1880 in
Göttingen,
[* 2] erhielt 1883 daselbst die Professur der Assyriologie, vertauschte dieselbe aber noch im
Herbst d. J. mit
derjenigen an der
JohnHopkins-Universität zu
Baltimore.
[* 3] Er veröffentlichte: »Die sumerischen Familiengesetze« (Leipz. 1879)
in der von ihm mit
FriedrichDelitzsch
[* 4] herausgegebenen »Assyriologischen
Bibliothek«;
»Akkadische und sumerische Keilschrifttexte«
(das. 1881-82,4. Teil) und »Das
babylonische Nimrodepos« (das. 1884);
ist diejenige gewerbliche Betriebsform, welche mit der
Arbeit in eignen
Räumen auf den
Absatz der Massenproduktion
durch Vermittelung der Großhändler für den Vertrieb im großen gerichtet ist. Da die hausindustrielle Betriebsform einen
Gegenstand darstellt, der sozusagen im
Flusse der
Zeiten steht, so umfaßt selbst der engere
Begriff derselben
als historischer
Begriff eine
Reihe von Entwickelungsstufen. Ursprünglich bildete der Hausarbeiter eine wirtschaftliche
Einheit,
deren
Produktion und
Konsumtion unter einem
Dache sich vollzogen.
Als dann die häusliche Gewerbthätigkeit über den
Bedarf der eignen
Familie hinausging, suchte der Hausarbeiter zunächst
selbständigAbsatz außerhalb der letztern und trat schließlich unter Zuhilfenahme fremder Vermittler
mit der Massenherstellung gleichartiger Erzeugnisse in den Austausch des Weltmarktes ein. Sobald der Hausindustrielle selbständig
auf dem
Markte erschien, wurde aus ihm ein Kleingewerbtreibender, dessen
Entwickelung zum Fabrikanten nur eine
Frage der Zeit
und der Glücksfälle war. Lediglich als Unterschiede der Gewerbearten, nicht aber der Betriebsformen
selbst sind die verschiedenen
Gruppen zu betrachten, in welchen einerseits die Besonderheit des Arbeitsortes, anderseits die
Besonderheit der Arbeitsart sowie die Eigenart des
Absatzes, die Beschaffung des
Rohstoffes und der
Werkzeuge
[* 6] oder die Vereinigung
mehrerer dieser
Bedingungen hervortritt.
Eine zuverlässige und anfechtungslose
Statistik über die Hausindustrie konnte bis jetzt nicht gewonnen werden,
da anläßlich der bezüglichen
Erhebungen die Angaben der Hausindustriellen selbst und die der Arbeitgeber beträchtliche
Abweichungen voneinander zeigten. Nach der Reichsstatistik kommen auf 1000 Einw. im
Reich ungefähr 10,5 Hausindustrielle.
Die Gesamtzahl aller Hausarbeiter im
DeutschenReiche beziffert sich auf etwa 500,000. Durchschnittlich
arbeiten in der Hausindustrie 43,9 Proz. weibliche
Personen.
Diese
Ziffer steigert sich in Gewerbezweigen, welche gleichsam einen Ausfluß
[* 7] weiblicher
Handarbeit darstellen, z. B. in der
Häkelei und
Stickerei, Näherei, Putzmacherei, Plätterei und Wäscherei, in der Spitzenindustrie,
Konfektion, bei den Seidenfilanden,
Verfertigung von
Krawatten und
Handschuhen etc., bis zu 90 Proz., während
anderseits bei der Verarbeitung von
Eisen,
[* 8]
Blech,
Holz,
[* 9]
Leder etc. fast ausschließlich
Männer beschäftigt sind. Die
Kinderarbeit
hat in der Hausindustrie nach vorhandenen
Monographien eine sehr große Ausbreitung gewonnen; offenbar unrichtig sind in dieser Hinsicht
die Angaben der offiziellen Berufsstatistik, welche einen Prozentsatz von
1,3 ergeben.
Die Entstehung der Hausindustrie ist teils auf das
Territorium, die
Unfruchtbarkeit des
Bodens und im Zusammenhang
hiermit auf den geringen
Ertrag der
Landwirtschaft,
Reichtum an Wasserläufen, Vorhandensein entsprechenden Rohmaterials, Mangel
an guten Verkehrswegen etc. sowie auf soziale
Ursachen zurückzuführen. Neben diesen
Ursachen allgemeiner
Natur waren besondere
Umstände, wie das vorübergehende
Bedürfnis einer aufstrebenden
Industrie, die Ergänzung geschlossener
Unternehmungen durch dezentralisierten Betrieb, von Einfluß auf die Entstehung der Hausindustrie Begrifflich
kann dieselbe nur gedacht werden, indem eine Hausarbeit in ihrem
Umfang und ihrem
Charakter zur
Industrie sich entwickelt, oder
umgekehrt, indem eine
Industrie nachträglich bestimmte Teilarbeiten aus dem Betrieb heraus in die Hausarbeit verlegt.
Hinsichtlich des sozialen
Charakters hat die hausindustrielle Betriebsform neben großen Vorzügen auch augenfällige Schattenseiten,
wie: mangelhafte
Konkurrenz- und Produktionsfähigkeit, Schwerfälligkeit und
Indolenz gegenüber den wechselnden Anforderungen
der Zeit und der
Technik, große Schwankungen der
Löhne und damit zusammenhängend unsichere wirtschaftliche
Grundlage, Ausbeutung seitens der Unternehmer und Zwischenhändler (Verleger,
Faktoren, Fercher), unbeschränkte Arbeitszeit
aus Mangel an gesetzlicher
Kontrolle, ungenügende und ungesunde
Arbeits- und Wohnungsverhältnisse,
Korruption des Lehrlingswesens,
frühes Selbständigwerden und vorzeitige
Heiraten, stellenweise
Erschlaffung des moralischen
Gefühls infolge trauriger
Notstände,
Hilflosigkeit bei eintretendem Unglück u. dgl.
m. Dem gegenüber sind als Vorzüge der hausindustriellen Betriebsform zu nennen:
individuelle Selbständigkeit und
Freiheit, Zusammenhang der
Familie und bessere
Erziehung durch die sittigende
Kraft
[* 26] der letztern,
Gesundheitspflege durch die
¶
mehr
ausgleichende Abwechselung zwischen Hauswirtschaft und Ackerwirtschaft, Widerstandsfähigkeit gegen schwere Krisen des Handels
wegen großer Elastizität, Möglichkeit des Verdienstes sämtlicher Familienmitglieder, ohne daß das natürliche Maß der
Kräfte überschritten zu werden braucht. In vielen Fällen bildet auch das Gefühl der Selbständigkeit und das Eigentumsgefühl
einen Damm gegen die Bestrebungen der Sozialdemokratie und gegen die zu starke Zentralisation der Kapitalien,
weil die Hausindustrie einen breiten Mittelstand mit guten sozialen Kräftenin sich schließt, der die Grenzen
[* 28] der Klassenordnungen verwischt.
Trotzdem sind in den letzten Jahren viele Bezirke mit hausindustrieller Bevölkerung
[* 29] der sozialdemokratischen Agitation zum Opfer
gefallen. Es hat dies seinen Grund einerseits in der allgemeinen Anreizung durch das parlamentarische
Verfassungsleben und die dadurch bewirkte Unabhängigkeit der politischen Gesinnung sowie in der nur durch äußere Mittel
erschwerten Aufreizung durch berufsmäßige Agitatoren, anderseits in der Unzulänglichkeit der wirtschaftlichen Grundlagen,
dem Verschwinden patriarchaler Erwerbsformen überhaupt, dem lockern Verhältnis zwischen Hersteller und Vertreiber der Waren
und in einem gewissen Pessimismus gegenüber dem siegreichen Fortschreiten des maschinellen Großbetriebs.
Da die hausindustrielle Betriebsform infolge der rasch aufeinander folgenden Einführung neuer, verbesserter Produktionsmethoden
und der ungeahnt schnellen Überflügelung der volkswirtschaftlichen Organisationstechnik durch die moderne Maschinentechnik
in mancher Hinsicht den allgemeinen Bedingungen der modernen Fabrikationsart nicht mehr entspricht, so ist
ihre Existenz erschüttert und in vielen Zweigen der Bestand derselben sogar gänzlich in Frage gestellt. In größerm Maßstab
[* 30] ist die Hausindustrie gegenwärtig nur noch vorhanden für einen Teil der Eisenindustrie, der Textilindustrie, Spielwarenindustrie,
Samt- und Seidenindustrie, der Weißstickerei, Strohflechterei, Holzschnitzerei, Marmorschleiferei, Goldwarenindustrie, Glaswarenindustrie,
Blumenindustrie etc. Im allgemeinen darf die Behauptung aufgestellt werden,
daß, wo die Maschine
[* 31] billiger, besser und mehr produziert, die Handarbeit zu gunsten des zentralisierten Fabrikbetriebs aufhören
muß.
Nur auf kunstgewerblichem Gebiet und hinsichtlich der Erzeugung von Luxus- und Modeartikeln, die, für das individuelle Bedürfnis
bestimmt, einem raschen Verbrauch unterliegen und eine individuelle Behandlung erfordern, wird sich die
hausindustrielle Betriebsform auch für die Folge noch behaupten. Etwanige Reformen zu gunsten der Hausindustrie müssen in dem Bewußtsein
erfolgen, daß die Hausindustrie nur eine historische Form der Produktion ist, welche ihre Zeit zum größten Teile erfüllt hat, indem
sie den Übergang zum zentralisierten Fabrikbetrieb vorbereitete. Soweit sich solche Maßnahmen auf
das Individium beziehen, ist es Pflicht der Gerechtigkeit, wie solche in der Bestimmung unsrer Staatsordnung liegt, den Übergang
der brotlos gewordenen Heimarbeiter zu andern Erwerbsquellen nach Möglichkeit zu erleichtern.
»Schriften des Vereins fürSozialpolitik:
Die deutsche Hausindustrie«, Bd. 39 ff.;
Daselbst: Stieda, Litteratur, heutige Zustande und Entstehung der deutschen Hausindustrie, Bd.
1; Ziegler, Die sozialpolitischen Aufgaben auf dem Gebiete der Hausindustrie (Berl. 1890).