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Graniterhebungen des Koschtantau und Dychtau. N. Kusnezow unternahm im Sommer 1889 u. 1890 wieder botanische Reisen am Nordabhang des Kaukasus; er untersuchte zuerst 1889 die Steppenflora, dann die Waldregion am nordöstlichen Kaukasus, zuletzt verschiedene Gletscher am Elbrus. Im südlichen Transkaukasien (und im nördlichen Persien), [* 2] namentlich in Karabagh, der östlichen, bisher fast unbekannten Vorstufe Hocharmeniens, reisten und sammelten 1890 Radde und Valentin und brachten reiche Ausbeute (6000 Exemplare Pflanzen, 300 petrographische Handstücke) heim. 1890 untersuchte ferner Krasnow die Gletscher des Kasbek und war botanisch thätig, während Olderogge in Swanetien und Wyinbof an der Nordseite des Gebirges anthropologische Untersuchungen vornahmen.
[Westturkistan.]
In der Kirgisensteppe untersuchten 1889 die beiden Geologen P. Wenjukow und Levinson-Lessing und der Zoolog Polejaew das Mugodschargebirge, das sich als südliche Fortsetzung des Urals erwies und im Airjuk zu etwa 600 m ansteigt. Im selben Jahre bereiste auch Professor E. Petri die Kirgisensteppe, um ethnologisches und archäologisches Material zu sammeln und den Einfluß des Russentums auf die Kirgisen festzustellen. Er fand, daß letztere ihre Eigenart zu bewahren im stande sind.
Vom April bis Juni 1889 waren im Auftrag der Russischen geographischen Gesellschaft A. Semionow zu zoologischen und Antonow zu botanischen Zwecken im transkaspischen Gebiet längs der Eisenbahn von Usun-ada bis Tschardschui thätig; auch meteorologische Beobachtungen brachten sie zurück. Zu derselben Zeit reiste Pokotilo mit einem Topographen im zentralen Bochara und in Darwas und machte dort graphische und statistische Erhebungen. Um die Sprachen und Sitten der Solonen, Dunganen etc. zu studieren, hat Professor W. Wasiljew im Auftrag der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften eine Reise über Omsk nach Tschugutschak und Kuldscha angetreten, die ihn auf dem Rückweg nach Wjernoje, Taschkent und Samarkand führen wird.
[Hochasien.]
Nicht weniger als fünf russische Expeditionen, welche sich zum Teil noch daselbst befinden, bereisten Hochasien. Im April 1889 brachen die beiden Brüder Grum-Grshimailo nach dem östlichen Tienschan auf, um dort eine Verbindung zwischen den Aufnahmen Prschewalskijs im S. und Potanins im N. zu bewerkstelligen. Sie entdeckten dort im Quellgebiet des Chorgos einen mächtigen Berg, den Doeß-meghene-or, welchen sie auf 6600 m Höhe schätzten, bestiegen den Bogdo-ola, besuchten Turfan und gingen von da auf dem geradesten Wege quer durch die Gobi nach dem Lob-Nor. Diesen vermochten sie indessen nicht zu erreichen; sie mußten umkehren und begaben sich dann von Pitschan längs des Südfußes des Tiënschan nach Chami.
Die große, anfänglich von Prschewalskij, jetzt von Pewzow befehligte russische Expedition nach Tibet traf in Jarkand ein, wo ihr geologisches Mitglied, Bogdanowitsch, wieder zu ihr stieß, welcher eine Seitentour nach dem Tschatyr-kul, Kaschgar und dem Gebirge Musdag-ata ausgeführt hatte. Hierbei hat er die von Stoliczka entdeckte vulkanische Zone am Südabhang des Tienschan und den geologischen Bau der Ostkante des Pamirhochlandes untersucht und endgültig festgestellt, daß dort eine meridionale Erhebung, wie sie A. v. Humboldt annahm, nicht existiert.
Die größte Sommerhitze verbrachte die Expedition im nahen Gebirge, in welchem zahlreiche Ausflüge unternommen wurden, und wo Professor Bogdanowitsch einen Vorstoß nach S. bis zum Oberlauf des Flusses von Jarkand in bisher ganz unbekanntes Hochgebirgsland unternahm, und ging dann ostwärts über Chotan und Keria nach der Oase Nia, wo sie Winterquartiere bezog. Im März 1890 machte das Mitglied Leutnant Roborowski von Nia eine Reise nach O. längs des Randes der Sandwüste nach Tschertschen und ging von da am Tschertschen-Darja aufwärts bis zu dem Punkte, welchen er 1886 mit Prschewalskij von O. her erreicht hatte. Am 24. April verließ dann die ganze Expedition Nia, um durch den glücklich von ihr ermittelten Paß [* 3] Idjelik-Chanum das die Wüste Gobi südlich begrenzende Randgebirge zu überschreiten und in Tibet einzudringen.
Erst im September wollte er wieder nach N. zum Lob-Nor hinabsteigen. Eine Ende Oktober in St. Petersburg [* 4] eingetroffene Depesche meldete, daß die Expedition bereits die Rückreise angetreten habe. Seine 1885 begonnenen Reisen in Hochasien setzte Br. Grombtschewski 1889 fort, indem er Mitte Juli von Margilan in Ferghana durch Karategin und Darwas zog. Sein Vordringen durch Schugnan wurde durch die Afghanen vereitelt, welche gerade diese Landschaft unter entsetzlichen Verwüstungen sich unterwarfen. So ging er den Fluß Wandsch aufwärts und über den Taghdumbasch-Pamir und den Paß Ilisu nach dem Raskem-Darja, einem rechtseitigen Zufluß des Jarkand -Darja, wobei er mit außerordentlichen Schneeverhältnissen, welche viele Pässe ungangbar machten, zu kämpfen hatte.
Von da aus besuchte er die Quellen des Tisnaf, also dasselbe Gebiet, was kurz zuvor (s. oben) Professor Bogdanowitsch erforscht hatte; so konnte er hier seine Aufnahmen mit denen der Pewzowschen Expedition in Verbindung bringen, wie einige Zeit vorher am Mustagpaß im Karakorumgebirge mit denen des engl. Leutnants Younghusband, was ihm 1888 nicht geglückt war. Dann stieg er über den Paß Kugart nach Schahidulla am Karakasch und an diesem mitten im Winter aufwärts nach SO., wo er in einer Höhe von 5000 m zwölf Tage lang ohne Wasser und Brennmaterial bei großer Kälte reiste und die meisten seiner Pferde [* 5] und viele seiner Sammlungen einbüßte.
Hierauf stieg er nach Chotan hinab, traf dort mit Bogdanowitsch zusammen und begleitete ihn nach Nia zu Pewzow, mit welchem er Verabredungen über die weitern Reisen in Tibet traf. Ihm fiel die Erforschung des Westens zu, und so reiste er zurück nach Polu (südlich von Kiria, am nördlichen Rande des tibetischen Hochlandes), wo sich jedoch die Chinesen seinem weitern Vordringen ernstlich widersetzten. Er kehrte sich aber nicht daran und drang 17. Mai ohne Führer und mit unvollkommener Ausrüstung nach S. in die Einöde vor.
Doch zwangen ihn Kälte und Unwirtlichkeit sehr bald zur Umkehr; Ende Oktober traf er wieder auf russischem Gebiet ein. Jadrinzew, der bekannte Sibirienforscher, reiste 1889 zu archäologischen Zwecken in der nördlichen Mongolei; er fand an der Tola und namentlich am Orchon mannigfache Ruinen von Städten und Schlössern, Inschriften etc. aus der Blüte [* 6] der Mongolenherrschaft und bestätigte die bisherige Annahme, daß die Ruinen von Kara-balgassun der alten Mongolenhauptstadt Karakorum entsprechen. 1890 sandte ihn die russische Regierung von neuem in jene Gegenden, indem sie ihm zwei Fachgelehrte, den Archäologen Clemens und den Sinologen Koch, beigab. Außerdem hat Katarow ethnographische Forschungen in der nördlichen Mongolei angestellt. Der schon erwähnte englische Leutnant Younghusband war im Sommer 1889 aufgebrochen, um einige der ¶
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Pässe zwischen Kaschmir [* 8] und Chinesisch-Turkistan zu erforschen. Er besuchte das Schimsalthal nordwestlich vom Mustagpaß, ging auf einem neuen Wege nach Hunza, traf auf dem Taghdumbasch-Pamir mit Grombtschewski (s. oben) zusammen und stieg über den Kandscherabpaß nach Kundschut und Gilgit. Seine zweite Reise in dieselben Gegenden unternahm 1889 der Franzose Dauvergne, der Leiter einer Teppichfabrik in Kaschmir. Über den Karakorumpaß erreichte er Kilian in Chinesisch-Turkistan und stieg von da zum Pamirhochland hinauf, indem er bis zum Thal [* 9] des Serafschan oder obern Jarkand-Darja nicht weniger als zwölf Pässe von 3600-4500 m Höhe zu überschreiten hatte.
Dann erforschte er das Thal des Tung, eines Zuflusses des Serafschan, in welchem er arische Bevölkerung [* 10] antraf, gelangte nach Taschkurgan und zu den aus drei großen Gletschern entspringenden Quellen des Oxus und entkam glücklich den Nachstellungen der Afghanen, indem er unter schweren Mühsalen den Hindukusch mit seinen Gletschern und Schneemassen überschritt; in Gilgit erreichte er wieder britisches Schutzgebiet. Bonvalot und Prinz Heinrich von Orléans [* 11] waren im September 1889 von Kuldscha aufgebrochen; sie überschritten den Tiënschan, berührten den Lob-Nor, kreuzten das Altyntaggebirge und den Tschamen-Tagh auf einem andern Wege als vor ihnen Prschewalskij und Carey und drangen in Tibet ein. Gerade südlich durch ganz vegetationslose und menschenleere Einöden maschierend, erreichten sie den Tengri-Nor, zogen dicht bei Lhassa vorüber und gingen über Tatsiënlu und durch Jünnan nach Tongking. [* 12] Es war die erste Durchkreuzung Tibets und ganz Asiens von NW. nach SO. Betreffs der Reise des Amerikaners Rockhill 1889-90 (vgl. Bd. 17, S. 58) ist nachzutragen, daß derselbe vom Kuku-Nor und der Sumpflandschaft Tsaidam her in tibetischer Verkleidung Lhassa zu erreichen suchte.
Als ihn aber das Gerücht erreichte, daß eine russische Expedition in Lhassa eingetroffen sei, gab er seinen Plan auf und reiste bei den Quellseen des Hoangho vorbei durch das östliche Tibet nach dem Dretschu, dem Oberlauf des Jangtsekiang, den er vor Dschje-kundo (Kegudo) überschritt. Der Versuch, Tsiamdo zu erreichen, scheiterte an der feindseligen Haltung der tibetischen Lamas, so daß er der geraden, von zahlreichen Theekarawanen belebten Straße nach Tatsiënlu folgte, welche zum Teil 1879-82 schon der indische Pandit A-K- mit großer Genauigkeit aufgenommen hatte. Einen Fehlschlag kann man diese Reise Rockhills um so weniger nennen, als er in sprachlicher Hinsicht viel Neues und Richtigeres als der Pandit ermittelt hat.
[China, Korea und Japan.]
Weder aus China noch aus Japan ist diesmal von einer bedeutendern Reise zu berichten, dagegen von einigen Unternehmungen in Korea. Der durch seine afrikanischen Reisen bekannte Chaillé-Long besuchte 1888 vom Hafen Pelto aus die nahe Hauptstadt der Insel Quelpart, Tjyonsong oder Tjiei-tjyu, wo er indessen nur eine Nacht verweilen und mit Mühe einige Photographien aufnehmen durfte. Im Auftrag des französischen Unterrichtsministers bereiste Charles Varat Korea, um ethnographische Studien zu machen und zu sammeln.
Nachdem er das nördliche Japan [* 13] und China besucht hatte, ging er nach der koreanischen Hauptstadt Seul und von da nach Fusan im S., weiter nach Sibirien, China, Tongking, Anam, Siam und Indien. Ein russischer Generalstabsoffizier, Webel, reiste 1889 von der russisch-koreanischen Grenze südwärts an der Ostküste entlang bis Gensan, dann zur Westküste hinüber und weiter bis Sëul, stets mit topographischen Aufnahmen beschäftigt. Auf der durchreiste Strecke machten sowohl Land als Volk auf ihn einen trübseligen Eindruck; ersteres ist waldlos und von steinigen Bergketten erfüllt, das Volk zwar zahlreich, aber arm und ohne Industrie; das Handwerk wenig mannigfaltig, Viehzucht [* 14] nur im N. vertreten. Noch in die Jahre 1885 und 1886 fällt die Reise des russischen Kaufmanns Delotkewitsch, welcher besonders über die Handels- und die gewerblichen Verhältnisse Koreas berichtet hat.
[Hinterindien.]
Etwas hoffnungsreicher hat sich die Frage betreffs der Schiffbarkeit des Songka oder Roten Flusses in Tongking gestaltet: am ist es dem ersten, besonders zu diesem Zweck erbauten Dampfer gelungen, den Songka bis Laokai an der chinesischen Grenze zu befahren und dabei die für unpassierbar gehaltenen Schnellen [* 15] von Tankwan zu überwinden. Doch sind noch mancherlei Felssprengungen erforderlich, ehe ein regelmäßiger Verkehr zwischen dem Delta [* 16] und der chinesischen Grenze möglich sein wird.
Auch die Versuche, den Mekhong zu erschließen, werden fortgesetzt: im August und September 1889 gelang es Leutnant Heurtel wiederholt, mit kleinen Dampfern die Stromschnellen von Prea-Pratang zu forcieren;
er glaubt, dadurch Laos dem europäischen Handel geöffnet zu haben. Im Frühjahr 1890 ist C. W. Rosset von einer dreijährigen ethnographischen Sammelreise in Hinterindien [* 17] nach Berlin [* 18] zurückgekehrt und hat namentlich aus dem zuerst durchwanderten Mekhonggebiet reiche Schätze heimgebracht. 1888 und 1889 wandte er sich dann dem Donnai im südlichen Anam und seinen Moi-Anwohnern zu und kehrte 1889-90 nochmals an den obern Mekhong zurück, wo er die ethnologischen Verhältnisse auf beiden Ufern des Stromes auf weite Strecken hin feststellte.
Taupin reiste 1887-88 von Angkor zu Lande durch das Siam tributpflichtige Laos bis zum Flusse Mun und machte dann von Ubon aus eine Reihe von Vorstoßen nach N. Eine britische Kommission unter Ney Elias hat die nördliche Grenze von Siam im Gebiet der Schanstämme aufgenommen, während anderseits die französische Regierung eine Kommission unter A. Pavie ernannt hat, um die siamesische Grenze gegen Tongking und Anam festzustellen. Pavie ist im April 1890 von Hanoi in Tongking nach Luang Prabang am obern Mekhong aufgebrochen und hat dabei den ganzen Schwarzen Fluß, den bedeutendsten Zufluß des Songka, erforscht. In Birma nehmen die Aufnahmen der Engländer ihren regelmäßigen Fortgang; so arbeitet Kapitän H. M. Jackson in den südlichen Schanstaaten, wo er bereits seit 1887 thätig ist, und gelangte mit einer militärischen Expedition an den Salwen, während in den nördlichen Schanstaaten der Feldmesser Faida Ali seine Vermessungen bis an den Salwen ausdehnte. 1889 unternahmen die Engländer von Tschittagong aus eine Expedition gegen die Luschai im nordwestlichen Birma, welche in geographischer und ethnographischer Hinsicht große Resultate gehabt hat; namentlich wurde der Oberlauf des Koladyneflusses festgelegt und ein Areal von 5000 engl. QMeilen aufgenommen. Von großem Interesse sind die Nachrichten über die dortigen, zum Teil sehr unzivilisierten und barbarischen Gebirgsstämme der Tschin, Jindu, Tschinbon, Weltschung und Tschinbok, welche Leutnant Rainey gesammelt hat. Ende 1889 ging dann zugleich von W. und von O. die sogen. Tschin-Luschai-Expedition vor, welche zu einer genauern und systematischern Erforschung des wilden Berglandes ¶