die Verhältnisse zu einer bedeutenden historischen Persönlichkeit gestempelt haben, sucht William O. Stoddard (»The life of Lincoln«, 1885) den Beweis zu führen, daß Lincoln in hohem Maße die Fähigkeiten besaß, um die Geschicke einer Nation erfolgreich zu lenken. Zu diesem Zwecke beschäftigt sich Stoddards gediegenes Werk hauptsächlich mit dem Privatleben Lincolns, welches seiner Präsidentschaft vorausging.
Das ausführlichste Werk über Lincoln stammt jedoch aus der Feder William H. Herndsons und J. W. ^[Jesse William] Weiks (1889,3 Bde.); besonders war der erstgenannte, der 20 Jahre lang Lincolns Partner in einem Advokatenbüreau war, im stande, eine wahrheitsgetreue Schilderung des Charakters seines Helden zu liefern. Außerdem haben Isaac Nordamerikanische Arnold (1885), Francis Browne (1887), John C. Nicolay und John Hay (1890) gründlich gearbeitete Biographien Lincolns verfaßt.
Sonst sind von biographischen Werken noch zu erwähnen: James R. Gilmores »John Sevier« (Pionier von Tennessee),
H. Ingrams »Life of St. Girard« (Philanthrop),
John T. Morses »Benjamin Franklin«, J. K. ^[James Kendall] Hosmers »Life of Henry Vane« (Gouverneur von Massachusetts Bay),
Henry C. Lodges »Life of Washington«, [* 8] T. W. Knox' »Life of Robert Fulton«, William Newtons [* 9] »Life of Dr. Mühlenberg« (pennsylvanisch-deutscher Theolog und General im Unabhängigkeitskrieg),
Karl Schurz' »Life of Henry Clay«, Mac Masters »Benjamin Franklin«, Th. Roosevelts »Life of governor Morris«, William E. Griffis' »Life of commodore Perry«, George Bancrofts »Martin van Buren«, S. Pellews »John Jay«, G. L. Austins »Life of Wendell Phillips«, G. S. Merriams »Samuel Bowles« (einflußreicher Journalist und republikanischer Politiker) etc. Von John C. Fremonts interessanter Autobiographie ist bis jetzt nur der erste Band [* 10] erschienen. ¶
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Werke über europäische und andre Länder.
Von jeher haben sich verhältnismäßig wenige amerikanische Historiker mit europäischer Geschichte eingehend beschäftigt, vielmehr haben die meisten es vorgezogen, die Resultate der transatlantischen Forscher zu den ihrigen zu machen und sie dann schriftstellerisch zu verwerten. Zu den amerikanischen Gelehrten, welche auf dem Gebiete der europäischen Geschichte wirklich Bedeutendes geleistet haben, gehört in erster Linie Henry C. Lea, ein in Philadelphia [* 12] wohnender Verlagsbuchhändler, der nach einigen kirchengeschichtlichen Arbeiten neuerdings durch seine dreibändige »Origin of the Inquisition« (1888) die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat.
Henry M. Baird, Professor an der Universität New York, hat zu seinem frühern günstig aufgenommenen Werk »The rise of the Huguenots« eine Fortsetzung unter dem Titel: »The Huguenots and Henry of Navarre« (1886,2 Bde.) geschrieben, die sich ebenfalls durch eine klare, wenn auch etwas hausbackene Sprache sowie durch gewissenhafte Quellenstudien auszeichnet. »France under Mazarin« (1886,2 Bde.) von J. B. ^[James Breck] Perkin behandelt auf Grund gewissenhafter Quellenstudien eine interessante, von den englischen Historikern bisher ziemlich vernachlässigte Periode Frankreichs.
Besonders anziehend ist seine Charakteristik des französischen Volkes zur Zeit Mazarins. Der Militärschriftsteller J. R. ^[richtig: J. C. für John Codman] Ropes hat ein Buch über den ersten Napoleon (»The first Napoleon«, 1886) geliefert und darin die vor diesem Eroberer in Europa [* 13] bestehenden Verhältnisse sowie die Ursachen, die ihm zum Erfolge verhalfen, so übersichtlich und klar geschildert, daß man sein Buch im Hinblick auf die vielen dasselbe Thema behandelnden Schriften durchaus nicht als überflüssig bezeichnen kann.
Den bedeutendsten Abschnitt aus der neuesten Geschichte Frankreichs behandelt E. B. Washburne in »Recollections of a minister abroad« (1887,2 Bde.). Der inzwischen verstorbene Verfasser weilte zur Zeit des deutsch-französischen Krieges als Gesandter der Vereinigten Staaten in Paris, [* 14] woselbst er sich einer großen Popularität erfreute. Er blieb auch in der Hauptstadt während der Belagerung derselben und war somit Augenzeuge der Kämpfe zwischen den Kommunisten und Republikanern. Besonders wohlthuend wirkt des Verfassers begeisterte Vorliebe für die Deutschen. Edward Hales Werk »Franklin in France« (1887) bringt zahlreiche bisher unbekannte Dokumente über Franklins Aufenthalt in Frankreich zum Abdruck.
Um die Erforschung der Geschichte Deutschlands [* 15] haben sich die amerikanischen Historiker niemals ernstlich bekümmert. Um so erfreulicher ist es, daß Herbert Tuttle mit seiner »History of Prussia under Frederic the Great« (1888) nicht nur eine auf langjährigen Forschungen beruhende Arbeit, sondern überhaupt das gediegenste Werk der gesamten nichtdeutschen Litteratur über Friedrich d. Gr. geliefert hat. Auch die Erforschung der Geschichte Englands haben die Amerikaner gern den Engländern überlassen und sich mit deren Resultaten, soweit sie nicht das Verhältnis Englands zu Amerika betrafen, zufriedengegeben.
Dafür aber hat der verdienstvolle amerikanische General A. Badeau, der 1861-81 als Sekretär [* 16] der amerikanischen Gesandtschaft in London [* 17] weilte, in seinem Werk »Aristocracy in England« (1886) eine Schilderung der gegenwärtigen sozialen und politischen Verhältnisse des Inselkönigreichs geliefert, die den Bewohnern desselben nicht besonders gefallen dürfte. Donald G. Mitchell, Verfasser der »Träumereien eines Junggesellen«, bespricht in »English lands, letters and kings« (1889) die englischen Zustände in historischer und litterarischer Beziehung.
Jean Roemers »Origin of the English people and of the English language« (1887), die Frucht langjähriger Studien über die Urbewohner Englands, kann als eine reichhaltige Fundgrube für den Geschichtsfreund bezeichnet werden. Der Kunstschriftsteller J. G. W. ^[richtig: S. G. W. für Samuel Green Wheeler] Benjamin, eine Zeitlang amerikanischer Gesandter in Persien, [* 18] hat seinen dortigen Aufenthalt dazu benutzt, Material zu einem lehrreichen und unterhaltenden Werke: »Persia and the Persians« (1886),
zu sammeln. In demselben behandelt er ziemlich ausführlich die Bewohner, die Schulen und die politischen Zustände Persiens. Die religiösen Verhältnisse des genannten Landes hat Samuel Johnson (»Persia«, 1885) geschildert. Der durch seine Afrikareisen allgemein bekannte Paul du Chaillu wandte in der Neuzeit seine Aufmerksamkeit dem skandinavischen Norden [* 19] zu, und das Ergebnis dieser Beschäftigung hat er in einem umfangreichen, aber doch nur kompilatorischen Werk: »The Viking age« (1889), niedergelegt, in dem er abweichend von der bisherigen Ansicht die Wikinger als Träger [* 20] der Zivilisation hinstellt und die Mythologie, die Altertümer und das soziale Leben der alten Skandinavier bespricht.
George Kennan hat in seinem epochemachenden Werk über Sibirien (deutsch von Kirchner, Berl. 1889) das Leben der nach jenem Lande Verbannten auf Grund eigner Anschauung ausführlicher geschildert, als es bisher geschehen ist. In einem Nachtrag dazu (1890) hat er uns besonders mit den entsetzlichen Schicksalen und Verhältnissen der zur Zwangsarbeit in den Minen von Kara verurteilten politischen Verbrecher vertraut gemacht. In dem Reisewerk von J. M. ^[James Monroe] Buckley: »The midnight sun, the land of the Tsar, the nihilist« (1889) bilden die dem Nihilismus gewidmeten Kapitel die interessanteste Abteilung. E. P. Vining sucht in seinem Buch »An inglorious Columbus« (1885) den Beweis zu führen, daß Amerika im 5. Jahrh. durch buddhistische Mönche entdeckt worden sei. P. Lowell, Bruder des Dichters, hat in seinem Werke »Chosön« (1886) eine auf persönlicher Anschauung beruhende Skizze von Korea geliefert, die als eine wertvolle Bereicherung unsrer Kenntnisse jenes bis jetzt so selten besuchten Landes bezeichnet werden muß. Dem nordamerikanischen Territorium Alaska sind neuerdings zwei größere Werke, eins von H. W. Elliott und das andre von Charles Halleck (1886), gewidmet worden.
Litteraturgeschichtliche Werke.
Auch auf litterarhistorischem Gebiet haben die Amerikaner in der Neuzeit einige Werke von größerer Bedeutung hervorgebracht. So hat z. B. G. Harrison das Leben des Schauspielers John Howard Payne, der hauptsächlich durch sein Lied »Home, sweet home« allgemein bekannt geworden ist, erschöpfend beschrieben. George E. Woodberry verfaßte die erste zuverlässige Biographie des unglücklichen Poeten Edgar Allan Poe, dessen Leben bisher mit den fabelhaftesten Abenteuern ausgeschmückt war.
George Prentice beschrieb das Leben Wilbur Fisks, des Gründers der Methodistenkirche in Amerika (1890), der sich auch große Verdienste um das öffentliche Schulwesen erworben hat. Das Leben und den Briefwechsel des Philologen und Naturforschers George P. Marsh hat dessen Witwe in 2 Bänden (1888) herausgegeben. Der Briefwechsel des amerikanischen Historikers und Diplomaten John Lothrop Motley (1889,2 Bde.) beginnt mit dem Jahre 1834, also zur Zeit, da der Genannte Student in Göttingen [* 21] war, und endet ¶