Sehr reich ist auch für die Textilkunst gesorgt worden. Die
Gobelins sind wieder von französischer Seite behandelt in der
»Histoire de la tapisserie depuis le moyen-âge jusqu'à nos jours«
(Tours
[* 4] 1886) von J. ^[Jules]
Guiffrey, die
Stickerei von
Lady M. Alford in »Needle work as art« (Lond.
1886). Eine Auswahl schöner
Spitzen aus Privatbesitz ist reproduziert in
»Alte kunstvolle
Spitzen auf der
Ausstellung zu
Brüssel
[* 5] 1884« (Berl.).
Webereien hat E. Kumsch in den »Stoffmustern des 17. und 18.
Jahrhunderts« aus dem
DresdenerMuseum herausgegeben
(Dresd. 1888,50 Taf.,
Lichtdruck). In Lieferungen erscheint »Die dekorative Kunststickerei«,
Vorlagen, zum
Teil nach alten
Mustern gesammelt von
Fr. Lipperheide (Berl. 1888). Alten Gemälden hat S. Sacher ^[richtig: Vacher
(=
Sydney
[* 6] Vacher, 1854-1934)]
Flachornamente entnommen: »Fifteenth century
Italian ornaments chiefly taken from brocades and
stuffs found in pictures in the national-gallery« (Lond. 1886,30
Taf.). Brauchbare Werke sind auch von E. Drahan: »Ornamentale
Entwürfe für die Textilindustrie« und
»GeometrischeOrnamente
[* 7] für die Textilindustrie«
(Reichenberg
[* 8] 1883).
Das Gebiet der Buchbinderei behandelt O. Uzanne in »La reliure moderne artistique
et fantaisiste« (Par. 1887). Hier sind auch zu nennen die Vorbilder für die innere Buchausstattung:
Kunstgewerbliche
Lamprecht, »Initial-Ornamentik des 8. bis 13.
Jahrhunderts« (Leipz. 1882,42 Tafeln),
die verschiedene kunstgewerbliche Gegenstände abbilden, ferner der
»Japanische Formenschatz«, eine internationale
Publikation
von
Bing (Leipz. 1889 ff.),
dessen Lieferungen ebenfalls gemischt
Holzschnitte,
Malereien und Geräte farbig
abbilden, dann von E. Kumsch: »Japan-Album. Dekorative japanische
Handzeichnungen aus dem königlichen
Kunstgewerbemuseum in
Dresden«
[* 12]
(Dresd. 1885). Die wichtigsten Werke für die Kenntnis der japanischen
Kunst sind: »L'art japonais« (Par. 1883) vonL. Gonse und »The pictorial arts of
Japan« von
Will.
Anderson (Lond. 1886). Eine neue Geschichte der
Keramik
[* 13] mit einem
Katalog seiner Sammlung hat
Bowes: »Japanese pottery« (Lond. 1890),
Schließlich führen wir von neu erschienenen
Zeitschriften als die wichtigste das seit 1885 in
Verbindung mit der
»Zeitschrift
für bildende
Kunst« erscheinende »Kunstgewerbeblatt«, redigiert von A.
Pabst (Leipz.),
an, das gleicherweise
der
Wissenschaft
wie der
Praxis dient.
Nur für letztere bestimmt ist das »Fachblatt für Innendekoration«
(Stuttg.).
in weitester Bedeutung jeder künstlich hergestellte
Stein im
Gegensatz zu den natürlichen,
»gewachsenen«
Steinen. In diesem
Sinne sind Kunststeine alle gebrannten
Steine
(Ziegel,
Terrakotten
[* 15] etc.) sowie die große Zahl
der verschiedensten auf nassem Wege angefertigten, steinartigen Erzeugnisse, sei es, daß dieselben zur Herstellung von Mauerkörpern
dienen, sei es, daß sie als Dacheindeckungen, Fußbodenbeläge, Wandbekleidungen etc.
Verwendung finden. Im engern
Sinne bezeichnete man als Kunststeine während der 60er Jahre dieses
Jahrhunderts die damals wieder
in
Aufnahme gekommenen sogen. Pisésteine, das sind gepreßte, aus
Kalk oder
Zement und
Sand bestehende
Bausteine in
Ziegel- oder
etwas größerm
Format.
Mit den 70er
Jahren ist die Bezeichnung Kunststein allgemein und fast ausschließlich gebräuchlich geworden
für ein
Fabrikat, welches den Werkstein, besonders
Sandstein, nachahmen und ersetzen soll. Dieser Kunstsandstein wird gefertigt
aus bestem,
vor der Verarbeitung durch feine, seidene
Siebe gegangenem
Zement, an der
Luft zerfallenem und ebenfalls fein gesiebtem,
gebranntem
Kalk und einer Mischung von scharfemKies und ganz feinem
Sand, welche beide
vor der Verarbeitung
so rein gewaschen werden, daß nur reiner
Quarz,
Grauwacke etc. zur Vermischung gelangen.
Das Mischungsverhältnis ist verschieden und wird von den einzelnen
Fabriken geheim gehalten. Der fertigen Mischung wird eine
trockne Metallfarbe beigegeben, sodann wird sie mit
Wasser derart angefeuchtet, daß sie, auf
Platten mit
der
Stampfe bearbeitet, beim Kneten in der
Hand
[* 16] plastische Form annimmt. Die
Masse kommt dann in
Formen von
Eisen,
[* 17]
Holz
[* 18] oder armiertem
Gips,
[* 19] wird in dieselben durch
Stampfen und
Hämmern fest eingedrückt, unmittelbar darauf herausgenommen und im
Schatten,
[* 20] mit
Tüchern bedeckt, vier
Wochen feucht erhalten.
Nach dieser Zeit ist der
Stein druckfest und wetterbeständig und kann zur Verwendung gelangen. Man benutzt
ihn zu allen den Bauzwecken, denen der natürliche
Sandstein dient. Für Nutzzwecke geschieht dies vielfach mit Vorteil, namentlich
da, wo es sich um feuersichere Herstellungen, auf die in der Neuzeit so großes
Gewicht gelegt wird, wie
z. B. freitragende
Treppen
[* 21] u. dgl., handelt. Für sie hat sich
das
Material gut bewährt. Weniger erfolgreich sind die Bestrebungen, es als
Ersatz des gewachsenen
Steines da einzuführen,
wo dieser künstlerischen
Zwecken dient.
und Kunstpflege. Die
Weltausstellungen von 1851,1855 und 1867, welche die erste Gelegenheit zu einem
Vergleich der künstlerischen und kunstgewerblichen Leistungen aller
Nationen geboten, haben auch den Anstoß
zu einer
Reform, bez. zu einer systematischen Regelung des Kunstunterrichts im weitesten
Sinne und im besondern mit Bezug auf das künstlerisch zu veredelnde
Gewerbe gegeben.
England hat zuerst erkannt, daß eine
rationelle
Förderung des
Kunstgewerbes eine
Quelle
[* 22] des öffentlichen Wohlstandes werden könne.
Österreich
[* 23] war das nächste Land, welches sich dieser
Erkenntnis anschloß und die an eine Staatsregierung nach dieser
Richtung herantretenden
Aufgaben mit richtigem Verständnis löste.
Deutschland trat zuletzt in diese
Bewegung ein, weil die großen politischen Ereignisse
der
Epoche von 1864 bis 1871 seine vollen
Kräfte auf andern Gebieten in Anspruch genommen hatten. Seit
der Konsolidierung der politischen Verhältnisse hat es jedoch seine
¶
mehr
vorhandenen, im Vergleich zu Frankreich und England aber immer noch geringen finanziellen Hilfsmittel doppelt angespannt und
im Verlauf von zwei Jahrzehnten nicht nur alle übrigen Nationen in Bezug auf Kunstpflege und -Unterricht erreicht, sondern
zum großen Teil sogar überflügelt. Wenn man die Wirksamkeit Deutschlands
[* 25] betrachtet, muß man freilich den Begriff
des politischen Ganzen aufgeben, weil die Kunstpflege nicht Sache des Reiches, sondern der Einzelstaaten ist.
Das Reich als solches ist bisher für Kunstzwecke nur einmal eingetreten, indem es für die Aufdeckung des alten Olympiaca.
600,000 Mk. hergab. Auf den Reichshaushalt ist seit 1874 auch das Institut für archäologische Korrespondenz
übergegangen, dessen Zentraldirektion sich in Berlin
[* 26] befindet. Es unterhält ein Sekretariat in Rom und
[* 27] eins in Athen,
[* 28] ressortiert
vom AuswärtigenAmt und hat ein Budget von rund 100,000 Mk. Nach Maßgabe der vorhandenen Mittel hat im übrigen in erster LiniePreußen
[* 29] in Bezug auf Kunstzwecke die Repräsentationspflichten für das Reich übernommen und diesen Pflichten
durch Ausrüstung von Expeditionen und durch große Erwerbungen in vollem Maße genügt, während die übrigen Bundesstaaten
nach ihren Kräften für die Vermehrung ihrer Kunstsammlungen und die Pflege der heimischen Kunst- und Fachschulen in gleichem
Maße gesorgt haben.
Gegenüber diesen Anstrengungen war Frankreich seit 1870, nachdem es auf den Weltausstellungen von 1855 und 1867 seine
Überlegenheit über alle übrigen Kulturvölker in Bezug auf Kunstunterricht u. Kunstunterricht bewiesen, eine Zeitlang, zumeist infolge der innern
politischen Zerrissenheit, zurückgeblieben. Aber die unerschöpflichen Hilfsquellen des Landes und die Opferwilligkeit der
Privatleute, die immer eintrat, wo der Staat seine Hand verschlossen hielt, haben das französische Kunstleben
in so hoher Blüte
[* 30] erhalten, daß zwei neue Weltausstellungen (1878 u. 1890) das Übergewicht Frankreichs wenigstens in äußerlicher
Repräsentation offenbarten. 1891 bewilligte die französische Deputiertenkammer auch einen Kredit von 500,000 Fr. zur Ausgrabung
des alten Delphi. In neuester Zeit hat sich auch in Deutschland die allgemeine Wertschätzung der Kunst
insofern gehoben, als reiche Kunstsammler immer häufiger bei Lebzeiten oder durch letztwilliges Vermächtnis die öffentlichen
Sammlungen durch Schenkungen bereichern, so daß die Kunstpflege in Deutschland auch hierin nicht mehr hinter derjenigen Frankreichs
zurückbleibt, wobei man freilich die verschiedenartigen Lebensverhältnisse und die Unterschiede des Wohlstandes in Betracht
ziehen muß.
Preußen. Der Etat der königlichen Kunstmuseen in Berlin beträgt 1891/92 einschließlich einer Summe von 340,000 Mk. für Neuerwerbungen
jährlich ca. 960,000 Mk. Dieser regelmäßige Etat wird jedoch durch außerordentliche Kredite und durch Zuwendungen aus den
Dispositionsfonds des Kaisers und der Ministerien gelegentlich verstärkt. Der Etat der Nationalgalerie beträgt
etwa 86,000 Mk. Die Erwerbungen werden aus einem allgemeinen Kunstfonds von 300,000 Mk.
bestritten, welcher zur Pflege der monumentalen Malerei und Plastik und des Kupferstichs dient.