mehr
unsre Sommer sehr charakteristisch und tritt sehr oft in Gegensatz zu der Wärme [* 2] und Trockenheit, welche gleichzeitig in Rußland herrschen.
Um ein übersichtliches Bild der das Klima [* 3] zusammensetzenden Witterungserscheinungen, welche im Laufe des Jahres in Westeuropa vor sich gehen, zu gewinnen, stellen wir die Luftdruckdifferenzen (Gradienten) im Meeresniveau nach den 8 Hauptrichtungen der Windrose für je 20 Äquatorialgrade oder 2226 km in einer Tabelle zusammen (nach Hann: »Die Verteilung des Luftdrucks über Mittel- und Südeuropa«):
Dez. | Jan. | Febr. | März | April | Mai | Juni | Juli | August | Sept. | Okt. | Nov. | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
N.-S. | -3.5 | -2.5 | -2.3 | -0.8 | -0.5 | -0.3 | -1.3 | -1.7 | -1.1 | -2.5 | -2.5 | -1.7 |
NW.-SO. | -7.4 | -10.1 | -6.4 | -3.4 | -1.3 | 0.2 | -0.5 | -0.3 | -1.2 | -4.2 | -7.4 | -4.8 |
W.-O. | -2.0 | -3.6 | -1.4 | -0.5 | 0.4 | 1.0 | 2.7 | 3.1 | 1.4 | -1.0 | -4.4 | -3.0 |
SW.-NO. | 1.7 | 0.8 | 1.6 | 1.7 | 1.8 | 1.4 | 3.1 | 3.4 | 2.1 | 0.8 | -0.7 | 0.0 |
(N.: Petersburg, [* 4] Upsala, [* 5] Christiania; [* 6] S.: Athen, [* 7] Korfu, [* 8] Palermo; [* 9] NW.: Culloden, Thorshavn; SO.: Odessa, [* 10] Konstantinopel; [* 11] W.: Paris; [* 12] O.: Czernowitz; [* 13] SW.: St. Martin, Lissabon; [* 14] NO.: Warschau, [* 15] Lemberg.) [* 16]
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daß der Luftdruckunterschied zwischen N. und S. sein Maximum im Dezember und sein Minimum im Mai erreicht, während der September und Oktober einen großen Überschuß des Druckes in Südeuropa gegen Nordeuropa aufweisen. Nach NW. hin nimmt der Luftdruck von SO. fast das ganze Jahr hindurch ab, nur im Mai findet fast die umgekehrte Verteilung statt. Der Luftdruckunterschied zwischen W. und O. hat seine Extreme für unsre Gegenden im Oktober und Januar (Überdruck im O.) und dann im Juli (Überdruck im W.). Nach NO. hin ist der Druckunterschied in der kältern Jahreszeit nicht beträchtlich, dagegen in den Sommermonaten ist im SW. ein erheblicher Überdruck vorhanden.
Betrachten wir nun die Luftdruck- oder Isobarenkarten, in welchen die Orte mit gleichem mittlern Luftdruck verbunden sind, und welche für die vier Monate Januar, April, Juli und Oktober als die Repräsentanten der vier Jahreszeiten [* 17] für Deutschland [* 18] dargestellt sind, so treten uns vier Typen der Druckverteilung entgegen, welche die Grundlage für das klima Deutschlands bilden. Der Luftdruck ist im Januar im NW. außerordentlich niedrig, nach SO. nimmt er stetig zu, bis seine Höhe in der Alpengegend ein Maximum erreicht; weiter südwärts nimmt er wieder ab und erreicht jenseit der Alpen [* 19] wieder seinen niedrigsten Wert.
Durch diese mittlere Luftdruckverteilung ist auch das vorwaltende Verhalten von Wind und Wetter [* 20] im Winter bedingt. Dem nach NW. hin abnehmenden Luftdruck entsprechen südwestliche Winde [* 21] im ganzen Gebiet bis zu den Alpen hin (in der Karte fliegen die Pfeile mit dem Winde), die um so stärker wehen, je größer die Luftdruckunterschiede sind; windiges, ja stürmisches Wetter wird daher im Winter nicht zu den Seltenheiten gehören. Diese südwestlichen Winde haben ihren Ursprung auf dem Ozean in südlichern Breiten, sind daher feucht und warm, und deshalb sind unsre Winter in der Regel warm, mild und trübe, im Gegensatz zu denjenigen in östlicher gelegenen Gegenden.
Die April-Isobaren bieten ein völlig verändertes Bild der Druckverteilung. Der Luftdruck ist im NW. gestiegen, im S. gesunken, und daher ist die Druckverteilung eine gleichmäßige geworden. Das barometrische Maximum der Alpengegend ist mit abnehmender Intensität nordwärts nach der Maingegend fortgerückt. Dieser Luftdruckverteilung entspricht ein häufiges Vorwalten nördlicher Winde, welche als die Ursache der in unsern Gegenden häufig eintretenden Spätfröste und Kälterückfälle im Spätfrühling angesehen werden müssen. Daß die letztern gerade an die Tage der sogen. »Eisheiligen« (10.-13. Mai) geknüpft sind, läßt sich mit Bestimmtheit nicht entscheiden. Die im April häufig auftretenden Nordwestwinde sind meistens von Regen-, Schnee- und Graupelschauern begleitet, und daher die sprichwörtliche Launenhaftigkeit dieses Monats (»Aprilwetter«),
die sich indessen nicht in den Mittelwerten der meteorologischen Beobachtung ausspricht.
Im Juni sehen wir auf unsern Karten eine Zunge höhern Luftdrucks, welche einen Ausläufer des hohen Luftdrucks auf dem Ozean bildet. Die ozeanischen Winde, meistens West- und Nordwestwinde, also Winde aus kältern feuchten Gegenden, kommen in dieser Jahreszeit zur größten Herrschaft, die sich durch unbeständiges nasses und kühles Wetter kennzeichnet: es ist die Sommerregenzeit Deutschlands. [* 22] Längs der über das südwestliche Deutschland sich hinziehenden Zunge höhern Luftdrucks gleiten im Sommer kleinere, oft unscheinbare atmosphärische Wirbel ostwärts fort, welche meistens von Gewittern und heftigen Regenfällen begleitet sind. Hinter dem Gewitter wird die Zone höhern Luftdrucks fast immer wiederhergestellt.
Im Herbst nimmt die Luftdruckverteilung wieder einen winterlichen Charakter an. Der Rücken hohen Luftdrucks verläuft vom Genfer See ostwärts nach dem Dnjester hin (vgl. »Isobarenkarte für Oktober«),
südlich von dieser Linie sind östliche und südöstliche Winde die Regel, die je nach ihrer Richtung zum Gebirge heiteres, trocknes Wetter oder trübe, regnerische Witterung bringen, während nördlich derselben südwestliche Winde vorherrschen werden, welche, nach NW. hin immer mehr an Intensität zunehmend, nach und nach den Charakter von Regenwinden annehmen.
Die vorstehenden Erörterungen zeigen die fundamentale Bedeutung der Änderungen in der Luftdruckverteilung für die Witterungsvorgänge in unsern Gegenden und geben den Schlüssel zum Verständnis der klimatologischen Verhältnisse Deutschlands. Betrachten wir nun die einzelnen meteorologischen Elemente, welche unser Klima zusammensetzen.
1) Temperaturverhältnisse. Was zunächst die mittlern Jahrestemperaturen der einzelnen Gegenden Deutschlands betrifft, so schwanken diese zwischen 6 und 10°. Die Jahresisotherme von 10° verläuft von Wien [* 23] über München [* 24] nach Utrecht, [* 25] während diejenige von 6° die nordöstliche Grenze Deutschlands streift. Die Gegensätze bilden das mittlere Rheinthal zwischen Basel [* 26] und Koblenz [* 27] mit den Flußthälern, die in diesen Raum münden, ausgezeichnet durch milde Winter- und hohe Sommertemperaturen, und anderseits das nordöstliche Deutschland, dessen Klima sich schon den russischen Verhältnissen anschmiegt, und wo am Spirdingsee die Jahrestemperatur schon auf 6° herabsinkt. Einige mittlere Jahrestemperaturen mögen hier Platz finden: Sylt 8,4,° Kiel [* 28] 8,3,° Hamburg [* 29] 8,5,° Rostock [* 30] 8,3,° Danzig [* 31] 7,6,° Memel [* 32] und ¶
mehr
Königsberg [* 34] 6,6,° Krefeld [* 35] 9,3,° Köln [* 36] 10,1,° Kreuznach [* 37] und Frankfurt [* 38] a. M. 9,8,° Kassel [* 39] 8,6,° Brocken 2,4,° Leipzig [* 40] 8,5,° Berlin [* 41] 9,0,° Arys 6,3,° Posen [* 42] 7,9,° Breslau [* 43] 8,3,° Mannheim [* 44] 10,5 °, Karlsruhe [* 45] und Straßburg [* 46] 10,2,° Ulm [* 47] und Regensburg [* 48] 8,2,° München 7,5° C.
Bei diesen Zahlen ist wohl zu berücksichtigen, daß die Temperatur mit der Erhebung abnimmt und zwar um rund 0,5° für je 100 m Höhe. Dieses ist bei der Konstruktion unsrer Isothermenkarten berücksichtigt worden, indem für je 100 m Seehöhe 0,5° dem Mittel hinzugefügt wurden (Reduktion aufs Meeresniveau, vgl. Lufttemperatur, Bd. 10, S. 994).
Betrachten wir nun unsre Karten, auf welchen die Isothermen oder die Verbindungslinien der Orte mit gleicher mittlerer Wärme für je 2 Grad und für die die Jahreszeiten repräsentierenden Monate dargestellt sind, so sehen wir im Januar, daß dieselben fast gänzlich von N. nach S. verlaufen, so daß also kein Unterschied der Wärme von N. nach S., dagegen ein erheblicher von W. nach O. vorhanden ist. Die Nullisotherme verläuft von Bremen [* 49] über Magdeburg [* 50] nach München, während die Isotherme von -4° an der ostdeutschen Grenze liegt. Im April haben die Isothermen eine westöstliche Lage, und nun tritt der Gegensatz zwischen N. und S. hervor, wogegen jener zwischen W. und O. verschwindet.
Der Unterschied zwischen N. und S. beträgt in dieser Jahreszeit ungefähr 7°. Im Sommer haben die Isothermen fast dieselbe Lage wie im Frühjahr, nur sind die Frühjahrsisothermen nach dem hohen Norden [* 51] gewandert, so daß die südlichste Isotherme von 12 auf 22° und die nördlichste von 5 auf 16° gestiegen ist. Im Oktober haben die Isothermen noch dieselbe Lage wie im Frühjahr und Sommer, nur sind sie weiter auseinander getreten, während ihr Wert sich verringert hat. Die südlichste Isotherme hat wie im Frühling den Wert von 12°, dagegen ist die nördlichste nur bis auf 8° herabgegangen, so daß also der Temperaturunterschied zwischen der Nord- und Südgrenze nur noch 4° beträgt.
Nachstehende [* 33] Fig. 1 veranschaulicht den jährlichen Gang [* 52] der Temperaturen für einige Stationen Deutschlands. Die beigeschriebenen Zahlen bedeuten die höchsten und niedrigsten mittlern Abweichungen der Monatstemperaturen vom Jahresmittel, so daß also die mittlere Jahresschwankung der Temperatur hieraus sofort hervorgeht. Man sieht die sehr große Übereinstimmung im Gange der Temperatur in der jährlichen Periode sowie die Zunahme der Jahresschwankung von W. nach O. und von N. nach S., anderseits die Abnahme derselben mit der Erhebung.
Der tägliche Gang der Temperatur ist durch das Diagramm [* 33] Fig. 2 dargestellt. Auch hier nimmt die tägliche Schwankung der Temperatur (Amplitude) von NW. landeinwärts zu. Die den Karten eingeschriebenen Zahlen geben die Extreme an, welche wir durchschnittlich in Deutschland in jedem Jahre zu erwarten haben; sie bieten einen Ausdruck für die mittlern absoluten Temperaturschwankungen in unserm Klima. Man sieht, die mittlern Kälteextreme halten sich zwischen -12° und -22°, am geringsten sind sie im nordwestlichen Deutschland, von dort aus nehmen sie nach dem Kontinent allenthalben zu; Ostdeutschland hat schon russische Minimaltemperaturen.
Die mittlern Temperaturmaxima sind viel gleichmäßiger über das ganze Gebiet verteilt: im westdeutschen Binnenland steigen sie auf 34°, während sie im nordwestdeutsche Küstengebiet auf 28° herabsinken. Die absolute Jahresschwankung der Wärme ist also am geringsten im nordwestlichen Deutschland, wodurch sich dessen Klima als ein maritimes kennzeichnet im Gegensatz zu den ost- und südwärts gelegenen Gebietsteilen, die dem kontinentalen Klima angehören.
Die höchsten und tiefsten Temperaturen, welche seit mehreren Jahren vorgekommen sind, gibt folgende kleine Zusammenstellung (tiefste Temperaturen eingeklammerte Zahlen): Borkum 32° (-15°), Sylt 33° (-14°), Hamburg 32,1° (-20°), Swinemünde 32° (-22°), Königsberg 38° (-30°), Hannover [* 53] 30° (-28°), Kassel 37° (-27°), Berlin 36° (-26°), Ratibor [* 54] 36° (-33°), Karlsruhe 36° (-22°), Augsburg [* 55] 38° (-29°), München 38° (-30°). Diese Zahlen sind, streng genommen, nicht ganz miteinander vergleichbar, da bei obigen Stationen die Beobachtungsreihen voneinander verschieden sind.
Ein wichtiger klimatischer Faktor ist die Veränderlichkeit der Temperatur von Tag zu Tag. Um diese zu erhalten, addiert man die Unterschiede zwischen den täglichen Temperaturmitteln je zweier aufeinander folgender Tage und zwar ohne Rücksicht auf das Vorzeichen und dividiert die Summe durch die Anzahl der Tage. Diese Veränderlichkeit ist für Deutschland nach den Untersuchungen von Kremser aus folgender Tabelle zu ersehen:
[* 33] ^[Abb.: Fig. 1. Jährliche Periode der Temperaturabweichungen vom Jahresmittel- ----0.]
[* 33] ^[Abb.: Fig. 2. Täglicher Gang der Wärmeabweichungen vom Tagesmittel- ----0.] ¶