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Kommissionsbeschlüssen nicht geschafft ist. Immerhin aber hätte man dem Weitern unter der sachkundigen und besonnenen Leitung des Ministers v. Goßler vertrauensvoll entgegensehen können, wenn nicht gerade durch den ganzen Gang [* 2] der Dinge dessen Stellung so erschüttert worden wäre, daß er trotz der wiederholten Anerkennung seiner Verdienste aus dem Munde des Kaisers Anfang März 1891 seine Entlassung nahm.
Durch den Vorgang Preußens [* 3] ist auch in andern deutschen Staaten, zunächst besonders in Bayern [* 4] und Württemberg, [* 5] die Frage der Reform der höhern Schulen in den Vordergrund gerückt. In Bayern ist die Bewegung auf Grund der Beratung des obersten Schulrats durch Erlaß des Ministeriums für Kirchen- und Schulwesen vom zum Abschluß gekommen. Der Hauptzweck der Änderungen ist offenbar derselbe wie in Preußen: [* 6] Betonung [* 7] der deutschen Sprache [* 8] und deutschen Geschichte gegenüber seitheriger Bevorzugung des klassischen Altertums, der Lektüre gegenüber der Grammatik, der Arbeit in der Schule gegenüber den Hausaufgaben, der Bewegung im Freien und der körperlichen Übung gegenüber einseitiger Verstandesbildung, Beteiligung der Ärzte bei Regelung der Fürsorge für die Gesundheit der Schüler etc. Genaueres Eingehen auf diese Beschlüsse und Vorschriften empfiehlt sich bis dahin zu verschieben, wo auch die preußische Schulfrage zum wirklichen Abschluß gelangt sein wird.
Endlich sei noch erwähnt, daß während der Verhandlung der Schulkonferenz in Berlin [* 9] ein Allgemeiner deutscher Gymnasialverein zusammengetreten ist, der schon in den Namen der Aufrufenden den Beweis liefert, daß nach wie vor die besten Männer der Wissenschaft und des öffentlichen Lebens in Deutschland [* 10] an der Forderung eines verständig betriebenen und mit den Ansprüchen des patriotisch deutschen Geistes in Einklang gebrachten klassischen Jugendunterrichts für die bisherigen Kreise [* 11] der akademischen Studien festhalten.
Vgl. »Verhandlungen über Fragen des höhern Unterrichts. Berlin, 4.-17. Dez. 1890« (amtlich, Berl. 1891);
ferner Cauer, Staat und Erziehung; schulpolitische Bedenken (Kiel [* 12] 1890);
Alethagoras, Unser Gymnasialunterricht; Bekenntnisse (Braunschw. 1889);
Conradt, Dilettantentum, Lehrerschaft und Verwaltung in unserm höhern Schulwesen (Wiesb. 1890);
Eucken, Fragen der Schule, Fragen der Zeit; Friedrich August Wolf und die gegenwärtigen Probleme des höhern Unterrichts; Worüber sind wir bei der Schulreform einig? (Beilage 210,230 u. 250 zur »Allgemeinen Zeitung«, Münch. 1890);
Derselbe, Der Kampf um das Gymnasium (Stuttg. 1891);
Geffcken, Paul Güßfeldt und die Schule der Zukunft (Hamb. 1890);
Hartmann, Der deutsche Unterricht und die Schulreform (das. 1890);
Hornemann, Einheitsschulbestrebungen in Italien, [* 13] und Meyer, Die Reform der höhern Schulen (Heft 6 der Schriften des deutschen Einheitsschulvereins, Hannov. 1890);
Lasson, Sint ut sunt, für das alte Gymnasium wider die Neuerer (Berl. 1890);
Lattmann, Ausgleichende Lösung der Reformbewegungen des höhern Schulwesens (Götting. 1890);
Ohlert, Die deutsche Schule (Hannov. 1891);
Raydt, Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper; englische Schulbilder in deutschem Rahmen (das. 1889; dagegen: M. M., Englische [* 14] Schulen als Muster? Beilage 246 zur »Allgemeinen Zeitung«, Münch. 1890);
Paulsen, Das Realgymnasium und die humanistische Bildung (Berl. 1889);
Schmeding, Die Bedenken des Ministers v. Goßler gegen die Aufhebung des Gymnasialmonopols (Braunschw. 1890);
Thimm, Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten und des Herrenhauses über Angelegenheiten des höhern Lehrerstandes (Tilsit [* 15] 1890);
Treitschke, Die Zukunft unsrer Gymnasien (Leipz. 1890);
»Das humanistische Gymnasium, Mitteilungen und Erörterungen« (hrsg. von Uhlig, Heidelb., seit 1890);
»Die Mitarbeit der Schule an den nationalen Aufgaben der Gegenwart« (anonym, Berl. 1890).