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Privatgesellschaften, der Société du musée des arts décoratifs und der Union centrale des arts décoratifs, überlassen, welche sich 1881 zu Einem Verein unter dem letztern Namen verschmolzen haben. Die Regierung hat ihnen jedoch einen Louvrepavillon für das Museum zur Verfügung gestellt. Bis dahin war das Musée Cluny, dessen großartige Kunstschätze freilich mehr nach dekorativen als nach instruktiven Grundsätzen geordnet sind, die einzige Vorbildersammlung für das Kunstgewerbe.
Eine Kunstgewerbeschule im modernen Sinne wurde erst 1877 durch Umwandlung aus der alten Zeichen- und Mathematikschule mit einem Budget von etwa 100,000 Fr. errichtet. Das späte Eintreten Frankreichs in die moderne Bewegung hat zur Folge gehabt, daß das heimische Kunstgewerbe nicht nur einen Teil seines Exports eingebüßt hat, sondern sich auch durch den fremden Import aus Deutschland [* 2] und Österreich [* 3] beeinträchtigt sieht, so daß infolgedessen eine Reorganisation der Kunstgewerbe- und Fachschulen herbeigeführt worden ist.
Die unter der Verwaltung des Staates stehenden Kunstsammlungen sind die folgenden: die Museen im Louvre, im Luxembourg, in Versailles [* 4] und St.-Germain, das Musée Cluny, das Studienmuseum in der École des beaux-arts, das keramische Museum in Sèvres, das Museum der Gipsabgüsse im Trocaderopalast, das Artilleriemuseum, das Garde-Meuble (Mobiliar und Teppiche aus den Schlössern), das Kupferstichkabinett, das Medaillen- und Antikenkabinett und das Münzmuseum.
Vom Staate dotiert sind ferner: die französische Akademie in Rom [* 5] mit einem Budget von ca. 150,000 Fr., die École des beaux-arts mit einem Budget von 330,000 Fr. und die Zeichenschule für junge Mädchen in Paris [* 6] mit einem Budget von 40,000 Fr. Die Spezialschule für Architektur in Paris ist von einer Gesellschaft gegründet, erhält aber vom Staat und der Stadt Paris einen jährlichen Zuschuß von 15,000 Fr. Die Stadt unterhält ferner das auf ihre Geschichte bezügliche Musée Carnavalet und setzt außerdem jährlich 300,000 Fr. für Werke der Malerei, Plastik, der vervielfältigenden Künste etc. aus. Das Budget für Kunstbauten steigt jährlich bis zu 500,000 Fr., ohne die beträchtlichen Summen für die Subventionierung des Zeichenunterrichts.
Die Kunst-, Kunstgewerbe- und Zeichenschulen und die Museen in den Provinzen werden meist von den einzelnen Städten und Gemeinden oder von gemeinnützigen Gesellschaften unterhalten. Der Staat beteiligt sich an den erstern durch Aussetzung von Prämien und durch Zuschüsse, die sich auf ca. 350,000 Fr. belaufen, an den letztern durch Überweisung von Gemälden, Skulpturen etc., die auf den jährlichen Pariser Salons für ca. 300,000 Fr. angekauft werden, an welcher Summe allerdings auch die Galerie des Luxembourg-Palastes teil hat.
Kunstschulen existieren in Marseille, [* 7] Dijon, [* 8] Toulouse, [* 9] Montpellier, [* 10] Nancy, [* 11] Lille, [* 12] Valenciennes, Lyon, [* 13] von denen jedoch nicht alle dem Begriff entsprechen, welchen man in Deutschland mit solchen Instituten verbindet. Dagegen ist die Zahl der Zeichen- und Fachschulen, welche sich auf bestimmte Gebiete und die Förderung gewisser lokaler Industriezweige beschränken, außerordentlich groß. Zeichen- und Modellierschulen findet man selbst in den kleinsten Städten. Ihre Zahl mag sich auf etwa 160 belaufen. Sie sind zum Teil ins Leben gerufen oder werden wenigstens sehr lebhaft gefördert von den zahlreichen Kunst- und Geschichtsvereinen, Akademien und Vereinen für Landwirtschaft, Wissenschaft und Kunst, welche gleichmäßig über das ganze Land so stark verbreitet sind, daß man ihrer etwa 200 zählt.
Ein Teil dieser Vereine verfolgt archäologische Zwecke. Die historische Vergangenheit Frankreichs und der Reichtum des Landes an antiken Monumenten römischen und gallischen Ursprungs haben einerseits die Liebe zu archäologischen Studien und die antiquarischen Gesellschaften, anderseits die zahlreichen Sammlungen von Altertümern ins Leben gerufen, welche unter den ca. 260 öffentlichen Kunstsammlungen, die Frankreich (auch die unbedeutendsten mit eingerechnet) besitzt, numerisch eine sehr große Rolle spielen.
Hervorragende Museen, von denen sich aber höchstens drei oder vier mit Sammlungen wie denen in Braunschweig, [* 14] Darmstadt [* 15] oder Schwerin [* 16] vergleichen lassen, besitzen nur die Städte Marseille, Caen, Aix, Troyes, Grenoble, [* 17] Dijon, Nîmes, Narbonne, Lille, Besançon, [* 18] Toulouse, Bordeaux, [* 19] Montpellier, Rennes, Tours, [* 20] Nantes, [* 21] Valenciennes, Lyon, Rouen [* 22] und Amiens. [* 23] Versailles, Sèvres und St.-Germain sind schon früher erwähnt worden. Es muß dabei bemerkt werden, daß ein großer Teil dieser 20 Museen (Gemäldesammlungen) seine Entstehung Napoleon I. verdankt, welcher sie mit den Kunstschätzen ausstattete, die er auf seinen Eroberungszügen geraubt hatte. Ein Teil der Gemälde ist beim Friedensschluß nicht zurückerstattet worden.
Die Kunstpflege und der Kunstunterricht in Großbritannien [* 24] und Irland sind von Staats wegen nicht so ausgebildet, wie man es nach dem Wohlstand des Landes erwarten sollte. Das Britische Museum ist mit 130,000 Pfd. Sterl. dotiert, von denen etwa 50,000 Pfd. Sterl. für die Verwaltung abgehen, so daß ca. 80,000 Pfd. Sterl. (1,600,000 Mk.) für neue Erwerbungen etc. übrigbleiben, wobei nicht zu übersehen ist, daß das Britische Museum eine Zentralanstalt für wissenschaftliche und Kunstzwecke ist, in welcher die Bibliothek mit einem Ankaufsbudget von 10,000 Pfd. Sterl. und die naturwissenschaftlichen Sammlungen einen großen Raum einnehmen.
Dafür ist allerdings die Gemäldegalerie abgezweigt und in einem besondern Gebäude bei einem Jahresbudget von 17,000 Pfd. Sterl. (340,000 Mk.) untergebracht. Von dem Budget der Nationalgalerie werden jährlich etwa 9500 Pfd. Sterl. auf neue Erwerbungen verwendet. Das Budget der nationalen Porträtgalerie beträgt etwa 2500 Pfd. Sterl., von denen ca. 750 Pfd. Sterl. zu Ankäufen verausgabt werden. Für die schottische Nationalgalerie, das Altertumsmuseum und Gewerbemuseum sind im Etat ca. 13,000 Pfd. Sterl., für die Royal Irish Academy, das mit ihr verbundene Museum und die irische Nationalgalerie etwa 16,000 Pfd. Sterl. ausgeworfen. In Dublin [* 25] wird eine Kunstschule aus privaten Mitteln unterhalten; das Gewerbemuseum in Edinburg [* 26] ist dem Kensington-Museum in London [* 27] nachgebildet.
Letzteres ist die Zentralanstalt für den Kunst- und kunstgewerblichen Unterricht in England, welches eine Kunstakademie im deutschen Sinne nicht besitzt. Nach dem Muster des Kensington-Museums sind die ähnlichen Anstalten des Kontinents, das Österreichische Museum für Kunst und Industrie in Wien [* 28] und das Kunstgewerbemuseum in Berlin, [* 29] gegründet worden. Das Londoner Institut, mit welchem das Bethnal Green-Museum verbunden ist, zerfällt in eine Kunst- und Vorbildersammlung und in eine Unterrichtsanstalt. Das Budget beträgt etwa 48,500 Pfd. Sterl. Insgesamt beläuft sich das englische Budget für Kunst- und wissenschaftliche Zwecke auf ca. 500,000 Pfd. Sterl. Doch ist in dieser Summe auch die Musik inbegriffen. Auf die bildenden Künste fallen davon etwa 120,000 Pfd. Sterl. (2,400,000 Mk.). Darunter befindet sich ein Posten von 8000 Pfd. Sterl. ¶
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für Ankäufe von Kunstwerken von seiten der Regierung. Die königliche Akademie in London ist nur eine Körperschaft von Künstlern, deren Hauptwirksamkeit in der Veranstaltung von jährlichen Ausstellungen besteht. Dasselbe Ziel verfolgen einige Gesellschaften von Künstlern und Kunstfreunden, wie die Society of painters in watercolours, das Institute of painters in watercolours, die Art-Union of London, die Grosvenor, Hanover, Dudley und French gallery. Die Zahl der über England verbreiteten Kunst- und Zeichenschulen beläuft sich auf etwa 150, deren Kosten zum Teil aus eignen Einkünften durch Schulgelder bestritten werden.
Das belgische Kunstbudget beträgt ungefähr 1,200,000 Fr. Davon entfallen auf die Förderung der modernen Kunst und der lebenden Künstler durch Ankäufe, Bestellungen, Aussetzung von Preisen, Zuschüsse an Kommunen, Kirchen und öffentliche Gebäude zur Beschaffung von Wandgemälden, Kunstwerken und künstlerischen Ausstattungsgegenständen 350,000 Fr., auf die Kunstakademie von Antwerpen, [* 31] die zum andern Teil von der Stadt unterhalten wird, 80,000 Fr., auf die übrigen Kunst- und Zeichenschulen des Landes 270,000 Fr., auf die königlichen Museen in Brüssel [* 32] einschließlich des Musée Wiertz 120,000 Fr., von denen 80,000 Fr. zu neuen Erwerbungen bestimmt sind, auf das Waffen- und Altertumsmuseum in Brüssel 50,000 Fr., auf den Fonds zur Errichtung öffentlicher Denkmäler und zur Prägung von Medaillen auf denkwürdige Ereignisse 75,000 Fr., auf die Wiederherstellung und Erhaltung der alten Kunstdenkmäler des Landes 160,000 Fr., aus welchem Fonds auch alle Gemeinden unterstützt werden, deren Mittel zur Erhaltung ihrer eignen Denkmäler unzureichend sind.
Neben dieser staatlichen Fürsorge spielt die Kunstpflege durch die Kommunen und privaten Vereinigungen eine hervorragende Rolle. Wie in Frankreich, ist die Zahl der städtischen Museen und der zur Förderung der Kunst gegründeten Gesellschaften eine im Verhältnis zum Umfang des Landes sehr große. Die Antwerpener Gemäldegalerie, welche von der Stadt unterhalten wird, übertrifft die der Hauptstadt. Eine einzig in der Welt dastehende Spezialität Antwerpens ist das alte Druckerhaus der Familie Plantin-Moretus, welches in ein Museum der Typographie und der graphischen Künste umgewandelt ist. Das Museum de Steen enthält kunstgewerbliche Altertümer. Die übrigen hervorragenden Kunstsammlungen des Landes sind: das Museum der Akademie in Brügge, das Museum der Akademie in Gent, [* 33] das archäologische Museum und die städtische Gemäldesammlung in Lüttich. [* 34] Höhere Kunstschulen (Akademien) existieren ebenfalls in drei Städten (Brüssel, Brügge und Gent), doch haben sie neben der Antwerpener Kunstakademie nur eine geringe Bedeutung.
Das niederländische Budget für Kunst- und wissenschaftliche Zwecke schwankte in den letzten Jahren (bis 1884) zwischen 650,000 und 690,000 Gulden. Davon gingen etwa 100,000 Guld. für wissenschaftliche und musikalische Zwecke und jährlich 300,000 Guld. für den Bau des 1884 vollendeten Reichsmuseums in Amsterdam [* 35] ab, so daß das Budget für die bildenden Künste etwa auf 250,000 Guld. (500,000 Mk.) zu stehen kommt. Dabei ist zu bemerken, daß auch in den großen Gemeinwesen Hollands Privatpersonen eine Ehre darin suchen, die einheimischen Kunstsammlungen durch Schenkungen zu bereichern.
Andre dagegen vermögen nicht den Lockungen der reichen Pariser Kunstliebhaber zu widerstehen, so daß in den letzten Jahren eine große Anzahl von nationalen Kunstwerken außer Landes gegangen ist, weil einerseits die Mittel des Staates nicht ausreichten, anderseits die Opferwilligkeit der reichen Handelsherren nicht groß genug war, um den Verkauf von Gemälden nach Paris, England und Amerika [* 36] zu verhindern. Die staatlichen Mittel für Kunstpflege und Kunstunterricht verteilen sich folgendermaßen: für die Erhaltung und Restaurierung der alten Kunstdenkmäler im Staatsbesitz und zur Unterstützung von Gemeinden, welche keine Mittel dazu besitzen, ca. 90,000 Guld., für die Gemäldegalerie (Mauritshuys) im Haag [* 37] 10,000 Guld., für das Reichsmuseum in Amsterdam, das unter andern auch die Galerie moderner Gemälde in Haarlem [* 38] und das niederländische Geschichts- und Kunstmuseum im Haag aufgenommen hat, ca. 50,000 Guld., für das Kupferstichkabinett in Leiden [* 39] 1700 Guld., für das Münzkabinett im Haag 8000 Guld., für das Altertumsmuseum in Leiden 13,000 Guld., zum Ankauf von Kunstgegenständen und Büchern und zur Unterstützung von Kunst- und wissenschaftlichen Unternehmungen 50,000 Guld., für die Reichsakademie für bildende Künste in Amsterdam 34,000 Guld., für die Zeichenschulen 20,000 Guld., für die Normalschule für Zeichenlehrer 12,000 Guld. und die Kunstgewerbeschule 12,000 Guld., beide in Amsterdam, welch letztere erst seit 1881 bestehen.
Die Regierung sucht zwar diese äußerst mäßigen Summen durch die Forderung außerordentlicher Kredite zu vergrößern, aber sie findet nicht immer bei den Deputiertenkammern ein verständnisvolles Entgegenkommen. Die Notwendigkeit, Kunst- und Zeichenschulen zu errichten, hat sich neuerdings sehr entschieden geltend gemacht; aber die Regierung ist bei der Beschränktheit ihrer Mittel nicht im stande, allen an sie gerichteten Anforderungen zu genügen. Außer den oben erwähnten Kunstsammlungen und Unterrichtsanstalten sind in Holland noch folgende zu erwähnen: das Museum van der Hoop (jetzt im Reichsmuseum) und das Museum Fodor in Amsterdam, das städtische Museum im Haag, das städtische, das bischöfliche und das Teylersche Museum in Haarlem, das Gemeindemuseum, das Museum der provinzialen Genossenschaft für Kunst und Wissenschaft in Nordbrabant zu Herzogenbusch, das städtische Museum in Leiden, das städtische Museum Boymans in Rotterdam, [* 40] das erzbischöfliche Museum, das Museum Kunstliefde und das Altertumsmuseum in Utrecht, [* 41] die Akademien für bildende Künste im Haag und in Rotterdam und die Kunstgewerbeschule in Haarlem.
Die Schweiz [* 42] besitzt kein einheitliches Kunstbudget. Die Unterhaltung der Museen und Kunstschulen ist teils Sache der Kantone, teils Aufgabe privater Gesellschaften und nur zum kleinsten Teile Sache der Bundesregierung. Die letztere bewilligt unter anderm dem Schweizerischen Kunstverein eine jährliche Unterstützung von 6000 Fr., unterhält die Kunstgewerbeschule in Genf [* 43] und hat seit 1885 jährlich 150,000 Fr. ausgesetzt, die so verteilt werden, daß jede kunstgewerbliche Anstalt die Hälfte ihres Budgets als Bundesbeitrag erhält.
Das Polytechnikum in Zürich [* 44] und die Kunstschulen in Bern [* 45] und Genf besorgen den höhern Kunstunterricht des Landes. Daneben existieren Zeichen- und kunstgewerbliche Fachschulen in Genf (außer der vom Staate unterhaltenen), Zürich, Zug, Winterthur, Luzern, [* 46] Neuchâtel, Basel, [* 47] St. Gallen (Spitzenschule), Herisau (Spitzenschule), Brienz (Holzschnitzschule), Interlaken (Holzschnitzschule). Größere Kunstsammlungen besitzen: Basel (Museum, Antikenkabinett, Sammlung ¶