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Schülern nur 23 dem orthodoxen
Glauben angehörten.
Gleiche Maßregeln wurden den übrigen Lehranstalten angekündigt.
Wer gegen solche Bedrückungen der lutherischen
KircheEinspruch erhob, wurde für intolerant erklärt. Auch den kleinern
Städten
wurde für den innern Geschäftsgang der
Gebrauch der russischen
Sprache
[* 2] vorgeschrieben. Um jedem
Ausbruch der immer mehr anschwellenden
Erbitterung zuvorzukommen, wurden die
Gouverneure mit
Formularen für sofortige Verschickung jeder verdächtigen
Person versehen.
[* 3] Im
Hafen von Livorno sind im J. 1889: 3754 beladene
Schiffe
[* 4] von 1,274,895
Ton. ein- und 2885 beladene
Schiffe von
1,089,920 T. ausgelaufen. Die Wareneinfuhr belief sich auf 542,126
T. im
Werte von 70,1, die Ausfuhr auf
158,643
T. im
Werte von 34,1 Mill. Lire (gegen 62 und 22,2 Mill. Lire im Vorjahr).
Hauptartikel waren in der Einfuhr:Getreide
[* 5] und
Mehl
[* 6] (13,3 Mill. Lire),
Tabak
[* 7] (7,2),
Steinkohle (5,2),
Fische
[* 8] (4,7),
Häute und
Felle (2,5), Schafwolle (2,2), Roheisen (1,8),
Petroleum (1,5);
österreichisch-ungarischer.Gegen die größte österreichische Seeschiffahrtsgesellschaft, den
Lloyd, sind
in jüngster Zeit aus Handelskreisen über die
Höhe der Frachtsätze, Unzulänglichkeit der Schiffsräume, ferner in Bezug
auf die Regelmäßigkeit der Dampferverbindungen, Vervollständigung der überseeischen
Routen etc.,
Klagen
erhoben worden. Auf diese Verhältnisse im
Verein mit den hohen
Tarifen der Südbahn ist die befremdliche
Thatsache zurückzuführen,
daß die österreichische Ausfuhr im Orientverkehr mehrfach den Weg über die Nordseehäfen statt über die eignen
Hafenplätze an der
Adria einschlägt.
Nachdem insbesondere durch den neuestens von
Hamburg
[* 9] aus in
Kraft
[* 10] getretenen sogen. deutschen Levanteverkehr
eine beträchtliche Verwohlfeilung der
Frachten von
Deutschland
[* 11] nach dem Mittelmeergebiet, ja selbst nach den Häfen des
SchwarzenMeers herbeigeführt wurde, erschien die
Lage des österreichisch-ungarischen
Handels undVerkehrs im
Orient ernstlich bedroht,
und die allgemeine
Aufmerksamkeit wandte sich dieser Angelegenheit um so mehr zu, als die
Erhaltung dieser
Verkehrsbeziehungen eine Lebensfrage für
Industrien.
HandelÖsterreich-Ungarns bildet. Die
Regierung machte deshalb ihren Einfluß auf die in Betracht kommenden Transportunternehmungen
geltend, um die
Konkurrenz der deutschen Levantelinie für den österreichischen
Verkehr durch Herabsetzung der bestehenden
Tarifsätze thunlichst zu paralysieren. Zugleich wurde mit Rücksicht auf die ablehnende
HaltungUngarns
gegenüber einer eventuellen
Erhöhung der
Subvention des österreichisch-ungarischen
Lloyds die Umwandlung dieser
Unternehmung
in eine rein österreichische von der österreichischen
Regierung in Erwägung gezogen und behufs
Lösung des bestehenden Lloydvertrags
die
Verhandlung mit der ungarischen
Regierung eingeleitet.
Hierzu bot die prekäre finanzielle
Lage desLloyds die Veranlassung, welcher die Geschäftsjahre 1889 und 1890 mit
einem Verlustsaldo von 440,000, bez. 60,000
Gulden schloß, zugleich aber einer teilweisen Erneuerung des Schiffsparkes dringend
bedarf. Es scheint in Aussicht genommen zu sein, dem
Lloyd nach Umwandlung in ein rein österreichisches Unternehmen und der
sonst erforderlichen Umgestaltung der
Organisation und
Verwaltung eine ausgiebigere
Subvention österreichischerseits
zuzuwenden, wogegen
Ungarn
[* 12] die durch
Auflösung
des Lloydvertrags frei werdende Jahressubvention künftig der ungarischen Seeschiffahrtsgesellschaft
Adria, welche sich verhältnismäßig in günstigen finanziellen Verhältnissen befindet (1889 erzielte sie einen Reingewinn
von 187,000
Guld.), zuweisen dürfte.
Nikolai Ssemjónowitsch, russ. Schriftsteller, geb. im
GouvernementOrel, erhielt seine
Erziehung zuerst im
Gymnasium zu
Orel, dann die weitere
Ausbildung in
Kiew.
[* 13] Hierauf war er eine Zeitlang
Geschäftsreisender seines Oheims, des Engländers
Scott, wodurch er Gelegenheit erhielt, mit
den verschiedensten
Personen in Beziehung zu treten und allerlei Verhältnisse kennen zu lernen, die seinen feinen Beobachtungssinn
künstlerisch lebhaft anregten.
Bald darauf widmete er sich ganz litterarischer Thätigkeit. Das erste Werk, welches seinen
Namen bekannt machte, war der 1864 erschienene
Roman »Ohne Ausweg«, ein hervorragendes
Sittenbild aus der russischen
Gesellschaft, in welcher radikale und nihilistische
Elemente
bereits ihre zerstörende
Kraft zu üben begannen, und das eins seiner besten Werke geblieben ist.
In demRoman »Die
Geistlichen« enthüllte er in scharf gezeichneten Bildern das
Leben der russischen
Geistlichkeit, und der große
Roman:
»Bis aufs
Messer«
[* 14] schildert ausführlich den Zwiespalt und die Parteiungen im
Lager
[* 15] der russischen
Intelligenz.
Außerdem hat eine
Reihe andrer
Erzählungen geschrieben, die auch mehrfach alte Legendenstoffe behandeln.
ist eine vollkommen selbständige künstlerische
Natur, die von Originalitätssucht nicht ganz frei ist, in der aber ein tiefer
sittlicher
Ernst steckt, welcher sich mit einer ansehnlichen Begabung für die Schilderung und Zergliederung der
Erscheinungen
russischen
Lebens verbindet. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien in 10
Bänden (Petersb. 1890).