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Pässe zwischen Kaschmir [* 2] und Chinesisch-Turkistan zu erforschen. Er besuchte das Schimsalthal nordwestlich vom Mustagpaß, ging auf einem neuen Wege nach Hunza, traf auf dem Taghdumbasch-Pamir mit Grombtschewski (s. oben) zusammen und stieg über den Kandscherabpaß nach Kundschut und Gilgit. Seine zweite Reise in dieselben Gegenden unternahm 1889 der Franzose Dauvergne, der Leiter einer Teppichfabrik in Kaschmir. Über den Karakorumpaß erreichte er Kilian in Chinesisch-Turkistan und stieg von da zum Pamirhochland hinauf, indem er bis zum Thal [* 3] des Serafschan oder obern Jarkand-Darja nicht weniger als zwölf Pässe von 3600-4500 m Höhe zu überschreiten hatte.
Dann erforschte er das Thal des Tung, eines Zuflusses des Serafschan, in welchem er arische Bevölkerung [* 4] antraf, gelangte nach Taschkurgan und zu den aus drei großen Gletschern entspringenden Quellen des Oxus und entkam glücklich den Nachstellungen der Afghanen, indem er unter schweren Mühsalen den Hindukusch mit seinen Gletschern und Schneemassen überschritt; in Gilgit erreichte er wieder britisches Schutzgebiet. Bonvalot und Prinz Heinrich von Orléans [* 5] waren im September 1889 von Kuldscha aufgebrochen; sie überschritten den Tiënschan, berührten den Lob-Nor, kreuzten das Altyntaggebirge und den Tschamen-Tagh auf einem andern Wege als vor ihnen Prschewalskij und Carey und drangen in Tibet ein. Gerade südlich durch ganz vegetationslose und menschenleere Einöden maschierend, erreichten sie den Tengri-Nor, zogen dicht bei Lhassa vorüber und gingen über Tatsiënlu und durch Jünnan nach Tongking. [* 6] Es war die erste Durchkreuzung Tibets und ganz Asiens von NW. nach SO. Betreffs der Reise des Amerikaners Rockhill 1889-90 (vgl. Bd. 17, S. 58) ist nachzutragen, daß derselbe vom Kuku-Nor und der Sumpflandschaft Tsaidam her in tibetischer Verkleidung Lhassa zu erreichen suchte.
Als ihn aber das Gerücht erreichte, daß eine russische Expedition in Lhassa eingetroffen sei, gab er seinen Plan auf und reiste bei den Quellseen des Hoangho vorbei durch das östliche Tibet nach dem Dretschu, dem Oberlauf des Jangtsekiang, den er vor Dschje-kundo (Kegudo) überschritt. Der Versuch, Tsiamdo zu erreichen, scheiterte an der feindseligen Haltung der tibetischen Lamas, so daß er der geraden, von zahlreichen Theekarawanen belebten Straße nach Tatsiënlu folgte, welche zum Teil 1879-82 schon der indische Pandit A-K- mit großer Genauigkeit aufgenommen hatte. Einen Fehlschlag kann man diese Reise Rockhills um so weniger nennen, als er in sprachlicher Hinsicht viel Neues und Richtigeres als der Pandit ermittelt hat.
[China, Korea und Japan.]
Weder aus China noch aus Japan ist diesmal von einer bedeutendern Reise zu berichten, dagegen von einigen Unternehmungen in Korea. Der durch seine afrikanischen Reisen bekannte Chaillé-Long besuchte 1888 vom Hafen Pelto aus die nahe Hauptstadt der Insel Quelpart, Tjyonsong oder Tjiei-tjyu, wo er indessen nur eine Nacht verweilen und mit Mühe einige Photographien aufnehmen durfte. Im Auftrag des französischen Unterrichtsministers bereiste Charles Varat Korea, um ethnographische Studien zu machen und zu sammeln.
Nachdem er das nördliche Japan [* 7] und China besucht hatte, ging er nach der koreanischen Hauptstadt Seul und von da nach Fusan im S., weiter nach Sibirien, China, Tongking, Anam, Siam und Indien. Ein russischer Generalstabsoffizier, Webel, reiste 1889 von der russisch-koreanischen Grenze südwärts an der Ostküste entlang bis Gensan, dann zur Westküste hinüber und weiter bis Sëul, stets mit topographischen Aufnahmen beschäftigt. Auf der durchreiste Strecke machten sowohl Land als Volk auf ihn einen trübseligen Eindruck; ersteres ist waldlos und von steinigen Bergketten erfüllt, das Volk zwar zahlreich, aber arm und ohne Industrie; das Handwerk wenig mannigfaltig, Viehzucht [* 8] nur im N. vertreten. Noch in die Jahre 1885 und 1886 fällt die Reise des russischen Kaufmanns Delotkewitsch, welcher besonders über die Handels- und die gewerblichen Verhältnisse Koreas berichtet hat.
[Hinterindien.]
Etwas hoffnungsreicher hat sich die Frage betreffs der Schiffbarkeit des Songka oder Roten Flusses in Tongking gestaltet: am ist es dem ersten, besonders zu diesem Zweck erbauten Dampfer gelungen, den Songka bis Laokai an der chinesischen Grenze zu befahren und dabei die für unpassierbar gehaltenen Schnellen [* 9] von Tankwan zu überwinden. Doch sind noch mancherlei Felssprengungen erforderlich, ehe ein regelmäßiger Verkehr zwischen dem Delta [* 10] und der chinesischen Grenze möglich sein wird.
Auch die Versuche, den Mekhong zu erschließen, werden fortgesetzt: im August und September 1889 gelang es Leutnant Heurtel wiederholt, mit kleinen Dampfern die Stromschnellen von Prea-Pratang zu forcieren;
er glaubt, dadurch Laos dem europäischen Handel geöffnet zu haben. Im Frühjahr 1890 ist C. W. Rosset von einer dreijährigen ethnographischen Sammelreise in Hinterindien [* 11] nach Berlin [* 12] zurückgekehrt und hat namentlich aus dem zuerst durchwanderten Mekhonggebiet reiche Schätze heimgebracht. 1888 und 1889 wandte er sich dann dem Donnai im südlichen Anam und seinen Moi-Anwohnern zu und kehrte 1889-90 nochmals an den obern Mekhong zurück, wo er die ethnologischen Verhältnisse auf beiden Ufern des Stromes auf weite Strecken hin feststellte.
Taupin reiste 1887-88 von Angkor zu Lande durch das Siam tributpflichtige Laos bis zum Flusse Mun und machte dann von Ubon aus eine Reihe von Vorstoßen nach N. Eine britische Kommission unter Ney Elias hat die nördliche Grenze von Siam im Gebiet der Schanstämme aufgenommen, während anderseits die französische Regierung eine Kommission unter A. Pavie ernannt hat, um die siamesische Grenze gegen Tongking und Anam festzustellen. Pavie ist im April 1890 von Hanoi in Tongking nach Luang Prabang am obern Mekhong aufgebrochen und hat dabei den ganzen Schwarzen Fluß, den bedeutendsten Zufluß des Songka, erforscht. In Birma nehmen die Aufnahmen der Engländer ihren regelmäßigen Fortgang; so arbeitet Kapitän H. M. Jackson in den südlichen Schanstaaten, wo er bereits seit 1887 thätig ist, und gelangte mit einer militärischen Expedition an den Salwen, während in den nördlichen Schanstaaten der Feldmesser Faida Ali seine Vermessungen bis an den Salwen ausdehnte. 1889 unternahmen die Engländer von Tschittagong aus eine Expedition gegen die Luschai im nordwestlichen Birma, welche in geographischer und ethnographischer Hinsicht große Resultate gehabt hat; namentlich wurde der Oberlauf des Koladyneflusses festgelegt und ein Areal von 5000 engl. QMeilen aufgenommen. Von großem Interesse sind die Nachrichten über die dortigen, zum Teil sehr unzivilisierten und barbarischen Gebirgsstämme der Tschin, Jindu, Tschinbon, Weltschung und Tschinbok, welche Leutnant Rainey gesammelt hat. Ende 1889 ging dann zugleich von W. und von O. die sogen. Tschin-Luschai-Expedition vor, welche zu einer genauern und systematischern Erforschung des wilden Berglandes ¶
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zwischen Bengalen und Oberbirma geführt hat. Die beiden Quellflüsse des Irawadi, den Mehka und den Malika (oder Namkiu), suchte im Mai 1890 Kapitän Barwick aus dem Dampfer Pathfinder zu erforschen. 150 engl. Meilen von Bhamo entfernt erreichte er die bisher noch nicht besuchte Konfluenz beider Flüsse, [* 14] konnte aber wegen Stromschnellen und ebenso wegen Mangels an Brennmaterial auf beiden nur eine kurze Strecke aufwärts dampfen. Am Zusammenfluß ist der Strom noch ca. 450 m breit.
[Ostindien.]
Schon ältern Datums ist die Reise des indischen Panditen R-N- (vgl. Bd. 17, S. 57), welcher 1885-86 unsre Kenntnis des Staates Bhutan ansehnlich erweitert und den größten Fluß desselben, den Kurutschu oder Lhobrak, entdeckt hat. Die offizielle Aufnahme Indiens, an deren Spitze Oberst H. R. Thuillier steht, beschäftigte 1888-89 nicht weniger als 25 Abteilungen, nämlich eine mit Triangulation, [* 15] 3 mit topographischen, 4 mit Wald-, 7 mit Kataster-, 6 mit sogen. traverse-Aufnahmen, 3 mit geodätischen und Gezeitenbeobachtungen und eine mit geographischen Aufnahmen. Zu ethnographischen und Sammelzwecken reiste 1890 Adolf Bastian in Ostindien; [* 16] den letzten Nachrichten zufolge war er nach einem längern Aufenthalt in der Gegend von Bombay [* 17] in Madras [* 18] eingetroffen.
[Ostasiatische Inseln.]
Im Frühjahr 1887 haben Freih. v. Brenner-Felsach und v. Mechel zum ersten Male die unabhängigen Battak-Länder im nördlichen Sumatra durchkreuzt und sind über den Tobasee gefahren; nach letzterm ist kürzlich auch der italienische Zoolog Modigliani aufgebrochen. Eine Expedition, welche der Geolog van Schelle im Dezember 1889 unternahm, um die vermuteten Zinngruben an der Südküste von Flores zu untersuchen, scheiterte infolge eines Überfalls durch die Eingebornen und der Verwundung des Reisenden.
Derselbe hat seinen Versuch im Sommer 1890 wiederholt, diesmal mit einer Eskorte von 400 Soldaten, aber die Truppen stießen auf heftigen Widerstand, und Zinn wurde nicht gefunden. Trotzdem wurde im September 1890 eine dritte Expedition von der Nordküste her nach jener Gegend unternommen. Die von der niederländischen Geographischen Gesellschaft veranstaltete Untersuchung der Kei-Inseln unter Planten wurde 1890 vollendet und die ganze Gruppe wenigstens in ihren Umrissen kartographisch aufgenommen.
In das Innere einzudringen hinderte der dichte Pflanzenwuchs. D. C. Worcester und F. S. Bournes von der Universität in Michigan haben eine auf zwei Jahre berechnete Reise nach den Philippinen angetreten, um die dortige Vogelwelt, die Korallen [* 19] und die Blütenpflanzen zu studieren und Sammlungen heimzubringen. Schließlich sei erwähnt, daß Ende August 1890 Geographische Radde als Begleiter des Großfürsten Alexander Michailowitsch eine Reise nach Ostindien und dem Indischen Archipel anzutreten beabsichtigte.
[Iran.]
Die geologische Reise L. C. Griesbachs in Afghanistan, [* 20] welche im Juli 1889 beendet wurde, hat zur Auffindung von Kupfer, [* 21] Magnesit, Graphit, Eisen, [* 22] Blei, [* 23] Silber und namentlich eines großen, das ganze obere Surchabthal erfüllenden Kohlenbeckens geführt, Entdeckungen, welche für die Erschließung des Landes von großer Bedeutung sein werden. Griesbach hat sich dann zusammen mit Oldfield nach Belutschistan begeben, um auch dieses Land auf seine Mineralschätze hin zu untersuchen.
Die Vermessung des Zhobthals, 1884 von Leutnant Wahab begonnen, wird jetzt vom Oberstleutnant Holdich fortgeführt, wobei auch die Grenze zwischen Afghanistan und Britisch-Belutschistan genauer festgestellt werden soll. Das französische Ministerium hat die Herren A. Develay und Geographische Pisson mit einer Reise nach Persien [* 24] und Afghanistan betraut, wobei dieselben namentlich die Gegenden zwischen Kaschan und Tebbes und zwischen Herat und Kabul untersuchen werden. Von besonderer Wichtigkeit ist aber, daß die britisch-indische Aufnahme über Belutschistan ausgedehnt wird; namentlich hat der Unteraufnehmer Ahmed Ali 1888-1889 etwa 19,000 engl. QMeilen im W. des Landes rekognosziert.
Aus Persien ist aus den Jahren 1886-87 die Reise von Bogdanowitsch nachzutragen, welcher die Gebirge Chorassans geologisch untersucht hat. Zu politischen Zwecken bereiste im Winter 1889/90 Geographische Curzon das Gebiet des kürzlich der Schiffahrt eröffneten Karunflusses, während H. F. B. Lynch das Bachtiarengebiet östlich davon erforschte und den Weg von Schuster nach Ispahan aufnahm. Leutnant Vaughan hatte sich die innere Wüste Persiens zum Forschungsgebiet erwählt und seine Route, welche von Lingah am Persischen Meerbusen in nördlicher Richtung über Jezd nach Semnan und dann östlich nach Badschistan zum Teil durch früher nie betretene Gebiete führte, sorgfältig aufgenommen. Das nördliche Persien endlich berührte im Sommer 1890 Radde (s. oben unter Kaukasus).
[Vorderasien.]
Über Bents Besuch auf den Bahreïninseln und seine Reise in Kilikien vgl. die Artikel »Bahreïninseln« und »Kilikien«. Die seit zwei Jahren mit Ausgrabungen in Sindscherli im nördlichen Syrien beschäftigten Orientreisenden F. v. Luschan und Koldewey haben aus ihren Reisen dorthin und zurück manche bisher unbekannte Strecke Syriens erforscht. Zu archäologischen Zwecken, um sogen. hetitische Denkmäler zu untersuchen, bereisten im Sommer 1890 der auf kleinasiatischem Boden sehr bewanderte Ramsay und Hogarth die kleinasiatischen Landschaften Pisidien, Kilikien und Kappadokien; wie immer, wird auch diesmal die Kartographie dabei nicht leer ausgehen. Geologisch thätig war zu derselben Zeit Geographische v. Bukowski im westlichen Kleinasien, auf der Grenze von Phrygien und Karien, namentlich im Chonas-, Tschökelez- und Baba-Dagh.