(1882 u. 1884) veröffentlicht wurden, und
Etienne Eggis, ein phantasievoller, graziöser Dichter, der wie ein
BardeDeutschland
[* 2] durchwandert und Gedichte in der Art unsrer Burschenlieder gedichtet hat
(»Poesies«, hrsg. von Godet, 1885); er starb 1867 in
Berlin.
[* 3]
Semmig,Kultur- und Litteraturgeschichte
der französischen
Schweiz
[* 6] (Zür. 1882);
V. Rossel,Histoire littéraire de la Suisse romande (Genf
1889-90,2 Bde.);
Godet,
Histoire littéraire de la Suisse française (Par. 1890); A. de Montet,
Dictionnaire biographique des
Genevois et des Vaudois
(Lausanne 1878,2 Bde.).
»Sowohl in der Auswahl der dramatischen Werke als auch in ihrer schauspielerinnen
Darstellung sollen die
Ziele einer der
Schablone und dem Virtuosentum abgewandten, lebendigen
Kunst angestrebt werden«, wobei
besonders solche
Dramen berücksichtigt werden sollten, »welche den ständigen
Bühnen ihrem
Wesen nach schwerer zugänglich
sind«. Da die Aufführungen der
FreienBühnenur für die Mitglieder des
Vereins, deren Zahl auf etwa 700 stieg,
veranstaltet wurden, unterlagen die gewählten
Stücke nicht der Theaterzensur.
Die Leitung richtete ihr Augenmerk vorzugsweise auf solche
Stücke, die aus sittlichen, religiösen, politischen oder ästhetischen
Gründen noch nicht auf öffentlichen
Theatern zur Aufführung gelangt waren und voraussichtlich von der
polizeilichen Theaterzensur auch nicht zugelassen worden wären. Es lag dabei in der Absicht der
Gründer des
Vereins, nicht
nur Schriftsteller zu
Worte kommen zu lassen, die bisher aus den angegebenen
Ursachen noch nicht öffentlich
gehört worden
waren, sondern auch
Versuche mit den Werken von Neulingen zu machen, um damit den
Leitern öffentlicher
Bühnen vielleicht brauchbares
Material zuzuführen.
Die meisten dieser Aufführungen, die im Lessingtheater an
Sonntagen um die Mittagszeit stattfanden, gaben
teils wegen des sittlich anstößigen
Inhalts der
Stücke, teils wegen der bis aufs äußerste getriebenen realistischen Detailmalerei,
die statt dramatischer
Spannung Langeweile hervorrief, Veranlassung zu sehr erregten
Auftritten im Zuschauerraum. Von den zur
Darstellung gebrachten
Stücken fanden nur zwei den Weg auf öffentliche
Bühnen, »Das vierte
Gebot« von
Anzengruber (aufgeführt im Lessingtheater) und »Vor Sonnenaufgang«
von G.
Hauptmann (aufgeführt im
Belle-Alliance-Theater). Eine litterarische Vertretung fand der
Verein in der Anfang 1890 von
O.
Brahm begründeten und von ihm geleiteten Wochenschrift:
»FreieBühne für modernes
Leben«.
Die starke Bevorzugung der ausländischen Litteratur einerseits und des platten
Realismus anderseits hatte
unter einem Teile der Mitglieder des
Vereins eine solche Unzufriedenheit hervorgerufen, daß im April 1890 ein zweiter
Verein
unter dem
Namen Deutsche
[* 11]
Bühne von einer Anzahl jüngerer
Berliner
[* 12] Schriftsteller gegründet wurde, die zumeist gleichfalls
der realistischen
Richtung angehören. In seinem
Programm nahm der neue
Verein zunächst
Stellung gegen »den
übermäßigen Einfluß fremdländischer, oft sehr fragwürdiger Werke« und präzisierte seine Hauptaufgabe dann dahin,
daß er nur Werke deutscher, zumeist jüngerer, litterarisch bereits hinreichend bekannter Schriftsteller zur Aufführung
bringen werde.
Zugleich gab der
Verein ein ästhetisches
Glaubensbekenntnis ab, dessen Hauptsätze folgende sind: »Wir meinen, daß
allerdings die
Dichtung unsrer Zeit deren
Anschauungen und
Ideen widerspiegeln und auf der
Höhe der litterarischen
Technik der
Gegenwart stehen muß, daß aber die
Grundsätze des
Realismus sich keineswegs auf die
Darstellung der kleinlichen Trivialitäten
des Alltagslebens und der rohesten Ausschreitungen beschränken, sowenig wie auf die sklavische
Nachahmung ausländischer
Sensationshascherei. Wir glauben vielmehr, daß die Aufgabe des realistischen
Dramas vor allem die wahrheitsgetreue
Darstellung großer menschlicher
Handlungen und
Leidenschaften ist, und daß diese meist unabhängig sind von dem äußern Gewand,
welches die
Figuren des Dichters tragen.«
Die
Folge dieser zweiten
Gründung war, daß sich das
Publikum, das an diesen theatralischen
¶
mehr
Veranstaltungen Interesse nimmt, zersplitterte, und daß beide Bühnen das Vereinsjahr 1890/91 mit einer so geringen Anzahl
von Mitgliedern begannen, daß ein ferneres Fortbestehen der beiden Vereine nebeneinander zweifelhaft geworden ist. Die Deutsche
Bühne brachte bis Februar 1891 im Thomastheater (ebenfalls an Sonntagen) »Schicksal« von K. Bleibtreu, »Brot«
[* 14] von C. Alberti,
»Irma« von Müller-Guttenbrunn und »Die neuen Menschen« von HermannBahr zur Aufführung, die sämtlich von dem größern Teile
der Zuhörerschaft abgelehnt wurden, die FreieBühne, deren Vorstand für das zweite Vereinsjahr das Residenztheater gemietet
hatte, in derselben Zeit StrindbergsSchauspiel »Der Vater«, »Angèle« von O. E. Hartleben, »Ohne
Liebe« von Marie von Ebner-Eschenbach, ein neues Schauspiel von Hauptmann: »Einsame Menschen« und »Die Raben«
von Henri Becque. Von diesen Aufführungen hatten nur das Lustspiel von M. v. Ebner-Eschenbach und das SchauspielHauptmanns,
der darin auf seine frühern naturalistischen Ausschreitungen fast völlig verzichtet hatte, einen unbestrittenen Erfolg.
Im August 1890 wurde in Berlin unter dem NamenFreie Volksbühne ein dritter Verein begründet, der sich an
die großen Volksmassen, besonders an die arbeitenden Klassen wendet und deshalb, den Berliner Verhältnissen entsprechend,
ein sozialdemokratisches Gepräge trägt. Nach den Satzungen hat sich der Verein die Aufgabe gestellt, »die Poesie in ihrer
modernen Richtung dem Volke vorzuführen und insbesondere zeitgemäße Stücke durch Vorträge und Vorlesungen
zu erläutern«.
Über die zur Aufführung gelangenden Stücke hat ein Ausschuß zu entscheiden, in den unter andern die Schriftsteller O. Brahm,
W. Bölsche, J. ^[Julius] Hart, KonradSchmidt und B. Wille gewählt wurden, die später auch die Vorträge hielten. Bei der
Auswahl der Stücke, die seit Oktober 1890 im Ostendtheater zur Aufführung gelangten, und bei den Vorträgen und Vorlesungen
ging die litterarische Leitung des Vereins von der Ansicht aus, daß die moderne realistische Richtung der Poesie auch den litterarischen
Neigungen der arbeitenden Klassen am meisten entsprechen würde.
Aber die Ausführung von Ibsens »Volksfeind« und »Stützen der Gesellschaft« und von Hauptmanns »Vor Sonnenaufgang«
fanden geringeres Verständnis als die von Schillers »Kabale und Liebe«. Der Grundsatz der Gleichberechtigung aller kommt bei
diesen Aufführungen dadurch zum Ausdruck, daß die Plätze eine Stunde vor Beginn der Vorstellung verlost werden. Auch dieses
Unternehmen hat nicht den Anklang gesunden, den die Gründer des Vereins bei dem angeblich stark vorhandenen
Bildungsbedürfnis der untern Volksklassen erwartet hatten. - Ein im Mai 1889 in Berlin gestifteter Verein zur Begründung
deutscher Volksbühnen ist bisher nur durch Veranstaltung von Vorträgen und Vorlesungen von Bühnenwerken in die Öffentlichkeit
getreten, ohne daß es ihm gelungen ist, einen Einfluß auf das Theaterwesen zu gewinnen.