[* 4] In der Lokomotivenfabrik von Neilson und Komp. in
Glasgow
[* 5] sind vor kurzem für die mexikanischen
Eisenbahnen
mehrere
Lokomotiven von besonders großer Leistungsfähigkeit nach dem
System Fairlie erbaut worden. Diese
Lokomotiven ruhen
auf zwei beweglichen Radgestellen mit je 6
Rädern von 1,07 m
Durchmesser. Die
Cylinder haben bei 0,56 m
Länge einen
Durchmesser von 0,406 m. Der Radstand jedes
Gestelles beträgt 2,515
m und der gesamte äußerste Radstand 9,885
m. Die größte zulässige Dampfspannung im
Kessel ist auf 11,7Atmosphären festgesetzt. Die Wasserbehälter haben einen Fassungsraum
von 12,800
Lit., und die Kohlenräume können 5-6Ton. Brennmaterial aufnehmen. Das Gesamtgewicht der Lokomotive bei
vollständiger
Ausrüstung beträgt 92
Ton., also etwas mehr als 15 T. auf die
Achse. Man veranschlagt die Förderlast dieser
auf wagerechter
Bahn mit 3600
Ton., dies entspräche einem
Zuge von 240
Wagen von je 15 T.
Um die Belästigung der in derNähe der
Eisenbahn wohnenden
Bevölkerung
[* 6] und der Reisenden nach Möglichkeit
zu vermeiden, sind vom preußischen Eisenbahnminister Vorschriften für die
Ausstattung der Lokomotive mit
Dampfpfeifen gegeben worden.
Danach sollen künftig Tenderlokomotiven für kleinere
Züge und zum Rangierdienst mit kleinen
Pfeifen von verhältnismäßig
geringer Tonstärke,
Personen- und Güterzuglokomotiven dagegen mit zweiDampfpfeifen ausgerüstet werden,
deren eine einen schwachen
Ton gibt, während die andre, größere, nur zum Geben von weithin hörbaren
Signalen dient.
Zugelassen ist dabei, daß an
Stelle der
DoppelpfeifenDampfpfeifen mit Doppelton treten können, sofern dieselben sich auf
die Dauer bewähren. Nach Brettmann scheinen letztere jedoch zur Einführung nicht geeignet, solange
für die Hervorbringung der beiden verschiedenen
Töne kein andres
Mittel gefunden ist als die verschiedene Öffnungsweite
des den
Dampf
[* 7] zur
Pfeife zulassenden
Ventils, bez. der mehr oder weniger große
Ausschlag des zur
Bewegung des
Ventils dienenden
Handgriffs nach einer und derselben
Richtung.
Als
Grund hierfür wird angegeben, daß der Lokomotivführer beim Geben des Signals seine
Aufmerksamkeit
viel zu sehr auf die außerhalb der Lokomotive vorgehenden
Dinge zu richten habe, als daß er dabei mit Sicherheit einen bestimmten
Hub des Pfeifenhebels innehalten könnte, weshalb man bei
Lokomotiven, die mit doppelt tönenden
Pfeifen ausgerüstet sind,
fast niemals den schwachen
Ton für sich, sondern in der
Regel einen Doppelton zu hören bekomme, d. h.
momentan einen schwachen und unmittelbar darauf einen starken
Ton. Nach Brettmann bleibt nur übrig, zwei
Pfeifen anzunehmen,
die aber mittels eines einzigen Handhebels in Thätigkeit zu setzen sind und zwar derart, daß
beim
Drehen des
Hebels nach
rechts die starke, beim
Drehen nach links die schwache
Pfeife ertönt.
DiesenBedingungen entspricht die in der
[* 1]
Figur dargestellte
Doppelpfeife. Sie besteht aus zwei nebeneinander auf einem gemeinschaftlichen
Dampfzuführungsrohr a aufgestellten Ventilpfeifen, über welchen ein gemeinschaftlicher Bewegungshebel b liegt, der mit
den Ventilstangen c und c1 durch
Bolzen verbunden ist. Die
Ventile selbst bilden die
Stützpunkte für
den
Hebel,
[* 8] wenn er bewegt wird. Wird
er an dem freien Ende bei d abwärts bewegt, so wird das
Ventil
[* 9] v1 der (schwachen)
Pfeife
nach
oben gezogen, d. h. nur fester auf den Sitz gedrückt, das der stärkern
Pfeife dagegen (v) geöffnet. Wird das Hebelende
d nach
oben bewegt, so wird das
Ventil v aufwärts gegen seinen Sitz gepreßt und v1 geöffnet. Im erstern
Falle ertönt also die starke, im letztern die schwache
Pfeife. Der
Hebel b muß natürlich durch geeignete Zwischenhebel und
Zugstangen mit dem vom Lokomotivführer zu bewegenden Handgriff verbunden werden.
In letzter Zeit sind wieder viele Bestrebungen gemacht, Fahrzeuge mit
Gaskraftmaschinen
[* 10] zu betreiben
(Gaslokomotiven).
Hierzu ist vor allen
Dingen dafür zu sorgen, daß auf dem Fahrzeug ein hinreichender Vorrat von Speisegas untergebracht wird.
Bei Anwendung von
Leucht- oder
Fettgas müssen große Gasspeicher am Fahrzeug angebracht sowie Vorrichtungen zum
Komprimieren
des
Gases vorhanden sein, um die nötige Gasmenge unter starkem
Druck aufspeichern zu können.
Der ganze Betrieb wird dadurch umständlich. Man ist deshalb davon zurückgekommen und hat neuerdings den Betrieb mit karburierter
Luft ins
Auge
[* 11] gefaßt, d. h. mit einem
Gemenge von
Luft und Kohlenwasserstoffdämpfen (meist Benzindämpfen), welches dadurch
erhalten wird, daß man
Luft durch einen
Raum streichen läßt, in welchem
Benzin etc. verdampft wird (Vergaser).
Erforderlich ist dazu die
Aufstellung eines Vergasers auf dem Fahrzeug und die Mitschaffung einer größern
Menge flüssigen
Kohlenwasserstoffs. Trotzdem wird die ganze Einrichtung immer noch praktischer und weniger umständlich als bei Anwendung
verdichteten
Gases. Auch wird der Betrieb ungleich unabhängiger von der Zeit und örtlichen Verhältnissen
als der Betrieb mit
Gas. Zu den Fahrzeugen dieser Art gehört der
Benzinwagen (Bd. 17, S. 113).
De la Hault in
Brüssel
[* 12] verwendet zum Betrieb von Straßenfahrzeugen eine
Maschine
[* 13] mit schwingendem
Cylinder. Der in einem
Gaserzeuger
verdampfte
Kohlenwasserstoff mischt sich mit der
Luft, die durch die saugende
Wirkung einer schwingenden
Luftpumpe
[* 14] durch den
Gaserzeuger hindurchgeführt wird. Die so erhaltene karburierte
Luft wird, durch nochmaligen Zutritt von
Luft verdünnt, von der
Luftpumpe angesaugt, dann komprimiert und einem Zwischenbehälter zugeführt, aus welchem die
Ladung
in erforderlichen
Mengen in den Arbeitscylinder tritt, um dort, mittels elektrischerFunken entzündet,
zur
Verbrennung zu kommen und den
Kolben vorwärts zu treiben. Dieser wirkt mittels
Kolbenstange auf eine Antriebswelle, welche
auf einer Seite ein Schwung-
rad trägt, auf der andern durch Zahnräderpaare von verschiedenem Übersetzungsverhältnis auf eine Zwischenwelle einwirkt,
von welcher die Bewegung auf die Treibräderübertragen wird. Die Einrückung oder Ausrückung der Zahnräderpaare geschieht
mittels Kuppelungen
[* 16] und zwar so, daß immer nur je ein Paar zur Wirkung kommt, während die andern leer laufen. Mit
Hilfe dieser Zahnradübersetzungen kann man die Geschwindigkeit des Motors nach Bedarf verändern.
Eine Veränderung der Maschinenkraft wird durch Veränderung des Karburierungsgrades der Ladung herbeigeführt. Hierzu dient
eine Reguliervorrichtung, mittels welcher die Menge der nach dem Gaserzeuger streichenden Luft geregelt wird. Den Gaserzeuger
bildet ein kastenförmiger, durch einen abnehmbaren Deckel geschlossener Behälter, in welchem mehrere
Reihen mit Zeug bezogener Hürden angeordnet sind, deren Zeugbezug in die Karburierflüssigkeit taucht.
Die Hürden ruhen auf Blechwänden, welche so gestellt sind, daß zwischen ihnen vielfach hin- und hergehende Kanäle gebildet
werden. Unterhalb der Hürden sind Rohre angebracht, durch welche die verbrauchten heißen Verbrennungsgase aus dem
Arbeitscylinder streichen, so daß die von den Hürden angesaugte Flüssigkeit erwärmt und verdampft wird. Die Dämpfe treten
in die erwähnten Zickzackkanäle und werden von der durch diese hindurchstreichenden Luft aufgenommen und mitgeführt.
Bei der Gaslokomotive von E. Stevens wird die Gaskraftmaschine
[* 17] nicht direkt zum Antreiben der Räder, sondern zum Verdichten
(Komprimieren) von Luft gebraucht, welche sodann, in einer besondern Luftmaschine zur Wirkung kommend, den Wagen bewegt. Ein stehender
Gasmotor dient zum Betrieb eines Luftverdichters und einer Wasserpumpe und erhält das erforderliche Betriebsgas aus
einem Vergaser, welcher nach Art eines Lokomotivkessels eingerichtet ist. Ein mit den zu vergasenden Kohlenwasserstoffen erfülltes
Gefäß
[* 18] ist nämlich von einer großen Anzahl Röhren
[* 19] durchzogen, durch welche die vom Gasmotor abziehenden
heißen Verbrennungsgase streichen.
Die dabei erzeugten Kohlenwasserstoffdämpfe sammeln sich in einem oberhalb angebrachten Dome und bilden mit hindurchgeführter
Luft die zur Speisung des Gasmotors dienende karburierte Luft. Der vom Motor betriebene Luftverdichter saugt Luft aus der
Atmosphäre an und treibt sie in verdichtetem Zustand in einen Luftsammler, aus welchem sie in die nach Art einer Zwillingsdampfmaschine
eingerichtete Luftmaschine tritt, welche sich von den gewöhnlichen Lokomotivmaschinen hauptsächlich nur durch das Betriebsmittel
unterscheidet.
Die in der Luftmaschine verbrauchte und dabei infolge der Expansion abgekühlte Luft entweicht durch einen
Kühlapparat. Dieser dient dazu, das in dem Kühlmantel des Cylinders des Gasmotors erwärmte Wasser wieder so weit abzukühlen,
daß es von neuem zur Kühlung des Cylinders der Gasmaschine gebraucht werden kann, und gleicht einem stehenden Röhrenkessel,
dessen Röhren innen von der aus dem Luftmotor entweichenden kühlen Luft und außen von dem zu kühlenden
Wasser bespült werden, wobei ein Wärmeaustausch stattfindet.
Bevor das warm gewordene Kühlwasser der Gasmaschine in den Kühlapparat eintritt, durchläuft es einen Wassermantel der Luftmaschine,
um diese so weit zu erwärmen, daß bei der Expansion der arbeitverrichtenden LuftTemperaturen unter 0° vermieden werden,
welche sonst bei Luftmaschinen leicht durch Eisbildung störend auftreten. Es findet also ein fortwährender
Umlauf des Wassers von der Gasmaschine zum
Luftmotor, weiter zum Kühlapparat und wieder zurück zum Gasmotor statt.
Falls der Behälter für die verdichtete Luft ebenfalls doppelwandig ausgeführt ist, kann das Wasser auch noch durch diesen
Mantelraum hindurchgeleitet werden. Die verbrauchten Gase
[* 20] der Gaskraftmaschine werden nach ihrer Wirkung
im Vergaser durch einen Schornsteinins Freie geleitet. Zum Dämpfen des mit dem Austreten der Gase verbundenen Geräusches, welches
bei einer Verwendung der Lokomotive zu Straßenbahnzwecken mit Rücksicht auf den andern Wagenverkehr (Scheuen der Pferde)
[* 21] vermieden
werden muß, ist in den Schornstein ein besonderer Apparat eingeschaltet.
Derselbe besteht aus einem siebartig durchlochten Rohre von dem lichten Durchmesser des Schornsteins, um welches in einigem
Zwischenraum konaxial ein zweites Rohr aus nicht gelochtem Blech gelegt ist. Der Raum zwischen beiden Rohren ist mit unverbrennbarem
Faserstoff (Asbest od. dgl.) ausgefüllt, durch welchen die
Übertragung der beim Auspuff auftretenden Gasschwingungen nach außen gehemmt werden soll. Die bei
dieser Gaslokomotive zwischen dem eigentlichen (primären) Motor und den Triebrädern eingeschaltete Luftmaschine zieht zwar
jedenfalls den Wirkungsgrad der ganzen Lokomotive etwas herab, gestattet aber die Anwendung von einfachen Umsteuerungen, wie sie bei
den gewöhnlichen Lokomotiven gebräuchlich sind, so daß die Bewegungsrichtung der Lokomotive ebenso leicht
und sicher geändert werden kann wie bei diesen, während die Umsteuerung
[* 22] bei den direkt mit Gasmotoren betriebenen Lokomotiven
noch Schwierigkeiten macht.
Ein eigentümliches Fahrzeug wurde von Wald u. Rigal in Paris
[* 23] vorgeschlagen. Die Fortbewegung desselben erfolgt mittels einer
schweren, im Innern des hohlen Radkranzes des Treibrades enthaltenen Flüssigkeit durch gepreßtes Gas.
Dadurch, daß diese Flüssigkeit durch den auf sie ausgeübten und aufwärts wirkenden Gasdruck gezwungen wird, sich in dem
Radkranz zu verschieben, bringt sie das Rad aus dem Gleichgewicht,
[* 24] und infolge des Bestrebens des Rades, seine Gleichgewichtslage
wiederherzustellen, kommt es in Drehung und bewirkt so die Fortbewegung des Wagens.
Der hohle Radkranz ist durch Ventile in mehrere (vier) Teile zerlegt, die sich in der Nähe der Ventile zu Kammern erweitern.
Alle diese Ventile schlagen nach derselben Richtung hin auf, nämlich entgegengesetzt der Drehungsrichtung des Rades. Neben jedem
Ventil, und zwar auf der Seite, nach welcher das Ventil aufgeht, mündet in jede der Kammern ein radiales
Rohr, welches zur Gaszu- und Ableitung dient und zu dem Zwecke durch eine an der Radnabe angebrachte Kreisschiebersteuerung
abwechselnd mit dem Gaserzeuger und der äußern Luft in Verbindung gesetzt wird. Es sei angenommen, das Triebrad solle sich,
von einer bestimmten Seite aus gesehen, nach rechts drehen, wobei auch der Wagen von links nach rechts
laufen würde, so müßten nach obigem alle Ventile im Hohlraum des Rades nach links aufschlagen und die radialen Rohre links
neben den Ventilen in die Kammern einmünden. Es sei ferner vorausgesetzt, es befinde sich eine der vier
Kammern (Nr. 1) gerade in ihrer tiefsten Stellung und sei mit Flüssigkeit gefüllt, die sich im Gleichgewicht befindet, also
zu beiden Seiten des tiefsten Punktes der Kammer gleich hoch steht. Wird jetzt das radiale Rohr (Nr. 1) dieser Kammer mit dem
Gaserzeuger in Verbindung gesetzt, Nr. 2 ganz geschlossen und Nr. 3 und 4 nach
dem Freien hin geöffnet, so drückt das Gas das Ventil (Nr. 1) dieser
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