heutzutage in der
Schweiz
[* 2] nicht vorkommenden südeuropäischen Unkrauts) deuten auf einen zwischen der
Schweiz und Südeuropa
bestehenden uralten Handelsverkehr. Daß durch den vorgeschichtlichen Handel
Europa
[* 3] mit den Gebieten des
Orients in
Verbindung getreten
ist, wird dadurch bezeugt, daß in einem vorgeschichtlichen
Grabe bei
Rügenwalde
(Pommern)
[* 4] die Kaurimuschel des
IndischenOzeans
aufgefunden wurde. Zur Herstellung ausgedehnter Handelsbeziehungen hat in der jüngern
Steinzeit
[* 5] das seltene Vorkommen gewisser
durch Zweckmäßigkeit oder
Schönheit sich auszeichnender, zur Herstellung der neolithischen Geräte dienender Materialien,
wie z. B. des
Obsidians,
Nephrits und
Jadeïts, eine besondere Veranlassung gegeben.
Ein überaus wichtiges
Zentrum für den vorgeschichtlichen Handel bildeten auch jene Werkstätten von
Feuersteingeräten, wie sie z. B. auf der
InselRügen in beträchtlicher Zahl existiert haben. An die
Stelle des
Handels mit
Steingeräten tritt später der Handel mit den Erzeugnissen der
Metall-, insbesondere der Bronzeindustrie, die zuerst von den
asiatischen Kulturzentren den europäischen Mittelmeerländern und später von letztern aus demNorden
[* 6] Europas zugeführt wurden.
Von vielen
Gelehrten wird angenommen, daß die
Bronze
[* 7] außerdem noch auf einer zweiten, nördlich vom
SchwarzenMeere nach
Westen
führenden
Handelsstraße von
Asien
[* 8] nach
Mittel- und Nordeuropa gelangt sei. Während bei dem zwischen den Euphratländern,
Kleinasien,
Syrien und
Ägypten
[* 9] in vor- und frühgeschichtlicher Zeit unterhaltenen Handel die
Hethiter (Cheta)
wahrscheinlich eine wichtige
Rolle gespielt haben, befand sich der zwischen Westasien und
Ägypten einerseits und den europäischen
Mittelmeerländern anderseits betriebene Handel
Jahrhunderte hindurch in den
Händen der Phöniker.
Während die in
Cornwallis
(England) geschürften
Zinnerze, bez. das aus denselben gewonnene
Metall ursprünglich wohl auf dem
Landweg von der vorgeschichtlichen
Bevölkerung
[* 10]
Galliens nach den Mündungen des
Rhodanus
(Rhône) und des
Eridanus
(Po) transportiert und dort von phönikischen
Händlern in Empfang genommen wurde, gelang es den Phönikern später,
vom
Mittelmeer aus die Zinninseln
(Britischen Inseln) auf dem Seeweg zu erreichen und somit den Zinnhandel in neue
Bahnen zu
lenken.
Erst infolge des
VerfallesPhönikiens und der phönikischen
Kolonien ging dieser Handel allmählich in die
Hände der Griechen, zunächst jener phokäischen Griechen, die an der
RhônemündungMassilia
(Marseille)
[* 11] gegründet hatten,
über. Eine wichtige
Rolle hat im vor- und frühgeschichtlichen auch der
Bernstein
[* 12] gespielt, der von den auf dem Landweg bis
an die Ostseeküste vordringenden griechischen und römischen
Händlern gegen die Erzeugnisse der südeuropäischen Metallindustrie
eingetauscht wurde.
Bezüglich der Phöniker lassen die Forschungen
Müllenhoffs es zweifelhaft erscheinen, ob dieselben jemals an die Ostseeküste
gelangt sind. Dagegen ist von jenen
Kolonien, welche kleinasiatische Griechen aus
Miletos um 600
v. Chr. an den Nordufern
des
SchwarzenMeeres gegründet hatten, ein lebhafter
Verkehr mit dem
Norden unterhalten worden. Münzfunde deuten darauf hin,
daß in jener Zeit die Verkehrsstraße westlich von
Klausenburg
[* 13] in das Theißgebiet und sodann in die Gegend von
Ofen führte,
um von hier nördlich über die
Tatra in das Weichselgebiet überzugehen.
Auch beweisen arabische und
kufische Münzen, die auf einer Anhöhe unweit dem ehemals durch seinen Handel hochberühmten
Wollin
(Julin) aufgefunden wurden, daß im ersten nachchristlichen Jahrtausend aus dem östlich vom
KaspischenMeere gelegenen
Ländern Handelsartikel nach den Ostseeküsten gelangten, und ebenso bezeugt der berühmte Goldfund von Vettersfelde,
daß gelegentlich auch Kunsterzeugnisse vom
SchwarzenMeere nach den besagten Gebieten gelangten. Der vor- und
frühgeschichtliche Handel ist vorwiegend ein
Tauschhandel gewesen, doch wurden in den ältern
Abschnitten der
Prähistorie wohl
auch
Muscheln,
[* 17] in der spätern vorgeschichtlichen sowie in frühgeschichtlicher Zeit vielfach die unter dem
Namen der »Regenbogenschüsselein«
bekannten Goldmünzen sowie das
»Hacksilber« (s.
Silberfunde, Bd. 14) als Zahlungsmittel benutzt.
Deutschlands.
[* 18] Der unverkennbare Aufschwung, den
DeutschlandsHandel seit der deutschen Wirtschaftsreform im J. 1879 genommen
hat, hat bis zur Gegenwart (Anfang 1891) angehalten. Ist derselbe in jüngster Zeit auch schwieriger geworden, ist insbesondere
in vielen
Zweigen der
Umsatz nur mit allen
Kräften bei niedrigen
Preisen und geringerm Nutzen zu erzielen
gewesen, so ist doch das Gesamtbild ein freundliches. Wie aus der gegenüberstehenden, den »Monatsheften
zur
Statistik desDeutschenReichs« entnommenen
Tabelle über die Handelsbewegung in den
Jahren 1886-89 ersichtlich ist, zeigt
die Einfuhr eine stete
Steigerung, in geringerm
Maße (abgesehen vom Jahre 1889) auch die Ausfuhr.
DerHauptanteil der
Steigerung der Einfuhr fällt auf
Rohstoffe,
Nahrungsmittel
[* 19] und
Halbfabrikate; unter
Berücksichtigung dieses und andrer erläuternder Umstände ergibt sich eine
Steigerung der Kaufkraft
Deutschlands. Durch dieselbe
erklärt sich auch zu einem Teile die nicht in demselben
Verhältnis wachsende Zunahme der Ausfuhr, wiewohl nicht verkannt
werden darf, daß in den letzten
Jahren eine Vernachlässigung des ausländischen
Marktes durch die deutsche
Industrie in die
Erscheinung getreten ist.
Für die Zahlengruppierung speziell des
Jahres 1889, in welcher sich eine
Unterbilanz (d. h. Überwiegen der Einfuhr über
die Ausfuhr) von 830,639,000 Mk. ergibt (seit der Wirtschaftsreform wurden 6 Überbilanzen und nur
in den
Jahren 1884,1885 und 1888: 3 verhältnismäßig sehr kleine
Unterbilanzen erzielt, während die
zurückliegenden Jahre vor jener nur, und zwar ganz bedeutende
Unterbilanzen darboten), ist zu berücksichtigen, daß am Hamburg
[* 20] und
Bremen
[* 21] sowie einige preußische und oldenburgische Gebietsteile mit einer höchst konsumfähigen
Bevölkerung von rund
800,000
Köpfen dem deutschen Zollgebiet angeschlossen worden sind.
Speziell in der Ausfuhr beeinflußte
diese Territorialveränderung des Zollgebiets den Warenverkehr desselben. Auf der andern Seite kamen mit den vormaligen Zollausschlüssen
große
Mengen zollpflichtiger
Waren ins Zollgebiet.
¶
Im Vergleich mit andern Handelsstaaten erscheint Deutschland, wenn man vom Jahre 1889 absieht, günstiger situiert; für 1889 zeigen
allerdings die andern Staaten Überbilanzen (England 284, Frankreich 89, Belgien
[* 27] 198, die Schweiz 39 Mill. Mk.).
Außer diesen fünf hat kein (einheitlicher) Industriezweig seit 1872 den Jahresausfuhrwert von 100 Mill. Mk.
überschritten. Hauptsächlich zwei Gebiete haben in den Jahren 1880-87 deutschen Industrieprodukten vermehrten Absatz gebracht:
die Vereinigten Staaten und England; ein drittes Gebiet bildet Südamerika
[* 34] (La Plata-Staaten). Dagegen ging
die Ausfuhr zurück nach Rußland, Österreich und Frankreich. An der Zunahme hatten wesentlichen Anteil: wollene und halbseidene
Zeugwaren, baumwollene und wollene Wirkwaren, baumwollene Spitzen und Stickereien und baumwollene Posamente, Kleider;