Carlo, Kardinal, geb. 11. Jan. 1821 zu Perugia, ward 1843 Priester, studierte darauf die Rechte und ward 1846 Kanonikus
an der Kathedrale von Perugia. Erzbischof Pecci (später Papst Leo XIII.) ernannte ihn 1847 zu seinem Generalprovikar und 1851 zum
Mitglied des theologischen Kollegiums. 1853 wurde er päpstlicher Kämmerer, 1857 Erzpriester und Haupt des
Domkapitels und 1877 Bischof von Amata i. p. und Verwalter der Erzdiözese Perugia. Leo XIII. berief ihn 1878 nach Rom und ernannte
ihn zum Uditore und verlieh ihm 1884 die Kardinalswürde. Er ist Präfekt der Kongregation der Riten.
Charles Martial Allemand, franz. Kardinal, erklärte sich 1890 offen für den Anschluß der konservativ-klerikalen
Partei an die republikanische Regierungsform, da die Monarchie tot sei;
hierdurch wahre man am besten die christlichen Grundsätze
und Interessen.
Vgl. F. Klein, Le cardinal Lavigerie et ses œuvres d'Afrique (Par. 1890).
Pflanzen (Plantae viviparae), Gewächse, deren Same regelmäßig schon in der Frucht keimt und dieselbe
entweder auf der Mutterpflanze durchbohrt oder in gekeimtem Zustand mit der Frucht zugleich abfällt.
Als Abnormität kommt diese Erscheinung auch an einzelnen einheimischen Pflanzen, z. B. bei auswachsendem Getreide in feuchten
Jahren, bei Arten von Juncus, Epilobium, bei Äpfeln u. a., vor. Allein sie ist bei einigen tropischen Strandgewächsen
der sogen. Mangroveformation (so z. B. bei
Arten von Rhizophora, Bruguiera, Aegiceras, Avicennia) ein durchaus normaler Vorgang, welchen schon Rumphius in seinem »Herbarium
Amboinense« sehr anschaulich beschrieb; jedoch wurde dieser Bericht von spätern Reisenden so entstellt wiedergegeben, daß
ein endgültiges Urteil über die Sache nicht ausgesprochen werden konnte.
Eine genauere Untersuchung der lebendiggebärenden Pflanzen Südasiens wurde neuerdings durch Göbel in
Bentotte auf Ceylon ausgeführt, nachdem schon früher Warming in Brasilien an Rhizophora Mangle Lebendiggebärende Beobachtungen angestellt hatte.
Die einfachste Form von Viviparie unter den Mangroven besitzt Bruguiera gymnorhiza. Von den sechs im Fruchtknoten vorhandenen
Samenanlagen wächst nur eine aus und füllt zuletzt den ganzen Innenraum desselben völlig. Der scheitelständige
Embryo unterscheidet sich von einem gewöhnlichen dikotylen Keimling nur dadurch, daß er vier anstatt zwei Keimblätter besitzt,
die unten zusammenhängen und hier eine kurze Röhre bilden; sein unter den Keimblättern befindliches (hypokotyles) Stengelglied
ist anfangs noch sehr klein.
Dasselbe verlängert sich aber später bedeutend, so daß es die Samenschale durchbohrt und mit der Wurzel
an der Spitze in den Fruchtknotenraum hineinwächst, während die Keimblätter innerhalb der Samenschale stecken bleiben und
unter Aufzehrung des vorhandenen Endosperms den Keimling ernähren. Das weiterwachsende Wurzelende des Embryos dehnt zunächst
den Fruchtknoten, sprengt schließlich dessen Wand an dem griffeltragenden Teile mit einem Querriß und
hebt den Griffelteil mützenartig empor.
Darauf schwillt das aus der Frucht hervorgetretene hypokotyle
Ende des Keimlings an und verlängert sich zu einem bis 21 cm
langen und 2 cm breiten Körper von Spindelform. Durch das wachsende Gewicht des Keimlings wird inzwischen die noch immer am
Baume befindliche Frucht so gedreht, daß die Wurzelspitze sich nach unten kehrt. Der auf diese Weise weit
vorgeschrittene Keimling fällt schließlich (wie es scheint, ähnlich wie bei Rhizophora durch Lostrennung von den Kotyledonen)
ab und gelangt in den unter den Bäumen vorhandenen Schlamm, in welchem sich das Wurzelende schnell weiterentwickelt. Häufig
fallen aber auch die Keimlinge in das Wasser und werden von demselben wegen ihrer lufthaltigen Intercellularräume
fortgetragen, bis sie die Brandung wieder an den Strand zurückwirft, so daß auch die Weiterverbreitung der Pflanze gesichert
erscheint.
Bei Rhizophora mucronata ist besonders das Verhalten des Endosperms und die abweichende Bildung des Embryos von
Bedeutung. Ersteres wächst nämlich aus dem Samenknospenmund (Mikropyle) hervor, ähnlich wie bei Rhizophora Mangle nach Warming,
ohne jedoch eine arillusartige Wucherung zu bilden, und bahnt dadurch dem auskeimenden Embryo den Weg; sein hypokotyles Ende
verlängert sich, wächst in das Endosperm hinein und durchbohrt dasselbe, wodurch es in die Fruchtknotenhöhle gelangt.
Der Embryo besitzt an Stelle der vier Keimblätter von Bruguiera einen anscheinend soliden Keimblattkörper (Kotyledonarkörper),
der jedoch eine mittlere, sehr enge Spalte mit dicht sich berührenden Rändern und im Grunde derselben die Stammknospe aufweist.
Das keulenförmige Wurzelende des Keimlings durchbricht dann den stehen gebliebenen untern, ebenfalls weiter ausgewachsenen
Teil des Griffels, und sein hypokotyles Glied löst sich zuletzt von dem Keimblattkörper ab, worauf das
weitere Schicksal des Keimlings dem von Bruguiera ähnlich verläuft.
Auch bei Aegiceras majus, einer strandbewohnenden, strauchartigen Myrsinee mit ziegenhornähnlich gekrümmten Früchten, beobachtete
Göbel Viviparie, welche insofern von der bei Rhizophora abweicht, als hier die Frucht, solange sie am Strauche
festsitzt, vom Keimling nicht durchbohrt wird. Letzterer wächst aber innerhalb der Frucht zu ganz bedeutender Größe heran
und füllt deren Innenraum aus, während der Same klein bleibt. Die Frucht fällt dann mit dem von ihr umschlossenen Keimling
ab, schwimmt auf dem Wasser und vermittelt dadurch die Verbreitung.
Endlich kommt auch bei Avicennia officinalis, einer strandbewohnenden Verbenacee, ein normales Lebendiggebären vor; auch bei
dieser wächst nach Treub das Endosperm aus dem Samenknospenmund hervor, führt aber dabei den Embryo mit sich, der einen nur
wenig entwickelten hypokotylen Teil hat und im Endosperm wie in einer Tasche steckt, während die beiden
elliptischen Keimblätter aus jenem hervorragen. Schließlich fallen die Embryos in völlig nacktem Zustand aus der geöffneten
Frucht heraus und befestigen sich an ihrem untern Ende mittels eines Kranzes von Nebenwurzeln.
Nach diesen Beobachtungen ist es unzweifelhaft, daß bei den in Rede stehenden Pflanzen normale und bis auf die Embryonalzustände
zurückgreifende biologische Einrichtungen vorhanden sind, welche die merkwürdige Art des Aussäens von entwickelten Keimpflanzen
an Stelle von Samen herbeiführen. Letztere steht in deutlicher Abhängigkeit von den besondern Verhältnissen der tropischen
Strandvegetation, welche eine gesicherte Verbreitung und eine möglichst schnelle
mehr
Befestigung der Keimpflanzen in dem Schlammboden erfordert, da ohne derartige Einrichtungen leicht ein Umfallen oder
Weggespültwerden jener eintreten könnte, eine teleologische Voraussetzung, welche natürlich das Zustandekommen dieser
Bildungen selbst nicht erklärt. Übrigens finden sich auch bei einigen nicht lebendiggebärenden Pflanzen Formen der Samenentwickelung,
welche auf die Viviparie ein Licht werfen. So entbehren z. B. die großen Samen einer auf sumpfigem Strandboden
Ceylons wachsenden Amaryllidee (Crinum asiaticum) eine harte, feste Samenschale und werden nur von einer dünnen, grauen Haut
umzogen; ihrer Hauptmasse nach bestehen sie nur aus dem Endosperm und schwimmen vermöge ihres Luftgehalts auf dem Wasser,
was die Verbreitung erleichtert; indem die ursprünglich vorhandene, schwammige Fruchtschale unter Wasser
verwittert, gelangen sie ins Freie. Noch merkwürdigere Schwimmeinrichtungen finden sich bei der Nymphäacee Euryale ferox, deren
Samen mittels eines lufthaltigen Mantels (Arillus) zu schwimmen vermögen und nach Entfernung desselben sofort zu Boden sinken.
Auch die Kokospalme und die strandbewohnende, niederliegende Barringtonia speciosa (Myrtacee) besitzen
eine hierher gehörige Einrichtung, indem sich die Wurzeln ihres Keimlings zunächst innerhalb einer Faserschicht der Fruchtwand
entwickeln; dieselbe ermöglicht durch ihr schwammiges Gewebe zugleich das Schwimmen der Frucht und ihre Verbreitung durch Meeresströmungen.
Das Wurzelsystem ist bei diesen Pflanzen schon erstarkt, ehe es die Frucht durchbricht, und kann daher
den Keimling rascher befestigen; auch ist durch außerordentlich reichliche Anhäufung von Reservestoffen für dessen schnelle
Ernährung gesorgt.
Vielleicht verhält sich die an vielen Stellen des tropischen Asien bis nach Neuguinea und Nordaustralien verbreitete Palme Nipa
frutescens ähnlich, deren Früchte nach Blumes alter Angabe so lange am Kolben stehen bleiben sollen, bis
das Salzwasser der Keimung nichts mehr schaden kann. Ein der Viviparie verwandter Vorgang findet sich auch bei einzelnen Kryptogamen,
die feuchte Strandorte bewohnen (Hymenophylleen sowie einige Lebermoose), und deren Sporen regelmäßig noch innerhalb des
Sporangiums die ersten Keimungsstadien zurücklegen.
Dagegen ist das besonders bei Gräsern vorkommende, abnorme Durchwachsen der Blüte durch einen blatttragenden,
später abfallenden und sich bewurzelnden, kleinen Sproß als vegetative Viviparie zu betrachten. Den stärksten Gegensatz zu
den lebendiggebärenden Pflanzen stellen solche Gewächse dar, deren Embryos bei der Ausstreuung der Samen noch ganz unentwickelt
sind und nur aus einer oder wenigen Zellen bestehen, wie es bei einer Reihe unsrer einheimischen Frühlingspflanzen
(Eranthis hiemalis, Ranunculus Ficaria, Corydalis cava) der Fall ist. Die Weiterentwickelung erfolgt dann an den unreifen Samen
innerhalb des Erdbodens. Bei der Konifere Gingko biloba tritt sogar die Befruchtung erst in der abgefallenen Samenknospe ein.
Vgl. Göbel, Pflanzenbiologische Schilderungen (1. Teil, Marburg 1889).