Grenzen der heutigen Interdiktion, resp. Entmündigung hinausgehende Fürsorge für den Rechtsschutz jedes Geisteskranken;
6) Schutzmaßregeln gegen die Vererbung von Geisteskrankheiten und eine dem entsprechende Änderung des Eherechts;
7) gesetzliche Bestimmungen über die privat- und strafrechtliche Stellung derjenigen Kranken, die nicht ganz zurechnungsfähig
sind und nicht unbeschränkt disponieren dürfen, ohne doch geradezu geisteskrank zu sein (Schwachsinnige,
Epileptiker, Alkoholisten etc.), oder ohne es permanent zu sein;
8) Maßregeln gegen die heutzutage noch in unglaublich zahlreichen Fällen vorkommende Verurteilung wegen Strafthaten, die
von Geisteskranken begangen worden sind;
9) Bestimmungen über die Internierung geisteskrank gewordener Verbrecher und verbrecherischer Geisteskranker in besondern,
mit Straf- und Irrenanstalten in keiner Weise zusammenhängenden Anstalten.
Zu 1). Viele europäische Staaten erfüllen diese Pflicht, jedoch kein einziger deutscher Staat. In Preußen speziell wird eine
Verpflichtung zur öffentlichen Fürsorge für Irre überhaupt nicht anerkannt; hier beruht das öffentliche Irrenwesen nur
auf § 31 des Gesetzes vom (Unterstützungswohnsitz), wonach die Landarmenverbände befugt sind,
für Bewahrung und Pflege hilfsbedürftiger Geisteskranker Anstalten einzurichten. Diese Verbände haben von dieser Befugnis
nur sehr wenig Gebrauch gemacht; gleichwohl hat der preußische Staat über diese Erteilung einer Befugnis hinaus nichts gethan.
Zu 2). Das Interesse der öffentlichen Ordnung wie das eines geistig erkrankten Menschen erfordert gleich
unbedingt die schleunige Überführung in sachverständige Behandlung. Sind die Irrenanstalten zweckmäßig eingerichtet,
so sind sie natürlich die einzigen Orte, in die ein Kranker gehört. Leider sind viele Anstalten nicht zweckmäßig eingerichtet.
Ihre schlimmsten Fehler: Überfüllung, unterschiedslose Anhäufung heilbarer Kranker unter gänzlich verblödeten, sicher
Unheilbaren, zu sparsame Verpflegung, unzureichende Schulung des Wartepersonals, unzureichende spezialistische
Vorbildung und zu geringe Anzahl der behandelnden Ärzte, Überbürdung der dirigierenden Ärzte mit ökonomischen und Büreaugeschäften,
büreaukratische Organisation des ärztlichen Dienstes, berechtigen nur zu oft die Unzufriedenheit der Kranken und ihrer Angehörigen
und den Zweifel, ob ein Anstaltsaufenthalt für einen geistig Erkrankten unter allen Umständen von Vorteil
ist. Jedenfalls werden diese Übelstände von den Irrenärzten selbst am lebhaftesten empfunden und beklagt.
Zu 3) und 4). Die Sorge für die öffentliche Ruhe und für die Heilung frisch erkrankter Irrer steht höher als die Rücksicht
auf die an sich sehr geringe Gefahr, daß ein Nichtgeisteskranker infolge eines schnellen Verfahrens, lügenhafter,
nicht genügend verifizierter Aussagen in eine Irrenanstalt gebracht werden könnte. Fälle von längerer Zurückhaltung geistig
Gesunder in Anstalten sind in Preußen in den letzten 40 Jahren nicht vorgekommen. Das schließt freilich nicht aus, daß Klagen
über ungerechtfertigte Zurückhaltung in Anstalten ins Publikum gelangten.
Prüft man diese Fälle genauer, so handelt es sich jedesmal entweder um an Paranöa Erkrankte, die ungeheilt
entlassen wurden, und denen ihr Anstaltsaufenthalt als Glied in der Kette der erlittenen Verfolgungen erscheint, oder um Fälle
von periodischer Geistesstörung, bei denen in freien Intervallen keine Krankheitseinsicht besteht, dagegen eine oft sehr entwickelte
Rhetorik und
Darstellungsgabe, oder drittens um Trunk- und Morphiumsüchtige, die nach längerer
Entziehung ihres Genußmittels gesund erscheinen können, oder schließlich um Fälle aus dem sehr umfangreichen Grenzgebiet
der Geistesstörungen, d. h. um Schwachsinnige, Pseudogenies, verkommene und verbrecherische
Naturen, erfolglose Entdecker, Erfinder, Propheten, kurz um Individuen, deren Leben ein fortwährendes Hin- und Herpendeln zwischen
noch normaler Erregtheit und beginnender Geistesstörung ist.
Hier ist es sehr wohl möglich, daß verschiedene Beobachter, denen nicht genügend Zeit zur Disposition steht, zwei ganz
verschiedene Phasen im Geistesleben eines zu Begutachtenden vor Augen hatten, die Verschiedenheit des Beobachtungsmaterials
erklärt natürlich die Verschiedenheit der Schlußfolgerungen. Es ist somit nicht angezeigt, aus Furcht
vor der Internierung Gesunder die Gewährung der Aufnahme in eine Anstalt abhängig zu machen von einem verwickelten Instanzengang
durch administrative und richterliche Behörden hindurch und von deren Überzeugung von einer vorliegenden Geistesstörung,
wie das in Holland geschieht, und ebensowenig ist es wahrscheinlich, daß ein Geschwornengericht, dessen Verdikt für Geisteskrankheit
(wie in einzelnen nordamerikanischen Staaten) Bedingung für die Aufnahme in die Anstalt ist, ein besseres
Urteil haben sollte als der Sachverständige. Die grundlosen Klagen über die Internierung Gesunder in den Anstalten haben zu
dem Verlangen geführt, den Juristen allein für kompetent gelten zu lassen in der Frage, ob jemand geisteskrank ist
oder nicht.
Die unter Nr. 5 bis 9 angeführten Forderungen sind heute allgemein anerkannt und bedürfen keiner nähern Begründung.
Vgl.
Reuß, Der Rechtsschutz der Geisteskranken (Leipz. 1888);
Johannes Gustav, Männergesangskomponist, geb. zu Radeberg bei Dresden, besuchte
daselbst die Kreuzschule, wurde durch Jul. Otto, dann auf dem Leipziger Konservatorium in der Musik ausgebildet, lebte als Musiklehrer
und Gesangvereinsdirigent in Leipzig, jetzt in Buffalo im Staat New York, wo er sich derselben Thätigkeit widmet.
Von seinen
Männerchören ist die »Heimkehr« (»Horch,
die alten Eichen rauschen«) am bekanntesten geworden.
und Börse 1889/90. Im europäischen Börsenverkehr hat sich eine bemerkenswerte Umgestaltung der Verhältnisse
vollzogen. Auf dem Gebiete des Kapitalmarktes hat sich der internationale Verkehr und auf dem Spekulationsmarkt der Lokalverkehr
verschärft. Diese Erscheinung ist besonders in Berlin sichtbar geworden. An der Londoner Börse beschränkte der Handel
in Minenaktien jede andre Transaktion. Die Wiener Börse wollte dem Berliner Vorbild folgen und schob einige Industrie- und Bergwerksaktien
in den Vordergrund. In Berlin hatten anfangs die Aktien industrieller Unternehmungen, zunächst Brauereiaktien, die Gunst der
Spekulanten erworben. Es entwickelte sich ein interessantes Treiben. Heute wurde für Brauereien, morgen für Maschinen-
und am folgenden Tage für Zement- und andre Aktien agitiert. Kurssteigerungen um eine ganze Hand voll Prozente waren keine Seltenheit.
Diese Bewegungen waren der Ursprung eines Gründungsfiebers, wie es nicht schlimmer in den sogen.
Gründerjahren bestanden hat. Infolge der neuen Gesetzgebung konnte der Gründergewinn nicht dem Kapital zugeschlagen werden.
Er wurde deshalb in
mehr
Form eines Aufgeldes auf die Aktien erhoben, und das führte dazu, daß 30 Proz. und mehr Aufgeld gezahlt wurde und sich dasselbe
in den meisten Fällen sofort weiter erhöhte. Diese Bewegung war nicht das Werk von Fachspekulanten, sondern des Publikums,
welches durch Kursgewinn Reichtümer erwerben wollte und erworben hätte, wenn es mit dem erzielten Gewinn
sich befriedigt erklärt und, wie man an der Börse sagt, »herausgegangen wäre«; aber statt dessen war jeder neue
Erfolg nur eine Anregung für eine Ausdehnung der Engagements, bis sich endlich eine Reaktion entwickelte.
Die spekulative Beteiligung des Publikums ging von Brauerei- und ähnlichen Aktien auf Bergwerkspapiere
über. Der Mangel an spekulativer Teilnahme für andre Industriepapiere wurde durch Täuschungen in der Dividendenfestsetzung
einiger industrieller Gesellschaften verschärft, während sich die spekulative Teilnahme für Bergwerkspapiere steigerte,
weil der Markt für Montanerzeugnisse in eine steigende Preisbewegung trat und diese eine Auffassung der Verhältnisse hervorrief,
welche nur den günstigen Erscheinungen Rechnung trug und jedes ungünstige Moment einfach von der Tagesordnung
absetzte. Im Mai kam die Arbeiterfrage in Fluß.
Arbeiterausstände in den Kohlenrevieren, besonders in Rheinland-Westfalen, veranlaßten eine Verminderung der Förderung über
die Ausstandszeit hinaus, weil die Überschichten in Wegfall kamen und die Betriebsunterbrechungen Störungen verursacht hatten.
Die Kohlenpreise stiegen, weil sich auch der Bedarf zu nicht kleinem Teile infolge der großen Arbeiten
für Rüstungszwecke erweitert hatte. Die Steigerung der Kohlenpreise und des Arbeitslohnes beeinflußte auch die Bewegung in
andern Bergwerksartikeln, besonders des Eisens, und so entwickelte sich eine allgemeine Preisbewegung, welche von den zum Abschluß
gekommenen Konventionen und errichteten Verkaufssyndikaten zu einer Preisfixierung benutzt wurde, welche
eine Reaktion veranlassen mußte. Diese Reaktion trat im J. 1890 sehr scharf in die Erscheinung und übertrug sich auf die Preise
aller Rohmaterialien und Kurse, nur mit dem Unterschied, daß im Januar, Februar und März die Kurse fielen, während die Eisen-
und Kohlenpreise noch stiegen. Letztere gingen dann aber ebenfalls scharf zurück.
Unter dieser Gestaltung der Verhältnisse hatte besonders der deutsche Ausfuhrhandel zu leiden. Die Einfuhr fremder Erzeugnisse
ist trotz der Schutzzölle gestiegen, die Ausfuhr gefallen. Die stattgehabte Bewegung ist aus folgenden Zahlen erkennbar. Es
war in Tonnen für
Roheisen
Brucheisen
Eisen- u. Stahl-Fabrikate
Einfuhr
Ausfuhr
Einfuhr
Ausfuhr
Einfuhr
Ausfuhr
1889
339264
156435
15059
35284
69757
817524
1888
216958
144251
7623
28439
47270
879999
1887
157102
212293
6634
60548
54148
989466
Ähnliche Verhältnisse entwickelten sich im Kohlen- und Koksverkehr. Es betrug in Tonnen an
Steinkohlen
Koks
Braunkohlen
Einfuhr
Ausfuhr
Einfuhr
Ausfuhr
Einfuhr
Ausfuhr
1889
4573209
8860247
387394
814613
5650966
-
1888
5252409
9459769
268635
917684
5211667
-
1887
2674739
8781377
236798
724763
4424327
-
Mit dem Plus der Einfuhr und dem Minus der Ausfuhr ist eine Steigerung der Produktion Hand in Hand gegangen, dieselbe
betrug in Tonnen:
1889
1888
1887
An Steinkohlen
67311337
65386120
60333984
- Braunkohlen
17551411
16487728
15883694
- Roheisen
4524759
4337121
3954413
Der
Hauptgrund der sich entwickelnden Reaktion lag in der Identifizierung der Worte Verbrauch und Absatz. Die statistischen
Aufzeichnungen haben allerdings niemals das Wort Verbrauch in Anwendung gebracht, aber der Spekulation
entsprach diese Praxis nicht; sie adoptierte das Wort Verbrauch und fand, daß dieser die Produktion decke. Aber das war eine
Täuschung, welche besonders in der ersten Hälfte des Jahres 1890 in dem stärkern Angebot seitens der Händler unter Kartellpreisen
zum Ausdruck kam.
An der Börse entwickelte sich, nachdem die Kurse fast das ganze zweite Halbjahr 1889 gestiegen waren,
die Reaktion infolge der Gestaltung der Verhältnisse am Geldmarkt, welche die leichten Hände zur Liquidation ihrer Engagements
zwangen und einen Kursdruck veranlaßten, der aus folgender Aufstellung hervorgeht. Dieser Kursdruck mußte sich am stärksten
für Bergwerksaktien geltend machen, weil auf diesem Gebiete die größte Anspannung der spekulativen
Kräfte stattgefunden hatte und hier jede Arbitrage fehlte. Mit derselben fehlt auch das besonders im internationalen Verkehr
arbeitende Sicherheitsventil, d. h. der Abzug, bez. der
Bezug von Material, wenn dasselbe zu stark vorhanden ist, bez. fehlt. Es notierten:
Von dem durch den Wert des Bezugs neuer Aktien entstandenen Kursdifferenzen haben wir bei dieser Aufstellung
abgesehen.
Die veränderte Gestaltung der Geldverhältnisse war eine Folge des gesteigerten Bedarfs der Industrie, welcher besonders in der
Erweiterung der Unternehmungen durch den Erwerb von Zechen und dem herrschenden Gründungsfieber zum Ausdruck kam. Auch andre
Gründe haben mitgewirkt. So wurde durch Suspension der Ankäufe von Diskonten in den Provinzen seitens der
Reichsbank das Angebot derselben am offenen Markte gesteigert. Die großen finanziellen Operationen, welche stattfanden, haben
ebenfalls die Kräfte der Banken in Anspruch genommen. Auch sind wohl fremde Guthaben, welche in Deutschland standen, besonders
seitens der russischen Regierung, zurückgezogen worden. Zuerst (im April) sprach sich der gesteigerte
Geldbedarf in der Vermehrung der Anlage von Wechseln und Lombarddarlehen bei der Reichsbank aus. Es waren durchschnittlich bei
letzterer angelegt:
mehr
Wechsel
Lombarddarlehen
in Tausenden Mark
1889
1888
1889
1888
Januar
465429
503279
54932
57110
April
462598
434460
55521
50980
August
538586
384448
64095
42412
September
591990
418145
81803
53838
Dezember
538673
467443
115425
59372
Die Reserve steuerfreier Noten betrug durchschnittlich in 1889: 193,627,000, in 1888: 275,001,000 Mk.
Am überstieg der Notenumlauf die steuerfreie Grenze um 109,473,000 Mk., während in 1888 noch 66,143,000 Mk. steuerfreie
Reserve vorhanden war. Der Bankdiskonto wechselte im J. 1889 fünfmal zwischen 3 und 5 Proz.
und betrug durchschnittlich 3,676 Proz. gegen 3,324 Proz. in 1888. Am
offenen Markte wechselte der Diskontosatz zwischen 1,521 und 4,776 Proz. gegen 1,409 und 3,505 Proz.
im J. 1888. Der durchschnittliche Satz betrug in 1889: 2,629, 1888: 2,056 und 1887: 2,304 Proz., im Dezember 1889: 4,776 Proz.,
1888: 3,505 und 1887: 2,418 Proz.
In der nachstehenden Aufstellung zeigt sich die Geldbewegung des ganzen Jahres sehr deutlich. Es stellte
sich am offenen Markte der durchschnittliche Diskontosatz wie folgt:
1889 Prozente
1888 Prozente
Januar
2,158
1,678
Februar
1,521
1,501
März
1,770
1,829
April
1,573
1,543
Mai
1,570
1,555
Juni
2,265
1,753
Juli
1,768
1,409
August
2,157
1,671
September
3,151
1,830
Oktober
4,185
3,250
November
4,702
3,159
Dezember
4,776
3,505
im ganzen Jahre
2,629
2,408
Im ersten Semester des Jahres 1890 berechnet sich der durchschnittliche Diskontosatz auf 3,366 Proz. Auf dem Kapitalmarkt
hat sich eine bemerkenswerte Veränderung der Verhältnisse vollzogen. Die fremden Anleihen haben den deutschen Anleihen in der
Kursentwickelung den Rang abgelaufen. Die Kursbewegung war folgende:
Diese Aufstellung bedarf kaum eines Kommentars. Die Kurse fremder Anleihen haben
allermeist das höchste
Niveau des Jahres 1889 überschritten, während die Kurse der deutschen Reichsanleihe und Konsols, besonders 3½proz., erheblich
unter den höchsten Kurs gegangen sind. Die Bewegung des Kapitalpreises spricht sich weit mehr in den Kursen der Reichsanleihen
und Konsols als in denjenigen fremder Anleihen aus. Daß der Kapitalpreis im J. 1889 gestiegen ist, bekundet
die matte Haltung fast aller 3½proz.
Anleihen und die Thatsache, daß dieselben nur schwer und sehr langsam verkäuflich sind. Die Kurse der fremden Anleihen standen
unter dem Einfluß von Konvertierungen, welche sich nicht mehr an die Bewegungen des Kapitalpreises anschließen,
sondern Finanzoperationen geworden sind, deren Erfolg in der Schwierigkeit liegt, die Gläubiger zu einer gemeinsamen Opposition
zu veranlassen. Auch fehlt für größere Summen, und um solche handelt es sich, der Ersatz von besser verzinslichen Papieren.
Diese Gestaltung der Verhältnisse findet darin eine Stütze, daß 3½ Proz. der in Deutschland vertretenen
großen Zahl kleinerer Kapitalisten nicht genügen und auf Kosten der Sicherheit ein wesentlicher Teil des Kapitals Veranlagung
in fremden Anleihen vorzieht.
Weiter mußte der bedeutend günstigern Gestaltung der finanziellen Verhältnisse verschiedener Staaten, besonders Rußlands,
Erwähnung gethan werden. Dieselbe wurde allerdings durch Konvertierungen älterer Anleihen und eine dadurch
veranlaßte Entlastung bewirkt; es sind aber auch die Steuerkräfte ganz bedeutend in Anspruch genommen worden. Das große
Publikum sieht nur die Thatsache, ohne die Ursache zu untersuchen. Diese Thatsache wurde durch die bedeutende Kurssteigerung
der fremden Anleihen gegenüber dem Rückgang der deutschen Anleihen verschärft, und es kann keinem Zweifel
unterliegen, daß der deutsche Kapitalbesitz in Wertpapieren durch die Aufnahme fremder Anleihen im J. 1889 bedeutend gestiegen
ist.
Im J. 1890 sind in Wirkung dieser Erscheinungen die Kurse der deutschen Reichsanleihen und preußischen Konsols unter Pari gegangen.
Einem Konsortium der angesehensten Banken und Firmen, an welchem auch die Reichsbank und die Königliche
Seehandlungs-Societät beteiligt waren, war es in einem Zeitraum von einem halben Jahre nicht möglich, 120 Mill. Mk.
3½proz. Reichsanleihen und 50 Mill. Mk. 3½proz. preußischer Konsols unterzubringen.
Ein bedeutender Teil 3½proz. Konsols kam allerdings im Austausch gegen Prioritäten verstaatlichter Bahnen zur Ausgabe; aber
die Voraussetzung ist gerechtfertigt, daß ein Teil dieser Konsols zum Zwecke des Tausches gegen fremde
Anleihen verkauft worden ist. Jedenfalls ist die sich widersprechende Kursrichtung fremder und deutscher Anleihen ein bemerkenswertes
Symptom der neuesten Zeit, in welcher die Höhe des Zinsertrags bei der Wahl der Anlagepapiere eine größere Rolle als die Sicherheit
spielt. Diese Kursbewegung ist ferner ein bemerkenswertes Symptom, weil sie mit der in neuester Zeit vielfach
behandelten Frage im Zusammenhang steht, wohin die fortdauernde Belastung der Völker für Rüstungszwecke führen soll.
Der Wechselmarkt stand mit den Bewegungen des Geldmarktes im engsten Zusammenhang. Berlin war jahrelang der billigste, im J. 1889 wurde
er der teuerste Geldmarkt. Teures Geld wirkt drückend auf die Wechselkurse. Auch wurde der Wechselmarkt
sehr stark durch die großen finanziellen Operationen beeinflußt. Rußland hat den Schwerpunkt derselben von Berlin nach Paris
verlegt; aber der Berliner Wechselmarkt stand doch unter dem Einfluß auch der großen russischen Konvertierungen. Die
mehr
Konvertierungen Österreich-Ungarns wirkten in derselben Richtung. Frankreich hat bedeutende Posten italienischer Wertpapiere
abgegeben. Ein bedeutender Teil derselben ist von Deutschland aufgenommen. Die Effektenarbitrage war ebenfalls ein den Wechselmarkt
beeinflussender Faktor. Die deutschen Handelsbilanzen trugen gleichfalls dazu bei, die Wechselkurse zu beeinflussen. In dieser
Beziehung ist das Resultat der Handelsbilanz von 1889 sehr bemerkenswert.
Deutschland hat infolge der durch Kartelle und Konventionen eingetretenen einseitigen Preisfestsetzung vieler Artikel seine Stellung
auf dem Weltmarkt teilweise verloren. Die stattgehabte Umgestaltung des Saldos war aber auch eine Folge des Eintritts Hamburgs
und Bremens in das deutsche Zollgebiet. Im J. 1888 wurde von den Zollanschlüssen an der Elbe und Weser in
den freien Verkehr des deutschen Zollgebietes für 808,13 Mill. Mk. ein- und
für 854,99 Mill. Mk. Waren und Produkte nach diesen Zollanschlüssen ausgeführt.
Der Verbrauch derselben erscheint in den 1889er Listen nicht mehr als Ausfuhr. Während der Wert der Ausfuhr in den Vorjahren
meist einen Überschuß ergeben hatte, blieb er im J. 1889 um 83,27 Mill.
Mk. gegenüber der Einfuhr zurück. Im J. 1889 ist der Wert der Einfuhr auf 4087,06 Mill. Mk. gestiegen und derjenige der
Ausfuhr auf 3256,42 Mill. Mk. gefallen. Der Überschuß des Einfuhrwertes
betrug also 830,64 Mill. Mk. Deutschland war in der Lage, diesen Überschuß aus dem dem Besitz fremder Wertpapiere
entspringenden Guthaben decken zu können.
Die russische und österreichisch-ungarische Valuta waren steigend, obgleich der 1889er Ernteausfall die Ausfuhr dieser Länder
ungünstig beeinflußte. Rußland hat mit alten Vorräten einen Teil dieses Ausfalls gedeckt. In Österreich-Ungarn wirkte
die Absicht einer Valutaregulierung und in neuester Zeit die durch die Silberfrage in den Vereinigten Staaten
veranlaßte Steigerung des Silberpreises in London. Die italienische Valuta stand unter dem Einfluß großer finanzieller Operationen,
an welchen große deutsche Banken und Bankhäuser beteiligt sind. Die Kursbewegung am Wechselmarkt war folgende:
Anfang des Jahres
Höchster Kurs
Niedrigster Kurs
Ende des Jahres
Amsterdam
168.85
169.65
168.25
168.50
London
20,380
20,485
20.32
20,380
Paris
80.60
81.35
80.55
80.85
Wien
168.75
173.60
167.75
172.40
Petersburg
208.90
219.05
206.10
218.25
Italien
79.80
81.10
78.85
79.90
Die große Bedeutung der Berliner Börse als Geld-, Wechsel-, Kapital- und Spekulationsmarkt sprach sich zunächst in
dem 1889er Jahresbericht der Bank des Berliner Kassenvereins aus. Es betrug der Inkasso-Verkehr (in Tausenden Mark):
Einlieferungen
Insgesamt
Höchste
Niedrigste
Durchschnittlich
pro Tag
1889
14099176
528664
10954
46226
1888
10165171
389868
549
33438
1887
7178059
221510
4657
27051
1886
8277699
275606
4300
24507
1885
7450279
258786
3446
25877
1880
7354595
249579
3279
19236
1872
13433402
268082
15657
43900
Hiervon fielen auf Ultimo-Einlieferungen 5121,61 Mill. Mk. in 1889 gegen 3214,72
Mill. Mk. in 1888 und 2001,02 Mill. Mk. in 1887. Beachtenswert
ist, daß von den eingelieferten Summen durch Abrechnung geordnet sind in 1889: 88,32 Proz.,
in 1888: 86,02 Proz., in 1887: 80,076 Proz.
Es betrug der Gesamtumsatz im Giroverkehr 12,465 Mill. Mk. gegen 10,577,12 Mill. Mk.
in 1888 und 8417,71 Mill. Mk. in 1887.
Die zweite Hälfte des
Jahres 1889 brachte für die Banken ein sehr lebhaftes, fast noch niemals zuvor erreichtes
Geschäft und infolgedessen auch fast durchweg höhere Dividenden. Aber auch die Reserven wurden mit ganz außerordentlichen
Beträgen bedacht, durch welche sich die Situation der Banken nicht unerheblich gebessert hat. Diejenigen Banken, welche ihr
Kapital erhöht haben, konnten aus dem Agiogewinn ebenfalls bedeutende Summen den Reserven überweisen. Im Laufe des Jahres 1889 erhöhten
folgende in Berlin domizilierende Banken das Kapital:
Diskonto-Gesellschaft um
15 Mill. Mk.
Bank für Handel und Industrie um
20 Mill. Mk.
Berliner Handels-Gesellschaft um
10 Mill. Mk.
Dresdener Bank um
12 Mill. Mk.
Deutsche Genossenschaftsbank um
6 Mill. Mk.
Nationalbank für Deutschland um
9 Mill. Mk.
Über die in Berlin mit einem Gesamtkapital von 702,939,800 Mk. vertretenen Banken geben wir in nachstehendem
eine Zusammenstellung, welche über das Kapital und die in den letzten Jahren gezahlten Dividenden Auskunft gibt.
Banken
Kapital Mk.
Dividende 1888
Dividende 1889
Allgemeine Deutsche Handelsgesellschaft
1000000
4
10
Bank für Sprit und Produktenhandel
5000400
3 2/3
2 ⅓
Berliner Bank
5000000
-
7½
- Kassenverein
9000000
5 1/3
6
Handelsgesellschaft
40000000
10
12
- Maklerverein
3000000
10
10
- Produkten- u. Handelsbank
4200000
5
-
Börsen-Handelsverein
3000000
10½
12
Bank für Handel u. Industrie (Darmstädter)
80000000
9
10½
Deutsche Bank
75000000
9
10
- Genossenschaftsbank
21000000
7½
8
- Grundschuldbank
3000000
6
6½
Hypothekenbank
9000000
6¼
6¼
Diskontogesellschaft
75000000
12
14
Dresdener Bank
60000000
9
11
Internationale Bank
20000000
-
9
Maklerbank
3000000
8
9
Mitteldeutsche Kreditbank
30000000
6
7
Nationalbank für Deutschland
36000000
9
10
Norddeutsche Grundkreditbank
4500000
-
-
Preußische Bodenkreditbank
30000000
6 1/3
6½
- Zentral-Bodenkreditbank
36000000
9½
10
- Hypothekenaktienbank
6000000
6½
6½
- Hypothekenversicherungsgesellschaft
13500000
8
8
- Immobilienbank
1500000
7
7 ⅓
Preußisches Leihhaus
1995200
-
10
Realkreditbank
2200000
9
8½
Reichsbank
120000000
5.4
7
Rheinisch-Westfälische Bank
1669200
-
9
Vereinsbank (Berlin)
2000000
-
-
Weimarische Bank
3375000
2¾
8½
Gesamtes Nominalkapital:
702939800
An die schon oben gemachten Bemerkungen über die Reichsbank anschließend, sind noch folgende Daten aus dem 1889er Jahresbericht
derselben von Bedeutung. Die folgende Aufstellung gibt die außerordentliche Zunahme, welche der Verkehr bei der Reichsbank,
ganz besonders aber bei der Zentrale in Berlin erfahren hat. Die Umsätze bei der Reichsbank betrugen:
mehr
Jahr
Gesamtumsatz der Reichsbank
davon bei der Reichshauptbank (Berlin)
1889
99708.89
31964.12
1888
84337.56
26520.75
1887
79839.10
25679.02
1886
76565.42
26153.32
1885
73199.04
24458.18
1884
71590.79
23028.45
1883
62619.71
17326.77
1882
56005.69
14704.73
1881
56336.06
15720.04
1880
52193.51
12502.77
1879
47458.75
12320.93
1878
44254.71
11616.52
1877
47541.62
13726.27
1876
36684.83
9227.25
Der Gesamtumsatz im Giroverkehr, einschließlich der Ein- und Auszahlungen für Rechnung des Reichs und der Bundesstaaten, betrug
im J. 1889: 79,026,106,958 gegen 66,904,378,757 Mk. im Vorjahr. Es fielen auf Berlin 26,306,938,100 Mk. gegen 21,561,214,300
Mk. in 1888, und auf Giroguthaben wurden
1889
1888
vereinnahmt
37855035118 Mk.
31896030110 Mk.
verausgabt
37821283898 -
31928946779 -
Diese Bewegungen hatten ein durchschnittliches Giroguthaben von 239,998,000 Mk. (gegen 235,088,000
in 1888) zur Grundlage. Das durch die Reichsbank organisierte Zahlungswesen Deutschlands bildet eine der Hauptgrundlagen der
Machtstellung, welche der deutsche Geld- und Kapitalsmarkt gewonnen hat, der Kapitalsmarkt, weil derselbe nur in der intimsten
Verbindung mit dem Geldmarkt gedacht werden kann. Die umlaufenden Noten waren im J. 1889 mit 88,28 Proz.
(gegen 96,82 Proz. im Vorjahr) Metall gedeckt.
Der niedrigere Prozentsatz ist aus der Steigerung des durchschnittlichen Notenumlaufs von 933,042,000 auf 987,314,000 und
dem Rückgang der durchschnittlichen Metallreserve von 903,403,000 auf 871,592,000 Mk. hervorgegangen.
Am lagerten bei der Bank 244,668,696 Mk. (in 1888: 436,308,886 Mk.) Gold in Barren oder ausländischen
Münzen, das Pfund fein zu 1392 Mk. gerechnet. Die im J. 1889 stattgehabte Verminderung ist hauptsächlich
durch Ausprägung deutscher Goldmünzen eingetreten.
Der Bestand an kursfähigem deutschen Gelde ist von 422,171,997 auf 489,930,670 Mk. gestiegen. Die Ausprägung
und der Verkauf (zu industriellen Zwecken) betrug im J. 1889: 203,748,252 Mk. Am lagerten bei der Reichsbank 188,161
offene Depots über 2,042,261,892 Mk. gegen 175,999, bez.
1,900,526,691 Mk. im Vorjahr. Diese Angaben genügen für den Nachweis, daß die deutsche Reichsbankanstalt
mit ihren 232 Bankstellen eine dominierende Stellung in Deutschland im Zahlungs- und Kreditwesen und als
Wächter der deutschen Goldwährung einnimmt.
Weiteres s. im Art. Reichsbank. Seit der Verstaatlichung der preußischen Eisenbahnen ist das Geschäft in deutschen Eisenbahnaktien
verhältnismäßig klein geworden, und nur periodisch zeigt sich in dem einen oder andern Eisenbahnpapier ein regerer
Verkehr. In der nachfolgenden Aufstellung befinden sich die an der Berliner Börse noch im Handel befindlichen deutschen Eisenbahnstammaktien,
Stammprioritäten und Prioritätsobligationen nebst Betriebslänge der einzelnen Bahnen und der in den letzten beiden Jahren
bezahlten Dividenden.
In
nachstehender Aufstellung (S. 332) zeigt sich die Zunahme der an der Berliner Börse gehandelten Wertpapiere
in einem Zeitraum von zehn Jahren. Dieselbe enthält sämtliche Papiere nach ihrem Nominalwert ausgerechnet. Der am
resp. gezahlte Kurswert würde natürlich eine wesentlich veränderte Summe ergeben, da ein großer Teil der Werte
unter, sehr viele aber auch bedeutend über Pari stehen. Besonders auffällig ist die bedeutende Zunahme
der deutschen Fonds, welche zum Teil aus der Verstaatlichung der Eisenbahnen entsprungen ist, wodurch sich aber zugleich auch
die Abnahme der deutschen Eisenbahnstammaktien und Prioritäten erklärt. Ferner ist die Rubrik: diverse fremde Fonds ganz außerordentlich
gestiegen, und zwar stammt das Mehr erst aus den letzten Jahren, in welchen an der Börse argentinische,
chilenische, chinesische, griechische, mexikanische, portugiesische, schweizerische, serbische und spanische Anleihen eingeführt
worden sind. Sehr bedeutend sind auch die fremden Eisenbahnwerte gestiegen, sodann ist die Zunahme der Industrie- und Montanpapiere
mehr
erwähnenswert, welche zum größten Teil auf das letzte Jahr entfallen. Es betrug der Nominalwert des Berliner Kurszettels
in Millionen Mark:
1879
1889
Deutsche Fonds
1404.5
4969.2
Stadtobligationen
138.0
312.1
Provinzialobligationen
20.7
54.0
Berliner und landschaftliche Pfandbriefe.
1148.3
1607.4
Rentenbriefe
360.7
319.9
Diverse deutsche Fonds
645.5
3058.0
Fremde Fonds, Österreichisch-Ungarische
6586.3
9075.1
" Russisch-Polnische
5894.1
6111.4
" Diverse
1135.5
16154.2
" Amerikanische
4687.6
-
Fremde Stadtobligationen
-
302.7
Deutsche Hypothekencertifikate u. Pfandbr.
838.7
1559.5
Fremde Pfandbriefe
801.2
1221.8
Prämienanleihen
2244.8
2403.9
Versicherungsaktien
54.9
253.8
Deutsche Eisenbahn-Stammaktien
1185.1
278.9
Deutsche Stammprioritäten
302.8
101.3
Österreichisch-Ungarische Stammaktien
1181.3
1205.4
Diverse fremde Stammaktien
744.1
1494.3
Deutsche Prioritätsobligationen
2096.6
1206.7
Österreichisch-Ungarische Prioritäten
3434.0
4058.0
Russische Prioritäten
664.4
1219.8
Amerikanische Prioritäten
187.6
1043.7
Diverse fremde Prioritäten
281.8
2107.9
Bankaktien
1319.5
1951.1
Bergwerksaktien
449.4
605.4
Brauereien
40.6
82.8
Chemische Fabriken
15.1
62.1
Pferdebahnen und andre Transportunternehmungen
24.5
140.8
Gasanstalten, Gas- und Wasseranlagen
30.9
29.5
Baugesellschaften
118.5
109.0
Spinnereien, Webereien, Tuchfärbereien.
31.8
57.3
Papierfabriken
4.7
12.7
Zuckerfabriken
9.0
18.0
Maschinen- und Eisenbahnbedarfsaktien
99.7
121.9
Diverse Industrieaktien
99.9
308.0
Obligationen industrieller Gesellschaften
-
195.6
Zusammen:
38282.1
63812.9
Ein deutliches Bild der Geschäftsentwickelung der Berliner Börse in den letzten Jahren gibt eine Aufstellung der an der Berliner
Börse gehandelten und der neu eingeführten Werte. Es wurde im Laufe des Jahres 1889 die amtliche Notierung
vom Börsenkommissariat für 135 neue Werte genehmigt gegen 88 im J. 1888,68 im J. 1887 und 72 im J. 1886. Auf das Jahr 1889 entfallen 18 inländische
Staats- und Stadtanleihen, Pfandbriefe, Eisenbahnprioritäten und Bankaktien, 75 inländische Prioritäten
und 42 anderweite europäische und überseeische Werte. In der ersten Hälfte des Jahres 1890 war die Emissionsthätigkeit
infolge der anhaltenden ungünstigen Tendenz sehr gering und stand in keinem Verhältnis zum vorigen Jahre.
An der Berliner Börse wurden durch die vereideten Makler die Kurse von 1166 verschiedenen Werten
notiert, abgesehen von den besondern Notierungen der sogen. kleinen oder großen Stücke der einzelnen Wertpapiere. Die Werte
verteilen sich auf:
1889
gegen 1888
Preußische und deutsche Fonds, Pfand- und Rentenbriefe, Stadtanleihen etc.
114
101
Inländische Hypothekenbank-Pfandbriefe
70
58
Eisenbahn-Prioritätsobligationen
32
59
Österreichisch-Ungarische Prioritäten
54
49
Russische Prioritäten
34
36
Amerikanische Prioritäten
22
16
Andre ausländische Prioritäten
17
12
Ausländische Staatsanleihen, Kommunalpapiere und Pfandbriefe
133
121
In- und ausländische Eisenbahnstamm- und Stamm-Prioritätsaktien
83
79
Bankaktien
110
105
Industriepapiere und Bergwerksaktien
401
330
Obligationen industrieller Gesellschaften
53
49
Versicherungsaktien
43
42
Zusammen:
1166
1057
Während
bei Bildung der Korporation der Berliner Kaufmannschaft, also im J. 1820, an der Berliner Börse 16 vereidete
Fonds- und 21 vereidete Warenmakler den Verkehr vermittelten, sind jetzt 81 Fonds- und 30 Produktenmakler thätig.
Der außerordentliche Verkehr, welcher an der Berliner Börse im J. 1889 herrschte, wird auch dadurch bewiesen, daß im ganzen
440,000 telegraphische Depeschen oder 1490 Depeschen täglich aus- und eingingen gegen 370,000, bez. 1240 Depeschen
im J. 1888.
Die Gründungsthätigkeit im abgelaufenen Jahre war sehr bedeutend. Das Nominalaktienkapital der neugegründeten Gesellschaften
wird auf 402,544,000 Mk. gegen 193,685,000 Mk. im J. 1888 u.
128,414,000 Mk. im J. 1887 angegeben. Im ersten Halbjahr des Jahres 1890 stellte sich das Nominalaktienkapital
der neugegründeten Gesellschaften auf 134,937,000 Mk.