aus den Kettengebirgen alte
Massen, die letztern sind nur noch die Überbleibsel und
Ruinen ehemaliger Kettengebirge. Als solche
hat man die vorgenannten Gebirgszüge des mittlern und westlichen
Europa
[* 2] erkannt; manche dieser
Massen zeigen in der
Anordnung
ihrer
Schichten und dem Verlauf ihrer Falten eine so auffallende Übereinstimmung, daß sie unzweideutig
als Bruchstücke eines ehemals zusammenhängenden Gebirgslandes anzusehen sind. An mächtigen Bruchlinien sind große Teile
dieses
Landes in die Tiefe gesunken, während andre erhalten sind und als
Horste mitten zwischen den niedergebrochenen
Partien
des mitteleuropäischen Schollenlandes stehen geblieben sind (vgl.
Dislokation, S. 205). Dieses gewaltige Kettengebirge verlief
von
SW. nachNO., also der
Richtung der
Alpen
[* 3] parallel, und begann im östlichen
Frankreich etwa an einer
Linie, welche aus der Gegend von
Douai u.
Valenciennes im N. nach dem Quellgebiet der
Dordogne bei
Clermont-Ferrand in der
Auvergne
zieht; von da erstreckte sich dasselbe nach
NO. bis etwa zum
Meridian von
Görlitz,
[* 4] wo die Umbiegung nach
SO. erfolgte.
die der Außenseite des
Bogens angehörigen
Stücke, wie das rheinische Schiefergebirge,
der
Harz,
Thüringer Wald,
Frankenwald, bestehen aus jüngern, paläozoischen
Ablagerungen. In enger
Verbindung mit diesen mitteldeutschen
Alpen steht ein zweites Hochgebirge im westlichsten Teile
Europas, welches durch das nördliche
Frankreich und das südliche
England im
Bogen
[* 5] nach
NW. streicht, dessen Fortsetzung sich aber nicht verfolgen läßt, da es an den
Küsten
des Atlantischen
Ozeans abbricht.
Lassen so die deutschen
Mittelgebirge das
Schicksal eines verfallenden Kettengebirges erkennen,
so kann man anderseits auch die Vorgeschichte eines entstehenden in ihren
Umrissen darlegen. Ein Hauptzug in der heutigen
Gestaltung der Erdoberfläche besteht darin, daß zwei große Landmassen,
Amerika
[* 6] im W. und
Europa-Asien
mit
Afrika
[* 7] im O., aus der nördlichen Polarregion bis in die südliche gemäßigte
Zone hinabreichen und das langgestreckte
Becken des Atlantischen
Ozeans zwischen sich einschließen.
Während der mesozoischen
Periode dagegen reichte quer über den
IndischenOzean eine Festlandsbrücke von
Vorderindien nach
Südafrika,
[* 8] deren Trümmer heute nochMadagaskar
[* 9] und kleine Inselgruppen darstellen; ebenso bestand während
dieser
Periode eine
Verbindung zwischen Südafrika und
Brasilien
[* 10] mitten über den heutigen südlichen Atlantischen
Ozean, und
im N. stand
Nordamerika
[* 11] mit
Skandinavien im Zusammenhang. Der Atlantische
Ozean existierte noch nicht, wohl aber ein langgestrecktes
zentrales
Mittelmeer, welches die nördlichen Landmassen von den südlichen trennte und sich von
Mittelamerika
bis zur Tiefebene des
Ganges erstreckte.
Zwischen der
Lage des zentralen
Mittelmeers
[* 12] und derjenigen der Hauptzone des jungen Kettengebirges besteht nun ein ausgesprochener
Zusammenhang insofern, als die Kettengebirgsregion den bleibenden, immer überfluteten und tiefsten Teil des zentralen
Mittelmeers
bildet, während die nördlich und südlich anstoßenden Gebiete in junger Zeit nicht gefaltet wurden.
Als die gebirgsbildenden
Kräfte in dem Gebiete dieses
Mittelmeers in Wirksamkeit traten, wurden gerade die tiefsten Meeresstrecken
zu den höchsten
Gebirgen aufgetürmt.
Diese
Thatsache legt die
Vermutung nahe, daß auch ein genetischer Zusammenhang zwischen
der
Mächtigkeit der Meeresablagerungen und der Gebirgsbildung
[* 13] besteht.
Vgl. M. Neymayr,
Ketten- und Massengebirge
(»Zeitschrift des
Deutschen und Österreichischen Alpenvereins«, 1888).
Von den verschiedenen
Faktoren des Gedächtnisvorgangs ist bisher nur einer, nämlich die
Wirkung der Anzahl
von Wiederholungen auf das Behalten, der experimentellen Untersuchung zugänglich geworden. Es hat sich ergeben, daß die
Zahl der Wiederholungen, die für die Aneignung sinnloser
Silben erforderlich ist, schneller als der
Umfang
der anzueignenden Silbenreihe wächst, aber der
Festigkeit
[* 14] der Aneignung eben proportional ist. Die Möglichkeit, diese Ergebnisse
in
Zahlen zu fassen, entsteht dadurch, daß man den
Augenblick, wo man eben etwas kann, genau festzulegen vermag. Man hat ferner
konstatiert, wieviel einsilbige
Wörter der Muttersprache, hintereinander einmal vorgesagt, im G. haften,
wie viele beim zwei- und mehrmaligen Vorsagen unmittelbar hinterher noch eben reproduziert werden können etc.
Ähnlich läßt sich das Vergessen in
Zahlen niederschlagen.
[* 15] (Anthropologisches). Sowohl hinsichtlich der Gesamtmasse des
Gehirns als bezüglich des
Hirngewichts und der
Entwickelung der Hirnwindungen lassen sich zwischen den menschenähnlichen
Affen
[* 16]
(Anthropoiden) und dem
Menschen sowie zwischen verschiedenen
Menschenrassen
[* 17] erhebliche Unterschiede nachweisen. Das durchschnittliche Hirngewicht
des Europäers beträgt nach v.
Bischoff für die
Männer 1362 g, für die
Weiber nur 1219 gehirn. Aus den
Broca-Topinardschen Untersuchungen
ergibt sich, daß beim
Menschen das männliche
Geschlecht das durchschnittliche
Maximum seines
Gehirns mit 1419 g
zwischen 30 und 35
Jahren, das weibliche
Geschlecht die völlige
Entwickelung seines
Gehirns mit 1217 g schon zwischen 25 und 30
Jahren
erreicht.
Dagegen beträgt das mittlere Hirngewicht des männlichen
Negers nur 1244 g, dasjenige des
Schimpanse 350 bis 400 gehirn. Während
das
Gewicht des erwachsenen Schimpansegehirns zum Gesamtkörpergewicht im
Verhältnis von 1:70 bis 80 steht, beträgt das besagte
Verhältnis beim
Menschen nur 1:35 bis 40. Bei jungen Individuen tritt der Unterschied weniger hervor, indem das Hirngewicht
zum Körpergewicht beim jungen
Schimpanse sich wie 1:25, beim menschlichen
Kinde sich wie 1:18 verhält.
Gehirnverletzung - Gei
* 19 Seite 18.342.
Damit stimmt auch die
Thatsache, daß die Menschenähnlichkeit des jungen
Anthropoiden eine weit größere ist als diejenige
des erwachsenen
Tieres. Der
Mensch besitzt nicht, wie früher allgemein angenommen wurde, das größte Gehirn, sondern wird von
einer Anzahl kleinerer
Tiere (z. B. kleinerer
Affen undSingvögel) in der relativen und vom
Elefant
[* 18] und
Walfisch in der absoluten
Größe des
Gehirns übertroffen. Wenn hier und da bei geistig hervorragenden
Menschen kein sehr bedeutendes
und bei
Angehörigen von geistig wenig entwickelten
Menschenrassen ein ziemlich großes Hirngewicht angetroffen wird, so beruht
dies darauf, daß Beziehungen zwischen dem Hirngewicht und dem Gesamtkörpergewicht bestehen, und daß
durch die energische Muskelaktion der von der
Jagd lebenden oder nomadenhaft umherschweifenden niedern
Menschenrassen die Bewegungszentren
des
Gehirns geübt werden und an
Volumen zunehmen. Auch ist es wahrscheinlich, daß bei
¶
mehr
verschiedenen Rassen und Individuen Unterschiede in der Dichtigkeit der Hirnmasse vorhanden sind. Daß bei geistig hervorragenden
Personen nicht immer ein bedeutendes Hirngewicht nachgewiesen werden konnte, erklärt sich in vielen Fällen dadurch, daß
dieselben zur Zeit ihres Todes bereits in höherm Alter sich befanden, wo die Hirnmasse im Schwinden begriffen ist.
Wenn aber auch die Gesamtmasse und das Gesamtgewicht des Gehirns nicht immer dem Grade der Intelligenz der betreffenden Individuen
genau entspricht, so steht doch die Entwickelung des Vorderhirns (Vorderlappen des Großhirns), des Sitzes der höhern geistigen
Funktionen, zur geistigen Befähigung in direkter Beziehung.
Entsprechend dem verschiedenen Grade der geistigen Entwickelung beim Anthropoiden, Naturmenschen und Kulturmenschen
ist auch die Entwickelung der grauen Hirnsubstanz (Hirnrinde), die in der größern oder geringern Ausbildung der großen Windungszüge
(Konvolutionen) und der kleinen Hirnwindungen (gyri) zum Ausdruck kommt, eine verschiedengradige. RudolfWagner hat an den Gehirnen
von Gauß und Dirichlet zuerst nachgewiesen, daß das Gehirn von geistig hervorragenden Männern charakterisiert
ist durch die verwickelte Anordnung und Asymmetrie der Gyri der beiden Hirnhälften.
Die vonOwen aufgestellte Behauptung, daß das menschliche in den hintern Großhirnlappen einige wesentliche Teile enthalte,
die den höhern Affen stets und vollkommen mangelten, hat sich nicht bestätigt; auch ist das Vorkommen der
Affenspalte (durch Nichtentwickelung der innern obern Scheitelwindung bedingte Vertiefung der Hinterhauptsspalte, die
man für ein Charakteristikum des Affenhirns gehalten hat) sehr unbeständig. Die Oberfläche des Gehirns der Anthropoiden
stellt vielmehr nach Huxley eine Art von Umrißzeichnung des menschlichen dar, nur durch untergeordnete Merkmale von demjenigen
des Menschen sich unterscheidend.
Der Menschencharakter des Gehirns beruht nach J. ^[Johannes] Ranke auf dem Übergewicht des nicht automatisch
wirkenden Teiles der Großhirnhemisphären über die automatisch wirkenden Gehirnabschnitte. Übrigens gibt es auch gewisse
Menschenrassen (Weddas und Tamilen auf Ceylon,
[* 20] Kurumbas der Nilgerries), die einen so kleinen Schädel und ein so geringes Hirnvolumen
(Nanokephalie) aufweisen, daß die Maximalgrenze des Anthropoidenhirns und die Minimalgrenze der
Hirnentwickelung bei diesen Völkern sich sehr nahekommen.
BeimMenschen hat das Gehirn des Mannes vor demjenigen des Weibes sowohl das größere durchschnittliche Gewicht (s. oben) als auch
die bedeutendere Entwickelung der Hirnwindungen voraus. Schon gleich nach der Geburt lassen sich erhebliche Unterschiede
in der Entwickelung der die Sylviussche Spalte umgebenden Windungszüge bei beiden Geschlechtern nachweisen. Die zwischen männlichem
und weiblichem Gehirn bestehenden Unterschiede sind aber beim Gehirn der Naturvölker weniger stark ausgeprägt
als beim Gehirn der Kulturvölker.
Während beim Gehirn von Assen und unkultivierten Völkern (Neger- und Hottentotgehirne) die Interparietalfurche (die großen
Scheitelwindungen voneinander trennende Vertiefung) mit der Sagittalebene (von vorn nach hinten durch den Körper gelegte
Vertikalebene) einen nach vorn offen stehenden spitzen Winkel
[* 21] bildet, verfolgt nach Rüdinger die Interparietalfurche beim
Europäer einen mehr der Richtung der Sagittalebene sich annähernden Verlauf. Bei geistig hervorragenden Männern (J. v.
Liebig u. a.) soll das Wachstum und die gesteigerte Entwickelung mitunter sogar zur Folge haben, daß die
Interparietalfurche mit der Sagittalebene einen nach hinten offen stehenden spitzen Winkel bildet.