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männl. | weibl. | |
---|---|---|
Ledige | 27 | 4 |
Verheiratete | 15 | 4 |
Verwitwete und Geschiedene | 10 | 3 |
In Österreich [* 2] begingen 1883 von je 1000 Einw. desselben Geschlechts und Zivilstandes Verbrechen:
männl. | weibl. | |
---|---|---|
Ledige | 48 | 8 |
Verheiratete | 27 | 4 |
Verwitwete | 20 | 4 |
2) Legitimität. Daß die unehelich gebornen Personen am Verbrechen stärker Anteil nehmen als die ehelich Gebornen oder Legitimierten und dadurch des Segens des geordneten Familienlebens teilhaftig Gewordenen, wird allgemein und wohl mit Recht angenommen, obgleich der ziffermäßige Beweis bisher fehlt, da man bekanntlich noch für kein Volk die Zahl der Illegitimen in der stehenden Volkszahl kennt.
3) Seßhaftigkeit. Die flottante Bevölkerung [* 3] ist ungleich krimineller als die seßhafte, denn der enge Zusammenhang in der Gemeinde, welcher die Scheu der Markgenossen voreinander erzeugt, aber auch die Lebensverhältnisse konsolidiert und sichert, schützt vor dem Verbrechen. Das wahre Berufsverbrechertum ist meist auch flottant, und seine Hauptherde sind neben den Proletariermassen der Vorstädte das eigentliche Bettler- und Vagantentum.
4) Konfession. Der Einfluß der Konfession kann im allgemeinen nur schwer für sich beobachtet werden, da sich mit demselben meist der Einfluß des Stammescharakters, der Rasse, Nationalität u. dgl. kreuzt. So zeigen z. B. die Katholiken und Protestanten gegeneinander ein wechselndes Verhalten, je nachdem, welche Staaten oder Gebietsteile man vergleicht, und je nachdem, in welchen Lebensverhältnissen sich die Angehörigen dieser beiden Konfessionen [* 4] befinden. Im Deutschen Reiche sind die Katholiken krimineller als die Evangelischen und auch als die Juden, wobei aber die letztern in den meisten mit dem Geschäftsbetrieb zusammenhängenden und einigen andern Delikten an der Spitze stehen, wie die folgende Tabelle aufweist; durch die fett gedruckten Ziffern ist leicht ersichtlich, welche Konfessionsangehörigen bei jedem einzelnen Delikt sowie überhaupt am kriminellsten sind.
Deutsches Reich. Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze nach der Konfession (1886).
Auf 100000 Einwohner (Gesamtbevölkerung) derselben Konfession kommen Verurteilte:
Hauptgruppen | Evang. | Kathol. | Juden |
---|---|---|---|
Delikte gegen Staat, Religion und öffentliche Ordnung | 118 | 119 | 139 |
Delikte gegen die Person | 252 | 344 | 233 |
Delikte gegen das Vermögen | 317 | 371 | 227 |
Einzelne Delikte | |||
Meineid | 1.6 | 2.0 | 3.2 |
Beleidigung | 87 | 93 | 136 |
Einfache Körperverletzung | 37 | 48 | 31 |
Gefährliche Körperverletzung | 92 | 157 | 37 |
Einfacher Diebstahl | 162 | 189 | 52 |
Schwerer Diebstahl | 18 | 21 | 4.4 |
Sachbeschädigung | 25 | 33 | 9.0 |
Brandstiftung | 1.2 | 1.1 | 0.4 |
Delikte gegen § 147 der Gew.-Ordn. | 10 | 5.4 | 17 |
Hehlerei | 13 | 18 | 13 |
Betrug | 25 | 27 | 63 |
Fälschung von Urkunden | 6.0 | 6.6 | 11 |
Einfacher Bankrott | 0.9 | 0.7 | 19 |
5) Nationalität und Volkscharakter. Die Kriminalität hat bei jedem der Hauptvölker einen bestimmten Charakter, wenn auch derselbe selbstverständlich nicht ausschließlich vom Faktor Nationalität oder Stammeseigentümlichkeit abhängig ist. Überdies ist dabei die Summe der Merkmale, welche man unter Stammeseigentümlichkeit, speziell unter Nationalität begreift, sehr umfassend und mit andern Ursachen gekreuzt, Immerhin aber läßt sich wenigstens für einige Hauptvölker, die Deutschen, Franzosen und Italiener, ihr krimineller Typus angeben.
In Frankreich (vgl. die Kartenbeilage) kommt die Zahl der Verbrechen gegen die Person, einschließlich jener gegen die öffentliche Ordnung einerseits den Verbrechen gegen das Eigentum etwa gleich, und gilt dabei als besonderes Merkmal die starke Verbreitung der Sittlichkeitsdelikte. Die kriminellsten Departements bilden einen zusammenhängenden Komplex, der den Norden [* 5] vom Osten bis zum Westen umfaßt, sich gegen Süden fortsetzt und durch einen schmalen Streifen (die Departements Tarn und Hérault) mit dem Komplex der Departements im Südosten zusammenhängt.
Dabei ist sonach die Mitte des Landes (mit Ausnahme von Puy de Dôme und Rhône) die günstige Gegend, ebenso wie vereinzelte äußerste Grenzdepartements im Norden, Westen und Süden. Was nun speziell die Delikte gegen die Person anbelangt, so stehen am ungünstigsten die Departements Seine, Seine-Inférieure nebst Umgebung, Rhône und Bouche du Rhône, Ober-Garonne, Gironde und die nördliche Bretagne, d. h. meist Departements mit großen Städten. Die Sittlichkeitsdelikte gegen Kinder und jene gegen Erwachsene haben untereinander ganz verschiedene Standorte; die erstern finden sich zumeist in den Departements mit großen Städten, Industriezentren und Handelsemporien, die letztern in Corsica, [* 6] den Alpen [* 7] und der Bretagne, so daß beide Arten ethisch wohl vollständig verschiedenartig zu qualifizieren sind.
Die Morde sind am zahlreichsten in Corsica, den südlichen Alpen und Pyrenäen; während in Corsica Gewehr und Pistole benutzt werden, dient sonst in erster Linie das Messer. [* 8] Der Kindesmord ist am häufigsten im Norden und Nordosten, in den zurückgebliebenen Gegenden der Bretagne und Umgebung, dann in Creuse, wo die männliche Bevölkerung auswärts beschäftigt ist, endlich in der Umgebung der Hauptstadt. Überhaupt sind Corsica und dann das Departement der Seine die kriminellsten Gebiete des ganzen Landes.
Corsica, welches bez. der Morde an der Spitze steht, ist, was die Eigentumsdelikte anbelangt, am Ende der Reihe zu suchen;
doch nehmen die Morde ab.
Dagegen wird die Stellung des Departements Seine immer ungünstiger;
es steht 1825-80 geradezu bez. aller Eigentumsdelikte entweder an erster oder nächstfolgender Stelle, ebenso wie bez. der Unsittlichkeit gegen Kinder;
dabei haben sich die Gewinnsuchtsdelikte um etwa die Hälfte vermindert, die Personaldelikte verdreifacht.
Die gesamte Kriminalität von Paris [* 9] hat sich in den letzten 40 Jahren verdoppelt, während sie in den übrigen Städten etwa um ein Viertel stieg und auf dem Lande um ein Drittel fiel.
Italien [* 10] (vgl. die Kartenbeilage). Die Kriminalität Italiens [* 11] ist schon an sich und auch im Verhältnis zu den übrigen Staaten hoch; die Delikte gegen die Person und gegen das Eigentum stehen sich beiläufig gleich, und dabei behaupten diejenigen gegen die öffentliche Ordnung einen ganz besonders hervorragenden Platz. Unter den Personaldelikten ragen ganz vornehmlich solche gegen das Leben, und zwar insbesondere der Totschlag, hervor. Der Süden ist entschieden krimineller als der Norden, und zwar stehen die Provinzen Livorno, [* 12] Rom, [* 13] Neapel, [* 14] Avellino, Campobasso in der Mitte, dann die Südspitze des Festlandes, das ¶
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nördliche Sardinien [* 16] und vereinzelt im Norden Treviso an der Spitze der Reihe. Für den südlichen Teil und Sardinien sind die Volksgebräuche der Vendetta (Sardinien), Mafia (Sizilien) [* 17] und Camorra (Süden, Kalabrien) als Hauptfaktoren der Delikte gegen das Leben zu nennen. Bezüglich der Personal- und der Eigentumsdelikte verhalten sich der Süden und Norden des Landes gerade entgegengesetzt. Die Eigentumsdelikte sind im Norden und Nordosten zu Hause, etwa mit Ausnahme von Piemont, dann in Treviso, Rom, Sassari.
Dagegen steht der Norden, was die Delikte gegen das Leben anbelangt, sehr günstig da; es finden sich diese in größerm Maße vielmehr ill Girgenti und der westlichen Hälfte von Sizilien, in Avellino und Campobasso, auf der Südspitze des Festlandes, in Nordsardinien und Rom. Die Sittlichkeitsdelikte sind im Süden des Festlandes am zahlreichsten. Die Hauptstadt ragt nicht entfernt so hervor wie in Frankreich, wenn sie auch immerhin bez. der Eigentumsdelikte in den vordern Reihen steht.
Deutschland [* 18] (vgl. die Kartenbeilage). In Preußen [* 19] bilden die Delikte aus Gewinnsucht, wenigstens in der letzten Zeit, ungefähr die Hälfte, stehen also etwas mehr im Vordergrund als in Italien; die andre Hälfte wird zum weitaus größten Teil durch die Personaldelikte ausgefüllt, wobei aber die Sittlichkeitsdelikte ziemlich zurücktreten; die Zahl der Delikte gegen die öffentliche Ordnung kann man nicht gerade als niedrig bezeichnen, etwa 15 Proz. Am ungünstigsten stellen sich bez. der Kriminalität überhaupt der Osten und die Mitte (Provinzen Ost- und Westpreußen, [* 20] Schlesien, [* 21] Posen, [* 22] Brandenburg), [* 23] am günstigsten Holstein und Hannover. [* 24]
Dabei zeichnet sich der kulturarme Osten mehr durch Gewinnsuchtsdelikte, der Westen besonders durch Leidenschaftsdelikte und Betrugsfälle aus. Bayerns Kriminalität ist gleichfalls eine hohe und nach Gebietsteilen sehr verschiedene; charakteristisch ist für Oberbayern Diebstahl, für Niederbayern Angriffe gegen Personen, für Schwaben Betrug, Oberpfalz Widersetzlichkeiten gegen die öffentliche Gewalt und für die Rheinpfalz Unsittlichkeitsdelikte. Sachsen [* 25] war insbesondere früher, vor etwa 20 Jahren, das Land zahlreicher Diebstähle, auf welche etwa zwei Drittel aller Delikte entfielen; dieselben haben aber seither bedeutend abgenommen.
Gegenwärtig betragen sie verhältnismäßig nur etwas mehr als in Preußen. Überhaupt sind die Gewinnsuchtsdelikte, dann jene gegen die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit häufiger, jene gegen die Personen weniger zahlreich als anderwärts im Deutschen Reiche. Diese aus den Erhebungen der einzelnen Länder gewonnenen Resultate werden durch die Resultate der Reichskriminalstatistik im wesentlichen bestätigt. Nach derselben verteilt sich die Gesamtziffer der strafbaren Handlungen in solcher Weise auf die einzelnen Abschnitte des Reichsstrafgesetzbuchs, daß die Gewinnsuchtsdelikte etwas mehr als die Hälfte aller (51 Proz.) und speziell der Diebstahl etwa ein Drittel (32 Proz.) ausmachen. Die Verbrechen und Vergehen gegen die Personen sind im Anteil nicht viel stärker als das letztgenannte Delikt und betragen 34 Proz. Auf die dritte Hauptgruppe endlich, auf die Delikte gegen Staat, öffentliche Ordnung und Religion, entfallen 14 Proz., sonach etwa derselbe Prozentsatz, der für Beleidigung (13 Proz.) oder für Körperverletzung (15 Proz.) zu verzeichnen ist. Näheres ist aus folgender Tabelle ersichtlich.
Deutsches Reich. Verbrechen und Vergehen gegen die Reichsgesetze (1887).
Delikte | Verurteilt Personen überhaupt | Verurteilt Personen auf 100000 strafmündige Einw. | Auf je 10000 Delikte |
---|---|---|---|
Sämtliche Delikte | 356357 | 1068 | 10000 |
I. Delikte gegen Staat, öffentliche Ordnung und Religion. | 62348 | 187 | 1390.5 |
1) Hochverrat | 28 | 0.08 | 0.9 |
2) Beleidigung der Fürsten | 540 | 1.6 | 14.1 |
3) Widerstand gegen die Staatsgewalt | 14686 | 44 | 305.6 |
4) Del. gegen die öffentl. Ordnung | 44582 | 134 | 993.0 |
5) Münzdelikte | 202 | 0.61 | 4.6 |
6) Meineid | 1515 | 4.5 | 49.2 |
7) Falsche Anschuldigung | 507 | 1.5 | 16.3 |
8) Religionsdelikte | 288 | 0.86 | 6.8 |
II. Delikte gegen Personen | 137745 | 413 | 3396.6 |
1) Bezügl. Personenstand | 106 | 0.32 | 2.5 |
2) Gegen die Sittlichkeit | 7571 | 23 | 270.3 |
3) Beleidigung | 44084 | 132 | 1343.9 |
4) Zweikampf | 99 | 0.30 | 1.2 |
5) Wider das Leben | 1326 | 4.0 | 30.9 |
6) Körperverletzung | 77727 | 233 | 1467.6 |
7) Wider die persönl. Freiheit | 6832 | 20 | 280.2 |
III. Delikte gegen das Vermögen | 154745 | 463 | 5124.0 |
1) Diebstahl und Unterschlagung | 99911 | 299 | 3196.1 |
2) Raub und Erpressung | 841 | 2.5 | 24.9 |
3) Begünstigung und Hehlerei | 7901 | 24 | 310.6 |
4) Betrug und Untreue | 15689 | 47 | 786.0 |
5) Urkundenfälschung | 3246 | 9.7 | 149.5 |
6) Bankrott | 780 | 2.3 | 17.4 |
7) Strafbarer Eigennutz etc. | 10039 | 30 | 209.4 |
8) Sachbeschädigung | 13099 | 39 | 351.8 |
9) Gemeingefährliche Delikte | 3239 | 9.7 | 78.3 |
IV. Delikte im Amte | 1519 | 4.6 | 88.9 |
Anlangend die territoriale Verteilung dieser verschiedenen Delikte, gemäß den Ergebnissen der Reichsstrafstatistik, sind die Delikte gegen die Person am häufigsten in der Pfalz, Ober- und Niederbayern, Oppeln [* 26] und Posen, seltener im Norden; speziell die Delikte gegen die Sittlichkeit in den Rheinlanden. Dagegen stehen die Gewinnsuchtsdelikte in Sachsen, Thüringen und Ostpreußen im Vordergrund. Für einige der größern Staaten stellen sich die Zahlen in folgender Weise heraus:
Verurteilte wegen Verbrechen und Vergehen gegen Reichsgesetze 1882-86 auf 100,000 strafmündige Einwohner.
Staaten | Gesamtzahl | Delikte gegen Personen | Delikte gegen das Vermögen |
---|---|---|---|
Preußen | 1016 | 368 | 514 |
Bayern | 1190 | 563 | 527 |
Sachsen | 973 | 276 | 544 |
Württemberg | 889 | 357 | 431 |
Baden | 831 | 307 | 448 |
Großherzogtum Hessen | 724 | 338 | 322 |
Sachsen-Weimar | 831 | 239 | 513 |
Oldenburg | 626 | 197 | 357 |
Elsaß-Lothringen | 722 | 354 | 313 |
b) Die sozialen Ursachen mit variabler und zwar akuter Wirkung.
1) Kriege. In Kriegszeiten geht die Verbrechensziffer gewöhnlich herab. Dies dürfte bei sogen. Volkskriegen auf einen Aufschwung des Volksgeistes ¶