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netenartige Verdichtungen der Nebelmaterie vervollständigen das Bild, welches, lebhaft an die Kantsche Weltbildungshypothese erinnernd, uns gleichsam die Umbildung einer Nebelmasse in ein Sonnensystem vor Augen führt. Kürzlich ist es auch Andoyer und Montangerand in Toulouse [* 2] gelungen, den Ringnebel in der Leier (vgl. die Tafel »Nebelflecke«, [* 3] Bd. 12, [* 1] Fig. 7) und seine Umgebung mittels einer auf mehrere Nächte verteilten Belichtung von 9 Stunden zu photographieren. Das Bild zeigt auf einer Fläche von 3 Quadratgrad 4800 Sterne.
Auch die Anwendung der Spektralanalyse [* 4] auf die Stellarastronomie wird wesentlich gefördert durch die Photographie. Wenn es sich darum handelt, das Spektrum eines Sternes mit demjenigen einer ruhenden Lichtquelle zu vergleichen, um nach dem Dopplerschen Prinzip (vgl. Spektralanalyse, Bd. 15, S. 121) aus der Verschiebung der Linien des erstern nach dem Rot oder Violett auf eine von uns weg oder auf uns zu gerichtete Bewegung des Sternes zu schließen, so bereitet die beständig scintillierende Bewegung der Linien des Sternspektrums große Schwierigkeit.
Diese fällt weg, wie neuerdings die Arbeiten von Vogel und Scheiner in Potsdam [* 5] gezeigt haben, wenn beide Spektren auf derselben Platte übereinander photographiert werden, und es ist dann eine sichere Bestimmung der Bewegung des Sternes in Richtung der Gesichtslinie möglich. Die Potsdamer Aufnahmen haben unter anderm gezeigt, daß der Polarstern, Algenib (a im Perseus) [* 6] und Procyon sich der Sonne [* 7] nähern mit Geschwindigkeiten von 3,5, 1,5 und 1,5 Meilen in der Sekunde, Capella aber und Aldebaran sich von ihr entfernen mit Geschwindigkeiten von 3,5 und 6,5 Meilen.
Von mindestens ebenso großer, wenn nicht noch größerer Bedeutung ist aber die Photographie der Spektren für die genaue Ausmessung, und es beträgt die Genauigkeit der Wellenlängen bei Anwendung der Photographie mindestens das Zwanzigfache von der bei direkter Beobachtung Erreichbaren. Eine ähnliche Genauigkeit ermöglicht übrigens auch bei bloßer Okularbeobachtung das Riesenfernrohr der Lick-Sternwarte in Kalifornien. Mit Hilfe des an demselben angebrachten Spektralapparats ist es Keeler gelungen, bei 10 planetarischen Nebeln Bewegungen in der Gesichtslinie zu erkennen.
Was die Anwendung der Spektralanalyse auf Untersuchung der Fixsterne [* 8] anlangt, so mußte als eine der nächstliegenden Aufgaben die Herbeischaffung möglichst zahlreicher zuverlässiger Angaben über die Spektren der verschiedenen Fixsterne erscheinen, und es haben deshalb Vogel in Potsdam und Dunér in Lund seit 1878 nach einem gemeinsamen Plan eine spektroskopische Untersuchung aller Sterne zwischen dem Nordpol und 1° südlicher Deklination bis herab zur 7,5. Größe ausgeführt.
Vogel, dem die Zone zwischen 1° südlicher und 40° nördlicher Deklination zufiel, hat in Nr. 11 der »Publikationen des astrophysikalischen Observatoriums zu Potsdam« (1883) für die Zone von 20° nördlicher und 1° südlicher Deklination einen spektroskopischen Sternkatalog veröffentlicht, welcher 4051 Sterne aufzählt, von denen 2155 zur Vogelschen Klasse Ia (vgl. Fixsterne, Bd. 6, S. 325),10 zur Klasse Ib, 1240 zur Klasse IIa, 288 zur Klasse IIIa, 9 zur Klasse IIIb gehören, während sich bei 349 die Klasse, zu welcher das Spektrum gehört, nicht genau feststellen ließ.
Von Dunér aber haben wir eine Spezialarbeit über die Sterne der dritten Vogelschen Klasse mit Bandenspektrum. Dieser Katalog umfaßt 352 Sterne, von denen 297 zur Klasse IIIa, 55 aber zu IIIb gehören, welche Klasse wenig zahlreich ist und nur schwache rote Sterne umfaßt. N. v. Konkoly und Kövesligethy in O'Gyalla haben die spektroskopische Durchmusterung des Himmels auf die südliche Hemisphäre ausgedehnt und im 8. Bande der Beobachtungen genannter Sternwarte [* 9] einen Katalog von 2022 Sternen zwischen dem Äquator und 15° südlicher Deklination veröffentlicht, von denen 990 der Vogelschen Klasse Ia, 16 der Klasse Ib (darunter 12 unsicher), einer unsicher der Klasse Ic, 865 der Klasse IIa, 2 der Klasse IIb, 87 der Klasse IIIa und 3 der Klasse IIIb angehören; 41 zeigten ein kontinuierliches, 3 ein monochromatisches Spektrum, auf Anwesenheit kleiner Gasnebel deutend, und bei 14 war der Charakter des Spektrums unentschieden.
in deren Spektrum helle Linien auftreten, sind schon seit längerer Zeit mehrfach bekannt, und Vogel hat in seiner spektroskopischen Klassifikation der Fixsterne auf dieselben Rücksicht genommen. Durch die Bemühungen von Espin, Pickering u. a. hat man aber in den letzten Jahren noch eine größere Zahl solcher Sterne kennen gelernt. In einem Anhang zur neuesten Ausgabe von Birminghams Katalog roter Sterne hat Espin 52 solcher Sterne mit hellen Linien verzeichnet. Derselbe unterscheidet zwei Gruppen von derartigen Sternen.
Bei den Sternen der ersten Gruppe, Vogels Klasse Ic, bei denen die Wasserstofflinien sowie die Linien D3 (Wellenlänge 588 Millionstel-Millimeter) hell erscheinen, sind die Linien veränderlich, und die Veränderung erfolgt nicht gleichzeitig; bei den Sternen der zweiten Gruppe, auch als Klasse IIIc bezeichnet, können eine oder mehrere Wasserstofflinien hell sein, während die andern unsichtbar sind, wie bei Mira, wo Hμ und Hδ sichtbar sind, während von andern Wasserstofflinien keine Spur vorhanden ist. Bei den veränderlichen Sternen R im Schwan, R in der Andromeda und S in der Kassiopeia wurde die außerordentlich glänzende Linie F nach dem Maximum der Helligkeit beobachtet. In Vogels Klasse Ib sind die Wasserstofflinien möglicherweise schwach hell, bei einem dieser Sterne wurden auch andre helle Linien entdeckt.
Interessante Eigentümlichkeiten hat Scheiner in Potsdam bei den Sternspektren der ersten Vogelschen Klasse an photographischen Aufnahmen derselben erkannt. Diese Spektren enthalten neben breiten verwaschenen Wasserstofflinien nur äußerst zarte Metalllinien. Eine Ausnahme machen aber zwei Linien, die sich in einigen dieser Spektren finden: die eine von der Wellenlinie 448,14 μμ (Milliontel-Millimeter) ist wahrscheinlich identisch mit einer Magnesiumlinie des Sonnenspektrums;
die zweite von der Wellenlänge 447,14 findet sich nicht im Sonnenspektrum.
Sind diese Linien die einzigen neben den Wasserstofflinien auftretenden, so sind sie ebenso verwaschen und breit wie diese; treten aber neben ihnen noch andre Metalllinien auf, so sind sie gleich diesen sehr fein und scharf. Der Magnesiumdampf und der der Linie 447,14 μμ entsprechende Stoff treten also schon in einem frühern Übergangsstadium der Sterne in denjenigen Zustand über, den der Wasserstoff erst dann annimmt, wenn die Metalllinien zahlreich und stark werden, mit andern Worten, wenn die Abkühlung so weit vorgeschritten ist, daß die zweite Spektralklasse erreicht wird. Die Linie 447,14 μμ hat Scheiner außer bei Algol (β im Perseus) nur in der ersten Spektralklasse angehörigen Sternen β (Rigel), γ (Bellatrix), δ, ε, ζ des Orion gefunden, und sie ist wahrscheinlich identisch mit einer früher von Copeland im Spektrum des Orionnebels bemerkten Linie (447,6 μμ). Dies würde auf einen physischen Zusammenhang zwischen diesen ¶
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Sternen und dem Nebel deuten; letzterer ist wahrscheinlich nicht so weit entfernt, als man gewöhnlich meint, liegt vielmehr innerhalb unsers Fixsternsystems, wofür auch Untersuchungen von Huggins sprechen. In den Spektren der Klasse Ib sind die Wasserstoff- und die andern Linien von nahezu gleicher Breite [* 11] und im Vergleich zu diesen ungemein scharf begrenzt. Scheiner schließt daraus auf verhältnismäßig schwache und stark abgekühlte Atmosphären der betreffenden Sterne.
Außerdem sind die Sterne der Klasse Ib noch interessant durch das Auftreten zahlreicher Linien, die sich der völlig abweichenden Intensitätsverhältnisse wegen nur unsicher mit Linien des Sonnenspektrums identifizieren lassen. Am linienreichsten ist das Spektrum von α im Schwan (Deneb), in welchem Scheiner 29 Eisenlinien fand; während aber einige der stärksten Eisenlinien des Sonnenspektrums fehlen, entspricht eine Anzahl kräftiger Eisenlinien des Denebspektrums nur schwachen Sonnenlinien.
Der Eisendampf in der Deneb-Atmosphäre muß sich also in einem von den Verhältnissen auf der Sonne ganz abweichenden Temperaturzustand befinden. Viele Sterne des Typus Ia zeigen die eigentümliche Erscheinung, daß die Wasserstofflinien in der Mitte heller sind, wodurch ein Übergang zur Klasse Ic gebildet wird, in welchem die Wasserstofflinien und die Linie D3 hell auftreten. Scheiner glaubt dies am besten durch die Annahme erklären zu können, daß die betreffenden Sterne von ausgedehnten Atmosphären von Wasserstoff und dem zu D3 gehörigen Stoffe umgeben sind; der Teil der Atmosphäre, welcher, von uns gesehen, außerhalb der Sternscheibe liegt, gibt dann ein Emissionsspektrum mit hellen Linien, der mittlere Teil aber gibt ein Absorptionsspektrum mit dunkeln Linien. Da uns nun der Stern als Punkt erscheint, so decken sich die Spektren, und die dunkeln Linien werden in der Mitte aufgehellt oder bei genügender Ausdehnung [* 12] der Atmosphäre überstrahlt.
In mehreren Fällen schon hat die mit dem Spektroskop [* 13] erkannte Bewegung in Richtung des Visionsradius zur Entdeckung von Doppelsternen geführt, deren Komponenten direkt nicht wahrnehmbar sind. So fand Pickering in Cambridge (Vereinigte Staaten) auf den photographischen Aufnahmen des Spektrums des Sternes Mizar (ζ im Großen Bären) die ultraviolette Linie K (Wellenlänge 393,7 μμ) doppelt in Zwischenzeiten von 52 Tagen, während sie einige Tage vor und nach der Verdoppelung ein verschwommenes Aussehen hatte.
Mizar ist ein Stern 2. Größe mit einem leicht trennbaren Begleiter 4. Größe in 15'' Abstand. Pickering erklärt nun die zeitweilige Verdoppelung der K-Linie durch die Annahme, daß der hellere Stern des Sternpaares Mizar aus zwei nahe bei einander stehenden Sternen von ungefähr gleicher Helligkeit bestehe, die in 104 Tagen um ihren gemeinsamen Schwerpunkt [* 14] laufen. In Zwischenzeiten von 52 Tagen ist ihre Verbindungslinie rechtwinkelig zur Gesichtslinie, ihre Bewegungen erfolgen dann in der Gesichtslinie und zwar nach entgegengesetzten Richtungen, die Verschiebung der Linien in den Spektren erfolgt daher in entgegengesetztem Sinne, und da die Spektren beider Sterne sich übereinander lagern, so tritt eine Verdoppelung der Linien ein.
Auf gleiche Weise hat Pickering auch den Stern β im Fuhrmann als doppelt erkannt mit 4 Tagen Umlaufszeit. Während hier durch periodische Verdoppelung der Linien zwei helle Komponenten eines Sternes nachgewiesen wurden, hat Vogel in Potsdam durch periodische Verschiebungen der Spektrallinien nach entgegengesetzten Richtungen bei einigen Sternen (verhältnismäßig) dunkle Begleiter nachgewiesen. Das erste derartige Beispiel ist der durch seine merkwürdige Veränderlichkeit bekannte Stern Algol (β im Perseus), der während des größten Teils seiner Periode von 68,81 Stunden 2. Größe bleibt, nur durch 9,15 Stunden an Helligkeit ab- und wieder zunimmt und bloß 0,25 Stunde im Zustand geringster Helligkeit 4. Größe verharrt.
Die gleichzeitige Photographierung der künstlichen Wasserstofflinie Hγ und der gleichen im Algolspektrum stark verbreitert auftretenden hat gezeigt, daß Algol sich vor dem Minimum von der Sonne entfernt, nach demselben sich ihr nähert. Unter Voraussetzung einer Kreisbahn findet Vogel dann für den Durchmesser des Hauptsterns 230,000 und für den des Begleiters 180,000, für die Entfernung der Mittelpunkte 700,000 und für die Geschwindigkeit des Begleiters in der Bahn 12 geographische Meilen, für die Massen 4/9 und 2/9 der Sonnenmasse, wenn beide Körper gleich dicht vorausgesetzt werden.
Die Berechnung der Durchmesser ist mit Hilfe der bei diesem Sterne sehr genau festgestellten Lichtkurve (Kurve, welche die Änderungen der Helligkeit darstellt) erfolgt; gewisse Stellen dieser Kurve deuten übrigens darauf, daß die Atmosphären beider Sterne sich zeitweilig überdecken, und sind für diese Atmosphären Höhen von 54,000 und 42,000 Meilen berechnet worden, so daß der geringste Abstand beider 400,000 geographische Meilen sein würde. Ein solches System von zwei nahe bei einander stehenden, an Größe nicht allzu verschiedenen Körpern ist bisher nicht bekannt gewesen, gleichwohl hat die weitere Untersuchung gezeigt, daß demselben Stabilität zukommen kann. Im übrigen braucht der Begleiter nicht absolut dunkel zu sein, nur darf seine Helligkeit 0,02 von der des Hauptsterns nicht überschreiten, um den Beobachtungen zu genügen.
Auch bei Spica (α in der Jungfrau) ist Vogel zur Annahme eines dunkeln Begleiters mit 4 Tagen 0,3 Stunde Umlaufszeit geführt worden; wenn die Bahn als kreisförmig und die beobachtete Geschwindigkeit von 12 geographischen Meilen als Bahngeschwindigkeit betrachtet wird, so würde der beobachtete Stern 660,000 geographische Meilen vom Schwerpunkt des Systems entfernt sein. Nimmt man die Entfernung des Begleiters ebenso groß an, so ist die Masse jedes der beiden Körper 1,2 der Sonnenmasse. Bei einer Parallaxe [* 15] von 0,2'' würde die scheinbare Entfernung beider Sterne nur 0,13'' betragen, sie würden daher, auch bei genügender Helligkeit des Begleiters, mit den jetzigen optischen Hilfsmitteln nicht zu trennen sein. Auch bei Rigel (β im Orion) ist nach Vogel eine periodische Bewegung wahrscheinlich.
Schließlich sei noch der roten Fixsterne gedacht, die unter allen farbigen Sternen am meisten die Aufmerksamkeit der Beobachter auf sich gezogen haben. Nach Zöllner deutet bekanntlich die rote Farbe eines Sternes darauf, daß er sich in dem Stadium weit vorgeschrittener Abkühlung befindet, daß sich Schlacken auf seiner Oberfläche bilden und diese anfängt, sich mit einer nichtleuchtenden Kruste zu bedecken. Ptolemäos bezeichnete fünf Fixsterne als feuerrot: Arktur, Aldebaran, Antares, Beteigeuze und den gegenwärtig entschieden weißen Sirius. Zahlreich vertreten ist die rote Farbe unter den weniger hellen Sternen. Schon Lalande hat 1807 einen kleinen Katalog roter Fixsterne veröffentlicht, ausführlichere Verzeichnisse verdanken wir Schjellerup und Birmingham. [* 16] Die neueste Ausgabe von Birminghams Katalog roter Sterne, von Espin besorgt, enthält 766 rote und 629 rötliche Sterne, außerdem werden noch anhangsweise 77 Sterne ¶